Habe mich durch den Thread durchgearbeitet. Tolle Kommentare wechseln sich hier mit schwachsinnigen, einfältigen Ergüssen ab. Wobei zum Glück insgesamt ein positiver Trend, weg vom Rassismus zu erkennen ist.
Ich denke nicht, dass das Thema eines ist, was bagatellisiert werden darf. Rassismus darf nicht Toleranz erfahren. Er darf nicht salonfähig sein, darf es nicht werden. Natürlich lässt man sich in der Emotion, in der Hitze des Gefechts auch mal hinreißen, etwas Dummes, Blödes, ja sogar Unehrenhaftes zu sagen. Wenn man aber zulässt, dass sich in diesen Momenten rassistisches Gedankengut Bahn bricht, dann legitimiert man es, weil man dem Rassismus erlaubt, in den eigenen Gedanken statt zu finden. Das ist der erste Schritt zur Bagatellisierung!
Indem man Rassismus entgegen tritt, indem man sich immer dagegen wehrt, wenn er auftritt, kann man ihn auch aus den Gedanken verbannen. Dazu gehört nicht nur das Nichtmitsingen oder Grölen von rassistischen Schlachtrufen oder Verunglimpfungen, dazu gehört auch das Mund aufmachen, wenn man ihm begegnet. Denn die Vorstufe des aktiven Rassismus ist der passive Rassismus, das Dulden desselben, das Weghören.
Dass dieser Vorfall kein Einzelfall ist und schon gar nicht das alleinige Werk von ein paar Verblendeten, das zeigt die folgende Geschichte, die ich schon mal hier gepostet hatte, im Nachgang zum St. Pauli-Spiel:
"
Will auch mal was loswerden, allerdings nicht zum Spiel (das war genial, genau wie der Spielbericht, der 99 % stimmt, außer dass die Vorlage zum 3:1 Jendrisek gab, nicht Bellinghausen
), sondern zu einem ganzen Haufen Deppen danach.
Beim Runterlaufen vom Berg war mir eine lautstarke, ca. 30-köpfige Gruppe von geschätzt 16-25-jährigen aufgefallen, die verschiedene Lieder anstimmten, wobei ich mir anfangs noch nix dabei dachte. Plötzlich wurde allerdings das U-Bahn-Lied angestimmt, woraufhin ich lautstark (leider trotzdem ungehört) die Gruppe aufforderte, das doch zu unterlassen. Ein paar "Kinder", ca. 12 Jahre alt, hatten auch mitgesungen, immerhin die waren daraufhin ruhig.
Drei Vollglatzen unter denen skandierten dann "Juden raus", leider hörten sie meinen Protest wieder nicht.
Kurz vor der Treppe wurde die U-Bahn dann noch mal angestimmt, wieder prostestierte ich, meine Frau ebenfalls, wieder hörten die uns nicht.
Am Fuß der Treppe, kurz bevor noch weitere Imbissbuden stehen, wurde es dann ein drittes Mal angestimmt. Wieder schrieen meine Frau und ich, dass man diesen "Nazi-Scheiß" doch jetzt endlich mal sein lassen sollte, da war dann endlich Ruhe.
Schlimm genug, dass so was überhaupt von Gruppierungen innerhalb unserer Fans gesungen wird. Nein, aber am meisten geärgert hat mich, dass...
1. ...keiner der Umstehenden in den Protest miteingestimmt hat.
2. ...unwissende Kinder damit verführt werden, "Nazi-Scheiß" mitzusingen.
3. ...man sogar noch blöd angeguckt wird von den Umstehenden, warum man sich denn aufregen würde.
Diese Scheißegal-Einstellung in unserer Gesellschaft geht mir dermaßen auf die Nerven, das glaubt ihr gar nicht. Da wird zugelassen, dass eine Handvoll Deppen ihre Parolen verbreiten und so eine Visitenkarte von unserem Verein und unseren Fans hinterlassen, die ja wohl kaum auf den allergrößten Teil von uns Fans zutreffen dürfte. Und was machen die Umstehenden? Schauen peinlich berührt (wenn überhaupt) weg, anstatt mal in meinen/unseren Protest miteinzustimmen! Nicht anders als vor 75 [mittlerweile 76] Jahren!!!
Das hat mir die Freude über unseren Sieg gestern erst mal reichlich vermiest!!!"
Ganz offensichtlich liegt hier der Fall anders als im Duisburg-Spiel, wo Emotionen der Auslöser gewesen sein mögen. Umso schlimmer, dass diese "Sänger" trotzdem noch eine Plattform hatten. Ich leugne ja gar nicht, dass es nicht auch anderswo rechtes Gedankengut gibt und behaupte schon gar nicht, dass das ein Lauterer Phänomen ist. Aber das ganz "totzuschweigen", zu bagatellisieren, als bloßes Hinreißenlassen abzutun, das kanns auch nicht sein.
Langer Rede, kurzer Sinn:
1. Wer rechtes Gedankengut konsequent aus seinen eigenen Gedanken verbannt, der wird auch in der Emotion der Hitze des Gefechts nicht mitgerissen, bei rassistischen Sprüchen, Gesängen oder Parolen mitzumischen.
2. Wehret den Anfängen. JEDE rassistische Äußerung muss von den Umstehenden direkt unterbunden werden. Werden diese Äußerungen salonfähig, weil man ihnen gleichgültig gegenüber steht, dann ist der erste Schritt getan, dann bereitet man dem Rassismus den Nährboden, den er braucht, nämlich die Zustimmung zum Rassismus.
3. Schweigen ist nix anderes als stillschweigende Zustimmung. denkt mal darüber nach!!!
LG, SuperMario
P.S.: Vielen Dank an Thomas und das Team von dbb, dass dieses Thema hier kritisch und sensibel diskutiert werden darf. Auch dafür, dass es kaum Einmischungen von eurer Seite gab und gibt. Das finde ich ganz hervorragend und zeigt einmal mehr, was für ein geniales Online-Fanzine ihr hier betreibt!
Denn auch und gerade dieses Thema kann nicht oft genug angesprochen werden, um endlich zu einem rassismusfreien Support zu kommen. Da widerspreche ich auch allen Usern, die eine Diskussion darüber für überflüssig halten.