Aus dem Positionspapier von Union, ich denke das ist eine derart gute Ausführung, dass man das ruhig hier posten kann. Das was hier an Probelmen angesprochen wird sind Dinge, die für mich persönlich inakzeptabel sind:
4. Rechtsstaatlichkeit und LegalitätsprinzipDurch die im Positionspapier angedachte „Einbindung des Stadionhandbuchs in das Ligastatut
dahingehend, dass das Stadionhandbuch selbst die statuarische Rechtsgrundlage […] darstellt“19 offenbaren DFB/DFL, dass die „konsequente Durchsetzung des Gewaltmonopols des Staates [und]
Beachtung des Legalitätsprinzips“20 nicht viel mehr als eine Worthülse darstellt.
Der Stadionbesucher wird damit aber nicht zum Vertragspartner von DFB bzw. DFL.
Sanktionsmechanismen aber können nur an den Vertrag zwischen dem Stadionbesucher und dem
Veranstalter – dem Verein – anknüpfen oder an das staatliche Gewaltmonopol, d.h. an die
allgemeingültigen Mittel des Strafrechts. Eine den staatlichen Strafanspruch ergänzende oder sogar ersetzende private Strafjustiz oder ihr entsprechende Sanktionsmechanismen kann und darf es nicht
geben.Aus diesem Grund sind von DFB und DFL zentral vorgegebene und einer wirklichen rechtsstaatlichen Kontrolle entzogene Stadionverbote so problematisch.
Die Rechtsauslegung und Strafverfolgung im Umfeld von Fußballspielen ist schon jetzt ungleich härter
als außerhalb. Nirgendwo im Alltag würde ernsthaft das Kleben eines Stickers oder das Umkippen einer Mülltonne21 als viel mehr als eine Ordnungswidrigkeit mit folgender Geldbuße geahndet werden. Im Fußballkontext werden die gleichen Vergehen nachweislich sofort zu Sachbeschädigung oder Landfriedensbruch - mit mehrjährigem Stadionverbot und einem lebenslangem Eintrag in die Datei Gewalttäter Sport und fallweise weiteren freiheitseinschränkenden Folgen. In diesem Kontext ist der Ruf
nach „konsequenter [...] Durchführung von Ermittlungs- und Strafverfahren“ und „Beachtung des Legalitätsprinzips“22 völlig deplatziert.
Ebenso ist die Art der Datenerfassung und -weitergabe im Fußballkontext, nicht nur durch DFB/DFL, sondern vor allem auch durch Polizei und Staatsanwaltschaft an die privaten (!) Vereine und Verbände, extrem kritisch zu sehen, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Datenschutzes und des Schutzes der Persönlichkeitsrechte.Ist schon die Übermittlung der Personalien im Falle von – nicht öffentlichen – Ermittlungsverfahren an privatrechtliche Fußballvereine bzw. -verbände fragwürdig, so gilt dies noch viel mehr für die komplett inakzeptable, von der DFL ins Spiel gebrachten Erweiterungen derartiger Mitteilungen.23
Und ebenso wären Vorgehensweisen wie Gießkannenprinzip24, „Sippenhaft“25 , die ausbleibende Rücknahme der Sanktion bei erwiesener
Unschuld bzw. Einstellung des Ermittlungsverfahrens oder Verurteilung auf Verdacht außerhalb des Fußballkontexts nicht denkbar. Der Aufschrei der Öffentlichkeit bei solcher Sanktionierung außerhalb
des Fußballkontexts wäre enorm und kaum eine Justizbehörde würde im Alltag derart sanktionieren.
Hier hat sich eine bedenkliche Parallelwelt entwickelt, die auch andere Bereiche unseres Alltags – wie etwa die Zunahme des Einsatzes privater Sicherheitsdienste in Ermangelung verfügbarer Polizeikräfte, der Einsatz der Videoüberwachung anstelle der Präsenz von Menschen an öffentlichen Orten bis hin
zum privaten Betrieb von Justizvollzugsanstalten – immer mehr prägt.
Dieser Tendenz gilt es im Interesse einer Betonung der Ausschließlichkeit des staatlichen
Gewaltmonopols und Strafanspruchs zu begegnen, auch weil sich in der Praxis immer wieder zeigt, wie bedenklich sich solcherart private Maßnahmen auf die Freiheitsrechte des Einzelnen auswirken. Es stünde in diesem Sinne den entsprechenden Experten von DFB/DFL nicht schlecht zu Gesicht, sich einmal tatsächlich mit der gelebten, von ihnen zu verantwortenden Praxis bei Fußballspielen
auseinanderzusetzen.
Ob beispielsweise die Verfasser des Konzeptpapiers „Sicheres Stadionerlebnis“ damit einverstanden wären, sich einer „Vollkontrolle“26 durch privates Sicherheitspersonal zu unterziehen oder im Dezember auf einer nassen Matte die Schuhe auszuziehen, nur weil sie als ebenso
unbescholtene Fans wie 99+ % der Fußballfans ihrer Vereine für das vermeintliche Gewaltpotenzial des Fußballs in „Sippenhaft“ genommen werden, erscheint sehr fraglich. Ebenso fraglich erscheint, ob die
vorgeschlagene Veränderung in Form der Angleichung der Umgebung einer solchen entwürdigenden, vorverurteilenden und insgesamt ausgesprochen dubiosen Prozedur tatsächlich eine maßgebliche Verbesserung darstellt und den Kern des Problems trifft. Das Erlebnis einer Vollkontrolle, auch in einem Container, würde aber sicherlich bei den Entscheidungsträgern zumindest zum Nachdenken anregen, gerade weil diese Maßnahmen nicht nur die fraglich richtig bezeichnete Gruppe der „Problemfans“ betreffen, sondern auch den Durchschnittsbesucher – egal ob Frau, Großvater oder Studienrat. Denn das ebenfalls rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit ist - nicht nur in diesem Fall! - keineswegs gewahrt. Diese Spirale gehört zurückgedreht und nicht noch beschleunigt. Vor allem die DFL ist daherdringend aufgefordert, zusammen mit Vereinen und Behörden Wege zu einer Normalisierung zu suchen.
Quelle:
http://www.fc-union-berlin.de/data/misc ... 0e.V._.pdf