Ich versuche mal meine Eindrücke des "Zusammenspiels" zwischen Mannschaft und Westkurve zu beschreiben.
Als ich kurz vor Anpfiff den Block betreten habe fiel mir eines sofort auf. Es war voller und lauter als sonst. Mein Kollege meinte nur: "Scheisse, was ist denn hier los? Das Stadion ist ja fast voll".
Lediglich die Osttribüne zeigte ihre obligatorischen Lücken. Dennoch war ich verwundert über derart viel Neugier für die neue/alte Mannschaft.
Dann während der ersten 20 Minuten wurde mir eines erstmals richtig bewusst. Die Mannschaft rannte und wir auf den Rängen warteten nur darauf, die nächste Grätsche einer unserer Männer in Rot (Orange?

)
Es wurden eben die kleinen Dinge, wie eben Grätschen und keinen Ball verloren geben, von uns geschlossen honoriert.
So hab ich es mir gewünscht, aber nicht erwartet.
Dann die rote Karte von Sippel.
Es war ein Mischmasch aus Wut derjenigen, die klar gesehen haben, dass der Ball an die Brust sprang und Nullreaktion derer, die es als Handspiel erkannt haben. Klar, es wurde gepfiffen, aber kollektiv wütend wurde das ganze erst innerhalb der darauffolgenden 10-15 Minuten.
Der Schiri schien alles gegen uns zu pfeifen und immer mehr entlud sich der Zorn, vielleicht auch der Frust, der West auf den Schiri.
Auf dem Platz sah man von unserer Mannschaft nichts mehr und man musste befürchten, dass nun der Anfangsschwung völlig abhanden gekommen ist der altbekannte, aber höchst unbeliebte Trott der letzten Jahre sich einzustellen schien.
Dann Halbzeit. In meinem Umfeld hörte ich mehrere Leute, die schon mit dem Gedanken spielten, sich auf den Heimweg zu machen, aber niemand ging!
Zu Beginn der zweiten Halbzeit war es nicht die Mannschaft, die die Initiative ergriff, sondern wir auf den Rängen. Es wurde versucht anzufeuern, um irgendwie doch noch eine Wende herbeizuführen - zugegeben eher Wunschdenken, wenn man an die letzten Jahre denkt.
Dann kam die kläglich vergebene Chance von Matmour. Man mag jetzt denken, dass diese nicht genutzte 100%ige Möglichkeit eigentlich der Todesstoß für Mannschaft und Fans sein musste, aber irgendwie kam alles anders.
Ich sehe diese Situation als den eigentlichen Beginn der Aufholjagd. Die Mannschaft merkte nun, dass man auch in Unterzahl zu solchen Chancen kommen kann und wir merkten, dass hier noch lange nicht Schluss ist. Die Gesänge wurden lauter und lauter, das Gerkrische wurde immer heftiger. Jede und zwar wirklich JEDE Aktion auf dem Feld wurde irgendwie von den Rängen kommentiert. Das nennt man übrigens "spielbezogener Support" oder nach den Worten meines Vaters "aktives Fußballgucken".
Alles schaukelte sich hoch bis ein kleiner Kämpfer namens Jean Zimmer den Willen hatte, selbst anzupacken. Was kam war ein Fall, ein Urschrei der West und ein Pfiff des Schiris.
Als Lakic dann den fälligen Elfmeter verwandelte war klar, dass es jetzt erst richtig los geht und sich zeigen musste, ob die selbsternannte Topmannschaft mit Titelambitionen gegen 10 Wahnsinnige auf dem Rasen, die nach allem treten, was ihnen in die Quere kommt, und gegen eine GESCHLOSSEN UNTERSTÜTZENDE FANGEMEINDE ankommen kann.
Was dann folgte war Rausch. Einfach nur Rausch. Die Jungs auf dem Rasen rannten wie man es schon lange nicht mehr sah und wir auf den Rängen schienen nur noch darauf zu warten, endlich expoldieren zu dürfen.
Dann kam das feine Füßchen Stögers, eine genaue Flanke von Löwe und der Schädel des Srdjan Lakic und es war soweit.
Brutale Lautstärke und eine vibrierende West !!
Es wurde schon gefeiert, doch es sollte noch nicht das Ende der Ekstase gewesen sein. Der Höhepunkt dieser legendären Aufholjagd sollte noch folgen.
Der @kepptn hat es beschrieben, treffender geht es nicht. Ein Philip Hofmann, der dermaßen heiß darauf war, selbst mitzumischen, kam pünktlich zum Eckball ins Spiel. Stöger tritt und Hofmann rennt los und rennt und rennt und wuchtet den Ball ins Netz.
Was folgte war einfach nur zum genießen.
Was für ein Jubel!! Man lag wildfremden Menschen in den Armen, einige weinten sogar.
Das ist das, wonach alle von uns so lechzen.
Leidenschaft und Emotionen auf und neben dem Platz. Es war nicht "Wir hier oben und die da unten". Es war WIR. WIR haben alle unseren Anteil an diesem epischen Fußballabend, der alles zu bieten hatte, was man sich vorstellen kann.
Hoffnung, Wut, dann wieder Hoffnung und letztlich Freudentaumel.
Natürlich war es nur ein Schritt in Richtung jenes FCK, dessen Virus mich einst unheilbar infizierte und den ich über die Jahre hinweg so lieben lernte.
Ja, es war nur ein Schritt, aber ich hätte mir vor diesem Spiel nicht zu träumen gewagt, dass mein "alter" FCK diesen Schritt überhaupt noch gehen kann!
Der FCK ist wieder da, WIR sind wieder da!
"Es sind wir, auf die es letztendlich ankommt. Ob auf, neben oder unter den Tribünen. Wir sind der Verein." Marky, 29.07.2014