Der 1. FC Kaiserslautern hat seit vier Wochen einen neuen Trainer, seit gestern einen neuen Aufsichtsrat, ab nächste Woche einen neuen Sportchef und jetzt sogar einen neuen Rasen. Doch ergebnismäßig scheint das alles nichts zu helfen, die Siege wollen einfach nicht gelingen. Daran ändert auch ein Premieren-Tor nichts.
- Fotogalerie | 26. Spieltag: 1. FC Kaiserslautern - SV Meppen
Als die wenigen Journalisten, die trotz der Corona-Pandemie das Fritz-Walter-Stadion betreten dürfen, circa eine Stunde vor Spielbeginn die Aufstellungen entgegen nehmen, staunen auch sie nicht schlecht: Marvin Pourié, bislang in 23 von 25 Drittliga-Spielen in der Startelf, steht heute nicht mal im Kader. Aus Leistungsgründen, wie sich wenig später herausstellen soll. "Auch ein Marvin Pourié muss im Training Leistung bringen", erklärt Trainer Marco Antwerpen gegenüber dem SWR vor der Partie seine Maßnahme. Man darf gespannt sein, ob sich Pourié, der als schwieriger Charakter gilt, sobald er nicht zum Einsatz kommt, damit wird anfreunden können. Im besten Fall motiviert es Lauterns erfolgreichsten Torschützen zu (noch) besseren Leistungen.
Doch zuvor erwartet die Anwesenden auf dem auch heute wieder fanlosen Betzenberg ein schon sehr ungewohnter Anblick: Kein Acker, kein Volleyball-Feld, auch keine Wasserrutschbahn ziert die rund 105 mal 68 Meter große Spielfläche inmitten des Fritz-Walter-Stadions. Der Rasen, der vergangene Woche frisch verlegt wurde, er strahlt zwar noch nicht in sattem grün, doch er sollte endlich wieder ein gepflegtes Fußball spielen ermöglichen - wenn man es denn im Stande ist, zu spielen. Denn nicht vergessen: Die Spieler bleiben dieselben, ebenso die Liga, in der sich der FCK bereits im dritten Jahr in Folge befindet. Und die ist eben mittlerweile, so weh es auch tut, nur noch drittklassig.
Hogwarts-Hemlein bringt Meppen in Führung, Ritter kann es doch
Nach wenigen Minuten hat man das Gefühl, es könnte aus rot-weiß-roter Fansicht ein schöner Fußball-Nachmittag werden. Die Roten Teufel wirken in ihrem bei Ballbesitz praktizierten 4-1-4-1-System mutig, sie haben in der Anfangsphase gleich mehrere Torabschlüsse. Und nach fünf Minuten muss es eigentlich schon rappeln: Meppens Janik Jesgarzewski kann ein Zuspiel nicht stoppen, der Ball springt weiter zu Marius Kleinsorge, der sich nahezu alleine vor SVM-Keeper Eric Domaschke wieder findet. Er will den Ball rechts am Torwart vorbeilegen, wo mit Daniel Hanslik noch ein weiterer Abnehmer lauert. Doch Domaschke bekommt in letzter Sekunde ein Bein dazwischen und verhinderte so die frühe Lautrer Führung.
Doch der anfänglich gute Eindruck legt sich schnell wieder. Der Gast aus Meppen kommt zunehmend besser in die Partie, bekommt vor allem über die rechte Seite immer wieder sträflich viel Platz und setzt so zu gefährlichen Flanken hinter die Abwehr in den Lautrer Strafraum an. Ein paar Mal bleibt dies ungestraft aber wie so oft im Fußball: Irgendwann rächt es sich eben doch. In der 28. Minute stehen Hendrick Zuck und Ouahim Rene Guder auf halbrechts Spalier, der sich in Ruhe seinen Zielspieler im Lautrer Strafraum aussuchen kann. Und das ist kein Geringerer als der letztes Jahr in Kaiserslautern rausgeschmissene Christoph Hemlein. Der kommt gegen Jean Zimmer unbedrängt zum Kopfball und kann zum 1:0 für die Emsländer einköpfen. Hätte er das mal öfter im FCK-Trikot gemacht. Doch der Fußballer Hemlein wird vor allem von den Aktionen neben dem Platz dominiert. So auch heute nach der Partie, als er gefragt nach dem Treffer gegen seinen Ex-Klub sagt: "Das Wichtigste ist, dass Lautern im Sommer den Harry Potter losgeworden ist, der an der Seitenlinie stand. Ich drücke dem FCK von Herzen die Daumen, dass sie in der Liga bleiben. Es wäre schade, wenn so ein Verein im Jenseits verschwinden würde." Hogwarts-Hemlein wie er leibt und lebt. Und auch wenn seine Wünsche an den FCK nett klingen: Wirklich vermissen dürften ihn die wenigsten Fans. Oder wie es sein neuer Trainer Torsten Frings nach dem Spiel sagte: "Das Gelaber von ihm ist mir auch oft ein Stück zu viel." Die Roten Teufel scheinen nach dem Gegentor etwas geschockt zu sein und bekommen nur eine Minute später fast den doppelten Genickschlag, doch Hassan Amins Direktabnahme verfehlt den Kasten von Avdo Spahic knapp.
Dass der FCK Fußball spielen kann, wenn er denn will oder der Gegner es erlaubt, zeigt der etwas überraschende Ausgleich in der 38. Minute. Da bieten die Roten Teufel für ein paar Sekunden feinsten One-Touch-Fußball, Ritter spielt den Ball im Strafraum zu Daniel Hanslik, der ihn zu Ritter zurück abprallen lässt. Der wiederum sieht rechts Zimmer einrücken, leitet das Leder an den FCK-Kapitän weiter, der in der Mitte wieder Ritter findet, der trocken zum 1:1 einschiebt. Vier Ballkontakte braucht es hier um zum Torerfolg zu kommen. Warum zum Teufel bringen das die Roten nicht öfter auf den Platz?
Auf Elfmeter-Gegentor folgt Fünffach-Wechsel: Antwerpen greift durch
Zur Halbzeit trommelt Antwerpen seine Mannschaft noch auf dem Feld zusammen und gibt ihr erste Instruktionen. Sie dürfte sich viel vorgenommen haben. Doch nach nichtmal einer Minute des zweiten Durchgangs ist das alles passé. Einen zunächst harmlosen Ball macht Alexander Winkler mit einer schlampigen Ballannahme im eigenen Strafraum wieder unnötig scharf, Tim Rieder weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als Tom Boere zu Boden zu ziehen. Schiedsrichter Eric Müller aus Bremen entscheidet auf Elfmeter, eine vertretbare Entscheidung. Der gefoulte Boere schreitet selbst zur Tat und verwandelt sicher zum 2:1. Schlechter kann eine Halbzeit gar nicht beginnen.
Das muss sich wohl auch Antwerpen gedacht haben, dem es kurz darauf reicht. Mit Winkler, Jean Zimmer und und Redondo nimmt er gleich drei Spieler vom Feld, bringt positionsgetreu dafür Marvin Senger, Philipp Hercher und Anil Gözütok. Doch damit nicht genug: Nur zwei Minuten später verbraucht der FCK-Trainer auch seine beiden letzten Wechseloptionen, nimmt Ouahim und Hanslik aus der Partie, ersetzt sie durch Anas Bakhat und Elias Huth. Nach dem Nichtaufstellen von Pourié schon die zweite Maßnahme des heutigen Tages in der Antwerpen zeigt: Auf Namen nimmt er keine Rücksicht
Huth-Premiere reicht nicht: Heimsiege, was sind das eigentlich?
Nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung scheint sich zumindest die Personalie Elias Huth auszuzahlen. Ein Abschluss vom ebenfalls eingewechselten Hercher wird zu Huth abgefälscht, der hält die Rübe an den Ball und drin ist das Ding. Allzu oft hat er so in Zwickau schon getroffen, in Kaiserslautern fehlten ihm bislang Glück aber auch die nötigen Einsatzminuten. Dieser Treffer freut daher gleich im doppelten Sinne.
Doch die Freude ist eben nicht ausgelassen. Denn der FCK kann dieses "Ausgleich-Glück" nicht krönen. Glück hat er allenfalls nochmal in der 61. Minute, als Schiedsrichter Müller Meppen einen Elfmeter verweigert, nachdem Zuck Guder an der Strafraumgrenze zu Fall bringt. Kein Muss-Strafstoß, aber einer, den man auf jeden Fall pfeifen kann. Über eine Bevorteilung von Schiedsrichtern kann man im Zusammenhang mit dem FCK in dieser Saison jedoch beileibe nicht reden. Von daher gilt die alte Fußballer-Weisheit: Im Laufe einer Saison gleicht sich das aus.
In der verbleibenden halben Stunde schafft es Meppen immer wieder gefährlich vor das Lautrer Tor, insbesondere nach Ecken herrscht im Strafraum immer wieder heilloses Durcheinander. Heute wird es nicht bestraft. Doch die Roten Teufel können ihrerseits eben auch keine entscheidenden Akzente mehr setzen. In der ersten Minute der Nachspielzeit verweigert der indisponierte Schiri dem FCK nach einem glasklaren Foul an Ritter noch einen Freistoß aus aussichtsreicher Position, aber dabei blieb es dann auch. Wie wohl die Westkurve diese Schlussminuten erlebt hätte? Wie sie die Mannschaft angefeuert, unterstützt und nach der Partie empfangen hätte? Auch heute bleibt sie menschenleer. FCK-Fans, ihr fehlt an allen Ecken und Enden!
Unentschieden also. Was sonst. So titelten wir schon nach dem Remis gegen Türkgücü München im Januar. Da hieß der Trainer noch Jeff Saibene. Das 14. Remis, es kann zwar im Abstiegskampf am Ende tatsächlich noch etwas wert sein, denn die Konkurrenz aus Unterhaching, Magdeburg und Lübeck verlor allesamt und morgen nehmen sich Uerdingen und Duisburg die Punkte gegenseitig ab. Doch magere vier Siege in 26 Partien sind eben nicht nur viel zu wenig: Nur ein Heimsieg in 13 Partien, das ist die Statistik eines Absteigers. Und so erklärt auch Antwerpen nach Schlusspfiff: "Die Heimspiele sind eigentlich dazu da, um sie zu gewinnen, aber mit so einer Leistung wird das schwierig". Dem ist nichts hinzuzufügen. Wir woll'n Euch siegen sehn!
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel
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