Niemals auf die Regeln pfeifen ist Pflicht
Schiedsrichter Norbert Grudzinski ist auf dem Sprung in die Bundesliga
Es ist offensichtlich eine Löwenmutter am anderen Ende der Leitung, die ihr Junges beschützen will. "Was wollen Sie denn von meinem Sohn?" fragt sie mißtrauisch. Und weiter: "Woher haben Sie überhaupt diese Nummer?" Die Liste der Fragen, die Mutter Grudzinski in diesem kurzen Telefonat stellte, ließe sich locker verlängern. Am Ende war sie dann doch kooperativ. "Der Norbert ist auf der Arbeit."
Norbert Grudzinski, 28, grinst, als er diese Geschichte hört und wirbt um Verständnis. "Der Hoyzer-Skandal hat viel Wirbel verursacht", sagt er. "Da muß man jetzt noch mehr aufpassen, mit wem man redet."
Grudzinski ist Fußball-Schiedsrichter. Seine Branche war in der vergangenen Saison durch die betrügerischen Manipulationen des Berliner Kollegen Robert Hoyzer heftig in die Schlagzeilen geraten: Kroatische Wettbrüder, gekaufte Entscheidungen und gerichtliche Nachspiele hatten die Männer an der Pfeife ins Zwielicht gebracht. "Man war nicht frei im Kopf in den ersten Spielen danach", erinnert er sich, "weil man immer dachte, was denken die Leute bei jedem Pfiff?"
Als Folge wurde die Elite der Pfeifenmänner aus der Bundesliga und Zweiten Liga beim Vorbereitungslehrgang vergangene Woche im idyllischen Alteinsteig im Schwarzwald vom Vorsitzenden des Schiedsrichterausschusses Volker Roth auf die Saison nach Hoyzer und die Saison vor der Fußball-Weltmeisterschaft 2006, eingeschworen. "Es ist nichts mehr so, wie es war", sagte er, "aber jetzt ist es genug."
Auch Norbert Grudzinski hatte sich wieder mal frei genommen von seinem Arbeitgeber, dem Otto-Versand, um bei der Fortbildungsmaßnahme mit Anwesenheitspflicht dabei zu sein. Er gilt beim Deutschen Fußball Verband als Hoffnungsträger. Seit der Nachwuchs-Mann 1992 das erste Mal ein Fußballspiel leitete, hat er sich zielbewußt nach oben gepfiffen. Im vergangenen Jahr wurde er zum besten Schiedsrichter Hamburgs gekürt. Sein aktueller Karriereschritt: Nach nur einem Jahr Zweitliga-Dienst darf er in der kommende Saison parallel als Linienrichter in der Bundesliga erste Erfahrungen sammeln.
"Mein Traum ist es natürlich, Erstligaschiedsrichter zu werden", sagt er. Den guten Ruf dafür hat er. Als Hoyzer für das Spiel Hannover 96 gegen Bayer Leverkusen kurzfristig abgesetzt wurde, nominierte der Verband kurzfristig den Nachwuchsmann vom SV Wandsetal als sogenannten Vierten Offiziellen nach - die Vorstufe zum Schieds- und Linienrichter.
Rein äußerlich sieht Norbert Grudzinski so aus, wie sich ein Laie einen Schiedsrichter vorstellt. Das kurz geschnittene Haar ist exakt gescheitelt, der Rücken im unauffälligen Jackett gerade durchgedrückt, der Händedruck selbstbewußt fest. Die Schritte sind bedächtig, die Sprache wohl überlegt. Ein typischer Grudzinski-Satz lautet: "Ich habe meine Persönlichkeit auch durch die Tätigkeit als Schiedsrichter weiter entwickelt."
Tatsächlich ist das Gespräch mit dem 28jährigen gelernten Groß- und Außenhandelskaufmann irritierend. Aussagen wie "Was Recht ist, muß auch Recht bleiben", vermutet man als Leitsatz von einem jungen Mann nicht wirklich. Auch die Einschätzung, daß "Schiedsrichter über eine besonders ausgeprägte Moral" verfügen traut man eher einem älteren Menschen zu. Sind solche Tugenden nicht altmodisch? "Sind sie deshalb weniger wichtig?" fragt er zurück.
Quelle: wams
Hier noch ein Link mit Daten und Bild:
http://www.dfb.de/dfb-info/schiedsricht ... inski.html
Man sieht der brav aus, aber nicht täuschen lassen. Der hat in seinen Spieler immer massig Karten verteilt.