Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Bayern München II 1:1

Zurück auf dem Boden der Tatsachen

Zurück auf dem Boden der Tatsachen

Foto: Eibner-Pressefoto/Alexander Neis

Auf Sieges-Stimmung folgt Ernüchterung. Der 1. FC Kaiserslautern hat es verpasst, seinen Derbysieg mit einem Heim-Dreier gegen Bayern München II zu krönen. Dabei erzielen die Roten Teufel sogar den Siegtreffer, doch die Schiedsrichter haben ihre ganz eigene Sicht auf die Dinge.

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Es war ein bitterkalter Tag in Kaiserslautern, sonnig zwar, allerdings bei minus vier Grad. Und weil die Corona-Pandemie wie allseits bekannt nach wie vor auch den Fußball im Griff hat, können auch keine Fans den Betze zum Beben oder Erwärmen bringen. Dafür war an diesem Tag umso mehr Polizei rund um das Fritz-Walter-Stadion versammelt, jedenfalls für Geisterspiele ohne Zuschauer waren die vier, fünf Mannschaftswagen ungewöhnlich viel. Sowohl an der Buseinfahrt an der Nordtribüne, wo vor einer Woche die Derbysieger aus Mannheim von FCK-Anhängern empfangen worden waren - und gestern eine handvoll weiblicher FCK-Fans ein paar weibliche Kleidungsstücke am dortigen Zaun anbrachten - als auch vor der Osttribüne bewachten die Staatsdiener das Stadion. Natürlich ohne eingreifen zu müssen, denn es suchten keine Fans den Weg auf den Betzenberg. Alle bleiben coronakonform und vorbildlich zu Hause, lediglich gegen die diese Woche beschlossene zusätzliche Werbefläche auf den Drittliga-Trikots wurde mit einem Spruchband am Eingang protestiert: "Wir sind euer Rücken - Gegen mehr Trikotwerbung - Fick dich DFB!" Doch genug des Rückblicks. Heute ging es schließlich um die nächsten drei Punkte, und die brauchen die Roten Teufel auch weiterhin dringend.

"Doppelter Marius" und Spahic-Glanztat: Was fehlt, sind Tore

Unter den Augen des künftigen Sport-Geschäftsführers Thomas Hengen, der mit dem Beiratsvorsitzenden Markus Merk das Fritz-Walter-Stadion betritt, startet exakt dieselbe Elf, die vor einer Woche mit einem bärenstarken Auftritt den Sieg im Südwest-Derby errungen hatte. Zunächst wirkt es noch so, als seien die Roten Teufel etwas gehemmter als noch beim Gastspiel in Mannheim, doch nach wenigen Minuten kommt die Antwerpen-Elf besser in die Partie. Und wie bereits vergangenen Samstag sollte auch heute wieder Marius Kleinsorge im Zentrum der Aufmerksamkeit der ersten Hälfte stehen. Er ist es, der in der achten Spielminute den ersten Abschluss sucht. Und Kleinsorge ist es auch, der von seinen Mitspielern im ersten Durchgang immer wieder gesucht wird - vor allem durch lange Zuspiele aus der eigenen Hälfte. Gefühlt 90 Prozent aller Angriffe laufen über die linke Seite, auf der Kleinsorge wirbelt, während Kenny Prince Redondo erneut auf rechts ausweicht. Doch auch von Redondo sollte noch gesprochen werden. Dazu später mehr.

Zunächst ist es nämlich Kleinsorge, der gleich zweimal kurz hintereinander die große Chance zur Lautrer Führung vergibt. In der 13. Minute schickt Alexander Winkler den 25-Jährigen steil, der nimmt den Ball technisch sehr fein an, läuft alleine auf Bayern-Keeper Michael Wagner zu, doch scheitert mit einem dann recht schwachen Abschluss. Nur fünf Minuten später die fast identische Situation. Diesmal lässt sich Kleinsorge aber etwas zu viel Zeit, wird in die Mitte abgedrängt und bekommt aus trotzdem immer noch sehr guter Schussposition nicht mehr genug Druck hinter seinen Abschluss. Spätestens jetzt hätte der FCK führen müssen. Die Bayern werden eigentlich nur einmal gefährlich - und da sind sie es noch nicht einmal selbst. Nach einem Freistoß verlängert Winkler die Hereingabe in Richtung eigenes Tor, es riecht schon nach einem Eigentor, aber FCK-Schlussmann Avdo Spahic macht sich ganz lang und bewahrt seine Mannschaft mit einer Glanzparade vor dem äußert unverdienten Rückstand.

Seitz benimmt sich daneben, Antwerpen sieht Gelb, Bayern Gelb-Rot

Kurz bevor Schiedsrichter Nicolas Winter die Mannschaften in die Kabinen bittet, ist er nochmal an der Seitenlinie gefordert. FCB-Trainer Holger Seitz beschwert sich an einer Tour, fällt immer wieder durch Zwischenrufe auf. Irgendwann reicht es dann Marco Antwerpen und seinem Co-Trainer Frank Döpper, der sinngemäß und freundlich ausgedrückt Seitz auffordert, sich doch um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, anstatt ständig zu reklamieren. Doch nicht etwa Seitz wird vom Schiedsrichter ermahnt, es ist Antwerpen der eine Gelbe Karte erhält - schon die zweite in seinem zweiten Spiel als FCK-Trainer. Nicht die erste und leider auch nicht die letzte Situation am heutigen Tag, bei der Schiedsrichter Winter keine glückliche Figur machen sollte.

Nach Beginn der zweiten Halbzeit scheint das Pendel zunächst in Richtung des FCK auszuschlagen. Nachdem er bereits kurz vor der Pause eine Gelbe Karte gesehen hatte, kommt Bayerns Bright Akwo Arrey-Mbi im Zweikampf mit Redondo zu spät und muss zurecht das Feld verlassen. Doch wie schon so oft beim FCK: Überzahl bedeutet nicht gleich Übergewicht. Die Bayern stehen jetzt tief, die Lautrer tun sich schwer, einen Weg in den gegnerischen Sechzehner zu finden. Und in der 67. Minute reicht genau ein exakter Pass der Bayern in die Schnittstelle zu Dimitri Oberlin, der vor Spahic die Nerven behält und zur 1:0-Führung einschiebt. Unverdienter geht es fast nicht.

FCK-Siegtreffer zählt nicht: Schiedsrichter im "Winterschlaf"

Doch diese Führung spornt die Antwerpen-Elf offenbar an. Nur fünf Minuten später schlägt die Minute des für Kleinsorge eingewechselten Daniel Hanslik. Marlon Ritter flankt von der Strafraumkante ins Zentrum, der Ball wird vom Münchner Jamie Lawrence noch verlängert und landet bei Hanslik, der endlich seinen ersten Treffer im Trikot der Roten Teufel erzielen kann. 20 Minuten vor dem Ende der Ausgleich: Das ist noch genug Zeit, um den so eminent wichtigen, zweiten Heimsieg einzufahren! Was würde jetzt hier abgehen, wenn Zuschauer im Stadion wären?

Und es scheint tatsächlich zu gelingen. Nur drei Minuten später fast die Kopie des 1:1-Ausgleichs: Ritter spielt den Ball auf Marvin Pourié, der verlängert per Kopf auf Redondo, der den 2:1-Siegtreffer erzielt. Die Lautrer Bank stürmt vor Freude schon aufs Spielfeld - doch zu früh gefreut. Nach einer gefühlten Ewigkeit hebt der Schiedsrichter-Assistent doch noch seine Fahne. Abseits. Eine krasse Fehlentscheidung. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, ist die Begründung des Assistenten, die er gegenüber dem FCK-Trainer anführt, fast schon dreist: Er habe die Situation noch einmal "Revue passieren lassen müssen". Antwerpen bringt es danach richtig auf den Punkt: "Ich finde, wenn er sich nicht hundertprozentig sicher ist, und das hat man gemerkt, dann darf er die Fahne nicht heben." Nichtsdestotrotz: Der FCK hatte auch danach noch die Gelegenheit, das Geister-Heimspiel zu gewinnen, etwa als Pourié zwei Minuten vor dem Ende aus ziemlich spitzen Winkel nur knapp verpasste. So war es Ende eine Mischung aus dem altbekannten Unvermögen, Pech und schlechter Schiedsrichterleistung, die dem FCK den zweiten Heimsieg der Saison versaut.

Nach der Partie zeigt sich Bayerns Trainer Seitz einmal mehr als schlechter Sportsmann, jubelt auffällig provokant in Richtung der FCK-Bank über einen äußerst glücklichen Punkt. Wohl auch deswegen haben sich beide Trainer selbst eine halbe Stunde später nach der Pressekonferenz nicht mehr viel zu sagen. Und Antwerpen bilanziert: "Wir sind nicht nur enttäuscht, sondern richtig sauer." In dieser Hinsicht also alles beim Alten am Betzenberg.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit1993

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | Antwerpen: "Nicht enttäuscht, sondern richtig sauer" (Der Betze brennt)

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