1. FC Kaiserslautern - quo vadis?
In der Hölle ist der Teufel los
In der Hölle ist der Teufel los. Ohne Frage: der 1. FC Kaiserslautern ist schwach in die Saison gestartet. Der Traum vom Aufstieg in die erste Bundesliga ist vorerst geplatzt. Die Fans sind enttäuscht und quittieren es mit rückgängigen Zuschauerzahlen im Fritz-Walter-Stadion.
Und jetzt kommen auch wieder die Kritiker auf den Plan und sagen: Der 1. FC Kaiserslautern ist auf seinem bisherigen Tiefpunkt in der Fußball-Bundesliga-Historie angelangt.
Unsere Redaktion hat einen Brief von Demir Hotic (1989 bis 1993 Spieler beim 1. FCK und Deutscher Pokalsieger 1990 und Deutscher Meister 1991 mit dem 1. FC Kaiserslautern) erhalten, in dem er dem Vorstand schwere Fehler in der Vereinsführung vorwirft, ja sogar den Rücktritt von Erwin Göbel und Arndt Jaworski fordert. Wir haben mit Demir Hotic ein Interview geführt, weil wir mehr über seine Motivation und Ziele wissen wollten.
Natürlich hat alles seine zwei Seiten. Das ist beim 1. FC Kaiserslautern nicht anders. Also haben wir mit weiteren, ehemaligen Spielern, deren Namen immer wieder im Zusammenhang mit dem Brief von Demir Hotic genannt werden, gesprochen. Auch Erwin Göbel war zu einer Stellungnahme bereit und hat uns die Lage des 1. FC Kaiserslautern aus seiner Sicht geschildert.
Hotic: „Die Führung muss weg!“
Auszug aus dem Brief von Demir Hotic vom 30. Mai 2007: „Sehr geehrter Aufsichtsrat, sehr geehrter Herr Buchholz, sehr geehrter Herr Göbel, aufgrund des erneuten Verfehlens aller sportlichen Zielvorgaben und dem verfehlten Wiederaufstieg in die erste Bundesliga steckt der 1. FC Kaiserslautern in der größten sportlichen Krise seiner Vereinsgeschichte. Der 1. FC Kaiserslautern befindet sich seit drei Jahren sportlich und wirtschaftlich im freien Fall nach unten. Noch nie war der Verein so in sportliche Schieflage geraten…“
Linie eins: Herr Hotic, wie definieren Sie diese sportliche Schieflage?
Demir Hotic: Im Zusammenhang mit der Führung und den Fehleinkäufen. Seit Jahren geht es nur noch darum, dass da Leute sind, die von der Materie Fußball keine Ahnung haben. Das ist ein Fußballclub und den sollte man auch als solchen führen.
Auszug aus dem Brief von Demir Hotic vom 30. Mai 2007: „Fast jedes Wochenende wird der Verein von immer neuen, peinlichen sportlichen Offenbarungseiden der Mannschaft erschüttert, ohne dass dazu deutlich Stellung von offizieller Seite bezogen wird. Dieses unverständliche, passive Verhalten seitens der Vereinsführung fügt dem FCK nicht nur in der Presse, sondern auch im eigenen Fanumfeld schweren Schaden zu. “
Linie eins: Wie soll der Verein ihrer Ansicht nach Stellung beziehen?
Demir Hotic: In dem man nach mehreren schlechten oder verlorenen Spielen mal die Dinge beim Namen nennt, dass man sich dazu äußert und nicht mit den Sprüchen „Geduld, Geduld“ kommt. Irgendwann ist es mit der Geduld vorbei. Das geht schon fünf Jahre so.
Auszug aus dem Brief von Demir Hotic vom 30. Mai 2007: „Die nun schon auf dem Platz häufig zu Tage getretenen Auflösungserscheinungen innerhalb der Mannschaft… lassen das Schlimmste für die Zukunft befürchten. “
Linie eins: Was meinen Sie mit Auflösungserscheinungen?
Demir Hotic: Es ist ja so, dass da jeder sein eigenes Süppchen kocht. Es sind viele Einzelspieler, aber es ist keine geschlossene Mannschaft. Eine Mannschaft zeigt sich auf dem Platz: Spieler, die für einander kämpfen, die auch mal über 90 Minuten hinausgehen können. Man sieht hier aber, dass viele Defizite da sind. Die haben sich sehr entfremdet. Es kommen immer wieder neue Spieler und die müssen sich ja auch einleben. Die Zeit dafür ist ja gar nicht da. Das ist für mich keine Truppe, keine Mannschaft, wie sie es einmal war.
Auszug aus dem Brief von Demir Hotic vom 30. Mai 2007: „Der Verein wirkt nach außen konfus und hilflos, ohne jegliche konzeptionelle Ausrichtung, ohne Führung mit Fußballkompetenz. “
Linie eins: Können Sie diese Aussage konkretisieren?
Demir Hotic: Ja, es ist ja so, dass dieser Verein ehemaligen Spielern, die helfen wollen, unterstellt „Die wollen doch nur einen Job und Geld verdienen“, ABER: dass man diese Leute, wie ein Klaus Toppmöller, ein Hans-Peter Briegel (gegen den man auch einen Prozess führt, was eine Frechheit ist) nicht an einen Tisch holt und sagt: „Helft uns!“ Das ist denen einfach zu heikel. Sie haben ihren Job, sie verdienen gutes Geld, aber der Erfolg ist nicht da.
Linie eins: Was meinen Sie, wenn Sie sagen „Führung ohne Fußballkompetenz?“
Demir Hotic: Führung ohne Fußballkompetenz ist wie beim 1. FCK, wenn man einen Aufsichtsrat hat, der von Fußball überhaupt keine Ahnung hat. Aufsichtsräte, die da nur sitzen, ihre Tribünenkarte haben und nicht über Fußball diskutieren, über Spieler, ob der gut ist oder schlecht. Dass man dort mal sagt, dieser Spieler passt zu uns oder auch nicht. Wo waren Hubert Neu und Arno Wolf? Was haben die bisher geholt an Spielern? Keiner hinterfragt, dass unsere Amateure seit zwei Jahren kein Heimspiel gewonnen haben. Wir haben kein Scouting-System, wir haben gar keine Leute, die so was erkennen können. Das fehlt bei uns. Es fehlen sechs, sieben ehemalige Fußballspieler, die mit Herz dabei sind, die auch hier wohnen und die dem Verein helfen. Siehe Bayern München über Jahre weg, Werder Bremen genau so und in anderen Vereinen geht es auch, nur bei uns nicht! Es ist eine Entfremdung da, viele Fremde, die sich „Herz der Pfalz“ nennen.
Auszug aus dem Brief von Demir Hotic vom 30. Mai 2007: „Während der Ära Jäggi sind viele Weichen für den Verein in eine falsche Richtung gestellt worden, wurde mit willkürlichen Trainerwechseln und nicht nachvollziehbaren Spielertransfers aktiv Geld vernichtet. “
Linie eins: Wie können Sie diese Behauptungen belegen?
Demir Hotic: Der Herr Jäggi war der ganz große Zauberer hier. Er hat diesen Leuten so viel versprochen. Er wollte eine Schublade aufmachen mit ganz vielen Sponsoren. Diese Schublade bringe ich mit - die ist leer! Bei der nächsten Mitgliederversammlung soll er die mal voll machen. Das erwarte ich von ihm. Er soll kommen und Sponsoren bringen. Wenn man sieht, was ein Trainer, der auch Manager war, Geld bekommt und immer noch bekommt - das ist Jäggis Werk. Er hat den Verein mit auf dem Gewissen.
Auszug aus dem Brief von Demir Hotic vom 30. Mai 2007: „…Fehlentwicklungen weiter zu leugnen und den Verein quasi führungslos im Haifischbecken Profifußball treiben zu lassen, führt unweigerlich zum Abstieg. “
Linie eins: Wie soll die Führung Verantwortung übernehmen?
Demir Hotic: Die Führung sollte doch die sportlichen Kompetenzen abgeben. Eine sportliche Kompetenz muss sich um Spieler kümmern, muss dieses Scouting haben. Man muss gute Spieler ab der Regionalliga sichten, die auch für die Zukunft gut sind und nicht teuer sind. Wenn ich sehe, dass da Spieler inzwischen 30. 000 oder 40. 000 Euro pro Monat haben, das sprengt den Rahmen. Das ist bei uns nicht machbar. Ich würde alle runter schrauben und würde mit den Ehemaligen (siehe Karlsruhe) versuchen gute Spieler zu holen. Das müssen wir doch auch packen. Es geht nur, wenn viele mithelfen auch in Kaiserslautern und drum herum. Wenn viele Kleinsponsoren wieder kommen und man diesen Apparat zusammen anpackt und Personen, die Ahnung von dieser Materie haben, mit einer Fußballkompetenz ausgestattet sind.
Linie eins: Was ist Ihre konkrete Kritik Herrn Göbel?
Demir Hotic: Ja gut, man sieht den Stand der Dinge. Man sieht jetzt die Entwicklung, wie sie jetzt ist, mit dem Sportdirektor Michael Schjönberg, dem ich den Posten natürlich sehr gönne, aber die Frage ist, was ist bis jetzt richtig gewesen? Der Trainer wurde einfach so hier installiert. Jeder würde gerne Trainer beim 1. FCK sein, egal, wen man fragt. Die sind alle hier verantwortlich. Ein Göbel, Buchholz und Jaworski, von denen ich sportlich ja eh nichts zu erwarten habe - da muss man mal fragen, von wem die installiert sind, von welcher Person. Das ist das Problem, was ich hier die ganze Zeit habe: die müssen endlich sagen: „Wir haben Fehler gemacht. Wir stehen dazu. Es ist vorbei mit dieser Geduld. Jetzt werden Nägel mit Köpfen gemacht! “ Aber Herr Göbel lässt einfach keine Hilfe zu!
Auszug aus dem Brief von Demir Hotic vom 30. Mai 2007: „Es kann niemandem vermittelt werden, dass ein Idol wie Briegel, der damals für sportliche Belange zuständig war, für finanzielle Angelegenheiten zur Rechenschaft gezogen werden soll…“
Linie eins: Wer müsste Ihrer Ansicht nach zur Verantwortung gezogen werden?
Demir Hotic: Der Präsident (damals Kessler) ist nicht angeklagt, aber der Vizepräsident muss vor Gericht. Und Briegel wird heute von einem angeklagt, der damals Controller war. Der Göbel war damals bei jeder Transaktion dabei. Er muss dabei gewesen sein. Er muss am meisten wissen. Der muss doch wissen, was da oben gelaufen ist. Wo sind die ganzen Gelder geblieben? Das soll er mal erklären.
Linie eins: Was fordern Sie?
Demir Hotic: Ich fordere den Job von Michael Schjönberg, ich fordere den Job vom Trainer, ich fordere den Job vom Aufsichtsratsvorsitzenden… Quatsch! Spaß bei Seite! So etwas fordere ich gar nicht! Ich fordere nur, dass endlich mal diese Fußballkompetenz kommt, dass diese geballte Kraft da ist und dass diese Leute sich mal danach sehnen, diese bei uns im Stadion sehen. Diese Jungs sind mir willkommen. Man sagt immer wieder, man soll nicht in der Vergangenheit leben. Ich liebe diese Vergangenheit und die Nostalgie beim 1. FCK. Mir sind meine lieben, ehemaligen Fußballfreunde, die in Vergessenheit geraten sind, lieber im Stadion. Man vergisst, viele, die bei uns waren: Hannes Riedl, Reinhard Maier, Melzer, Joshi Groh…diese Leute sind mir wichtig. Jeder kann kommen und seine Hilfe anbieten. Diese Hilfe würde ich gerne annehmen. Das habe ich denen schon am Telefon gesagt und jeder von denen möchte helfen.
Linie eins: Was müsste man noch mit am ehesten anpacken?
Demir Hotic: SportFive muss da oben raus! Das können wir alles selbst machen mit den Sponsoren. Für was brauchen wir die eigentlich? Was machen die da oben?
Linie eins: Lehnt der 1. FCK diese Hilfe ab?
Demir Hotic: Der FCK lehnt absolut diese Hilfe ab, weil sie sie ja angeblich nicht brauchen, aber die sind ja hilflos! Man will hier keine Leute haben, die Ahnung vom Geschäft haben. Man will keinen haben, der sagt: „Stopp, das oder der Spieler gefällt uns nicht! “
Linie eins: Warum sollte der 1. FCK diese Hilfe ablehnen?
Demir Hotic: Sie sagen immer: „Die wollen nur Geld verdienen! “, aber die vernichten das Geld des Vereins. Das Geld ist vernichtet worden von diesem Club. Da müsste man mal hinterfragen. Wie geht es weiter in Zukunft? So kann es nicht weiter gehen. Saarbrücken, Mannheim, Trier lassen grüßen und wir sind auch bald dabei, wenn es so weiter geht!
Linie eins: Warum möchte der 1. FCK nach Ihrer Ansicht keine ehemaligen Spieler als Berater haben?
Demir Hotic: Das ist doch ganz klar: die Macht. Man will nichts aus der Hand geben, was man hat. Ich gebe nicht gerne meinen Job ab - aber wenn ich ihn schlecht mache. . . Warum nehmen ein Göbel, ein Buchholz oder ein Jaworski keine Hilfe an?
Linie eins: Was ist Ihr Ziel?
Demir Hotic: Ich habe einen Traum: Bayern München wieder in diesem Stadion zu sehen, HSV, Schalke 04, Borussia Dortmund und diese Vereine. Das ist mein großer Traum. Ziele sind aber natürlich erst mal, in der nächsten Zeit, schnellst möglich die Wende zu packen und dieser Mannschaft andere Ziele für die nächsten zwei, drei Jahre zu setzen. Mit Jungs, die wollen und nicht dieses Schickimicki- Gehabe. Wir brauchen wieder Jungs und Typen, und Typen gibt es in der Umgebung genug. Aber wenn man nicht schaut, sich nicht erkundigt, dann gehen gute Spieler immer wo anders hin. Ich verstehe, dass Spieler wo anders hingehen, aber der 1. FCK hat eine Tradition. Hier möchte jeder hin, aber wenn man alles nur schlecht macht, kommt keiner. Es geht darum, dass wir in den Verein reinkommen wollen und mitbestimmen wollen.
Linie eins: Was wollen Sie persönlich erreichen? Geld verdienen? Hätten Sie auch noch ein solches Interesse am Verein, wenn sie einen Trainerjob bei einem anderen Verein hätten?
Demir Hotic: Das ist natürlich ganz falsch. Ich habe jetzt auch schon Gespräche mit Vereinen geführt, Oberligisten und Regionalligisten. Wenn es nur das wäre, dass ich einen Verein trainiere… der 1. FCK interessiert mich immer, egal, wo ich bin. Dem FCK werde ich immer verbunden sein, ob ich Trainer bin oder nicht. Toppmöller, Briegel, das sind auch Trainer, trotzdem können sie hier dem Verein helfen. Warum sollen sie nicht hier zum Verein kommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie nein sagen, wenn man diese Leute bittet zu helfen. Es ist für mich sehr wichtig, wenn man sagt: „Nur Geld verdienen! “. Es ist gar kein Geld da im Moment. Wenn wir kommen, kommen wir erst mal um zu helfen. Dann schauen wir mal. Und wenn der Erfolg da ist und alles stimmt, dann sollen auch die, die Spieler bringen, irgendwann mal dafür belohnt werden. Wenn ich hier sehe, was die Spielervermittler hier bekommen haben. Wenn ich sehe, dass hier einer 14 Spieler im Verein hatte, die diesen Verein absolut ausgesaugt haben…da fragt heute keiner mehr danach. Das ist traurig.
Linie eins: Was erhoffen Sie sich für eine Reaktion vom 1. FCK?
Demir Hotic: Ich hatte schon eine Reaktion auf meinen Brief. Ich kenne die Reaktion. Ich weiß, wie sie denken, aber die brauchen doch vor mir keine Angst zu haben. Man sieht ja die Tabelle, man sieht die Spiele und es ist nur die Wahrheit. Ich habe das schon vor acht Monaten gesagt, was beim FCK in der nächsten Zeit passieren wird, wenn man nicht endlich mal handelt.
Linie eins: In Ihrem Brief erwähnen Sie einige ehemalige Spieler, die die gleiche Meinung vertreten wie Sie. Wer steht denn hinter Ihnen?
Demir Hotic: Es sind viel mehr als man denkt, die hinter mir stehen. Man sollte die Mal befragen, einen Jürgen Groh, Hannes Riedl, Axel Roos, Fritz Fuchs… Ich bin fest überzeugt, dass die das Gleiche sagen.
Linie eins: Ist es möglich, mit der jetzigen Führung weiter zu kommen?
Demir Hotic: Diese Führung sieht schwarze Mäuse. Ich mache doch nichts Schlimmes. Ich schieße nicht gegen Herrn Göbel hinten rum. Ich bin gerade heraus. Ich habe ihm dies auch schon ins Gesicht gesagt. Lass es uns doch mal ein Jahr versuchen…dann sehen wir, wie es sportlich weiter geht.
Stimmen zum Brief von Demir Hotic
Axel Roos: „Das, was da im Moment passiert, war absolut vorhersehbar. Die kassieren jeden Monat ihr Gehalt und alles andere interessiert sie nicht. Wir wollen nur helfen. Thines und Klingowski haben das vor Jahren zusammen gut gemacht…und für viel weniger Geld. Die Führung muss weg!“
Hans-Peter Briegel: „Ich bin sehr weit weg in Ankara und kenne die Probleme im Moment beim FCK nicht. Ich habe hier meine Probleme mit meiner Mannschaft. Nein, ich werde in absehbarer Zeit in diesem Verein keine Rolle spielen!“
Fritz Fuchs: „Ich kenne weder den Brief von Herrn Hotic, noch den Inhalt. Wenn wir dem FCK helfen wollen, müssen wir das seriös machen und wie sich das für anständige Männer gehört. Nur so können wir dem FCK helfen. Wir haben genug Theater gehabt!“
Hannes Riedl: „Ich kenne die Initiative von Demir Hotic und ich unterstreiche das voll und ganz! Ich stehe da ganz dahinter. Ich mache nur ganze Sachen.“
Günter Klingkowski: „Also ich stehe ehrenamtlich nicht zur Verfügung. Ernsthafte Gespräche wurden diesbezüglich nie geführt. Wenn ich da etwas im Schilde führen würde, würde ich fairerweise als Vorsitzender des Ehrenrates des 1. FC Kaiserslautern abgeben. Eine ehrenamtliche Tätigkeit meinerseits ist völlig absurd!“
Quelle:
http://www.linie1-magazin.de/linie1/ind ... 38&seite=1
Stellungnahme des Vorstandsvorsitzenden Erwin Göbel
Linie eins: Herr Göbel, sie kennen den Brief, den Demir Hotic Ende Mai 2007 an die Führung des 1. FC Kaiserslautern geschickt hat. Was sagen Sie zu dem Brief?
Erwin Göbel: Der Inhalt des besagten Briefes wurde mit Demir Hotic, Axel Roos und Jürgen Groh am 23. Mai 2007 im Beisein unseres stellvertretenden Aufsichtsratsmitgliedes Ottmar Frenger besprochen. Im Kern ging es darum, die gerichtliche Auseinandersetzung gegen Herrn Hans-Peter Briegel unverzüglich zu beenden. Auch unser Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Buchholz setzt sich seit langem für eine außergerichtliche Lösung ein, die bislang durch die Anwaltsvertreter der Gegenseite (Rechtanwälte Motzenbäcker und Misamer) abgelehnt wird. Den Anwesenden wurden die entsprechenden Dokumente vorgelegt, die beinhalten, dass der Verein hier nicht einseitig aktiv werden kann und auch die Stadiongesellschaft an klare Beschlüsse gebunden ist. Dahingestellt sei, ob der oben genannte Brief tatsächlich von Demir Hotic verfasst wurde, oder wer auch immer dieses Schreiben formuliert hat.
Linie eins: Man wirft Ihnen vor, keine „Ahnung von der Materie Fußball“ zu haben.
Erwin Göbel: Es geht in der ursprünglichen Argumentation doch gar nicht darum, ob der Vorstandsvorsitzende oder Präsident eines Vereins „Ahnung von der Materie Fußball“ hat, was immer auch damit gemeint ist (siehe auch die Beispiele Bremen, Hamburg, Stuttgart, aber auch früher hier in Kaiserslautern). Im Kern geht es Herrn Hotic und seinen Mitstreitern um etwas ganz anderes: In dem Gespräch haben die drei deutlich gemacht, dass sie allein die Spieler bestimmen wollen, die künftig hier spielen sollen. Unsere Philosophie ist eine andere: Scouts beobachten die Spieler und bewerten diese hinsichtlich ihrer spielerischen, kämpferischen, taktischen, persönlichen Eigenschaften. Die Entscheidung über eine Verpflichtung liegt dann aber letztlich bei Sportdirektor, Trainer und Vorstand (insbesondere aus wirtschaftlicher Sicht). Es ist übrigens jedem unbenommen - und das haben wir Herrn Hotic auch mitgeteilt - unserem Sportdirektor geeignete Spieler vorzuschlagen.
Linie eins: „Der Verein wirkt nach außen konfus und hilflos, ohne jegliche konzeptionelle Ausrichtung, ohne Führung mit Fußballkompetenz“, so Demir Hotic in seinem Brief. Konkret wirft er Ihnen vor, dass Sie keine Hilfe von außen wollen. Stimmt das so?
Erwin Göbel: Was mich ärgert ist, dass Herr Hotic versucht, den Eindruck eines „Samariters“ zu vermitteln statt offen einzugestehen, dass Fußball auch ein Geschäft ist. Pauschal zu behaupten, es gäbe keine Kompetenz und keine Konzeption ist unfair und diskreditiert alle Mitarbeiter des Vereins. Das bringt uns nicht weiter. Noch einmal: Wenn Herr Hotic einen realistischen Vorschlag unterbreitet, der uns weiterhilft, werden wir uns dem sicher nicht verschließen.
Linie eins: „Peinliche, sportlichen Offenbarungseide der Mannschaft, aber keine deutliche Stellungnahme von offizieller Seite“ - der Vorwurf eines passiven Verhaltens Ihnen gegenüber. Ist Geduld angesichts des aktuellen Tabellenplatzes noch angesagt?
Erwin Göbel: Vor der Saison haben wir uns für den Weg einer Neuausrichtung entschieden. Bis Automatismen greifen, braucht es Zeit und Geduld. Natürlich brauchen wir angesichts der derzeitigen Tabellensituation auch nicht herumzudeuteln, wir müssen selbstverständlich auch in der Zwischenzeit punkten und die entsprechenden Ergebnisse einfahren. Ungeduldiges Handeln in der Vergangenheit hat aber selten zu dem gewünschten Effekt geführt und dem Verein insgesamt nach meiner Auffassung nicht gut getan. Permanente Stellungnahmen von offizieller Seite führen zur Unruhe und Verunsicherung.
Linie eins: Demir Hotic sieht einen möglichen Lösungsweg darin, dass die Führung die sportlichen Kompetenzen abgeben soll. Was sagen Sie dazu?
Erwin Göbel: Unsere Philosophie, die im Übrigen in fast allen deutschen Proficlubs genau so umgesetzt wird, habe ich bereits beschrieben. Das Teamwork zwischen sportlicher und wirtschaftlicher Führung ist unabdingbar.
Linie eins: Der Vorwurf: Die Spieler und die Führung verdienen zu viel Geld. Geld, das der 1. FCK inzwischen gar nicht mehr hat?
Erwin Göbel: Mit einer pauschalen Aussage, Spieler und Führung verdienten zu viel Geld, kann niemand etwas anfangen. Herr Hotic hätte besser sagen sollen, was aus seiner Sicht angemessen ist. Diese klaren Aussagen ist er bisher schuldig geblieben, alles andere ist platter Populismus. Übrigens legt der Vorstand sein Gehalt nicht selbst fest. Der von den Mitgliedern gewählte Aufsichtsrat beruft den Vorstand, stellt diesen ein und handelt das Gehalt aus.
Linie eins: Welche Aufgaben hat Sportfive im Verein?
Erwin Göbel: Die Aussage zu den Aufgaben von Sportfive zeigt, wie wenig sich Herr Hotic offenbar um das Vereinsgeschehen kümmert. Dies ist in aller Ausführlichkeit sowohl in früheren Jahreshauptversammlungen als auch in unserem „Betze-Magazin“ beschrieben worden. Sportfive, als eine der führenden Vermarktungsagenturen im Sportbereich weltweit, kümmert sich um die Vermarktung der Werberechte des FCK. Der Verein selbst unterhält keine Marketingund Vertriebsorganisation, die bei einer Eigenvermarktung zwingend notwendig wäre. Wenn man sich intensiver mit dem Thema Vermarktung beschäftigt, kommt man schnell zu den Zusammenhängen von Höhe eines Sponsoring-Engagements und Exklusivitäten. Ein Thema, über das im Zusammenhang mit der Fernsehvermarktung ausführlich berichtet wird (höhere Erlöse aus der Pay-TV -Vermarktung, wenn die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten nicht mehr um 18 Uhr über die Bundesliga berichten dürfen, sondern erst später). Unser Hauptsponsor Deutsche Vermögensberatung steht seit 10 Jahren zu diesem Verein, auch in den schwierigen Zeiten. Dafür bin ich dankbar.
Linie eins: Was sagen Sie den Leuten, die Ihren Rücktritt fordern?
Erwin Göbel: In der Position des Vorstandsvorsitzenden stehe ich besonders im Fokus der Öffentlichkeit, der Fans und der Mitglieder. Da bleibt es dann nicht aus, dass Leute auch mal einfach so aus einer Laune heraus meinen Rücktritt fordern, obwohl diese mich weder kennen, noch - erst recht nicht - meine Arbeit beurteilen können. Mit sachlicher und konstruktiver Kritik an meiner Arbeit und meiner Person setze ich mich gerne auseinander, aber für pauschale Rücktrittsforderungen bringe ich kein Verständnis auf.
Linie eins: Können Ihrer Ansicht nach ehrenamtliche Helfer den Verein führen?
Erwin Göbel: Eine ehrenamtliche Arbeit in diesem oder in anderen Bereichen ist bei den im vergangenen Jahrzehnt gewachsenen Aufgaben und Anforderungen, zum Teil auch durch die Deutsche Fußball Liga vorgeschrieben, kaum mehr zu leisten. Dabei hat der FCK im Vergleich zu anderen Vereinen noch einen überschaubaren Mitarbeiterstab.
Linie eins: Die Fans vermissen konkrete Aussagen der Führung. Herr Göbel, müssten Sie als Vorstandsvorsitzender nicht präsenter in den Medien sein?
Erwin Göbel: In der Frage der Medienpräsenz des Vorstandsvorsitzenden habe ich bei meinem Amtsantritt gesagt, dass der Fußball wieder im Mittelpunkt stehen muss. Ich werde nicht zu allem Stellung nehmen, um die Zeitungen zu füllen. Viele haben mich darin bestärkt, selbst der von mir vermutete Verfasser des eingangs zitierten Hotic-Schreibens. Auch hier sei ein Blick zu anderen Proficlubs gestattet, bei denen sich wie beispielsweise in Bremen, Vorstände bewusst in der Öffentlichkeit zurücknehmen. Nicht immer sind die am lautesten vorgetragenen Argumente auch die besten.
Quelle:
http://www.linie1-magazin.de/linie1/ind ... 38&seite=1
Weiterer Link:
Brief der Ex-Spieler an den Verein