MarcoReichGott hat geschrieben:Wenn man eine halbwegs funktionierende Mannschaft beisammen hat, dann kann man auch einzelne Schwächen ausmachen. Aber momentan? Ich weiß es einfach nicht.
Ist der Kader besser als der Tabellenplatz? Holt Korkut alles aus der Mannschaft raus? Ich seh mich ehrlich gesagt gerade überhaupt nicht in der Lage diese Frage zu beanworten.
Ich kann mich allem, was Du geschrieben hast, vollkommen anschließen. Die ganze Situation lässt mich ratlos zurück. Nicht, dass ich überhaupt mal gedacht hätte, ich könnte es besser als die jeweils handelnden Personen, auch wenn man das eine oder andere mal kritisiert. Aber im Moment habe ich keine Ahnung, ob die Mannschaft eher Drittliganiveau hat oder in die obere Tabellenhälfte gehört, Korkut eher ein Blender oder flexibler Taktiker ist und Stöver ein Genie, weil er mit kleinem Budget all diese Leute geholt hat, oder ein Minderleister, weil er das Leistungpotenzial der Neuzugänge zu hoch, das Verletzungspotenzial aber viel zu niedrig angesetzt hat.
Am offensichtlichsten scheint mir zu sein, dass die Misere dadurch mitverursacht wurde, dass die Mannschaft, die Korkut in der Vorbereitung zur Verfügung stand, wenig mit der Mannschaft gemein hat, die ihm nach Ende der Transferperiode zur Verfügung gestanden hätte. Hätte, wenn denn die Neuen mal fit oder gesund oder fit und gesund gewesen wären.
Das soll nicht heißen, dass Korkut nicht deutlich mehr aus der Situation machen müsste. Im Moment verfährt er - wie andere schon korrekt geschrieben haben - nach der Trial-and-Error-Methode. Erst 4-2-3-1, dann flaches 4-4-2, dann 4-4-2 mit Raute, dann so was wie ein 4-3-3, dann wieder - gegen Bielefeld in der 1. HZ - ein 5-2-1-2 (oder so was in der Art). Halfar im Mittelfeld, dann auf einmal im Sturm. Gaus vorne links, dann hinten links. Vucur rein, Vucur raus. Einerseits ist es natürlich sinnvoll, sich auf den Gegner einzustellen; andererseits dürften die dauernden Wechsel nicht nur der Spieler, sondern der gesamten Grundordnung, eher kontraproduktiv sein.
(Nur am Rande: Was habe ich mich gegen Bielefeld in der 1. HZ aufgeregt, dass kein einziger eigener Angriff über Außen lief, und trotzdem standen wir auf den Außenbahnen defensiv nicht stabil. Von all den Flanken, die da über Gaus' Seite in den Strafraum gesegelt sind, hätte auch mal eine gut und gerne durchkommen können, was Heubach dankenswerterweise verhindert hat.)
Noch ein Wort zur allgemeinen Debatte, ob man am Trainer festhalten sollte. Ich habe dazu (noch) keine abschließende Meinung. Im Moment würde ich (noch) sagen: Ja. Aber einen Trainerwechsel kategorisch ausschließen, wie manche Foristen dies tun, halte ich für verfehlt, weil das dahinterstehende Denkmuster falsch ist: Bloß weil früher Fehler gemacht und Trainer zu schnell entlassen wurden, kann es in der konkreten Situation trotzdem richtig sein, den Trainer schnellstmöglich auszutauschen.
Es kommt eben immer darauf an, zumal auch grundsätzliche Aussagen zum Sinn und Unsinn von Trainerwechseln nicht immer und überall gelten müssen. Vielleicht ist ja das, was bei anderen Vereinen und im Allgemeinen richtig war, in unserer ganz speziellen Lage geradezu selbstmörderisch? Wenn wir plötzlich Geduld mit dem Trainer haben, aber unsere Geduld auf den Falschen verschwenden? Wenn wir ausgerechnet jetzt langfristig denken wollen, da die kurzfristige Gefahr am größten ist? (Wie sagte einst John Maynard Keynes: Auf lange Sicht sind wir alle tot.)
Genausowenig kann man natürlich wissen, ob sich ein Trainerwechsel tatsächlich positiv auswirken würde. Auch hier gilt: Neues Spiel, neues Glück.
Worauf ich hinaus will: Gut ist, aus Erfahrungen zu lernen. Man kann aber auch aus Erfahrungen ganz falsche Schlüsse ziehen, denn jede komplexe Situation (hier die Konstellation Mannschaft/Trainer) ist immer einmalig und muss aus sich selbst heraus beurteilt werden.
Ernsthaft mit Korkut in die Dritte Liga will ja wohl keiner gehen - obwohl dies der eine oder andere hier schon gefordert hat. Was das für den FCK heißen würde, sollte jedem klar sein. Und nicht nur für den FCK: für die Stadt, für die ganze Region! Denn dann reden wir nicht mehr darüber, ob man auf Erfolgsfans auch verzichten kann, ob das neue NLZ noch gebaut wird und ob man mittel- oder doch eher langfristig den Aufstieg in die Bundesliga anpeilt. Nein, dann reden wir von Lizenzentzug, dann reden wir von Insolvenz, dann reden wir vom Ende.
Ich hoffe daher, dass die Verantwortlichen die nötige Geduld mit Korkut aufbringen, aber auch die nötige Konsequenz, gegebenenfalls rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Vor allem aber hoffe ich, dass sie mit mehr Sachverstand gesegnet sind als wir alle hier.