Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - 1. FC Saarbrücken 2:1

Mehr als "nur" ein Derbysieg!

Mehr als "nur" ein Derbysieg!

Foto: Neis / Eibner

Wenn der 1. FC Kaiserslautern im Jahr 2021 etwas kann, dann sind es Derbysiege! Gegen den 1. FC Saarbrücken gelingt ein wichtiger Dreier im Abstiegskampf - und vor allem zeigt sich: Mit Leidenschaft und Geschlossenheit ist auf dem Betzenberg weiterhin alles möglich.

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Als ich in Kaiserslautern heute morgen bei meinem ersten Morgen-Kaffee aus der FCK-Tasse aus dem Fenster blickte, hatte ich für einen kleinen Moment das Gefühl, alles sei wie früher. Fans in rot-weiß-roter Kleidung liefen in Richtung Elf-Freunde-Kreisel, als ich das Fenster öffne ist ein lautes "Derbysieger, Derbysieger!" zu hören. Doch in Wahrheit ist natürlich nichts wie immer. Unter normalen Umständen wären heute gegen Saarbrücken mehrere zehntausend FCK-Fans Richtung Betze gepilgert, Corona macht dies aber weiterhin unmöglich. Aber Lautrer sind eben kreativ, beweisen und zeigen ihre Liebe dann auf anderem Wege. Über 100 Anhänger empfingen den (wegen der Lübecker Schmierereien für dieses eine Heimspiel ausgetauschten) Mannschaftsbus an der Spieler-Einfahrt des Fritz-Walter-Stadions stimmgewaltig, mit Bengalos und unter Einhaltung der Hygiene-Vorschriften. Nach der Partie sagte Philipp Hercher: "Das hat uns den letzten Push gegeben." Auch die Gäste aus Saarbrücken wurden am heimischen FC-Sportfeld von Anhängern mit Bengalos in Richtung Pfalz verabschiedet - diese Mühe sollte jedoch vergebens sein.

Antwerpens Derby-Plan geht erneut auf: Götze überzeugt auch in der Defensive

Wie schon bei seinem Debüt als FCK-Trainer im Derby auf dem Waldhof sorgte Marco Antwerpen für die ein oder andere Überraschung. So bot er erstmals eine Dreier-Abwehrkette auf, zog Felix Götze vom Mittelfeld in die Abwehrzentrale zurück, wo er von Marvin Senger und Tim Rieder umgeben wurde. Auch auf dieser Position wirkte der Weltmeister-Bruder souverän, zweikampfstark und zeigte, warum er auch schon Bundesliga gespielt hat. In einem 3-4-3-System, das gegen den Ball zu einer 5-4-1 Formation wurde, stand erstmals Nicolas Sessa in der Startelf, der mit Anas Ouahim als "Acht" agierte und dem Spiel wie schon nach seiner Einwechslung in Lübeck enorm gut tat. Seine Übersicht, Ballsicherheit und auch der Mut, einmal ins Eins gegen Eins zu gehen - Eigenschaften, die man auf dem Betzenberg lange Zeit vergeblich suchte. Lukas Kwasniok sorgte auf Seiten des FCS für eine Überraschung: Der ehemalige FCK-Stürmer Sebastian Jacob - in dieser Saison immerhin schon neunmal erfolgreich - saß zunächst nur auf der Bank.

Nach einer kurzen anfänglichen Druckphase der Gäste legte der FCK - ähnlich wie bereits im Derby in Mannheim - effizient und wie die Feuerwehr los. Die Antwerpen-Elf nutzte in der 11. Minute gleich die erste Gelegenheit zur Führung. Jean Zimmer, mit seiner Geschwindigkeit wieder ein Unterschiedsspieler, nutzte im Mittelfeld den Raum und sah auf der rechten Seite Sessa, der nicht lange zögerte und in der Mitte Marvin Pourié suchte, aber Daniel Hanslik fand. Nach kurzem Kuddelmuddel ist der Ball im Netz, 1:0! Trotz des Geisterspiels: In diesem Moment bebt der Betze! Auf dem Oberrang der Norddtribüne, wo sich Spielerfrauen und reichlich Anhang der Mannschaft eingefunden hatten, hält es niemand mehr auf den Sitzen. Auch auf der Pressetribüne, auf der auch die FCK-Videoanalysten ihre Arbeit verrichten, ist die Freude riesig. Aber vor allem die Fans, die sich auch wieder vor dem Marathontor West eingefunden hatten um mit ihrem Verein mitzuleiden, düften in diesem Moment förmlich explodiert sein. Zumindest die lautstark gezündeten Böller deuten darauf hin.

Mal wieder ein dummes Gegentor, doch FCK antwortet teuflisch schnell

Diese Freude wurde in der 22. Minute jäh gestört: Nachdem Philipp Hercher ein unnötiges Foul an Marin Sverko begangen hatte, segelte der Freistoß in den Lautrer Strafraum, wo der Saarbrücker Kapitän Manuel Zeitz viel zu ungehindert zum Kopfball und so zum schnellen Ausgleich kommen konnte. Genau solche unnötigen Gegentore haben den FCK in die Tabellenregionen gebracht, in denen er aktuell steht. Denn die viel gescholtene Chancenverwertung ist - zumindest wenn man die Spiele nach der Länderspielpause betrachtet - deutlich besser geworden: Acht Tore in vier Spielen, das ist definitiv nicht Bilanz eines Absteigers.

Im Gegenteil: Der FCK bewies auch heute Comeback-Qualitäten. Nach dem raschen Ausgleich wirkte er nicht etwa geschockt, sondern er reagierte seinerseits teuflisch schnell: Nur ganze zwei Minuten nach dem Zeitz-Treffer ist es wieder Zimmer, der den Ball nach vorne trieb, wo diesmal Hercher eine Flanke in die Mitte schlug, die erneut Hanslik fand: Da war sie wieder, die Führung! Hanslik mit einem Doppelpack! Und wieder mussten alle Gefühle heraus: Bei Spielern, Betreuern, Fans - und natürlich auch beim kleinen DBB-Team auf der Pressetribüne. Nichts für schwache Nerven! Insgesamt boten beide Mannschaften ein munteres Spiel, der FCK hätte etwa durch Götze in der 37. Minute seine Führung ausbauen können, ja vielleicht sogar müssen. Saarbrücken strahlte dagegen vor allem durch lange Bälle und Standardsituationen immer wieder Gefahr aus. Kurz vor dem Halbzeitpause dann noch eine Schrecksekunde: Der bereits verwarnte Sessa geriet mit FCS-Spieler Fanol Perdedaj aneinander, doch der legte vor allem sehr viel Theatralik an den Tag. Der gute Schiedsrichter Robert Schröder fiel nicht darauf herein, diesmal sollte es keinen vorzeitigen Platzverweis geben. Wie war das nochmal mit der "fairsten Mannschaft der Liga", Herr Kwasniok?

Mehr als nur ein Derbysieg - Jubel im Corona-Modus

In der zweiten Halbzeit machten die Lautrer direkt da weiter wo sie aufgehört hatten, auch wenn Saarbrücken jetzt über den eingewechselten Torjäger Jacob deutlich präsenter wurde. Auch deshalb stellte Antwerpen auf eine Vierer-Abwehrkette um. Nach rund einer Stunde hatte der FCK die Druckphase der Gäste jedoch ohne Gegentor überstanden und hätte eigentlich in der 65. Minute für die Entscheidung sorgen müssen: Der eingewechselte Anas Bakhat vergab nach einem feinen Doppelpass mit Zimmer freistehend vor Saarbrückens Keeper Daniel Batz, schob den Ball aber um Zentimeter am Tor vorbei. Sollte sich das am Ende wieder rächen, der Ausgleich zum 2:2 wieder wie gegen Zwickau in letzter Sekunde fallen? Anders als in vergangenen Spielen wirkte der FCK heute jedoch sicherer im Ballbesitz, spielte in den letzten Spielminuten die Zeit souverän von der Uhr. Und so hieß um 15:53 Uhr der Derbysieger 1.FC Kaiserslautern!

Der Jubel, aber vor allem die Erleichterung war grenzenlos. Am Marathontor feierten die rund 100 Fans - jetzt nicht mehr ganz coronakonform, aber immer unter Aufsicht der Polizei - den Sieg ihrer Mannschaft, die sich anschließend in sicherem Abstand von mindestens zehn Metern durch zwei geschlossene Gitter bei ihren treuen Anhängern bedankte. Nach den lächerlichen Sticheleien ein paar verirrter FCS-Anhänger vor einigen Tagen, zeigte die FCK-Mannschaft heute eindrucksvoll, wer den Mund im Vorfeld des Derbys wohl wirklich zu voll genommen hatte. Diese Leidenschaft, diese Geschlossenheit, sie hat diesen Derbysieg heute erzwungen!

FCK nutzt Patzer der Konkurrenz - Jetzt heißt es konzentriert bleiben

Nachdem gestern Bayern II verloren hatte, patzte heute zudem Uerdingen, verlor 0:3 gegen Verl. Damit ist der Abstand zum rettenden Ufer, der nach dem Debakel in Magdeburg zwischenzeitlich auf sieben Punkte angewachsen war, egalisiert. Nur noch zwei Tore trennen die Roten Teufel vom Platz über dem Strich. Doch Obacht: So schön der Derbysieg, so erleichternd die Tabelle auch wirken mag: Noch steht die Mannschaft auf einem Abstiegsplatz, noch ist nichts gewonnen. Jetzt muss die Konzentration hochgehalten werden, auf die Männer in Rot wartet schon in drei Tagen ein schweres Auswärtsspiel in Duisburg. Eine neuerliche Leistungsdelle wäre fatal, Siege sind weiterhin eminent wichtig! Aber wie sagte Marco Antwerpen nach der Partie so schön: "Der 38. Spieltag ist entscheidend und dafür haben wir ein Ziel. Und dieses Ziel werden wir, wenn wir so weiterspielen, auch definitiv erreichen." In diesem Sinne: Noch sechs Spiele, Endspurt, um Siege zu erzwingen!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | "Ja, wir leben": Rote Teufel schöpfen neue Hoffnung (Der Betze brennt)

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