Saisonrückblick 2020/21, Teil 2

Die Rückrunde: Goldener April verhindert den Super-Gau

Die Rückrunde: Goldener April verhindert den Super-Gau

Foto: Eibner/Neis

Zum Start der Rückrunde war man sich beim 1. FC Kaiserslautern noch sicher, den knallharten Abstiegskampf schnell hinter sich zu lassen. Doch erst ein weiterer Trainerwechsel und spezielle Maßnahmen sicherten den Verbleib im Profifußball.

Vor dem Start der Rückrunde hatte sich die sportliche Situation weiter zugespitzt, der FCK war aufgrund der Nachholspiele der Konkurrenz auf einen Abstiegsplatz abgerutscht. Bei Spitzenreiter Dynamo Dresden sollte also unbedingt ein Befreiungsschlag gelingen. Und die Saibene-Elf lieferte auch über weite Strecken ein packendes Match, ging zweimal in Führung, drehte einen Rückstand, musste sich am Ende aber dennoch mit 3:4 geschlagen geben, auch weil wieder einmal beste Chancen nicht gemacht wurden. Trainer Jeff Saibene fühlte sich nach der Niederlage "ganz, ganz schlimm" und wirkte zunehmend ratlos. Es deutete sich an, dass auch er das Ruder am Betzenberg nicht würde rumreißen können.

Notzons Ende und noch ein Trainerwechsel: Auf Saibene folgt Antwerpen

Auch im Heimspiel gegen Türkgücü München gelang dem FCK kein Sieg, noch nicht mal ein Tor, sodass der Druck vor Saibenes erstem persönlichen Rückspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden schon immens groß wurde. Doch was die Mannschaft dort bei strömendem Regen im Fritz-Walter-Stadion bot, das war nichts anderes als ein Klassenunterschied, die 0:1-Niederlage noch schmeichelhaft. Es dauerte nur knapp dreieinhalb Stunden bis die zweite Trainerentlassung der Saison offiziell verkündet war: Der immer mehr resigniert wirkende Jeff Saibene war trotz aller Sympathie krachend gescheitert. Das war nicht nur für den Luxemburger eine Niederlage, es war für den ganzen Verein ein Versagen auf allen Ebenen.

Nur einen Tag nach der Saibene-Entlassung kommunizierte Markus Merk über die Medien, dass Sportdirektor Boris Notzon in die neuerliche Trainersuche nicht mehr involviert sei. Das kam einer öffentlichen Demontage gleich. Zudem kündigte Merk an, in Kürze einen neuen sportlichen Entscheidungsträger vorstellen zu wollen. Dass der Beiratsvorsitzende sein zuvor angekündigtes "Ein 'Weiter so' wird es nicht geben" nun persönlich in die Hand nahm, trugen ihm seine Kritiker noch lange und teilweise bis heute als Kompetenzüberschreitung nach, aber die Ergebnisse folgten schnell: Am 01. Februar, nur zwei Tage nach Saibenes Entlassung, wurde Marco Antwerpen als neuer Cheftrainer vorgestellt. Noch am selben Tag wurden mit Marvin Senger und Felix Götze zwei Wunschspieler von Antwerpen leihweise an den Betzenberg geholt. Eine Entscheidung, die sich als goldrichtig herausstellen sollte.

Auf Derby-Feuer folgt Schiri-Frust: Hengen, übernehmen Sie!

Antwerpens Debüt sollte nichts anderes als das heiße Derby bei Waldhof Mannheim werden. Als eine der ersten Maßnahmen ernannte Antwerpen Winter-Heimkehrer Jean Zimmer zum neuen Mannschaftskapitän, der kurz vor der Abreise nach Mannheim im Interview mit "Magenta Sport" nochmal deutlich machte, worauf es jetzt ankam. Und tatsächlich: In Mannheim trat der FCK nicht nur personell und taktisch verändert auf, er zeigte auch eine völlig neue Mentalität. Am Ende stand ein hochverdienter 2:0-Sieg, die Machtfrage im Südwesten war geklärt.

Doch auch unter Antwerpen sollte es nichts mit zwei Siegen in Serie werden. Gegen Bayern München II sprang eine Woche später nur ein 1:1-Unentschieden heraus, wobei vor allem der Schiedsrichter etwas gegen den Lautrer Heimsieg einzuwenden hatte, als er in der Nachspielzeit das 2:1 von Kenny Redondo fälschlicherweise wegen Abseits nicht anerkannte.

Auch außerhalb des Platzes blieb es turbulent: Kurz nach dem Derbysieg stellte sich der SWR die Frage, wer beim FCK eigentlich das Sagen hätte, nachdem Markus Merk angeblich mehr oder weniger alleine die Trainerverpflichtung vorgenommen und öffentlich präsentiert hatte. Auch die Mitsprache der neuen Investoren wurde kritisch hinterfragt. Nur einen Tag später vermeldete der FCK dann die nächste Personalie: Der ehemalige FCK-Profi Thomas Hengen wurde zum 01. März neuer Geschäftsführer Sport, das endgültige Aus des entmachteten Sportdirektors Boris Notzon folgte einen Monat später.

Virtuelle JHV mit Folgen - Rücktritte und Anzeigen erschüttern den FCK

Beim FC Ingolstadt kassierten die Roten Teufel den nächsten Nackenschlag, trotz couragiertem Auftritt fiel fünf Minuten vor dem Ende der Gegentreffer zur 0:1-Niederlage. Und wieder einmal wünschten wir die Chancenverwertung zum Teufel. Einen Tag vor dem Heimspiel gegen den SV Meppen, das nach monatelanger Diskussion auf frischem Rasen ausgeführt wurde, hielt der FCK die erste virtuelle Jahreshauptversammlung seiner Geschichte ab, welche aufgrund der Corona-Pandemie im Spätherbst verschoben worden war. Nachdem der technische Ablauf weitgehend problemlos klappte, sorgte die Ankündigung, den Regionalen Investoren als Gegenleistung eines Millionenkredits für den finanziell angeschlagenen FCK e.V. einen weiteren Beiratssitz zu gewähren, für Kritik von den Mitgliedern. Dennoch wurden die (verbliebenen) Funktionäre mit überdeutlicher Mehrheit im Aufsichtsrat bestätigt: Martin Weimer erhielt die meisten Stimmen, Bernhard Koblischek rückte für den nicht mehr angetretenen Christian Bettinger neu in das Gremium auf. Doch diese Besetzung sollte nicht lange halten: Am 26. März kursierte im Internet ein schon länger zuvor über die Medien lancierter interner Brandbrief des ehemaligen Sportdirektors Notzon, in dem er unter anderem Markus Merk sowie den Investoren um Klaus Dienes Einmischungen in das operative Geschäft vorwarf. Noch am selben Tag trat der erst einen Monat zuvor gewählte Bernhard Koblischek "wegen zahlreicher Vorkomnisse und Verhaltensmechanismen im Verein" zurück. Kurz danach ging bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken wegen dieser Vorkommnisse eine Anzeige gegen unbekannt ein. Und auch das hatte Folgen: Auch Martin Weimer, im Zuge seiner Beschäftigung beim Internationalen Bankhaus Bodensee mit dem Vorwurf des Interessenkonflikts konfrontiert, trat nach heftigen Anfeindungen und obwohl sowohl FCK-Gremien als auch der DFB keine Verstöße feststellen konnten, von seinen Ämtern zurück. Der FCK versank mitten im Abstiegskampf in der nächsten heftigen Schlammschlacht, die durch interne Stümpereien und externe Intrigen forciert wurde. Und das mal wieder auf dem Rücken des Vereins und in diesem Fall eindeutig gegen den Wählerwillen der Mitglieder.

Die Niederlage in Magdeburg hat Folgen: Es macht endlich "Klick"

Zeitgleich verbesserte sich die sportliche Situation nicht, im Gegenteil. Bei Hansa Rostock mussten die Roten Teufel in der Nachspielzeit eine 1:2-Niederlage hinnehmen, wurden wieder vom Schiedsrichter entscheidend benachteiligt. Es folgte ein Spielausfall wenige Minuten vor dem geplanten Anpfiff gegen den FSV Zwickau - der neuverlegte Rasen vertrug den Regen nicht. Im anschließenden Sechs-Punkte-Spiel beim direkten Konkurrenten 1. FC Magdeburg trat die Antwerpen-Elf völlig blutleer auf und ließ sich quasi ohne Gegenwehr eine 0:1-Niederlage zufügen. Wenige Tage später betrug der Rückstand auf die Nichtabstiegsränge plötzlich sieben Punkte.

Doch was jetzt passierte, sollte entscheidend für den weiteren Saisonverlauf sein: Nachdem die Mannschaft noch nachts nach der Heimkehr aus Magdeburg im Fritz-Walter-Stadion antreten und Läufe absolvieren musste, zog Antwerpen in der folgenden Länderspielpause das Training an. Die Fans, die in erster Wut und Angst der Mannschaft noch den Zugang zum Stadion wegen Nichtleistung verwehrt hatten, unterstützten das Team mit Botschaften und Transparenten am Trainingsgelände. Auch wir auf DBB suchten nach Gründen und Motivationen, jetzt nicht aufzugeben. Und so mancher "Experte" lieferte diese, indem er offenbarte, dass er weder Ahnung noch den FCK im Herzen hatte.

Die Wende beginnt gegen Halle, aber die Nachspielzeit macht noch Ärger

Nach einer quälend langen Länderspielpause zeigten die Roten Teufel gegen den Halleschen FC ein völlig verändertes Gesicht. Trotz Unterzahl und zwischenzeitlichem Ausgleich wurde endlich der zweite Heimsieg der Saison eingefahren. In der weiterhin leeren Westkurve hingen Transparente und Banner, Fans harrten ab jetzt auch vor dem Stadion unterstützend aus: "Endspurt heißt Siege erzwingen" war ab jetzt das Motto.

Doch auch Rückschläge blieben nicht aus. Im Nachholspiel gegen den FSV Zwickau verhinderte mal wieder ein Gegentreffer in der Nachspielzeit den zweiten Sieg in Folge. Doch der Unterschied war: Der FCK ließ sich davon nicht mehr unterkriegen. Er stand immer wieder auf. Auch nach einem durchwachsenen 1:1 beim Vorletzten VfB Lübeck, bei dem auch noch der Mannschaftsbus in Mitleidenschaft gezogen worden war. Das alles schockte nicht, selbst der eine oder andere Coronafall bremste den Lauf nicht aus. Der April, er sollte den Roten Teufeln gehören.

Auch das zweite Derby wird gewonnen - Lauterns Kampf endet auf der "Couch"

Im zweiten Derby der Rückrunde gegen den 1. FC Saarbrücken brannte der FCK ein wahres Feuerwerk der Emotionen ab, wieder begleiteten wartende Fans vor dem Fritz-Walter-Stadion den 2:1-Erfolg. Und auch wenn gegen den MSV Duisburg wenige Tage später schon wieder das "Monster der Nachspielzeit" zuschlug: Die Antwerpen-Elf, in der vor allem die Winter-Neuzugänge Jean Zimmer, Felix Götze und Marvin Senger für Stabilität sorgten, nach langer Verletzungspause Nicolas Sessa Kreativität reinbrachte und Philipp Hercher seine Offensivqualitäten (wieder) entdeckte, sie behielt in den "Sechs-Punkte-Spielen" die Nerven. So auch gegen die SpVgg Unterhaching. Allerdings ließen dabei die FCK-Fans vor den heimischen Bildschirmen massenweise Nerven. Denn es wurden nicht nur dutzende Chancen liegengelassen, als Schlusslicht Haching zwischenzeitlich ausglich, schien die Regionalliga wieder bedrohlich nah. Doch Marvin Pourié behielt nach gefühlt einem Dutzend zuvor vergebener Chancen kurz vor dem Ende vom Elfmeterpunkt aus die Nerven - der FCK gewann und stand erstmals seit Wochen auf einem Nichtabstiegsplatz. Sieben Punkte waren aufgeholt, eine wirklich starke Leistung!

Beim 0:3 gegen das Spitzenteam von 1860 München sollten die Pfälzer noch einmal die Grenzen aufgezeigt bekommen. Doch vier Tage später zählte es gegen den KFC Uerdingen, der nur einen Punkt hinter dem mit einem fabelhaften Feuerwerk empfangenen FCK lauerte. Kurze Zeit sah es nach einem Desaster aus, denn die Männer in Rot lagen 0:1 zurück. Doch am Ende lieferte die Antwerpen-Elf mit einem 4:1 gegen den Lieblingsgegner den höchsten Saisonsieg - der Klassenerhalt, er war fast geschafft, auch weil die Konkurrenz am nächsten Tag überraschend Nerven zeigte. Gegen Viktoria Köln wäre am vorletzten Spieltag mit einem Sieg schon vorzeitig alles klar gewesen, doch die Lautrer lagen schnell trotz Führung mit 1:3 hinten. Aber auch diesmal zündete der Kampfgeist der vergangenen Wochen und in der 88. Minute köpfte Daniel Hanslik den FCK noch zu einem Punkt. Einen Tag später empfingen die Münchner Löwen die Amateure des FC Bayern zum Stadtderby. 1860 tat sich schwer, geriet zweimal in Rückstand, doch kam auch zweimal per Elfmeter zurück. Das 2:2, es reichte dem FCK: Der Klassenerhalt war vorzeitig gesichert!

Das 1:1 zum Saisonabschluss gegen den SC Verl interessierte daher kaum noch, aber trotzdem fast logisch, dass diese Spielzeit mit dem 19. Unentschieden und damit einem neuen Drittliga-Rekord enden musste. Eine Saison, die nach den Turbulenzen der Insolvenz fast ins sportliche Desaster geführt hätte, in der neben dem Platz wieder viel schmutzige Wäsche gewaschen wurde, deren Abschluss aber Hoffnung macht. Typisch eben für den 1. FC Kaiserslautern. Aber selbst für unsere Verhältnisse krass.

Das Team von Der Betze brennt wünscht allen FCK-Freunden eine schöne Sommerpause bis zum Start der neuen Saison am 23. Juli. Wir halten Euch hier natürlich weiterhin über alle Transfergerüchte und sonstigen Neuigkeiten vom Betzenberg auf dem Laufenden.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Saisonrückblick 2020/21, Teil 1 | Die Hinrunde: Von der Top-Mannschaft zum Remis-König

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