kind: Böse investoren werden nicht vom himmel fallen
Transfermarkt.tv: Spieler zu halten, war für 96 offensichtlich kein Problem, Wunschspieler zu verpflichten, gestaltete sich da schon schwieriger. Nehmen wir das Beispiel Itay Shechter. Hannover hätte ihn gerne verpflichtet, er hat abgesagt und ist zum 1.FC Kaiserslautern gegangen. Was hat Kaiserslautern, was Hannover nicht hat?
Martin Kind: Hannover 96 ist wettbewerbsfähig aufgestellt: Es gibt die Stadt Hannover, den Club und die sportliche Perspektive. Die Vertragsgespräche haben sich einfach schwierig gestaltet. Wir wussten gar nicht, mit wem wir eigentlich zu verhandeln haben und welche Interessen jeweils verfolgt werden. Wir wollten nicht in ein solches Spiel hereingezogen werden. Wir haben dann deutlich zu erkennen gegeben, dass es entweder eine Entscheidung gibt oder wir eine Entscheidung treffen. Es war nicht möglich, sich zu verständigen. So etwas gibt es im Fußball ja häufiger.
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Transfermarkt.tv: Noch einfacher wäre die Personalplanung mit einem starken Investor im Rücken. Und damit sind wir beim Thema 50+1. Sie wollen die 50+1-Regelung kippen. Ich frage mal ganz platt: Warum?
Martin Kind: Ich könnte jetzt eine Stunde darüber reden (lacht). Es ist ein Thema, mit dem ich mich gedanklich und operativ sehr stark auseinander gesetzt habe. Die Grundannahme ist, dass Profi-Vereine Wirtschaftsunternehmen sind. Wir haben aber noch unterschiedliche Strukturen. Wir haben noch einige Vereine, die sogar in der Rechtsform des e.V. aufgestellt sind, wie beispielsweise der Hamburger SV. Die Vereine haben einen steuerpflichtigen Teil, der dann auch letztendlich in der Abgrenzung vielfältige steuerliche Probleme bringen kann. Wir haben dann natürlich die ausgegliederten Vereine. Die drei Optionen sind die GmbH, die AG und die GmbH & Co. KGaA. Hier greift dann verbandsrechtlich die 50+1-Regel. Es hat sich gezeigt, dass die 50+1-Regel hinderlich in der Kapitalbeschaffung ist. Mögliche Investoren sagen, dass sie auf drei Dinge wesentlichen Einfluss nehmen wollen. Das ist die Besetzung der Geschäftsführung, die Genehmigung des Haushaltes und der Genehmigung der Investition. Das sind legitime Ansprüche der Investoren, die Geld zur Verfügung stellen. Deshalb ist die Kapitalbeschaffung schwierig. Das andere ist, dass es in der öffentlichen Wahrnehmung so dargestellt wird, dass ganz böse Investoren vom Himmel fallen und einen Verein übernehmen. Das ist natürlich nicht der Fall und unmöglich. Jemand muss Anteile abgeben, der andere muss Anteile erwerben. Derjenige, der Anteile veräußert, kann entscheiden, ob er zehn, 20 oder 100 Prozent abgibt. Aber hier beginnt seine Verantwortung. Er muss wissen, wer sein richtiger Partner ist. Nur an den sollte er Anteile verkaufen.
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Interview mit Kind