Das Interview:
PS (Zeitung): Vukovic hat gesagt, du bist in einer besseren Fußballwelt angelangt. Bloß der Weg dauerte etwas lange. 3 Tage. Wieviele Km haben Sie zurückgelegt?
Borysiuk: Ich habe nicht gezählt. Jedenfalls habe ich in letzter Zeit in Deutschland und Belgien viel besichtigt

Ich habe Brügge gesehen, bin dann zu Kaiserslautern gefahren und hier auch geblieben. Inzwischen weiß ich, dass das die richtige Entscheidung war. Wenn ich mal wieder zur Schule gehe, dann aus Erdkunde im Bereich Europa wird mich kaum einer übertreffen.
PS: Ihr Wechsel war das Haupthema der Sportpresse. Früher war es nicht so, es sei denn wir haben sie beim Etwas ertappt.
Borysiuk: In Polen gibt es kaum Menschen, über die man gut spricht. Doch mit mir seid ihr in letzter Zeit relativ nett umgegangen. Der ganze Chaos um meinen Wechsel war nicht beabsichtigt. Bitte bedenken Sie, dass es für mich eine ganz neue Erfahrung ist. Bis auf Legia Warschau wo ich knapp 5 Jahre verbracht habe, war ich so gut wie nirgendwo hin. Ich bin in diesem Club aufgewachsen, es fiel mir schwer ihn zu verlassen. Ich mache euch Journalisten keine Vorwürfe, dass ich euch über meinen Wechsel und die schlecht geäußert habt, schließlich ist es euer Job. Jedenfalls gehört das Ganze nun der Vergangenheit.
PS: Während des Aufenthalts in der Türkay waren sie angeblich schlecht gelanut.
B: Es war schwer. Ich habe zwei Angebote bekommen. Eins vom Verein, der regelmäßig am europäischen Geschäft teilnimmt und jedes Jahr um die Meisterschaft kämpft, das Andere vom Club der deutschen BL. Wissen Sie, diese Chance in BL muss man sich zuerst erarbeiten. Dies habe ich bei Legia getan, bei einem für mich besonderen Club. Deswegen habe ich mit meinen Gedanken stark gekämpft. Es war das gröste Dilemma meines Lebens. Freitag, Samstag, Sonntag, ich war die ganze Zeit gestresst. Ich habe dabei 3 Kilo verloren. Als ich in Kaiserslautern auf die Waage sollte, das Gerät zeigte genau das Gewicht an, das ich hatte, als ich mit 16 J. in Legia gelandet bin. Und ständig hat mich der Gedanke verfolgt, um mit reinem Gewissen zu wechseln soll ich noch die Meisterschaft für Legia gewinnen. Der Skalp fehlt mir, ich hoffe die Jungs werden es ohne mich sowieso schaffen.
PS: Wieso ist der Transfer nach Brügge geplatzt?
Borysiuk: Als ich auf dem Weg dahin war, habe ich etwas anderes erwartet. Und es war nicht dieser berühmte Stadion, doch dessen Anblick kann tatsächlich keinen umhauen. Meine Enttäuschung ist überwiegend darauf zurückzuführen, wie der Club organisatorisch funktionierte. Ich habe doch für Legia gespielt, wo man in letzter Zeit endlich zu spüren bekam, wie der große Fußball aussieht. Wenn ich Warschau mit Brügge verglichen habe, da erschein mir dieser Wechsel als ein Rückschritt. Ich habe schon meine Erwartungen. Deswegen habe ich zu meinem Berater gesagt: tippe in dem Navi Lautern ein und wir fahren los. Ich habe nichts schlimmes getan, bloß der Chef von Brügge hat sich geärgert. Doch ich war Derjenige, der die Hälfte Europas gewandert hat, um diese Enttäuschung zu erleben.
PS: Brügge hat angeblich besseres Geld angeboten.
Borysiuk:Ja das stimmt. Ich habe mich für die finanziell schlechtere Option entschieden. Ich denke, dass das gut über mich spricht. Über meinen Berater auch, ich weiß nämlich, dass über uns schlecht gesprochen und geschrieben wurde. Dass es am Geld liegen sollte. Doch es war nicht so. Wichtiger ist wo ich besser amten kann. Wieso sollte ich für 5 Jahre in Brügge unterschreiben und mich da von anfang an schlecht fühlen? Leider sah es danach aus. Sollte ich den vertrag unterschreiben, weil es angesagt war? Nein.
PS: Hatten Sie keine Angst, dass Lautern nach dieser Geschichte in Brügge auf Sie verzichten würde?
Borysiuk: Dann würde ich bei Legia bleiben, also beim Club den ich liebe. Das verhalten der Deutschen hat nur ihre volle Entschlossenheit gezeigt. Ich habe nämlich etwas scheiße gebaut, doch die haben auf mich gewartet.
PS: Haben sie in Lautern einen guten Empfang bekommen?
Borysiuk: Die haben Verständnis gezeigt. Ein 20 j. Junge steht vor seiner wahrscheinlich größter Entscheidung, Zeit zum Überlegen gab es kaum. Hätten sie mich bloß in Brügge und in Lautern gesehen. Zwei verschiedene Personen. In Lautern haben sich gefreut dass ich zurückkam. Sie haben mich großartig angenommen. Clubpräsident, Sportdirektor, Trainer waren alle da. Alles war schnell erledigt. Medizincheck, Vertrag. Das war es. In Brügge dagegen hat der Medizincheck 7 Stunden gedauert, 5 davon im Krankenhaus. In Lautern haben die mich mich mehr so erschöpft. Mir wurde die Geschichte von Fritz Walther näher gebracht. Eine unglaubliche Person, eine Legende wie Kazimierz Deyna für Legia.
PS: Haben Sie bereits das Team getroffe.
Borysiuk: Es war eigentlich alles super arrangiert. Der Clubpräsident hat michder Mannschaft vorgestellt. Keiner hat mich blöd (?) angeguckt, ein guter Omen. Gleich haben sie mir den Stadion gezeigt, wahrscheinlich damit ich nicht wieder abhaue. Die Fans sind angeblich super. Mal sehen wie es weiter geht.
PS: Können Sie etwas auf Deutsch sagen?
Borysiuk: Ja natürlich, alles klar (auf Deutsch).hehe Zur Zeit hilft mir Herr Platek als Dolmetscher. Deustch scheint nicht wirklich schwer zu sein. Sobald ich eine Wohnung finde, werde ich mich auch der Aufgabe widmen, dann werde ich szprechal ( so sagt man auf Polnisch wenn dass man Deutsch spricht).
PS: Lautern ist es nicht mehr so weit weg von der polnischen NM.
Borysiuk: Das glaube ich auch. Wenn ich regelmäßig spiele und gute Leistungen bringe, dann wird der Nationaltrainer weniger Argumente haben, um mich nicht zu ernennen.
PS: Haben sie schon eine Wohnung gefunden?
Borysiuk: Wissen sie, ich habe eine italienische Familie.
PS: Was für eine Familie.
B: Sehr große einfach. Ich brauche ein Haus. Die zuständigen Leute beim Club kümmern sich gerade darum. Die wissen, dass ich wiele Menschen unterbringen muss. Ich hoffe bis nächster Woche ist die Sache erledigt und ich muss nicht mehr im Hotel schlafen, sonst geht die Psyche runter. Gut dass ich im letzten Jahr mich zusammenreißen konnte und den Führerschein gemacht habe. Sonst hätte ich nun einen Megatief.
PS: Und machen Sie einen solchen nicht durch, wenn sie denken, ich habe einen Meisterkandidaten in Polen verlassen, um beim abstiegsbedrohten Club in BL zu spielen?
B:Tatsächlich muss ich die Einstellung ändern, bei Legia kämpft man jedes Jahr um die Meisterschaft, hier muss man über jeden Punktgewinn glücklich sein, was in Warschau undenkbar wäre. Es ist wahr eine neue Herausforderung. Die musste ich aber annehmen, damit ich in ein paar Jahren nicht feststellen muss, du hast diese Chance liegen lassen. Jedenfalls ich kann eines tages zu Legia zurückkehren, der Club hat einen besonderen Platz in meinem Herz.
PS: Haben die Kollegen in Legia Ihnen welche Ratschläge gegeben.
B: Ja: fahre hin und guck nicht aufs Geld. Scheiß auf Brügge, da sind vielleicht bessere Spieler, doch bis auf drei Stadien sieht die ganze Liga so aus wie die polnische Liga inzwischen nicht mehr. In Lautern zitterst du vielleicht wegen Absteigsgefahr, doch jedes Wochende ist ein Fußballfest, gegen Köln sollen es 50 000 Fans dabei sein, danach fährst du nach München. Einfach geil. Nur trainieren und genießen.
PS: Die Offiziellen in Lautern vergleichen Sie mit Sven Bender.
B: Bestimmt wegen des Gesichts. Wir beide sehen jung aus;)
PS: Sie sind augenscheinlich gleich auf ein Stammplatz vorbereitet. Nicht zu optimistisch?
B: Das finden wir bald raus. Es ist tatsächlich eine große Herausforderung. Die habe ich aber schon bei Legia angenommen und gemeistert. Andererseits ist Lautern eine ganz andere Liga (Niveau). Die Zeit wird zeigen, ob ich bereits ein Fußballer bin oder lediglich den Potenzial habe um einst ein zu sein. Ich wäre sehr glücklich, wenn ich es hier schaffe. Die Zeit ist reif, um zu zeigen, dass ich es drauf habe.
PS: Reden Sie viel mit dem Trainer Kurz?
B: Jeden Tag, zwei, drei Mal. Er fragt wie es mir läuft ob alles in Ordnung ist. Ich schätze, je näher das Spiel rückt, desto mehr werden wir sprechen.
PS: Soll man den Debüit am Wochenende erwarten?
B: Ich habe noch drei Tage, das letzte Mal, dass ich um Punkte spielte war am 10 Dezember.Das wird knapp. Ich will aber unbedingt spielen. Gegen Köln wird es ein Messerkampf sein, die haben nur 3 Punkte Vorsprung.
PS: In Bundesliga sollen die den Gerüchten zufolge dein Temperament etwas stillen.
B: Als ich in der Türkey mit Leuten aus Lautern gesprochen habe, haben die mich gefragt, was sei meine größte Schwäche. Ich habe gesagt, es komme schon vor, dass ich zu agressiv bin und blöde Fouls mache. Dann haben die erwidert, ich solle es nicht ändern, diese Agressivität sei mein großer Vorteil. Mal sehen was die Schiedsrichter davon halten.