Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - SpVgg Unterhaching 3:2

Nervenkrimi bis zur letzten Sekunde

Nervenkrimi bis zur letzten Sekunde

Foto: Neis / Eibner

Einmal ganz tief Luft holen: Der 1. FC Kaiserslautern hat gegen die SpVgg Unterhaching das zweite Heimspiel in Folge gewonnen und steht wieder über dem Strich. Trotz des hochverdienten Dreiers war es eine Zitterpartie bis zum Schluss. Die Hoffnung auf den Klassenerhalt ist groß.

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JAAAAAA! Dieser Ausruf war um 15:52 Uhr nicht nur im Fritz-Walter-Stadion überall zu hören. Er dürfte auch tausenden FCK-Fans in der Stadt und dem ganzen Land über die Lippen gefahren sein. Und dabei sah es zwischenzeitlich fast so aus, als liefe es wie so oft: Der FCK dominierte die Partie, nutzte aber seine Chancen nicht und gibt so am Ende den Sieg doch noch aus der Hand. Doch eines nach dem anderen.

Vor der Partie hatten sich schon wie in den vergangenen Wochen einige Fans vor dem Stadion versammelt, sowohl an der Buseinfahrt als auch später vor dem Marathontor West. Wenige Minuten vor Spielbeginn eilten außerdem einige dutzend Ultras an die Osttribüne, zündeten ein paar Bengalos und machten der Mannschaft Mut, die eilig den Weg an das Marathontor Ost aufsuchte und sich bedankte. Im Stadion selbst gab es ein paar neue Spruchbänder zu lesen: So gedachte auf der Osttribüne ein Banner dem VfB-Stuttgart-Fan Kevin, der vor wenigen Tagen seiner schweren Leukämie-Erkrankung erlegen war. Auf der anderen Stadionseite gedachten der Fanclub "Betze Jungs" mit "RIP Thommy" einem verstorbenen FCK-Anhänger. Auf der Südtribüne prangte zudem ein großes Transparent des Hauptsponsors Allgäuer Latschenkiefer. Darauf zu lesen: "Betze ist Kampf - Bis zur letzten Sekunde!" Nicht erst wegen dem Last-Minute-Nackenschlag in Duisburg ein Motto, das in jeder Hinsicht in den Lautrer Abstiegskampf passt.

Frühe Führung beruhigt nicht: Der FCK betreibt Chancen-Wucher

Obwohl Marco Antwerpen mit Daniel Hanslik auf den Torschützen der Stunde verzichten musste und auch Hendrick Zuck krankheitsbedingt fehlte, vertraute der Trainer seiner jüngsten Grundordnung mit einer Dreierkette. Und vor allem offensiv zahlte sich das wieder aus. Schon nach fünf Minuten hätte Marvin Pourié den FCK in Führung bringen können, nachdem er von Felix Götze mustergültig bedient worden war. Doch sein Ball landete an der Latte. In der 16. und 26. Minute vergab der 30-Jährige zwei weitere dicke Chancen, sodass die Roten Teufel zur Halbzeit locker mit drei Toren Vorsprung hätten führen müssen! Stattdessen blieb es spannend. Zunächst aber einmal zeigte sich wieder ein anderer Teufel der Stunde: Nach gut einer halben Stunde spielt Philipp Hercher Doppelpass mit Jean Zimmer, schließt im Strafraum ab, wird erst noch geblockt, doch netzt im zweiten Versuch dann ein: Es war nicht nur Herchers drittes Tor in den vergangenen sechs Spielen. Es war auch ein Stück weit ein Sinnbild des FCK-Aufschwungs der letzten Wochen. Zimmer und Hercher, das harmoniert auf der rechten Seite immer besser, ihre Angriffe laufen flüssig, haben Muster. Und sie regten offenbar den Gegner zum Nachahmen an. Denn keine zwei Minuten später glich Unterhaching nach ganz ähnlichem Muster aus, Tim Rieder verlor auf der rechten Seite im Zweikampf das Gleichgewicht, Moritz Heinrich nutzte dies und erzielte den prompten Ausgleich. Vor ein paar Wochen hätte das den FCK wahrscheinlich noch zum Wanken, vielleicht sogar zum Umfallen gebracht. Denkste. Keine 60 Sekunden später sind die Männer in Rot wieder in der Vorwärtsbewegung, diesmal liefert Rieder die Flanke, die Adam Hlousek findet, der "einfach den Kopf an den Ball hält", wie er nach der Partie sagen sollte. Dass es zur Abwechslung danach einmal nicht etwas weniger nervenaufreibender ablief, lag vor allem daran, dass der FCK Chance um Chance liegen ließ. Nicolas Sessa traf nach einem Foul, das beinahe Elfmeter gegeben hätte, aber dann doch vor den Strafraum verlegt wurde, nur den Pfosten. Eine von vielen Chancen, auf 3:1 zu erhöhen. So aber hatte die erneute Lautrer Führung nur bis in die 77. Minute Bestand.

"Papa-Pourié" zeigt Eier: Jetzt nur nicht nachlassen!

Dabei begann Durchgang Zwei erneut mit einer Pourié-Chance, der in der 48. Minute frei vor Haching-Keeper Coppens scheiterte. Und so kamen die Gäste - insbesondere nach der Einwechslung von Dominik Stroh-Engel - besser ins Spiel und glichen tatsächlich noch durch Stephan Hain aus. In diesem Moment dachten die FCK-Fans wahrscheinlich, es habe sich wieder alles gegen sie verschworen, denn auch Konkurrent Meppen, der zwischenzeitlich 0:2 hinten lag, hatte mittlerweile auf 2:2 gegen Tabellenführer Rostock egalisiert. Doch wieder strafte der FCK Lügen und hatte endlich auch mal eine Schiedsrichter-Entscheidung auf seiner Seite: In der 83. Minute wurde der mittlerweile eingewechselte Elias Huth zu Fall gebracht, Schiedsrichter Sören Storks zeigte sofort auf den Punkt. Und wer schreitet dort hin? Marvin Pourié, der zuvor schon bis zu fünf Tore alleine hätte erzielen können. In einem schlechten Film hätte er diesen Elfmeter verschossen, doch Pourié setzte ihn mit Wucht in die Maschen, sagte nach der Partie er "wollte den Elfmeter auch mit absolutem Willen reinmachen. Zweifel sind bei mir Nebensache." Und fügte schmunzelnd an, dass er gerade obendrein zum dritten Mal Vater wird.

Den Mut Pouriés, dieses Selbstvertrauen, es lobte nach der Partie nicht nur Antwerpen, der beim Elfmeter gar nicht hinsehen wollte, im Spielertunnel verschwand. Sie könnten auch jetzt das große Pfund des FCK im Abstiegskampf sein. Der Verein, der vor vier Wochen noch sieben Punkte Rückstand auf das rettende Ufer hatte, er hat es wieder erreicht. Vorerst. Denn noch ist er nicht vorm Ertrinken gerettet. Noch vier Spiele heißt es, alles geben, beißen, kratzen und Spiele gewinnen. In dieser Verfassung wird es die Mannschaft schaffen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

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