Wochenblatt Kaiserslautern Süd - Nr. 69
Neue FCK-Vorstände legen Finanz-Karten auf den Tisch
Circa ein Drittel der Fan-Anleihe wurde zweckentfremdet aufgebraucht
Von Jens Vollmer
Die Wahrheit über die Gelder der Fan-Anleihe kam scheibchenweise ans Licht. Nun sorgten die neuen FCK-Vorstände für Transparenz.
Kernaussage ist: Der Verein steht solide dar, hat aber auch mit einigen Herausforderungen zu kämpfen.
Zuerst beteuerten die ehemaligen FCK-Verantwortlichen, das Geld der FCK-Fananleihe liege unangetastet bis zur zweckgebundenen Verwendung auf dem Konto. Dann musste man bei einer Jahreshauptversammlung eingestehen, dass man damit arbeite. Allerdings wurde beteuert, die eingesetzten Gelder seien immer zu hundert Prozent abgesichert durch ausstehende Forderungen des FCK, wie zum Beispiel TV-Gelder. So könne man sich aber bei Liquiditätsengpässen teure Dispozinsen ersparen.
Von den im Februar 2013 bei den Fans eingesammelten sechs Millionen Euro für das Nachwuchsleistungszentrum Fröhnerhof wurden allerdings bis heute nur 4,1 Millionen zweckgebunden für fällige Anleihe-Zinsen, getätigte Gebäuderenovierungen und den Kauf des Fröhnerhof-Geländes (circa 2,6 Millionen) verwendet.
Der neue Finanzvorstand Michael Klatt stellte in der Pressekonferenz am Dienstag klar: „Ich habe einen sogenannten Kassensturz gemacht und bin - wenn sie so wollen - in den Keller gegangen und habe den Tresor aufgemacht. Nun habe ich eine gute und eine weniger gute Nachricht. Zunächst die gute Nachricht: Wir haben ausreichend Liquidität für unser laufendes Geschäft. Das heißt, wir sind ordentlich finanziert. Die schlechte Nachricht ist: Am 31. März war im Tresor keine überschüssige Liquidität aus der Fananleihe, das restliche Geld war nicht mehr vorhanden. Das hat mich allerdings nicht überrascht, denn im Fußballgeschäft gibt es Liquiditätsberge und es gibt Liquiditätstäler – und so ein Tal liegt häufig in den Monaten März, April, Mai. Der zweite Grund, weshalb die Anleihe nicht mehr vorhanden war, sind die verfehlten sportlichen Ziele in dieser Saison, welche auch finanzielle Rückgänge zur Folge haben.“
Hoch gepokert und verloren
Genau diese finanziellen Einbußen aus weniger Zuschauereinnahmen, weniger Sponsoreinnahmen, geringeren TV-Geldern und fehlenden DFB-Pokal-Einnahmen durch frühzeitiges Ausscheiden hatte das Wochenblatt schon im Dezember, noch vor der FCK-Jahreshauptversammlung, im Interview mit Stefan Kuntz thematisiert. Die Antwort des damaligen Vorstandsvorsitzenden hatte schon damals - trotz Rücksprache mit dem Ex-Finanzvorstand Fritz Grünewalt - wenig Substanz: „Ich kann generell hier im Umfeld sehr viel Pessimismus erkennen. Es gibt immer viele Bedenken, ganz selten werden die Chancen erkannt.“
Vielleicht ist es einfach die Mentalität eines ehemaligen Stürmers so an die Sache heranzugehen: einfach mal draufhalten und schauen, ob der Ball reingeht. Andere würden das vielleicht als Zockermentalität bezeichnen. Es wurde hoch gepokert: Die Altvorstände hatten in den letzten Jahren Etats aufgestellt, die bei sportlichem Nichterfolg große finanzielle Probleme bereiten. Durch verpasste Aufstiege und Misserfolge mussten talentierte Eigengewächse wie Orban und Heintz und nun auch Zimmer verkauft werden - wohlgemerkt nur um Löcher zu stopfen - nicht um wieder adäquat in die Mannschaft zu investieren.
Und da in der aktuellen Saison mit Zimmer nur ein Spieler größeres Interesse anderer Vereine hervorrief, mussten nun wohl auch die Reste der Fan-Anleihe daran glauben, um die Löcher einer verfehlten Transferpolitik von Stefan Kuntz und seines Strohmanns Schupp zu stopfen. Verkauft wurde diese Vorgehensweise als Geschäftsmodell eines Ausbildungsvereins. Dass die Rechnung aber nicht aufging, beweist der aktuelle Tabellenplatz und der Blick auf das Konto der Fananleihe. Der Kader ist entscheidend geschwächt worden. So schnell und kontinuierlich können nicht weitere Jugendspieler in die Profimannschaft nachrücken und die gerade verkauften Leistungsträger ersetzen. Die Vorgehensweise glich einem Waldkahlschlag in der Annahme, man könne neue Setzlinge schon im nächsten Jahr wieder fällen und monetisieren.
Klatt betonte allerdings, um Gerüchten vorzubeugen, dass es keinerlei Anzeichen dafür gebe, dass Geld auf irgendeine dubiose Art und Weise abhanden gekommen sei.
20 Prozent weniger Spieleretat bei konservativer Kalkulation
Dass nun die neue Vorstandschaft erst einmal erzkonservativ rechnet und den Spieleretat um 20 Prozent auf circa neun Millionen für die kommende Saison senkt, ist mehr als vernünftig. Sollten Mehreinahmen entstehen, weil der Dauerkartenvorverkauf besser läuft als angenommen, weil der FCK im DFB-Pokal in die nächste Runde einzieht, weil unvorhergesehene Transfers oder zusätzliche Sponsoren weitere Einnahmen erbringen, weil der FCK dank zweier Siege in den letzten zwei Spielen dieser Saison doch noch vor Eintracht Braunschweig im TV-Ranking bleibt oder einfach mehr Zuschauer zu den Spielen kommen - erst dann gibt der neue Finanzvorstand grünes Licht, den Spieleretat jeweils dementsprechend weiter zu erhöhen. „Wenn wir in der Vermarktung und im sportlichen Bereich Erfolge erzielen, können wir den Etat noch weiter aufstocken. Wir haben hier noch gute Chancen, aufzuholen. Insofern gehen wir konservativ vor und sagen, dass wir diese Einnahmen noch nicht haben“, betonte Klatt.
Die nun endende, seitens der Alt-Vorstände allzu optimistisch kalkulierte Saison wird mit einem zusätzlichen Minus von voraussichtlich drei Millionen beendet, circa eine Million Minus war laut Fritz Grünewalt geplant. Somit ist sowohl der Rest der Fan-Anleihe als auch der Transfergewinn für Jean Zimmer im laufenden Betrieb verbraten.
Sportdirektor Uwe Stöver kommt zum 15. Mai
Bei den Kadereinsparungen will man allerdings nicht die Qualität, sondern die Quantität der FCK-Teams verringern. So soll die U23 von 28 auf circa 20 Spieler verkleinert werden und auch die Profimannschaft weniger Spieler als dieses Jahr aufweisen. Das erhöhe auch die Chancen für neuen Talente, in die nächsthöhere Mannschaft aufzusteigen, erläuterte Matthias Abel, derzeitiger Sportvorstand. Er wird nach einer kleinen Einarbeitungsphase des neuen Sportdirektors Uwe Stöver, der am 15. Mai seine Arbeit beginnt, in den Aufsichtsrat zurückkehren.
Abel betonte, dass Trainer Konrad Fünfstück noch Vertrag habe und Stöver sich dann mit dem Trainer verständige. Wichtig sei erst einmal gewesen, schnellstmöglich die Führungsriege gut zu besetzen. In Verhandlung über eine Vertragsverlängerung sei man mit Oliver Schäfer, dem Trainer der U23. Chefscout Boris Notzon habe schon um zwei Jahre verlängert.
Damoklesschwert Rückzahlung
Nicht in diesem Jahr, aber 2019, wird der FCK trotz der nun fehlenden Gelder für den Bau des Nachwuchsleistungszentrums die Fan-Anleihe zurückzahlen müssen. Für einen Zweitligisten, der eh schon immer knapper kalkulieren muss, eine Mammutaufgabe, die Klatt trotzdem nicht erschrickt: „Ich mache mir immer Gedanken um morgen. 2019 ist ein ganz wichtiges Datum, weil dann die Rückzahlung fällig wird. Da ist man sehr gut beraten, wenn man das nicht erst im Januar 2019 bedenkt. An diesem Thema bin ich dran. Das muss von langer Hand vorbereitet werden. Wir sollen nicht in eine Situation kommen, in der wir keine Handlungsoptionen haben.“ Marketingvorstand Thomas Gries ging sogar noch einen Schritt weiter: „Jedem, der die Fan-Anleihe gezeichnet hat, verspreche ich heute, dass wir das Geld 2019 zurückzahlen. Dafür sorgen wir und dafür stehen wir hier gerade.“ - Eine schwere Bürde, die die neuen Vorstände hier geerbt haben.
Denn nun ist auch noch nicht abzusehen, wann und von welchem Geld auf dem Fröhnerhof gebaut werden kann. Klatt denkt dabei an eine Kompromisslösung: „In Sachen Fußballplätze sind wir dort gut aufgestellt, bei der Infrastruktur hingegen sehen wir noch Nachholbedarf. Wir sind uns einig, dass das Nachwuchsleistungszentrum der Kern unseres Vereins ist. Wenn wir bauen, dann wohl ein vereinfachtes Gebäude, das weniger Kosten verursacht als bisher geplant.“
Zukunftsvisionen und Schulterschluss
Trotzt all der Hürden gibt sich Michael Klatt optimistisch: „Hätte ich die Lage beim FCK im Detail gekannt, hätte ich dann trotzdem unterschrieben? Ja! Das macht mir Spaß, ich finde diese Situation sexy. Das ist der Grund, warum ich gerne hier bin. Diesen nächsten Liquiditätsberg wird niemand von uns alleine erreichen. Das geht nur gemeinsam mit den Mitgliedern, Fans und Sponsoren. “
Während Klatt bei der Pressekonferenz den Worst Case aufmalte, gab Thomas Gries als Marketingvorstand auch der Hoffnung neue Funken: „Wir arbeiten an konkreten Maßnahmen. Da haben wir viel Arbeit vor uns. Im Juni werden wir die nächste Pressekonferenz geben und erklären, was wir vorhaben, um die Fans wieder ins Stadion zu bekommen. Ich bin auch optimistisch, dass wir dann bessere Zahlen erzielt haben werden als das, was wir heute präsentieren konnten. Ich träume noch immer vom Eröffnungsspiel vor voller Hütte.“
Die Festung Betzenberg muss stehen
Gries betonte, dass gerade der Anfang einer Saison in Kaiserslautern entscheidend ist und aus solch einer Anfangseuphorie schon mehrmals starke Kräfte gewachsen sind. Er erinnerte daran, dass der FCK als Aufsteiger gegen Bayern gewann und dann 1998 sensationell Meister wurde und den FCK 1990 nur fünf Punkten vom Absteiger trennten, bevor der FCK 1991 Meister wurde.
„Die Spiele auf dem Betzenberg zu gewinnen, ist das Lebenselixier des FCK. Wir müssen bereit sein, alles zu geben, dann können wir auch die Besten schlagen. Die Festung Betzenberg muss stehen! Wenn wir dieses Fundament haben, dann sind wir wieder erfolgreich“, beschwörte Gries die Öffentlichkeit. Nur wenn Fans, Vereinsverantwortliche, Sponsoren und Mannschaft wieder zusammenstehen, könne daraus etwas Großes entstehen. „Ich brauche jeden Einzelnen wieder zurück. Dafür werden wir kämpfen! Wir arbeiten an konkreten Maßnahmen, um die benötigte Aufbruchstimmung zu erzeugen.“
Gries plant, alle Kräfte zu mobilisieren, um neue Sponsoren zu finden, dabei setzt er auch auf viele kleine Partner: „Ich kann heute noch keinen neuen Hauptsponsor vorstellen. Ich bin dabei, mich einzuarbeiten, rede mit alten, neuen und aktuellen Sponsoren – das ist ein langwieriger Prozess. Mit Lagardere Sports haben wir einen potenten Vermarktungspartner, ich selbst bin ab 15. Mai hauptamtlich hier und werde mich dann viel in der Pfalz bewegen. Es zählt nicht nur der Hauptsponsor, sondern auch viele kleine Sponsoren.“
„Wenig Geld, aber ohne Angst vor dem Morgen“ - Mit dieser ehrlichen, ganz ohne Schönfärberei und Zahlentricks gespickten Information über die derzeitige Finanzlage, dürften die neuen Vorstände das Vertrauen vieler Fans wieder zurückgewinnen. Entscheidend ist, dass sie nun im Haifischbecken Traditionsverein von allen Beteiligten eine Chance bekommen, trotz des schweren Rucksacks der fehlenden Fan-Anleihe-Gelder, eine neue Aufbruchstimmung zu erzeugen.
Quelle:
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