Neuigkeiten und Pressemeldungen zum 1. FC Kaiserslautern.

Beitragvon ExilDeiwl » 20.04.2023, 01:13


Na, die Wahrheit wird irgendwo in der Mitte liegen, geschätzter @Miggeblädsch. Sicherlich ist der Einfluss des Forums begrenzt, aber sicher auch nicht zu unterschätzen. Nicht nur einmal wurden Meinungen von hier quasi 1:1 in die Presse übernommen. Selbst ich kleines Licht wurde schon vom SWR nicknamentlich zitiert (und damit will ich mich nicht brüsten, sondern aufzeigen, dass das Forum eben doch auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird und sicherlich auch oben auf dem Berg). Sowas kann durchaus auch einmal Entscheidungsprozesse mit beeinflussen. Insofern müssen wir unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Aber übertreiben müssen wir‘s sicher auch nicht, wir treffen hier keine Vereinsentscheidungen mit unseren Äußerungen. Und wo sachliche Kritik angebracht ist und sie auch zielführend ist, da soll sie auch ausgesprochen werden. Ob auf der Straße, im Stadion oder hier im Forum. Da sind wir uns ja auch einig. :daumen:
Nein, es geht mir NICHT um Hurra-Fußball!

🇺🇦 STOP WAR! FUCK PUTIN! 🇺🇦



Beitragvon Kohlmeyer » 24.04.2023, 15:51


Zeit für unsere Taktik-Analyse. Hier kommen die xG-Grafiken zur Partie beim Jahn:

Bild

Taktik-Nachlese zum Spiel SSV-FCK
Die DBB-Analyse: Ohne Boyd keine Freud

Zur "Attacke" bliesen nur die Betze-Fans auf den Rängen. Ihr 1. FC Kaiserslautern dagegen hielt sich im Spiel bei Jahn Regensburg nach vorn weitgehend zurück. Am Ende stand ein 0:0 - und wieder mal die Frage: War da nicht mehr drin?

In einem seiner bekanntesten Lieder fragt der große amerikanische Songwriter Bob Dylan, über wie viele Meere eigentlich eine weiße Taube fliegen muss, bevor sie im Sand ruhen kann. Gute Frage, aber hier geht’s um Fußball. Also fragen wir mal: Wie viele Flanken müssen eigentlich in einen Strafraum segeln, bevor sie mal auf dem Schädel oder dem Fuß eines Mitspielers landen? In Regensburg wurde die Antwort zwar nicht vom Wind weggeblasen, die Frage jedoch mutet ähnlich rhetorisch an wie bei Bob Dylan. Weder gibt es jemals wirklich Frieden auf der Welt, noch hat in Regensburg irgendjemand das Tor getroffen.

Insgesamt 15 Mal versuchten die Gastgeber, den Gegner mit Flanken zu knacken, lediglich vier Mal bekam ein Mitspieler einen Körperteil ans Leder. Die Gäste wiederum droschen 21 Flanken, doch nur drei Mal erwischte einer der ihren mehr oder weniger erfolgversprechend den Ball (Quelle: sofascore). Damit lagen insbesondere die Lautrer deutlich über dem Durchschnitt, den ihr Flügelspiel in dieser Saison bislang aufweist. In der Regel flanken sie 13,09 Mal pro Partie, und ihre Flanken kommen mit einer Genauigkeit von 37,4 Prozent, das ist der fünftbeste Wert der Klasse (Quelle: Wyscout). Diesmal aber war von dieser Präzision nichts zu sehen.

Hercher: Ganz nah dran, wieder zum Joker zu werden

Die ungewöhnlich hohe Zahl der Flanken mag zum Teil dadurch bedingt sein, dass der FCK über eine Viertelstunde in Überzahl spielte. Der Regensburger Benedikt Saller war in der 74. Minute nach einem Foul an Jean Zimmer des Feldes verwiesen worden. In dieser Phase galt es, das Spiel in die Breite ziehen, bis der freie Mann gefunden ist. Und da der Gegner sich in einer solchen Situation auf die Spielfeldmitte konzentriert, findet der sich normalerweise auf dem Flügel.

Die größte Torchance des gesamten Spiels ereignete sich dann auch in diesem Spielabschnitt. Sie bot sich dem eingewechselten Philipp Hercher in der 87. Minute. Sechs Meter mittig vorm Kasten vollkommen frei und der Ball fliegt auf ihn zu: Solche Dinger hat Hercher schon öfter eingenickt. Dieses aber nicht. Ist eben auch nur ein Mensch, und ist eben auch nur Zweite Liga, da lassen sich hundertprozentige Erfolgsquoten nun mal nicht einfordern. Geflankt hatte der ebenfalls eingewechselte Erik Durm von der linken Seite. Ein Verteidiger, der kurz zuvor für den offensiven linken Flügelmann Ben Zolinski gekommen war. Und das beim Stand von 0:0 in Überzahl.

Warum nicht mehr Mut zum Risiko?

Hätte Hercher getroffen, es wäre der 16. Saisontreffer des FCK durch einen Einwechselspieler gewesen. Und FCK-Trainer Dirk Schuster wäre einmal mehr als der Mann mit dem goldigsten Händchen in ganz Fußball-Deutschland gefeiert worden. So aber gilt der Wechsel Durm/Zolinski vielen als bezeichnend dafür, was insbesondere in den Fanforen dem Trainer zuletzt immer wieder bei den Auswärtsauftritten vorgehalten wird: Warum so destruktiv, warum so defensiv, warum so zurückhaltend im Spiel nach vorne? Seit nunmehr sechs Partien in der Fremde sind die Roten Teufel ohne eigenen Torerfolg. Und gerade jetzt, wo 44 Punkte auf dem Konto stehen, in der Tabelle nach unten nichts mehr passieren kann und nach oben nichts mehr geht, da könnte man doch mal was riskieren, oder nicht?

Tja. Man wird sich wohl damit abfinden müssen. Dirk Schuster wird seinem Stil, mit dem er seine Mannschaft unterm Strich bislang äußerst erfolgreich durch die Saison geführt hat, bis zum Rundenende treu bleiben. Und nach seiner Auffassung ist für einen Aufsteiger nun einmal nicht angezeigt, in gegnerischen Stadien dominant aufzutreten. Erst recht nicht, wenn der Kontrahent unter Druck steht und gezwungen ist, selbst das Spiel zu machen, da ist eine Konter-Taktik nunmal erfolgversprechender.

Und auch wenn es "uncool" ist, Schwächen mit diversen Ausfällen zu erklären, in diesem Fall sollte es nicht übersehen werden. Die Offensivspieler Kenny Redondo und Nicolas de Préville waren sehr kurzfristig ausgefallen, Terrence Boyd fehlte ohnehin gelbgesperrt. Da war es nicht unbedingt zu erwarten, dass nach dadurch bedingten Umstellungen nach vorne viel zusammenläuft.

Lobinger als Boyd-Ersatz: Kein guter Versuch

Zumal sich eine Personalie schon nach wenigen Minuten als problematisch herausstellte. Tyger Lobinger, der als Einwechselspieler in dieser Saison schon öfter für Belebung im FCK-Spiel gesorgt hat, durfte erstmals von Beginn ran. Und das als Keilspitze in einer 4-2-3-1-Formation, also als Boyd-Ersatz. Die Rolle lag ihm gar nicht. Er hätte sie vielleicht besser ausfüllen können, wären ihm ab und an mal Bälle steil und flach in einen möglichen Laufweg gelegt worden, auf dem er mit etwas Anlauf seine Schnelligkeit hätte ausspielen können - das ist nämlich seine Stärke. Aber da Philipp Klement erneut zunächst auf der Bank saß, war 57 Minuten lang niemand da, der ihm solche Bälle hätte servieren können.

Hohe Bälle festmachen oder den Mitspielern entgegenkommen, sich ihnen als zentrale Anspielstation anbieten - das wiederum liegt Lobinger gar nicht. Dass "Sky" den Regensburger Innenverteidigern Steve Breitkreutz und Jan Elvedi im Lauf der ersten Hälfte einhundert Prozent gewonnene Zweikämpfe attestierte, spricht für sich.

Fragt sich halt, warum Schuster Lobinger nicht spätestens zur Halbzeit auswechselte. Wirkliche gute Alternativen für Boyd standen ihm angesichts des Ausfalls von de Préville zwar nicht zur Verfügung, aber doch einige denkbare: Daniel Hanslik, der erneut auf der Zehn angeboten war, ist sicher kein 1:1-Boyd-Ersatz, aber gelernter Stürmer und verfügt durchaus über das taktische Verständnis, sich vorübergehend auch mit einer solchen Rolle anzufreunden. Und mit Muhammed Kiprit saß auch ein echter Neuner auf der Bank. Der steht zwar schon die gesamte Spielzeit über auf dem Abstellgleis, doch ist Schuster eigentlich Pragmatiker genug, ihn dennoch ins Feuer zu werfen, wenn er es für angezeigt hält.

Doch warum er es nicht tat - und Lobinger sogar als einzige Offensivkraft durchspielen ließ? Womöglich, dass der 24-Jährige sich bei seinem ersten Startelfeinsatz einfach mal durchbeißt. Kann mal halt auch mal machen in dieser Phase der Saison - und kurz nach der Pause gelang ihm ja sogar mal ein Torabschluss, auch wenn dieser SSV-Keeper Jonas Urbig nicht wirklich erschreckte.

Mehr Ballbesitz = bessere Mannschaft? Das alte Lied

Ansonsten war’s wieder mal so ein Spiel, in dem mehr Ballbesitz nicht unbedingt die Siegchance erhöhte. Dass beide Mannschaften es damit ohnehin nicht so haben, war schon vorher bekannt. Doch der Jahn war, wie von Schuster kalkuliert, gezwungen, ihn anzunehmen, was er auch tat: 62 Prozent Ballbesitz verzeichneten die Regensburger in der ersten Hälfte, 57 Prozent in der zweiten - die fünf Prozentpunkte Nachlass sind dem Platzverweis geschuldet.

Was die lokalen Medien in der Oberpfalz mehrheitlich zu der Einschätzung führte, dass der Jahn über 90 Minuten die bessere Mannschaft gewesen sei. Naja - da trügt die augenscheinliche Dominanz wieder mal ein wenig. Obwohl natürlich festgehalten werden muss: Die beiden spektakulärsten Toraktionen verzeichneten die Gastgeber. Einmal durch Sarpreet Singh in der 30. Minute, als dieser eine Kopfverlängerung von Prince Osei Owusu - wie um Himmels willen konnte Boris Tomiak diese derart teilnahmslos geschehen lassen? - formvollendet annimmt und aus 18 Metern abfeuert. FCK-Keeper Andreas Luthe, der etwas zu weit vor seinem Kasten steht, bekommt die Hand gerade noch an den Ball, der über ihn hinweg ins Tor zu fliegen droht, und lenkt ihn so noch auf die Torlatte.

Und dann hätte Owusu in der Schlussminute beinahe noch getroffen, als er aus 18 Meter einen Linksschuss in den Torwinkel zirkelt - aber auch da bekommt Luthe noch die Hand dran. Ansonsten verzeichnete der Jahn noch zwei Kopfballchancen in den ersten 20 Minuten nach der Pause: Eine recht gute durch Benedikt Gimber, eine eher halbgare durch Saller.

So geht Umschaltspiel: Kevin Kraus zeigt’s wenigstens einmal

Die meiste Zeit aber hatte der FCK nicht wirklich Mühe, dem Passspiel der Ballbesitz-orientierten Regensburger im hinteren Drittel ein Ende zu bereiten. Mitte der ersten Hälfe demonstrierte Kevin Kraus wenigstens einmal, wie "Umschaltspiel" aussehen kann. Und zwar richtig gut: Abfangen eines gegnerischen Zuspiels in die Spitze, exakter langer Ball auf den rechts startenden Aaron Opoku. Der flankt gar nicht mal schlecht, doch in der Mitte verpassen Lobinger und Hanslik knapp.

Und da keiner der beiden an den Ball kam, verursacht diese Aktion keinen Ausschlag in der xG-Timeline. Und da es von diesen Aktionen einige gab, weist diese ein Endergebnis von 1,28 : 0,53 für Regensburger aus. Leider ist die Grafik der Gastgeber wieder mal weiß auf weiß gezeichnet, so dass sich keine Details erkennen lassen - das wird schon langsam ärgerlich.

Bild

Die Postions- und Passgrafik belegt die eher schwächlichen Offensivbemühungen der Roten Teufel. Demnach war Lobinger sogar noch ein bisschen besser im Spiel als Hanslik. Auch Opoku war rechts wesentlich schlechter eingebunden als Zolinski links. Das nennt man wohl verschenktes Potenzial.

Bild

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Gastgeber: Ist, was Offensivspiel angeht, jetzt auch nicht so berühmt. Von wegen "bessere Mannschaft".

Bild

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer


Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon Lautern-Fahne » 25.04.2023, 19:51


Bild
Heatmap Lobinger

Bild
Heatmap Hanslik

Hier nochmal der Nachtrag zur Heatmap von Lobinger. In der PK nach dem Spiel lobte Schuster ihn explizit dafür, dass er genau das tat, was vorher angeordnet war. Für mich sieht es so aus, als wäre die Idee gewesen, dass er auf den Außen aushilft und Hanslik in der Mitte quasi alla Wunderlich nachstößt. Aus der Passübersicht geht ja auch hervor, dass wir garnicht erst versuchten durch die Mitte zu Spielen, sondern NUR über die Außen kamen. Kann man im 4-5-1 machen.
Er war im Strafraum meist nicht präsent, sondern wich auf die Außen aus. Dadurch das die Außen abgeriegelt waren, ging halt offensiv garnichts. Sofascore sah ihn im Gegensatz zu unserer Presse und dbb auch garnicht so schlecht.

Bild
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon Kohlmeyer » 26.04.2023, 07:55


Gar nicht so schlecht? 16 Ballberührungen in 90 Minuten? 1 Torschuss? 0 "wichtige Pässe"? Naja. Richtig ist: Er liegt in der Gesamtnote bei sofascore um 0,1 Punkte besser als Opoku, Hanslik und Ritter. Das überrascht auch mich, kann es aber auch nicht wirklich nachvollziehen.

Dass er sich nicht bewegt hat, hab zumindest ich auch nicht geschrieben. Sondern, dass er nicht die Dinge tun konnte, die Boyd normaler Weise für unser Spiel tut. Sich nicht nur auf der gesamte Breite des Feldes anbieten, sondern den Ball auch annehmen (können) und ihm auch mal entgegenkommen. Diese Abläufe hat er zwar versucht abzubilden – vermutlich hat Schuster auch das gemeint, als er ihn lobte. Es ist aber auch selbstverständlich, dass der Trainer seine Spieler öffentlich im Schutz nimmt, zumal er in der PK wohl schon ahnte, dass sich an Lobingers Auftritt Kritik entzünden würde. Fakt ist aber auch, dass Lobinger bei seinen Versuchen nie ernsthaft eine Schnitte bekommen hat.

Weil das, auch das habe ich geschrieben, nunmal nicht Lobingers Spiel ist. Er ist eher ein Typ wie Thiele, zwar großgewachsen, aber weder Brecher noch Prellbock. Dafür kann er richtig schnell werden, wenn er aufgrund seiner großen Übersetzung ein paar Meter Anlauf nehmen kann. Aber das konnte er in Regensburg nicht, weil niemand da war, der ihn mit der nötigen Passpräzision auf die Reise schickte.

Insofern hast du recht: Es bringt nichts, auf dem Jungen rumzuhacken, wenn er nicht so eingesetzt wird, dass er seine Stärken ausspielen kann. Davon hat er nichts und auch sonst niemand was. Hab ich aber auch nicht getan.



Beitragvon Lautern-Fahne » 26.04.2023, 11:43


@Kohlmayer
Ich sage nicht, dass ich die sofascore Bewertung teile. Hauptjob eines Stürmers ist auch für mich Tore zu schießen. Auch sollte es nicht so rüberkommen, als würde ich dich in irgendeiner Form angreifen oder als wollte ich Worte in den Mund legen.

Nur hatte ich im Spieltagsthema den Hinweis gegeben, dass Lobinger für mich generell nicht wie ein Stürmer agiert. Ich persönlich weis echt nicht, ob er schlecht spielt. Man merkt auch bei seinen Einwechslungen, dass das Spiel immer bricht. Wir hatten Partien, bei denen wir jeden Ball hoch auf Boyd kloppten. Und als der noch größere Lobinger reinkam, wurde auf flache Pässe umgestellt :?: Genauso bei der (jetzt gelöschten) Map. Der ist einfach "nicht da wo ein Stürmer stehen muss".
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon Kohlmeyer » 26.04.2023, 11:46


Hab mich auch nicht angegriffen gefühlt. Ist doch ein Diskussionsforum, oder? Und schön, wenn man Diskussionen so sachlich führen kann.



Beitragvon Lautern-Fahne » 27.04.2023, 12:38


@Kohlmayer
Gut.

In der PK vor dem Rostockspiel lobte Schuster nochmal explizit Lobingers Defensivarbeit. Und erwähnte auch, dass offensiv mehr kommen muss ohne einen weiteren Starfelfeinsatz auszuschließen.

Ich wundere mich ein bisschen, dass er Rostock im 3-4-3 sieht. Die meisten Seiten sahen maximal ein 4-4-2 im Block. Wobei ein Dreiersturm mit viel Pressing typisch Schwarz wäre. Wie bespielt man das am besten? Gegen Fürth und Paderborn hatten die einfach 30% bzw 25% Ballbesitz. Auch wenn er Hanslik lobte, kommen wir wohl nicht an Klement und Rapp vorbei.
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon Kohlmeyer » 27.04.2023, 16:11


Naja, Dreiersturm mit viel Pressing - typisch Schwarz? Weiß nicht. Pressing ja, aber bestimmt nicht allzu weit vorne. Wieso Schuster sich so sicher, dass sie am Samstag Dreierkette spielen, weiß ich auch nicht. Zuletzt gegen Fürth haben sie wohl hauptsächlich Dreierkette gespielt, obwohl der Kicker da anderer Meinung war, aber das will nichts heißen. In den Spielen zuvor war's wohl eher Viererkette, aber nicht unbedingt durchgehend, die sind da wohl sehr flexibel.

Wie man gegen die spielt? Wenn ich's wüsst, wär's noch lange nicht gesagt, dass DS genauso denkt... Wir werden wieder auf einen Gegner treffen, der so spielt, wie Schuster selbst am liebsten spielen lässt, und gegen solche tun wir uns immer am schwersten. Da müssten Spieler, die sich in engen Räumen mit dem Ball durchsetzen können, ist wirklich ein Graus, dass de Préville bei uns einfach nichts ins Rollen kommt, und Rapp ist wohl auch fraglich. Und bloß, weil wir der Meinung sind, dass man in einem solchen Spiel an Klement nicht vorbeikommt, muss DS es noch lange nicht sein. Ich bin schon froh, wenn Opoku von Anfang an dabei ist, und Boyd sowieso.

Gruß,
Kohlmeyer



Beitragvon Kohlmeyer » 30.04.2023, 13:40


Hier kommt unsere Taktik-Nachlese samt xG-Grafiken zur Partie gegen Rostock:

Bild

Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-FCH
Die DBB-Analyse: Operation geglückt, Patient tot

Der 1. FC Kaiserslautern musste gegen Hansa Rostock wieder mal einen tiefstehenden Gegner bespielen. Das machte er besser als zuletzt, verlor aber dennoch 0:1. Was Mannschaft und Trainer allerdings nicht entmutigen sollte.

Veranschaulichen wir es mal so: Die Roten Teufel wirkten an diesem Samstag wie Assistenzärzte, die bei einer Operation erstmals selbst das Skalpell führen dürfen. Sie haben das richtige Besteck zur Verfügung, wissen damit umzugehen, sind vom Chefarzt gut vorbereitet und werden von diesem auch während der OP unterstützt - der Patient aber geht am Ende dennoch ex. Weshalb? Weil dann doch die Routine des Chef-Chirurgen fehlte, vor allem dessen ruhige Hand beim entscheidenden Schnitt.

Ja, sie haben es "im Prinzip" richtig gemacht. Und, nein, hier soll nichts schön geredet werden. Der FCK hat zum dritten Mal in dieser Saison ein Heimspiel verloren, torlos geblieben ist er am Betzenberg nun schon zum vierten Mal. Angesichts der sich fortsetzenden Nullnummern in der Fremde - da sind es nunmehr sechs am Stück - scheint es mit der Qualität in der Offensive eben doch nicht so weit her zu sein, wie es die montäglich erscheinende "Kicker"-Statistik Glauben macht. Auf der nämlich rangieren die Lautrer aktuell auf Rang 3 in puncto Chancenverwertung. Zwischenzeitlich waren sie sogar auch schon mal Erster.
Und ja, wieder mal waren die Männer in Rot gezwungen, einen tief stehenden Gegner zu bespielen. Und wieder einmal steht am Ende ein Ergebnis, demzufolge dies nicht gelungen ist. Was die Kritikerblase, die sich in den Fanforen mittlerweile gebildet hat, einmal mehr in ihrer Annahme bestätigen dürfte, unter Dirk Schuster funktioniere, wenn überhaupt, nur Underdog-Fußball, und dass es so etwas wie Weiterentwicklung unter diesem Coach nicht geben könne.

Wir behaupten dennoch: Trotz der Niederlage hat die Mannschaft ihre bislang beste Saisonleistung gegen einen extrem defensiv orientierten Gegner gezeigt.

Die Startelf überrascht nicht personell, aber mit ihrer Spielanlage

Schuster war allerdings schon mit seiner Startelf nicht unbedingt auf Wohlwollen bei einigen Fans gestoßen, von denen wieder einmal über 40.000 das Fritz-Walter-Stadion füllten. Die viel geforderten Philipp Klement und Philipp Hercher saßen erneut nur auf der Bank. Für sie starteten abermals Daniel Hanslik und Ben Zolinski, die der Trainer wohl wegen ihrer Laufstärke und ihrer taktischen Disziplin bevorzugt. Zudem fiel Kevin Kraus kurzfristig aus. Drum bildeten Robin Bormuth und Boris Tomiak die Innenverteidigung. Die wiederum waren schon so oft nebeneinander unterwegs, dass mit Abstimmungsproblemen nicht ernsthaft zu rechnen war.

Was die Spielanlage anging, rückten die Gastgeber dann jedoch vom Anpfiff an von allem ab, was Schuster-Skeptiker so erwarteten. Sie attackierten den Gegner früh in dessen Hälfte und hatten dazu auch ihre Standardformation angepasst. Marlon Ritter etwa positionierte sich nicht neben Julian Niehues auf der Sechs, sondern weiter vorne neben Hanslik, und aus diesem 4-1-4-1-System heraus rückte er häufig zu Terrence Boyd in die Spitze auf, um einen der Rostocker Innenverteidiger zu bedrängen. Ritter selbst tat die modifizierte Rolle gut, er war wesentlich besser im Spiel als zuletzt.

Nicht viele Tor-Aktionen, aber guter Zugriff auf zweite Bälle

Opoku begann diesmal auf der linken Seite, Zolinski rechts, erst nach einer halben Stunde tauschten die beiden mal vorübergehend. Der Wechsel bekam Opoku ebenfalls blendend, auf dem linken Flügel ist er nochmal einen Tick stärker.

Und wo blieben die Tor-Aktionen? Okay, die stellten sich nicht gerade im Sekundentakt ein und waren auch nicht von erster Güte. Doch die Spielanlage war ohne Frage die richtige. Ein erster Kopfball Boyds nach einem Flanken-Lupfer Opokus wurde deswegen möglich, weil Ritter eine zu kurz abgewehrte Ecke direkt wieder zu Opoku weitergeleitet hatte. Ritters fein anzuschauender Schlenzer aus 16 Metern, der nur knapp am Tor vorbeistrich, schloss nach einer halben Stunde eine Angriffsphase ab, nach der sich die Lautrer kurz zuvor gleich zwei Mal hintereinander zu kurz abgewehrte Bälle aus dem Strafraum direkt wieder erobert hatten. Und Hendrick Zucks Rückraumgeschoss aus halblinker Position war die Folge eines von Opoku schnell und präzise ausgeführten Einwurfs auf den halbrechts einlaufenden Ritter. Davor war der Gegner auf seiner linken Abwehrseite durch entschlossenes Aufrücken festgenagelt worden.

Das Erobern zweiter Bälle funktionierte also und auch die 64 Prozent Ballbesitz, die die Statistiken fürs Schuster-Team nach der ersten Hälfte auswiesen, kamen keinesfalls nur durch Hintenrum-Spielen zustande. Unter anderem tat sich Jean Zimmer mit zwei gelungenen diagonalen Seitenwechseln auf Opoku hervor. Wobei der Capitano auch schon nach drei Minuten für einen kleinen Herzinfarkt-Moment gesorgt hatte, als er mit einem missglückten Rückpass Hansa-Stürmer Kai Pröger auf die Reise schickte.

Volle Kontrolle nach 40 Minuten - und dann fällt das 0:1

Ansonsten aber hatte der FCK die Partie nach 40 Minuten voll im Griff. Offensiv fielen die Gäste nur auf, wenn sie bei Eckbällen ihr wuchtigstes Personal im Pfälzer Strafraum platzierten. Nach einem damit einhergehenden Gerangel um einen hohen Ball hatte Mittelfeldspieler Nils Fröling das Leder mal ans Außennetz gesetzt: Ein Warnschuss, der ankündigte, was sechs Minuten später Wirklichkeit werden sollte: Die Rostocker gingen in Führung. Trotz allem.

Ob Andreas Luthe Frölings Flattergeschoss aus über 20 Metern tatsächlich nur wegfausten konnte oder ob ihm nicht vielleicht doch eine Abwehr zur Seite hätte gelingen können - darüber dürfen sich die echten und die selbsternannten Torwartspiel-Experten in dieser Community die Köpfe zermartern. Fakt ist, dass das Leder nach vorne wegsprang, Pröger es halbrechts an der Strafraumgrenze annehmen durfte und einschoss. Festgehalten sei aber auch: Tomiak hatte es Fröling davor viel zu leicht gemacht, sich in Schussposition zu bringen. Und Zuck war bei Prögers Linksschuss zwar am Mann, schaffte es aber auch nicht, den Schuss abzublocken.

Hercher und Klement kommen - doch die "Jokertime" fällt diesmal aus

Damit ging’s mit einer überraschenden Gäste-Führung in die Pause. Schuster brachte jetzt mit Klement und Hercher die Scorer, die sich viele schon von Anfang an gewünscht hätten. Die deuteten dann auch schon nach ein paar Minuten an, dass wieder einmal Joker-Time angesagt sein könnte. Doch Klements Schuss nach Zusammenspiel mit Hercher konnte Hansa-Keeper Markus Kolke wegfausten.

Ansonsten bot sich ein ähnliches Bild wie in Hälfte eins, nur rückten die Gastgeber noch heftiger an. Dass sie energischer Richtung Tor drängten, als sie das bislang in vergleichbaren Partien taten, belegen auch zwei Werte, die "bundesliga.de" veröffentlichte: Im bisherigen Saisonverlauf benötigten die Roten Teufel im Schnitt bislang 16,5 Sekunden, um sich ein einmal verlorenen Ball zurückzuholen. Diesmal schafften sie es nach 10,3 Sekunden. Dazu hatten sie eine Passquote von 85 Prozent. Bei den Ballstafetten gab es zwar immer mal auch Stockfehler zu sehen, doch die landeten in der Regel im Aus. Die Kontersicherung stimmte im Großen und Ganzen, wie auch der Blick auf xG-Timeline unten zeigt. Für Hälfte zwei weist sie für die Gäste kaum Ausschläge aus. Und das, obwohl Schuster später mit Tyger Lobinger noch eine weitere Offensivkraft für den nach hinten absichernden Sechser Niehues brachte.

Dass es trotz des breit aufgebauten Drucks, der nicht nur von den Flügeln, sondern insbesondere auch von Klement mit einigen guten Zuspielen durchs Zentrum hochgehalten wurde, in den zweiten 45 Minuten ebenfalls nicht zu allzu vielen "klaren" Torchancen reichte, lag an der enormen physischen Präsenz, mit der die Rostocker ihren Strafraum verteidigten. Außerhalb arbeitete die Kogge mit einer sehr variablen Defensivreihe, sie präsentierte sich mal mit Fünfer-, dann wieder mit Viererkette. Bezeichnend: Der einzige nennenswerte statistische Vergleich, den die Gäste am Ende gewannen, ist die Zweikampfbilanz. Die aber gestalteten sie mit 57 : 43 allerdings recht eindeutig für sich.

An einem normalen Tag hätte es gereicht - aber was ist schon normal?

Der FCK kam auch bei seinen insgesamt 14 Ecken nicht durch, zumindest nicht im ersten Versuch. Am nächsten am Ausgleich dran war Boyd nach knapp 80 Minuten, als er nach Zuck-Flanke endlich mal zum Kopfball kam - da hatte ihm der unerbittliche Rick van Drongelen tatsächlich mal einen halben Meter Freiraum gelassen. Doch Kolke machte den Köpper aus sechs Metern mit einem fantastischen Reflex zunichte. Auch bei einem weiteren Hinterhaltsschuss von Zuck war der Hansa-Schlussmann auf dem Posten. Herchers Kopfballtreffer nach Klement-Flanke indes fand wegen Abseits leider zurecht keine Anerkennung.

Keine Frage: An einem "normalen" Tag hätte das reichen müssen, um mindestens den Ausgleich zu erzielen. Aber welche Tage sind im Zweitliga-Fußball schon "normal"? Was bleibt, ist zunächst einmal eine Erkenntnis fürs Phrasenschwein: In einem solchen Spiel wäre es wichtig gewesen, den ersten Treffer zu erzielen.

Weder als Phrase noch als Schönrederei abtun sollte man dagegen Dirk Schusters Äußerung in der Pressekonferenz, im spielerischen Bereich seien in dieser Partie bei seiner Mannschaft durchaus Fortschritte zu sehen gewesen. Das ist absolut richtig - auch wenn das Ergebnis natürlich enttäuscht.

Die Passmaps: So sehen Sieger eben nicht aus

Die xG-Timeline bestätigt diese Darstellung: Auch wenn es kein Torchancen-Festival war. Ein, zwei Treffer waren drin. Dieses Team kann auch mit einer dominanten Spielanlage punkten.

Bild

Die Positions- und Passgrafik. Opokus Flügel war der starke Flügel, das überrascht nicht. Die Positionierung des Zolinski-Spots verwirrt allerdings ein wenig.

Bild

Zum Vergleich die Postions- und Passgrafik: So sehen Sieger normalerweise nicht aus. Aber was heißt das schon in dieser Liga.

Bild

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer


Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon Graf Geo » 30.04.2023, 14:48


Muss mich hier mal melden und sagen, wie großartig ich diese Rubrik finde. Lese ich immer wieder sehr gerne!!!
Ich sehe es übrigens genauso: Ich fand das Spiel eigentlich gar nicht so schlecht - insbesondere die zweite Halbzeit war doch ein Anrennen ohne Ende. Geht da einer rein, geht die Kiste ganz anders aus...
Mich würde interessieren, wie der xG Wert aussehen würde, wenn unsere Jungs nicht zweimal in aussichtsreicher Position ausgerutscht wären. Das wären prima rausgespielte Tore gewesen...
Also wenn man es schafft, das die Mannschaft in der letzten Aktion vor dem Tor mit mehr Ruhe und Übersicht agiert - da fiel mir insbesondere Opoku auf, dann sehe ich längst nicht so schwarz für die Zukunft wie manch andere hier...



Beitragvon Lautern-Fahne » 01.05.2023, 17:56


Guter Bericht. Wir spielten am Samstag so offensiv wie schon lange nichtmehr. Gerade in der ersten Hälfte brillierten wir mit Doppelpässen. War richtig schön anzuschauen. Auch das 3-4-3 in der zweiten Hälfte war überraschend stabil und Rostock kam nicht zu Kontern.

Leider fehlt ein zweiter Opoku, der sich im 1:1 offensiv durchsetzen und mal ein Loch reißen kann. Das die Rostocker nach dem 0:1 den Bus vorm Tor parken ist halt typisch zweite Liga. Bielefeld und Nürnberg werden das genauso machen. Die Situation hatten wir unter Runjaic und Foda sellemols bei jedem Heimspiel. Und verloren oft trotz wesentlich stärkerer Kader.
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon Kohlmeyer » 08.05.2023, 13:36


Hier kommt unsere Taktik-Nachlese zur Partie in Nürnberg:

Bild
Foto: Imago Images

Taktik-Nachlese zum Spiel FCN-FCK
Die DBB-Analyse: Erst die Qual, dann die Qualität

Die Mentalitätsmonster des 1. FC Kaiserslautern sind wieder erwacht - und haben ihren Fans mit dem 3:3 beim 1. FC Nürnberg ein echtes Spektakel beschert. Zuvor allerdings hatten sie ihren Anhang ganz schön gequält.

Lange Zeit sah es aus, als würden die Roten Teufel abermals ihrem Ruf (der übrigens mehr gefühlt als wirklich statistisch belegbar ist) gerecht, der Aufbaugegner schlechthin für alle Kriselnden und Schwächelnden dieser Fußballwelt zu sein. Mit Nürnberg erwartete die Pfälzer der Zweitligist, der gemeinsam mit Hansa Rostock bislang die wenigsten Treffer in dieser Saison erzielt hatte (25) - gegen den FCK durfte er gleich dreimal netzen.

Nürnbergs kreativer Mittelfeldspieler Mats Møller Daehli hatte in dieser Saison noch nicht einmal getroffen - gegen den FCK durfte er sein Tor-Debüt feiern. Der nur 1,77 Meter große Rechtsverteidiger Jens Castrop markierte sein erstes Kopfballtor in einem Pflichtspiel seit seiner Zeit bei U17-Junioren. Und das nach einer Ecke - bis dato hatten die Nürnberger noch keinen Treffer nach einer solchen erzielt. Auch dafür musste eben erst der FCK kommen.

Zum Start erstmal Abwehrarbeit wie auf Valium

Doch nicht nur bei diesem Treffer ärgerte vor allem die Art und Weise, wie er fiel. Der erste Einschlag nach nur vier Minuten resultierte aus einem Ballverlust in der Vorwärtsbewegung. Dass Aaron Opoku in der gegnerischen Hälfte das Leder gegen den enorm zweikampfstarken Castrop verliert, lässt sich verschmerzen. Aber wie Lino Tempelmann anschließend an Julian Niehues und Boris Tomiak vorbei marschiert, ehe er Felix Lohkemper in die Tiefe schickt und dieser dann Møller Daehli im Rückraum auflegt - das sah aus, als wäre Lauterns Abwehr auf Valium.
Auch beim Hackentor Kwadwo Duahs zum 3:1 kurz nach der Pause stand Tomiak ziemlich passiv daneben. Der 24-Jährige hat bis dato eine überragende zweite Profisaison gespielt, sich auch fußballerisch gut weiterentwickelt - auf den letzten Metern hapert es nun aber womöglich ein wenig mit der Konzentration.

Immerhin: Boyd beendet die Auswärtstorflaute

Zu ergänzen wäre noch: Ben Zolinski hätte nach seinem Bodycheck gegen Duah durchaus auch Rot statt nur Gelb sehen können. Und das schon nach neun Minuten. Und ob’s mit Zehn gegen Elf noch was geworden wäre mit der Wiederaufstehung? Comeback der Mentalitätsmonster? Das gab es diese Saison tatsächlich schon einmal beim 2:2 in Heidenheim, aber jedes Mal klappt sowas nicht.

Dass Terrence Boyd mit seinem Treffer zum 1:2 wenigstens die Serie der sechs torlosen Auswärtspartien des FCK beendete, schien spätestens nach dem 3:1 des FCN nur eine Fußnote zu bleiben.

Krahls Debüt: Undankbar, aber mit Happy End

Keine Auswirkungen auf das Ergebnis hatte dagegen das überraschende Debüt von Julian Krahl im FCK-Tor. Die eigentliche Nummer 3 im Keeper-Ranking war einen Tag vor Anpfiff zur vorübergehenden Nummer 1 aufgerückt, da sowohl Andreas Luthe als auch Avdo Spahic kurzfristig verletzt ausfielen.

Ein Traumeinstand war’s sicher nicht: Krahl war bei allen Gegentoren machtlos, bekam im Grunde keine Gelegenheit, sich mal selbst auszeichnen. "Er hat Ruhe ausgestrahlt und die Entscheidung, ob kurz, ob lang spielen, immer richtig getroffen", war daher alles, was Trainer Dirk Schuster hinterher loben konnte. Am Ende Teil eines überwältigenden Erfolgserlebnisses gewesen zu sein, dürfte dem 23-Jährigen dennoch gut getan haben.

Hälfte zwei: Die Dominanz wird belohnt

Denn das bescherten sich die Lautrer dennoch, so wenig es auch nach 50 Minuten danach aussah. Ein wenig Glück war dabei auch im Spiel, klar. Denn ohne das geht’s nunmal nicht. Zufall aber war es keinesfalls. Sondern der Erfolg intensiven Bespielens eines tief stehenden Gegners. Etwas, was dem FCK auch vergangene Woche im Heimspiel gegen Rostock schon besser gelungen war, als es das 0:1 am Ende ausdrückte.

Diesmal führte eine überzeugend dargebotene spielerische Dominanz nicht nur zu zwei Treffern, sie bescherte dem Team auch mindestens noch zwei weitere Großchancen, die den Ausgleich auch schon früher hätten ermöglichen können. Einmal erwischte Boyd freistehend vor dem Tor eine Flanke von Philipp Klement nicht richtig, einmal drückte Philipp Hercher ein flaches Zuspiel des eingewechselten Tyger Lobinger aus fünf Metern knapp am Kasten vorbei.

Klement wird zum Klempner der Wende

Klement? Richtig. Den Feintechniker, der seit Wochen nur noch von der Bank kommt, brachte Dirk Schuster diesmal schon nach 36 Minuten für Zolinski. Und der 30-Jährige dankte es seinem Trainer mit Taten: Er flankte in der 88. Minute gefühlvoll auf Niehues, der per Kopf den 2:3-Anschlusstreffer erzielte, und markierte in der fünften Minute der Nachspielzeit den Ausgleich höchstselbst mit einem perfekten Freistoßheber.

Mit links aus halbrechter Position über die Mauer geschlenzt, eine Situation, wie gemalt für einen wie Klement. Das hatte auch FCN-Trainer Dieter Hecking erkannt, weswegen er schon vor der Ausführung zum HB-Männchen mutierte. Wie er hinterher gestand, brachte es ihn besonders auf die Palme, dass sich einer seiner Spieler hinter die Mauer legte, um einen eventuellen Flachschuss zu blocken - "als ob Klement es aus einer solchen Position jemals flach versuchen würde."

Im FCK-Lager dagegen hofft man nun, dass sich das zuletzt anscheinend gestörte Verhältnis zwischen Klement und seinem Trainer nun endlich wieder entspannt. Dem akribischen Schuster mag der Ballkünstler bisweilen ein wenig zu pomadig im Auftritt erscheinen, seine technischen Fähigkeiten sind jedoch so überragend, dass sie dem Team unbedingt nutzbar gemacht werden sollten. Und das am besten schon vom Anpfiff weg.

Ebenfalls ein Erfolgsfaktor: Das "Umswitchen" der Kette

Andererseits, und darauf wies der Trainer Schuster nach der Partie zurecht hin: Ein Klement allein macht noch keinen FCK. Das späte 3:3 resultierte aus einer überzeugenden Mannschaftsleistung in der zweiten Hälfte. Und auch daraus, dass das "Umswitchen" von Vierer- auf Dreierkette fruchtete. Wie schon in der Vorrunde bei den Heimspielen gegen Magdeburg (4:4) und Darmstadt (3:3), während es bei einigen Aufwärtsauftritten in der Rückrunde, etwa in Magdeburg (0:2) erfolglos blieb und direkt kritisiert wurde.

In der Pause brachte Schuster Nicolai Rapp für Robin Bormuth. Der bildete anschließend mit Tomiak und Niehues eine Dreier-Abwehrkette, zunächst mit ihm auf der linken Seite, später zentral, was seinen Fähigkeiten als passstarker Aufbauspieler noch stärker entgegenkam. Vor den zentralen Mittelfeldspielern Klement und Marlon Ritter agierte anschließend ein Offensivtriangel mit Opoku, Boyd und Hercher. Opoku wurde später durch Lobinger ersetzt und eine Viertelstunde vor Schluss rückte Erik Durm für Hendrick Zuck auf die linke Außenbahn, Daniel Hanslik kam für Ritter. Dem in Hälfte zwei durchweg dominanten FCK-Spiel tat die Wechselei keinerlei Abbruch.

Allen Unkenrufen zum Trotz: Die Jungs können "Ballbesitzspiel"

Wer nach den mauen Ergebnissen der vergangenen Wochen kritisierte, es sei keine spielerische Weiterentwicklung des Teams zu erkennen, sollte daher langsam umdenken. Die Schuster-Jungen können durchaus auch "Ballbesitzspiel".

Wichtig wäre halt, dass sie damit noch ein paar Erfolge mehr einfahren, um darin noch selbstsicherer zu werden. Und sie es vielleicht auch schon beim Stand von 0:0 anwenden würden. Um selbst in Führung zu gehen. Damit das Mentalitätsmonster nicht immer erst nach einem Rückstand geweckt werden muss.

Auch wenn manches täuscht: Die Grafiken sprechen für den FCK

Zu den Grafiken. Die xG-Timeline von "11tegen11" weist ein 1,74 : 1,27 zugunsten des FCK aus. Die Medien, die ihre Daten vom Anbieter "Opta" beziehen, haben sogar ein 2,39 : 1,64 für Lautern ausgemacht. Bitte aber immer dran denken: So richtig selig macht keine dieser Erhebungen.

Erinnert sei nur an die Szene Mitte der ersten Halbzeit, als Zolinski in der Vorwärtsbewegung den Ball verliert, die Nürnberger daraufhin mit einer 4:3-Überzahl Richtung FCK-Strafraum starten, dann aber schlecht abspielen. So kommt es zu keiner Schussposition und damit auch zu keinem Ausschlag auf der Timeline. Dabei hätte es nur einen halbwegs ordentlichen Pass gebraucht und es wäre ein mit Sicherheit gewaltiges "expected Goal" zu verzeichnen gewesen.

Bild

Die Positions- und Passgrafik: Auch die ist diesmal nicht wirklich aussagekräftig. Bekanntermaßen bilden die Spots mittlere Ballannahme-Position eines Spielers ab, wobei die Bewegungen der ersten 70 Minuten eines Spiels herangezogen werden. Die Umstellung von Vierer- auf Dreierkette erfolgte schon vor der Halbzeit, was erklärt, dass Niehues und Tomiak in dieser Darstellung nun aneinander kleben, obwohl dies tatsächlich nie der Fall war. Und Boyd hängt in dieser Visualisierung ziemlich in der Luft. Dabei war er recht präsent. Sowohl im gegnerischen Strafraum, als auch als Prellbock und Ballverteiler.

Bild

Zum Vergleich die Positions- und Passgrafik der Nürnberger: Es ist schon zu erkennen: Unter Hecking soll beim FCN wieder gepflegt Fußball gespielt werden. Nur die Ergebnisse stimmen eben "noch" nicht. Unbedingt erwähnt werden sollte noch: Mit Christopher Schindler musste der beste Kopfballabräumer des FCN nach 76 Minuten verletzt vom Platz. Eine Schwächung, von der womöglich auch Niehues bei seinem Anschlusstreffer profitierte.

Bild

Quelle: Der Betze brennt / Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Ãœbersicht 2022/23: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage



Beitragvon SEAN » 08.05.2023, 21:42


Was mir auffällt ist, das wir die Sturmspitze aus dem zentralen Mittelfeld überhaupt nicht anspielen. Das würde sich in meinen Augen mit einem Klement hinter Boyd signifikant verbessern können, und uns viel mehr Möglichkeiten bieten. Man muß dann nicht immer Boyd hoch anspielen (mit dem Fuss hat er es allerdings in meinen Augen nicht so, da hat er einige efizitte), sondern aus der Achse Niehues/Ritter den Klement flach anspielen, und der kann das Ei in die Sturmspitze oder auf die vorderen Außenspieler ablegen. Das macht uns für mich unberechenbarer als im Moment, wo es prinzipiell aus dem DM über die Außen in den 16er geht. Da kann man sich natürlich wunderbar drauf einstellen.
Scheint die Sonne so warm, trag ich Papier unterm Arm,
scheint die Sonne so heiß, setz ich mich hin und.........



Beitragvon Lautern-Fahne » 08.05.2023, 22:29


@SEAN
Stimme dir zu. Wenn man sich die Passgrafiken über den Saisonverlauf ansieht kann man schön sehen, wie sich unsere Wege verschoben haben. Boyd muss sich ohne Klement viel tiefer fallen lassen um Bälle zu bekommen. Selbst wenn Hanslik oder Zolinski auf dem Feld sind, werden sie ziemlich ignoriert und nicht angespielt. In der Hinrunde erreichten wir Bälle im Zentrum dadurch, dass wir die Murmel stumpf auf Boyd schlugen und der auf Klement ablegte. Das wurde dann ab dem Bielefeldspiel vom Gegner vereitelt- und jetzt lassen wir den Bereich zentral vor dem 16er brach liegen und schieben jeweils auf den Flügel, den wir bespielen wollen.

Wenn du dich an die erste Bundesligasaison unter Kurz erinnerst hatten wir nach der Hinrunde dasselbe Problem mit Lakic und Nemec und holten Moravek. Damals hatten wir halt mit Ivo und Sam zwei Außen, die 1-1 konnten. Das fehlt derzeit.
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon Kohlmeyer » 09.05.2023, 11:35


Da gehe ich nicht so ganz mit. Deswegen hatte ich auch geschrieben, dass die Passmaps diesmal für mich nicht so ganz schlüssig sind.

Boyd hat ein Tor gemacht, dazu eine Glasklare versiebt, und auch bei seinem 16-Meter-Schuss in der ersten Hälfte musste sich der FCN-Keeper strecken. Er war also vor dem Tor recht präsent, eine Bude mehr hätte es durchaus sein können.

Ihr müsst bedenken: Passlinien werden ja erst nach drei Zuspielen und mehr eingezeichnet. Und die müssen von ein und demselben Mitspieler kommen. Wenn er also von vielen verschiedenen Mitspielern nur ein oder zwei Pässe bekommt, gibt's keine Linie. Und wenn ihm ein Mitspieler nur zwei Pässe spielt, dann können beide so tödlich sein, wie sie wollen - Linie gibt's keine.

Mich wundert viel mehr, dass der Boyd-Spot so hoch eingezeichnet ist. Nach meiner Beobachtung ist er wieder sehr oft gerade auch den flachen Zuspielen entgegenkommen, hat diese festgemacht und mehrmals erfolgreich abgelegt. Darin sehe ich auch keine Schwäche unseres Spiel, weil er dies tun MUSS, sondern eine Stärke, weil es Teil unserer Spielanlage ist. Stärke ist es natürlich nur dann, wenn's klappt. Und das hat es in diesem Spiel wieder mal besser als zuletzt.



Beitragvon Lautern-Fahne » 09.05.2023, 12:27


Ja gut. Aber hast du damit nicht indirekt einen Teil von dem bestätigt, was ich sagte? Gegen Nürnberg spielten wir laut Kicker rund 550 Pässe. Ich meine unser Schnitt sind es so um 400. Das ist ja verglichen mit den 3, die nur für eine Linie nötig sind winzig. Und man sieht schon einige Spiele, bei denen vllt 1 oder 2 hauchdünne Linien durchs Zentrum gehen. Gerade von der "10er Zone" zu Boyd ist da oft garnichts.

Das ist durchaus korrekt, dass man es nicht als Schwäche betrachten muss. Damit fassen wir die Aufgabe, die Boyd und Klement in der Hinrunde hatten (Ball halten) in einem Spieler zusammen. Man muss halt schauen, ob das auch bei besseren Mannschaften als Nürnberg klappt. Habe da meine Zweifel, weil
a) der Sturmpartner fehlt, der von einer hängenden Spitze wirklich profitiert
b) Boyd kein Dribbler ist, der Gegner per Ãœbersteiger ausspielt.

Finde den Ansatz zur neuen Saison vielversprechend, wenn die richtigen 1,2 Verstärkungen kommen. Oder Preville fit bleibt. Ist auf jedenfall die "spielerische Weiterentwicklung", die hier so oft gefordert wird. Ist halt doof, dass der OM, der damit was anfangen konnte weg ist. Klement sehe ich in so einer Mischung aus 4-4-2 mit hängender Spitze und 4-5-1 absolut nicht.

Was sagt eig "Most Centrality" bei Boyd aus?
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon Kohlmeyer » 09.05.2023, 17:04


"Most Centrality" bedeutet eigentlich, dass dieser Spieler die meisten Pässe empfangen und auch wieder weitergespielt hat. Bei uns ist das sehr oft Zuck, auch wenn er auf der linken Seite spielt.

Dass das in diesem Spiel Boyd war, glaube ich nicht, ich sagte ja bereits, mich wundert diesmal einiges an diesen Grafiken. Dass er die meisten progressiven Pässe angenommen hat, kann ich mir schon eher vorstellen.

Zur Problematik zweiter Stürmer: Es ginge auch in der gegenwärtigen Besetzung, würde unsere Flügelstürmer mehr in die Mitte ziehen, wenn Boyd den flachen Zuspielen entgegen geht. Hercher ist dafür absolut geeignet, bei Opoku sehe ich da auch Potenzial, da ist also durchaus noch was entwicklungsfähig.

Und, tja, Klement, da sind wir wohl alle gespannt, wie es mit ihm weitergeht. Wie gemalt für ihn wäre eine Zehnerrolle in einem 3-4-1-2. Da hätte er zwei Stürmer vor sich, die er bedienen kann, und zwei zentrale Mittelfeldspieler hinter sich, die absichern, wenn er in der Rückwärtsbewegung zu pomadig ist. Das Problem ist nur: Wir haben so viele gute Flügelstürmer zugelegt, was machen wir dann mit denen?

Es muss aber auch so gehen. Im 4-2-3-1, oder, wie gegen Rostock, im 4-1-4-1. Die anderen müssen ihm halt noch besser helfen, seine Schwächen zu kaschieren, damit er seine Stärken voll ausspielen kann. Bei einem wie ihm lohnt sich das. Bleibt nur zu hoffen, dass Schuster das auch so sieht.



Beitragvon Lautern-Fahne » 09.05.2023, 18:26


Ich bin nach der Hinrunde etwas überrascht, dass Klement so vehement gefordert wird. Nach der Hinrunde musste man ihn ja eher verteidigen, da er doch sehr unscheinbar spielte. Es ist schon komisch, wie sich das nach 3 Monaten völlig gedreht hat- von Zero to Hero. Schätze mal der Spieler der nicht spielt ist immer der Heilsbringer:?

Ich sehe es ähnlich wie du. An sich ist er ein Spieler, um den man prima ein 3-4-1-2 aufbauen könnte. Dann könnte er stumpf seine Bälle halten und verteilen. Kam uns in der Hinrunde zu gute. Nur glaube ich persönlich nicht an eine Zukunft- und das liegt nicht mal an vermuteten Animositäten. Die Verlängerungen passen, wie du richtig anmerkst einfach nicht. Oder zumindest nicht in meinem Kopf.

Hanslik, Zuck, Redondo, Opoku, Hercher, Durm, Zimmer müssten alle Spielzeit abgeben. Und wenn Klement dann nicht jedesmal spielt wie gegen Nürnberg, ist der Krach auch wieder da. Gut, sicherlich käme auch der in oder andere mal im Sturm dran. Aber dann haben wir immer noch die schlechte Passquote und eigentlich zu wenige IVs, um dauerhaft Dreierkette zu spielen. Und Zimmer muss als Kapitän gesetzt sein. Viele Kaderplätze zum rotieren wären also nicht da. Dafür wäre endlich Platz für Rapp, den ich eher als IV denn auf der 6 sehe.

--------------Luthe
--------Rapp-Kraus-Tomiak
Zimmer-Ritter-Niehues-Redondo
-------------Klement
-----------Opoku-Boyd

Die Aufstellung sieht auf dem Papier schon gut aus. Klement hat das Problem, dass außer Opoku keiner da ist mit dem er kombinieren kann. Damit steht und fällt die Personalie in meinen Augen. Ritter wäre so einer, aber deren Zusammenspiel erinnert mich alarmierend an Moritz und Halfar:? D.h. wir bräuchten eigentlich Spieler, die Klements Stärken ganz gewaltig entgegen kommen. Nur wen will man dafür rausnehmen? Kraus, Tomiak, Zimmer (Kapitän), Ritter, Opoku und Boyd sind gesetzt. Auf den Außen kommt man an einem fitten Redondo aus der Hinrunde auch nicht vorbei. Der kombiniert aber weniger als das er die Grundlinie hoch und runter rennt. Zimmer und Hercher sind ähnliche Fälle und alle 3 werden schon von Ritter mustergültig bedient.

Ein Caliskaner von Regensburg z.B. wäre wahrscheinlich einfacher einzufügen, weil der breiter aufgestellt ist. Der kann auch Pässe spielen, haut aber auch dazwischen und sucht das 1:1. Eine Wunderlich in jung, wie ich finde. Klement hat eine Nische in der er Spitze ist (Passspiel, mit Abstrichen Freistöße)- wenn er die richtigen Mitspieler dafür hat und jeder für ihn buckelt. Oder keiner buckelt, weil man Ballbesitzfußball alla Paderborn spielt. Für mich ist unklar, wie man Klement in ein System packen will, dass auf Kampf und Umschaltmomente (also typisch zweite Liga) ausgelegt ist. Vorher hat man halt mit den Spielern, die genau für diese Art Fußball stehen, verlängert.

Boyd war in der dritten Liga ein ähnlicher Fall. Antwerpen schmiss sein variables System mit 2 Spitzen, wo die Spieler viel auf dem Platz rotierten komplett um und stellte mit Gewalt auf Boyd um. Mit der Folge, dass wir in der Rückrunde einbrachen und komplett ausrechenbar wurden. Was Antwerpen den Kopf kostete.
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon BB » 09.05.2023, 19:37


Ich sehe vieles in Sachen Klement ähnlich, wie hier in den letzten Kommentaren angeklungen. Es ist längst nicht alles Gold was glänzt. Über seine Defensivarbeit wurde schon genug gesagt. Tatsächlich habe ich aber ebenfalls den Eindruck, dass er offensiv keine "moderne 10" ist. Es fehlt ihm - auch für diese Position - an Schnelligkeit, körperlicher Präsenz und Aggressivität. Körperlose Zauberfüße sind da schon länger auf dem Rückzug. Die kommen mittlerweile eher aus der Tiefe (siehe zB einen Thiago Alcantara). Seine ideale Position im Offensivspiel wäre daher wohl die "8" vor/neben einem einzelnen Sechser. Ich fürchte nur, das würde uns defensiv das Genick brechen. Wirklich keine einfache Situation.

In der Spielanalyse könnte man allerdings noch ergänzen, dass Klement durch die kluge schnelle Ausführung des Freistoßes eigentlich auch das zwischenzeitliche 2:1 durch Boyd "vorbereitet" hat (Hockey-Assist). Das war ebenfalls eine super Aktion.
"Denn solche Hass kann nur entstehen, wenn da ist unbändige Liebe."



Beitragvon Kohlmeyer » 10.05.2023, 10:07


Deswegen wäre für mich ein 4-1-4-1, wie wir es gegen Rostock gespielt, das Beste für die Zukunft. Klement halblinks auf die Acht, Ritter halbrechts daneben, der wesentlich aggressiver und energischer nach hinten wie nach vorne arbeitet, auch mal zu Boyd in die Spitze geht. Dann kann Klement seine Pirouetten drehen, geile Pässe spielen und Standards treten. Und hinter den beiden ein robuster Sechser à la Niehues, der abräumt, was Klement laufen lässt. Das könnte doch klappen.



Beitragvon Olamaschafubago » 10.05.2023, 10:13


@BB: Genauso sehe ich das auch, aus den von dir genannten Gründen. Das hat Klement übrigens auch auf DBB im Interview bestätigt, dass ihm diese Zehnerroller etwas von den Medien abgedichtet wurde (die Rückennummer trägt ihr übriges dazu bei). Ich denke auch, dass wir da noch einen körperlich robusten Spieler brauchen, der sowohl passsicher als auch zweikampfstark ist, dort auch zweite Bälle festmachen kann und über einen ordentlichen Distanzschuss verfügt. Wunderlich war ja auch eher der Typ "aggressive leader" statt feinfüßiger Spielmacher, vielleicht finden wir da ja im Sommer noch jemanden, der die Lücke füllen kann.

Was die Einbeziehung von Klement betrifft, dürfte klar sein, dass allein zwei Innenverteidiger als defensive Absicherung hinter ihm nicht genügen. Im genannten Interview sagt er ja, dass er sich auf der Doppelsechs die defensiven Aufgaben mit Ritter teilen will, aber in der Realität sah man Ritter zuletzt eher selten hinten mitarbeiten und sich Bälle abholen. Spielt man mit Dreierkette, fehlt dann offensiv wiederum ein Spieler. Vielleicht läuft es auch auf ein Entweder-Oder zwischen Ritter und Klement hinaus - meine mich erinnern zu können, dass Klement in Paderborn Ritter auch aus der Startelf verdrängt hat und die beiden eher selten gemeinsam auf dem Platz standen.

Man darf gespannt sein, wie (bzw. ob) die Verantwortlichen das Problem zu aller Zufriedenheit lösen. Dass zumindest hier nicht dieser Dualismus "entweder Klement oder Schuster" aufgemacht wird, ist ganz wohltuend.



Beitragvon MarcoReichGott » 10.05.2023, 11:58


Das Problem mit Klement ist halt, dass bei Schuster dem 10er zentrale Defensivaufgaben oft zugeteilt werden. Teilweise nimmt unser 10er ja schon den Haupt-Aufbauspieler des Gegners in Manndeckung. Das kann halt Klement nicht leisten. Gleichzeitig halte ich seine Aussage, dass er sich als offensiver 6er sieht aber auch für reichtlich gewagt, schließlich guckt er meistens nur zu, wenn im gegnerischen 10er Raum einer freisteht.

Das einzige System, bei dem ich Klement zwingend(!) in der Startelf sehe ist, wenn wir mit 3er Kette spielen und entsprechend einen Außenbahnspieler opfern. Mit 4er Kette hängts für mich sehr stark vom Gegner, ob ich Klement, Ritter oder beide gleichzeitig bringen kann.

Um Klement aber dauerhaft stärker integrieren zu können, braucht es meiner Meinung nach schlichtweg passstärkere Spieler hinter ihm, sodass wir seltener den Ball zu schnell wieder herschenken. Was übrigens auch einer der Hauptunkte ist, weshalb ich nach wie vor ein Fragezeichen habe, ob man tatsächlich Ritter und Klement löangfristig beide im Zentrum bringen kann...die unterscheiden sich halt grundsätzlich von ihrer Idee der Spieleröffnung. Ritter bringt halt hochriskant den Ball nach vorne. In 3 von 4 Fällen gehts schief und die Mannschaft muss direkt wieder gegen den Ball arbeiten was halt Klement nicht zu gute kommt. Ab und zu klappts aber halt und dann läuft irgendwer von uns brandgefährlich aufs gegnerische Tor zu.



Beitragvon BB » 10.05.2023, 13:40


Genau das halte ich ebenfalls für einen interessanten Gesichtspunkt. Wenn es hier einen "Dualismus" gibt, dann lautet der eher Ritter vs. Klement (und damit meine ich natürlich nicht irgendwelche Gerüchte über persönliche Dissonanzen). Vielmehr passen die beiden womöglich taktisch kaum gemeinsam in eine Mannschaft. Ritter verkörpert das Motto "Tempo, Risiko, Agressivität" - auf Kosten von Passgenauigkeit und Ballkontrolle. Klements Stärken liegen im exakt gegenteiligen Spiel. Gerade defensiv hat er seine allergrößten Probleme nach eigenen Ballverlusten im Vorwärtsgang. Einen gegnerischen Spieler/Raum zustellen, das kann er aus meiner Sicht schon eher ganz ordentlich (wenn auch natürlich nicht so wie Redondo oder Zollinski es können).
"Denn solche Hass kann nur entstehen, wenn da ist unbändige Liebe."



Beitragvon Lautern-Fahne » 10.05.2023, 15:12


@MRG
Hast es mal wieder pointierter ausgedrückt als ich es könnte. In vielen Spielen arbeiten wir mit erstaunlich exakten und langen flachen Pässen. Ritter eröffnet das Spiel oft mit einem 25-30m Diagonalpass auf die Außen. Die sich dann je nach Qualität durchsetzen können (Redondo/Opoku) oder nicht (Zolinski/Hercher/Hanslik). Wobei das abnimmt.

Klement hatte zu seiner Paderborner Zeit mit Kai Pröger, Zolinski und den Ghanaern halt Leute, die Kurzpassspiel konnten. Wobei ich nach wie vor nicht erahnen kann, wie Klement 16 Tore geschossen hat.
"Für mich ist Schönheit, dem Gegner nicht zu geben was er will."

"Es gibt Leute die sagen, kreative Spieler seien von Abwehraufgaben zu entlasten. Wer dies behauptet, kennt den Fußball nicht. Alle elf müssen zu jeder Zeit genau wissen, was sie zu tun haben"

José Mourinho



Beitragvon SuperMario » 11.05.2023, 09:37


Lautern-Fahne hat geschrieben:Ein Caliskaner von Regensburg z.B. wäre wahrscheinlich einfacher einzufügen, weil der breiter aufgestellt ist. Der kann auch Pässe spielen, haut aber auch dazwischen und sucht das 1:1. Eine Wunderlich in jung, wie ich finde. Klement hat eine Nische in der er Spitze ist (Passspiel, mit Abstrichen Freistöße)- wenn er die richtigen Mitspieler dafür hat und jeder für ihn buckelt. Oder keiner buckelt, weil man Ballbesitzfußball alla Paderborn spielt. Für mich ist unklar, wie man Klement in ein System packen will, dass auf Kampf und Umschaltmomente (also typisch zweite Liga) ausgelegt ist. Vorher hat man halt mit den Spielern, die genau für diese Art Fußball stehen, verlängert.


Stimme deinem Beitrag in sehr vielem zu, vor allem jedoch würde ich gern diesen Part hier mal fett rausstreichen. Denn mir ist Caliskaner ebenso aufgefallen wie dir. Sehr jung und noch sehr entwicklungsfähig! Sollte Regensburg absteigen, müssten wir den sofort verpflichten meiner Meinung nach!

Off-Topic: Überlegen würde ich in dem Fall dann auch an Guwara (der kennt sich schon aus hier und kann Backup hinter Zuck sein, so lange der fit bleibt) und noch viel mehr als an einem Rapp würde ich mich an einem Gimber erfreuen. Das ist ein echter Leader und mit 25 auch noch entwicklungsfähig!

Back from Off-Topic to Topic: Taktisch betrachtet würde ich mir einen fitten de Preville hinter/neben Boyd wünschen. Der sagt über sich selbst, dass er sich eher als Spielmacher sieht. Und das ist einer, der nicht nur den Ball halten kann, sondern auch was anfangen kann damit. Wenn irgendmöglich, sollte man mit ihm verlängern und die beiden "Oldies" Boyd und de Preville die nächste Saison als gesetzt ansehen. Und einen jungen Spieler wie Caliskaner nach und nach aufbauen in diese Rolle. Sollte man zudem einen Woltemade verpflichten können, wäre das für mich der perfekte Boyd-Nachfolger und ebenfalls aufzubauen. Sodass irgendwann die beiden durch Caliskaner und Woltemade ersetzt werden könnten.

Ob dann mit Dreierkette (in der Rapp, sofern weiter verpflichtet, und Niehues durchaus auch denkbar wären, weil spielstärker als mindestens Bormuth) oder Viererkette, würde ich am Gegner ausrichten, ob der mehr über außen kommt oder durch die Mitte. Hat beides Vor- und Nachteile.

Abschließend zu Klement selbst: auf Dauer passt er meiner Meinung nach als Typ leider nicht zum Betze. Dafür ist er zu phlegmatisch. Und bringt zu wenig Schlagkraft mit. Ein feiner Spieler ist er mit Sicherheit. Wenn ich aber allein diese kleinen, schmutzigen, aber regelkonformen Tacklings eines de Preville daneben stelle, mit denen sich der Raum verschafft - das lernt Klement im Leben nicht mehr. Sollte man Caliskaner kriegen und de Preville weiter verpflichten können und darüber hinaus ein paar Euro für Klement erhalten können - dann wüsste ich, wo die Reise hinginge.
Cogito, ergo sum!




Zurück zu Neues vom Betzenberg

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: diago und 90 Gäste