Kummt Senf druff
Weg mit dem Netz!
Mit dem Slogan „Weg mit dem Netz“ protestierte Mitte der 1990er Jahre unter anderem das legendäre Fanzine „In Teufels Namen“, nach dem heute sogar das Stadionheft des 1. FC Kaiserslautern benannt ist, gegen das damalige Fangnetz vor der Westkurve des Fritz-Walter-Stadions. Der Protest zeigte Erfolg und das sichtbehindernde Netz wurde entfernt. Nun scheint sich die Geschichte zu wiederholen...
War es damals das grüne Fangnetz mit dem Aufdruck „Diamant Quelle“, dass vor den „heißen“ Fanblöcken 7 und 8 prangte, gestaltet sich das Problem heute komplexer. Bereits zur Weltmeisterschaft 2006 wurden im Fritz-Walter-Stadion nach zehn Jahren freier Sicht neue Fangnetze installiert, die seinerzeit von der FIFA vorgeschrieben wurden. Damals schon nicht unbedingt gerne gesehen, arrangierten sich die Fans dennoch damit, zumal in der Vorsaison eine Geldstrafe wegen geworfener Gegenstände im Raum stand. Immerhin konnten im Rahmen des Stadionumbaus zur WM auch positive Neuerungen durchgesetzt werden, etwa der Rückbau der Zäune, die Aufhebung der Blocktrennung oder die Rückkehr zu echten Stehplätzen statt Vario-Sitzen im unteren Teil der Westkurve.
Zum vorletzten Heimspiel des Jahres 2009, der Partie gegen Arminia Bielefeld, wurden dann allerdings neue Fangnetze vor der Westkurve und der Osttribüne installiert. Mit Schrecken stellten viele Fans fest: Die Sicht ist je nach Standort stark eingeschränkt und auf dem Netz, also auch direkt vor der so farbenfrohen Westkurve, ist dreifach in riesigen Lettern der Schriftzug „Lotto Rheinland-Pfalz“ zu lesen.
Die Empörung in den Internetforen und allgemein innerhalb der Fanszene ist groß. „Es ist eine klare Sichtbehinderung und zerstört zudem massiv die Optik der Westkurve“, schrieb etwa ein Fan aus Block 8.1 im Forum von „Der Betze brennt“, bei „Treffpunkt Betze“ pflichtete ihm unter anderem ein Gästefan aus Bielefeld bei: „Die Fangnetze sind 'ne Katastrophe. Hatte das ganze Spiel über entweder die Fangnetzstange oder riesige Netzmaschen im Gesichtsfeld.“ Die deutschlandweit für ihre Kreativität angesehene Ultraszene des FCK denkt nun sogar darüber nach, ob überhaupt noch Choreographien in der Westkurve Sinn machen, solange jeder größeren Aktion ungewollt der Stempel „Lotto“ aufgedrückt wird.
Eine Sichtbehinderung stellen die neuen Netze allerdings nicht auf jedem Platz dar. Einige Fans schreiben in den Internetforen auch davon, keinen großen Unterschied bemerkt zu haben. Betroffen sind demnach insbesondere die untere Bereiche von West- und Osttribüne, auf denen immerhin rund 10.000 Zuschauer Platz finden.
Aber: Im Gegensatz zu früheren Tagen haben die Anliegen der Fans mittlerweile wieder Gewicht beim FCK. Deshalb sei an dieser Stelle jeder Anhänger, der sich von dem neuen Fangnetz gestört fühlt, dazu aufgerufen, eine kritische (und sachliche!) E-Mail zu diesem Thema an den Verein zu schicken. Zur Verfügung stehen hierbei die allgemeine Kontaktadresse
info@fck.de oder der Fanbetreuer unter
christoph.schneller@fck.de, der die entsprechende Weiterleitung solcher Beschwerden zuständig ist. Äußert Eure Meinung, für eine farbenfrohe Westkurve ohne Sichtbehinderung und ohne dermaßen aufdringliche Sponsorenwerbung!
Speziell im Fall des langjährigen Sponsors Lotto, der alle rheinland-pfälzischen Proficlubs finanziell unterstützt, hatten die meisten FCK-Fans bisher einen sehr positiven Eindruck. So half der Geldgeber dem Verein im Jahr 2003 mit einem Darlehen und im Jahr 2007 mit einer Vorauszahlung über finanzielle Probleme hinweg. Doch mit der unübersehbaren Werbung vor der so stolzen Westkurve sehen nun einige Fans ein Tabu gebrochen. Als positives Gegenbeispiel wird da etwa auf die Karlsberg Brauerei als weiteren Sponsoring-Partner des FCK verwiesen: Die Saarpfälzer, gleichzeitig jahrzehntelanger Namenspate der Westkurve, gestatten den Fans trotz gerade angefertigter Bandenwerbung auch weiterhin das Aufhängen von Zaunfahnen, die genau wie Choreographien, Schwenkfahnen und Schlachtrufe unabdingbar zu einer gesunden Fankultur gehören. Anderswo undenkbar!
Aber auch unabhängig davon bleiben weitere Fragen, wenn es beispielsweise um das Fangnetz als Schutz vor Wurfgeschossen und damit verbundenen Geldstrafen geht: Warum hängt dann ein sichtbehinderndes Netz auch vor dem Familienblock, in dem sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keine Krawallmacher aufhalten dürften? Warum ist das Fangnetz unten offen, so dass theoretisch trotzdem Gegenstände geworfen werden könnten? Und warum sind ausgerechnet die Eckfahnen, wo es in jedem Stadion zu Anfeindungen kommt, „netzfrei“? Vor allem bleibt aber der springende Punkt: Warum sind die neuen Netze so engmaschig, dass sie für Teile des Publikums eine Sichtbehinderung darstellen, und warum muss ein Sponsorenaufdruck die Westkurve, die über Jahre hinweg für die einzig positiven Schlagzeilen beim FCK sorgte und die bei jeder Gelegenheit gerne vorgezeigt wird, optisch abwerten?
Hinter den Kulissen wird bereits über Alternativen nachgedacht. Der Optimalfall, nämlich gar kein Netz wie schon von 1997 bis 2006, wird vom Verein bisher noch strikt abgelehnt. Doch auch sonst gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Korrektur. Der erste Schritt kann nur ein besseres Netz ohne gravierende Sichtbehinderung und ohne Sponsorenaufdruck sein. Hierfür wäre vielleicht sogar eine Spendensammlung innerhalb der Fangemeinschaft denkbar, wie erste Reaktionen und Vorschläge zeigen.
Doch zunächst muss der FCK weiter auf dieses Problem aufmerksam gemacht werden. Schreibt sachliche E-Mails und überlegt Euch konkrete Verbesserungsvorschläge, frei nach dem altgedienten Motto: „Weg mit dem Netz!“
Update vom 16. Dezember 2009:
Die aktive Fanszene aus der Westkurve des Fritz-Walter-Stadions wendet sich mit folgendem offenen Brief an die Verantwortlichen des 1. FC Kaiserslautern:
Neue Fangnetze vor der Westkurve
Die Westkurve Kaiserslautern ist zweifellos über die Grenzen der Pfalz hinaus bekannt. Große Schlachten wurden von der Kurve geschlagen und gewonnen, nahezu übermächtige Gegner in die Knie gezwungen, manch einer wollte beim Gedanken an die Bastion Betzenberg gleich die Punkte mit der Post schicken.
Ob in den goldenen Jahren von Meisterschaften, Champions-League-Teilnahmen oder den bitteren Niederlagen, die uns in die zweite Liga führten, in der Westkurve fanden sich bei Wind und Wetter stets tausende fanatische Fans ein. Wer erinnert sich nicht gerne an den 18. Mai 2008, als alleine eine ohrenbetäubende Westkurve den 1. FC Köln aus dem Stadion blies und somit die Existenz des Vereins sicherte?
Doch wie sich die Zeiten ändern, so wandelte sich auch das Gesicht unserer Kurve. Von einer in das rote Licht von bengalischen Feuern getauchten „alten“ Westkurve über die Zeit ohne Dach während der Umbaumaßnahmen für die WM 2006, bis zum heutigen Zustand als zweitgrößte Fantribüne des deutschen Profifußballs.
Als am 11.08.2006 das erste Heimspiel nach dem Abstieg aus der 1. Bundesliga gegen Rot-Weiß Essen anstand, gab es wieder eine Änderung des Gesichtes unserer Kurve - wir hatten ein Fangnetz bekommen, was wir uns, so ehrlich sollten wir doch sein, durch zahlreiche Würfe von Gegenständen selbst eingebrockt hatten. In Anbetracht dieser Erkenntnis gab es zwar das übliche Murren innerhalb der Anhängerschaft, mit dem Netz hatte sich nach einiger Zeit jedoch fast jeder arrangiert.
Das Heimspiel gegen Bielefeld am 30.11.2009 rief den Fans das Fangnetz jedoch wieder in unangenehme Erinnerung, hatte sich doch eine nicht hinnehmbare Änderung vollzogen. Statt des neutral schwarzen, relativ grobmaschigen Netzes, hing nun ein feinmaschigeres Netz vor der Kurve, wodurch allen Fans aus den X.1er Blöcken der Kurve grobe Nachteile beim Verfolgen des Spiels entstehen, da die Blickdurchlässigkeit des neuen Netzes nicht annährend so gut ist wie die des Alten.
Neben dieser Tatsache, wofür der 1. FC Kaiserslautern schon vollkommen zurecht zahlreiche Beschwerden von Fans erhielt, ist ein weiterer großer Kritikpunkt am neuen Fangnetz allerdings der überdimensionale Aufdruck des Sponsors „Lotto Rheinland-Pfalz“, wodurch das Bild der Kurve nachteilig beeinflusst wird.
Natürlich gibt es auch in der Westkurve traditionell Werbung, die für die finanzielle Existenz des Vereins von Nöten ist. An dieser Stelle muss noch einmal lobenswert der Sponsor „Karlsberg“ erwähnt werden , der zwar aktuell neue Werbebanden vor der Westkurve angebracht hat, diese aber den Fans an Spieltagen für ihre Zaunfahnen zur Verfügung stellt. Ein Novum, welches es heute in dieser Form nur noch selten gibt.
Von dieser zurückhaltenden Werbung im Sinne unserer einzigartigen Fankultur ist bei den neuen Fangnetzen leider nichts zu sehen. Jedes Bild und jede Filmaufnahme, die von der Westkurve gemacht wird, trägt mit dem neuen Netz nun automatisch den Werbeschriftzug von „Lotto“, was offensichtlich genau so gewollt ist.
Wenn wir dabei an die beeindruckenden Choreographien denken, wofür die Westkurve deutschlandweit immer wieder zurecht großen Respekt und Anerkennung erhält, werden diese zur reinen Farce, weil diese ab sofort kommerzialisiert sind und werbetauglich verwendet werden können.
Für den Sponsor natürlich, nicht für die Fans!
Choreographien erfüllen dagegen einen ganz anderen Zweck, der eigentlich jedem Fan bewusst sein sollte. Sie sind in erster Linie eine Belohnung für Mannschaft, Verein, Stadt und auch die Fans, aber gewiss nicht Werbefläche für Sponsoren, die sich dadurch stilecht in Szene setzen wollen. Die Kreativität unserer Westkurve darf um nichts in der Welt als Werbemittel für Sponsoren missbraucht werden, deswegen bedauern wir den gemeinsamen Schritt von „Lotto“ und dem Verein.
Lange Zeit haben wir zugesehen, wie der vielzitierte „Kommerz“ auf unserem Betzenberg nach und nach Einzug gehalten hat. Lange waren wir ruhig, zum Wohle des Vereins und seiner finanziellen Situation. Elektronische Bezahlkarten, keine Fahnenplätze vor der Südtribüne, steigende Speisen- und Getränkepreise, Wegfall des „Betze-Magazins“ für Vereinsmitglieder und auch eine Neuausschreibung der Kioske haben wir mit Stirnrunzeln akzeptiert.
Diese Toleranzgrenze ist jedoch mit der neuen überdimensionalen Werbebande in Form des Fangnetzes vor der Westkurve endgültig überschritten!
Deswegen fordern wir den Verein auf, die Netze mit dem „Lotto Rheinland-Pfalz“-Werbeslogan umgehend von der Westkurve und der Osttribüne zu entfernen! Falls Fangnetze aufgrund von Vorschriften generell nicht verzichtbar sind, so sollten hier grobmaschige Netze ohne irgendeinen Werbeaufdruck angebracht werden. Gerne sind wir dazu bereit, dem Verein dabei finanziell unter die Arme zu greifen.
In der Hoffnung uns keine Gedanken über ernsthafte Konsequenzen machen zu müssen,
Rot-Weiße Grüße an die gesamte Fanszene!
Szene KL*
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*Anmerkung: Die als „Szene KL“ gekennzeichneten Verfasser dieses Briefs bestehen in erster Linie aus den aktiven Fangruppen der Westkurve, also Generation Luzifer, Pfalz Inferno, Frenetic Youth, Devil Corps usw., die regelmäßig für große Choreographien und sonstige Fan-Aktionen bei Heim- und Auswärtsspielen der Roten Teufel verantwortlich sind. Ausdrücklich erwünscht und gerne gesehen ist aber, wenn sich auch andere Fans und Fanclubs diesem offenen Brief anschließen.