Die
RP
Trauer um ein bescheidenes Idol
Fußball-Weltmeister Ottmar Walter ist gestern gestorben - DFB und FCK würdigen den tollen Stürmer und das Vorbild
Kaiserslautern. Der deutsche Fußball ist um eine Persönlichkeit ärmer, der 1. FC Kaiserslautern trauert um eines seiner ganz großen Idole: Ottmar Walter, 1954 Weltmeister mit der Legende gewordenen deutschen Fußball-Nationalmannschaft, ist gestern in seiner Geburts- und Heimatstadt 89-jährig gestorben.
”Für uns ist das ein herber Verlust! Ottmar hat - wie unsere anderen vier Weltmeister Horst Eckel, Werner Liebrich, Werner Kohlmeyer und Fritz Walter - einen wesentlichen Teil der FCK-Geschichte geprägt, deren Werte verkörpert, die in der heutigen Zeit zu schwinden drohen. Ich habe Ottmar immer gerne zugehört, viel von ihm gelernt”, würdigte der FCK-Vorstandsvorsitzende Stefan Kuntz. Die letzten Jahre hatte Ottmar Walter, gesundheitlich angeschlagen, in einem Alten- und Pflegeheim verbracht. Seine Frau Anneliese war und ist dem FCK-Chef dankbar, dass der Verein einen Fahrdienst organisierte, so dass sie täglich zu Besuch kommen konnte. Das Ehepaar Walter war 64 Jahre lang verheiratet.
Ottmar Walter gehörte zu den besten Stürmen seiner Zeit. Schnell, schuss- und sprungstark, geschmeidig trug er 1951 und 1953 zu zwei deutschen Meisterschaften bei, prägte mit seinem genialen Bruder Fritz die ”Walter-Elf”. 1954 krönte der ”Ottes” seine Karriere mit dem Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft. In fünf WM-Spielen schoss er vier Tore. Dass der ”kleine Bruder” vom ”großen Fritz” bei 21 Länderspielen stehen blieb, war Kriegsgefangenschaft und Kriegsverletzung des Matrosen geschuldet. In der Nationalelf wurde der 13 Jahre jüngere Uwe Seeler sein Nachfolger, beim FCK kam Miro Klose dem Stil Ottmar Walters am nächsten. ”Mir war es eine große Ehre, ihn kennengelernt zu haben”, schwärmte Klose.
Ottmar Walter stand stets im Schatten seines großen Bruders. Neid und Missgunst aber waren diesem feinen, bescheidenen Menschen fremd.
Zeitlebens zeichnete ihn Höflichkeit aus. Ein sympathischer Mensch, ein edler Charakter, für den seine Frau und Sohn Ottmar die Hauptrollen neben dem Fußball spielten. 295 Tore in 275 Punktspielen für den FCK spiegeln die sportliche Bedeutung Ottmar Walters für seine Roten Teufel wider. Der FCK war - abgesehen von einem kriegsbedingten Gastspiel bei Holstein Kiel - stets sein Verein. Der FCK - das war Herzenssache für ”Ottes”. Bei den Spielen fieberte er so lange er konnte mit, er war ein ehrlicher, aber nie verletzender Kritiker. Er litt bei den Abstiegen 1996 und 2006 wie ein geprügelter Hund. Den dritten Abstieg 2012 nahm Ottmar Walter nicht mehr wahr, da lebte er schon in der ihm eigenen Welt. In seinem Heim war der Senior ein beliebter Mitbewohner, der so herrlich Volkslieder zu pfeifen verstand.
Ottmar Walter, nach dem WM-Sieg 1954 stolzer Tankstellenpächter, hat auch schwere Jahre erlebt, geschäftliche Probleme, seelische Tieflagen, schwere Krankheiten, Operationen. Er hat die Krisen, vor allem auch dank seiner Frau, gemeistert. Als er die letzte Rate seiner ehemaligen Tankstelle beglichen hatte, vertraute er einem Tribünennachbarn auf dem Betzenberg an: ”Jetzt bin ich schuldenfrei …” Für Ottmar Walter, die ehrliche Haut, begann ein neues Leben.
Ottmar Walter klagte nicht. Der einstige städtische Angestellte genoss dankbar den Ruhestand, war ein freundlicher, auskunftsfreudiger Herr und erlebte als WM-Botschafter seiner Vaterstadt die WM-Spiele 2006 auf seinem Berg. Die WM hat ihn bewegt, viele Erinnerungen an 1954 wachgerufen.
Das Stadion trägt den Namen seines Bruders. Seit seinem 80. konnte Ottmar Walter durch einen nach ihm benannten Eingang den ”Betze” hoch oben über der Stadt betreten. Diese Auszeichnung, wie auch die Würdigung mit dem Bundesverdienstkreuz, waren dem bescheidenen Sympathieträger fast peinlich.
Der Tag der Trauerfeier und der Beerdigung stehen noch nicht fest.