
Spielbericht: SpVgg Fürth - 1. FC Kaiserslautern 2:4
Freaky Friday, oder: Feuerwerk in Fürth!
Das war legendär! Nicht nur neben dem Stadion, auch auf dem Platz gab es am Freitag in Franken ein Spektakel zu bestaunen. Aus einem 0:2-Pausenrückstand macht der 1. FC Kaiserslautern noch ein 4:2. DBB-Autor paulgeht schaut zurück.
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Das Spiel in Fürth lief gerade ein paar Sekunden, da richtete einer der beiden Stadionsprecher noch einmal das Wort an die 9.265 Zuschauer: „Gleich wird direkt neben dem Stadion ein Test-Feuerwerk gezündet. Wenn es also knallt, macht euch keine Sorgen. Es besteht kein Grund zur Panik.“ Tatsächlich stiegen wenige Minute später hinter dem Gästeblock erste leuchtende Raketen in den dunklen, nebelkalten Nachthimmel. Die 1.000 mitgereisten Lautrer bekamen von dem farbenfrohen Spektakel wenig zu sehen, fand es doch abseits ihres Blickwinkels statt. Dennoch sollten auch sie an diesem Abend ein – wenn auch spätes – Feuerwerk der etwas anderen Art zu sehen bekommen. Wobei es nach 45 Minuten alles andere als danach aussah.
Die Roten Teufel, von Konrad Fünfstück auf zwei Positionen umgestellt (Halfar für Klich, Ziegler für Karl), boten nämlich eine grottenschlechte erste Hälfte. „Das war wohl die schlimmste Halbzeit, bei der ich jemals mitgewirkt habe“, sagte Sascha Mockenhaupt nach dem Spiel. Der Innenverteidiger hatte allerdings auch maßgeblichen Anteil daran, ließ er doch in der neunten Minute Fürths Sebastian Freis ebenso unbedrängt passieren, wie seine übrigen Kollegen im rot-weißen Dress. Freis überwand Marius Müller und legte gute 25 Minuten später nach. Diesmal verrutschte Stipe Vucur ein Kopfball im eigenen Strafraum, den Freis völlig alleingelassen gekonnt zum 2:0 für das Kleeblatt verwertete.
Ungläubig staunten die 1.000 Anhänger im Gästeblock. Noch vor drei Wochen den Tabellenführer gestürzt und nun ein erneuter Saison-Tiefpunkt? Unabhängig davon: Wieder einmal sorgten die mitgereisten Schlachtenbummler aus der Pfalz für einen tollen Support, sehenswert und lautstark. Vor Anpfiff zeigten die Gästefans anlässlich des 15. Jubiläums des Pfalz Inferno eine aus zwei Blockfahnen bestehende Choreographie. In den ersten 35 Minuten pushten sie die mut- und ideenlose Mannschaft, ehe das blanke Entsetzen um sich griff. „Wir wollen euch kämpfen sehen“, stimmten Einzelne nach Freis‘ zweitem Tor an. Die Übrigen ertrugen ihr Schicksal mit ärgerlichem Schweigen.
„Das hat mit Profisport nichts zu tun!“ Wer hätte zu diesem Zeitpunkt gedacht, dass nach dem Spiel nicht Konrad Fünfstück, sondern Fürths Trainer Stefan Ruthenbeck sein Team so deutlich kritisieren musste? Den Kleeblatt-Coach störte vor allem, dass seine Mannschaft trotz totaler Spielkontrolle und mit den Heimfans im Rücken einfach den Faden verlor. „Fürth hätte es verdient, das dritte und vierte Tor zu machen, aber unser Trainer hat die richtigen Worte gefunden“, sagte Kacper Przybylko später. Ausgerechnet jener oft kritisierte Przybylko war es, der die mutigere Spielweise des FCK belohnte und der Spielvereinigung die kalte Dusche bescherte. Auf Vorarbeit von Chris Löwe knallte er den Ball in das Netz. Verhaltener Jubel im Gästeblock, der nur einige Minuten später völlig austickte.
Tim Heubach, für den verletzten Michael Schulze zur Halbzeit eingewechselt (Diagnose folgt am Samstag), traf aus 20 Metern mit einem platzierten Schuss den rechten Innenpfosten, von wo der Ball ins Tor trudelte. Ein brachialer Jubelschrei aus dem Gästeblock erschütterte das Stadion am Laubenweg und angefeuert von total entfesselten FCK-Fans setzten die Roten Teufel zum Finale Furioso im pfälzischen Feuerwerk an.
Auf der Tribüne der Fürther Fans konnte manch einer noch gar nicht fassen, was da passierte, als der FCK schon wieder marschierte und durch Kacper Przybylko auf 3:2 stellte. Stefan Ruthenbeck brüllte hilflos Anweisung an sein Team, während sich Ersatzspieler, Trainer und Spieler des FCK in den Armen lagen - und im Gästeblock wilde Jubel-Anarchie herrschte. Angefeuert von „Auswärtssieg! Auswärtssieg!“-Rufen markierte Maurcie Deville nach einem klasse Konter über Manfred Osei Kwadwo und Kacper Przybylko den 4:2-Endstand. W-a-h-n-s-i-n-n!
Riesenerleichterung beim FCK, die später gemeinsam mit den Fans vor dem Gästeblock ausgelebt und bejubelt wurde. Und selbst der sonst so erfahrene und coole Gerry Ehrmann stand später kopfschüttelnd im Innenbereich: „Da denkst du, du hast schon alles erlebt. In der Pause überlegst du dir in den Bus zu steigen und heimzufahren. Und dann sowas.“
Mein Spieler des Spiels: Noch zur Halbzeit überwog die Ratlosigkeit, wen man angesichts solch einer Leistung zum besten Akteur küren sollte. Nach Abpfiff kann es eigentlich nur einen geben: Kacper Przybylko trug mit Anschluss- und Führungstreffer maßgeblich zur Wende bei und blieb nach dem Sieg bei seinem Ex-Verein auf dem Teppich: „Auch in Duisburg hatte ich zwei Tore gemacht. Jetzt muss ich Konstanz finden.“
Was sonst noch auffiel: Angenehm bodenständig äußerte sich nicht nur „Pritsche“, sondern auch die übrigen FCK-Akteure. Trotz des vielumjubelten Sieges übten Trainer und Spieler Selbstkritik, angesichts der spielerischen und kämpferischen Armut im ersten Durchgang (siehe dazu auch unten die Stimmen zum Spiel).
Quelle: Der Betze brennt
Stimmen zum Spiel
Jubel und Selbstkritik bei den Roten Teufeln
Vier Tore innerhalb von 23 Minuten, das Spiel gedreht und als Sieger vom Platz gegangen: Die Stimmung beim 1. FC Kaiserslautern ist nach der Partie in Fürth bestens. Vor allem der seit längerer Zeit glück- und erfolglose Kacper Przybylko, heute gleich zweifacher Torschütze, gab sich nach dem Spiel erleichtert. „Annehmen, Schießen und nicht überlegen“, erklärte der 22-Jährige den Moment vor dem Anschlusstreffer. Später legte er mit dem Führungstor zum 3:2 nach und hätte sogar nach Vorbereitung von Manfred Osei Kwadwo den vierten FCK-Treffer erzielen können. „Manni hat das gut gemacht. Er hätte ihn direkt querlegen können, dann hätte ich ihn reingemacht. Aber er hat verzögert und dann hat ihn Maurice Deville eben verwertet. Danach waren wir uns sicher, dass hier nichts mehr passiert.“
Ähnlich äußerte sich auch Innenverteidiger Tim Heubach. „Es gibt schlimmere Ausgänge für mich“, erklärte der Verteidiger, der zur Halbzeit beim Stand von 0:2 ins Spiel kam und 45 Minuten später den 4:2-Sieg mit der Mannschaft feierte. Heubach traf sogar per Distanzschuss selbst zum wichtigen 2:2-Ausgleich. „Ich war noch ein bisschen kalt von der Bank, deshalb ist er wahrscheinlich reingegangen“, ergänzte er augenzwinkernd. Gleichzeitig warnt er aber davor, die schlechte erste Halbzeit zu vergessen: „Wir wurden phasenweise vorgeführt. Die Fürther haben uns gut laufen lassen. Das müssen wir ganz klar ansprechen, das dürfen wir auf keinen Fall aus Acht lassen.“
Selbstkritische Töne schlug auch Sascha Mockenhaupt an: „Dass beim 2:0 kein Mensch in der Nähe von Freis steht, das kann einfach nicht sein. Du gehst in die Halbzeit und willst nur irgendwie dein Gesicht wahren.“ Ähnliches sagte auch Konrad Fünfstück, der angesichts von 68% Ballbesitz für die Spielvereinigung zur Pause ordentlich angefressen war. „Da kann ich mich eigentlich nur bei den Fans in der Pfalz und den mitgereisten hier entschuldigen“, erklärte der FCK-Coach und fügt an: „Es gab zur Halbzeit zwei Möglichkeiten: Koffer packen und in die Bus steigen oder endlich mal anfangen sich zu wehren. Das haben wir so auch der Mannschaft mitgeteilt.“
Und die deutlichen Worte kamen an. „Der Trainer hat die richtigen Worte gefunden. Wir dürfen uns nicht abschlachten lassen, wir müssen uns jetzt wehren. Und dann ist der Anschlusstreffer gefallen und wir haben gemerkt, dass hier was geht“, sagte Kacper Przybylko, ehe er lächelnd den Kopf schüttelte. „Ich hab noch nie zwei so kuriose Halbzeiten erlebt wie hier.“
Quelle: Der Betze brennt