Oh wie ich sie liebe, die Systemdiskussion.
basdri hat geschrieben:Ein System ist so offensiv, wie man es vom Spielermaterial umsetzen kann
Basdri gebe ich vollkommen recht, so wie ich bemerken darf, das er in dieser Diskussion in den letzten Tagen durchweg beachtenswerte Beiträge gepostet hat.
In Liga 2, Leute das ist gerade mal ein Jahr her, haben wir fast durchgehend mit einem 4-4-2 gespielt. Wobei wir mit Sam und Ivo 2 offensive Außenspieler hatten, die über die Flügel vorstießen und mit Lakic/Jendrisek oder Nemec ein Sturmduo, das je nach Spielsituation mal zusammen zentral oder gestaffelt auftrat.
Die Doppelsechs Bilek/Schulz und Mandjeck räumte vor der Abwehr schon vieles ab, sodass die Defensivlinie recht stabil erschien.
Wir waren mit dieser Formation immer dann erfolgreich, wenn es gegen einen Gegner gelang durch frühes Pressing eine Feldüberlegenheit herzustellen und die beiden "Mittelläufer" schnell den Ball über außen in die Mitte spielen konnten. Entweder zogen beide früh nach innen, oder es wurde von der Torauslinie geflankt, Nemec spielte eine Art Drogba der frühen Jahre, nahm die Bälle offensiv auf und schuf damit Platz, Lakic oder Jendriseck bekamen damit Räume, die sie für Tore nutzen konnten.
Viele Tore fielen aber auch in Standartsituationen in den Bugera seine Qualitäten im schlanken Fuß zeigen konnte.
Dieses Spiel hatte aber auch Schwächen. Gegen Mannschaften, die partout nicht nach vorne wollten, klappte es mit Balleroberung und schnellem Spiel nach vorne partout nicht, die Überbrückung des Mittelfeldes geschah sehr oft, mangels zentraler Mittelfeldspieler, nur mit den langen Schlägen aus der Abwehr und wenn Sam oder Ivo einen schwachen Tag hatten und ihren Gegenspieler nicht binden konnten, dann waren die Außenverteidiger schnell unter Druck und insbesondere Bugera überlaufen, Martin oder Rodnei wurden nach außen gezogen und die Abwehr und unser Sippel sah mal wieder blöde aus.
Stefan und Marco sind ja nicht so blöde, das sie diese Schwächen nicht bemerkt hätten. Deshalb wurde versucht die Schwachstellen im System mit passendem Spielermaterial zu füllen. Für die Abgänge und Lücken im System wurden entsprechende Spieler verpflichtet.
Jessen wurde als Bugera, Petsos als Dick back-up verpflichtet, Jan Simunek sollte zentral eine Verstärkung sein, bei Abel konnte man sich nicht sicher sein, ob sein Knie hält. Kirch war so eine Art Mädchen für alles auf der rechten Seite.
Im defensiven Mittelfeld wurde nicht soviel getan, da es im Kader ja schon einige Spieler für diese Position gab. Es wurde also mehr für den offensiven Part eingekauft. Insbesondere wurde der Position rechts vorne, die Ivo innehatte viel Aufmerksamkeit geschenkt.
In den ersten Spielen wurde auch das System der Vorsaison aufrecht erhalten, Lakic und Nemec vorne und eine doppelte Viererkette dahinter.
Gegen Köln ging der Hurrastil nach Platzverweis und Energieleistung gut, gegen die Bayern wurde mit Glück und Einsatz alles verteidigt und mit einem Doppelschlag mit schnellen Kontern die Spielstatistik auf den Kopf gestellt.
Marco Kurz fand aber für die Schwachstelle vorne rechts keine ideale Besetzung, da Amri, nach seiner miserablen Leistung am Bruchweg nicht in die Mannschaft fand, und ansonsten viel rumexperimentiert wurde. Hoffer bekam seine Chancen neben Lakic, Walch, Kirch, Tiffert durften sich mal rechts probieren, aber so richtig griff nichts. Es gelang auch bei Heimspielen nicht mehr die Überlegenheit zu erzwingen, und die Abwehr kam viel zu schnell bei Vorstößen der Gegner unter Druck. Im Spiel gegen den HSV probierte nach der schwachen Leistung gegen Hannover Marco Kurz dann einen Systemwechsel. Gegen den HSV spielte Kurz zum ersten Mal nur mit einer Spitze und das ganze lief bis zur 69. Minute auch sehr gut, doch dann brach das System infolge einer verzögerten Auswechslung zusammen. Walch war platt und der nach rechts gewechselte Kirch konnte Ze Roberto nicht mehr halten. Zurück zum 442 mit Hoffer gegen Frankfurt ging das Ganze wieder voll in die Hose. Positiv noch gegen Gladbach nachdem Nemec neben Lakic eingewechselt worden war, brachte erst der Wechsel auf einen zentralen Stürmer und 2 Außen im Spiel gegen Stuttgart die Wende.
Aber mindestens eben so wichtig war sicherlich in dieser Phase der Saison, das Tiffert immer stärker die Lücke im Mittelfeld schloss und Moravec die Räume in der Spitze besser nutzen konnte als Nemec. Opfer dieser Entwicklung war jedoch Bilek, dessen Mängel in der Vorwärtsbewegung bei einem 4-1-4-1 System offensichtlich wurden.
Höhepunkt des "Erfolgssystems" mit einer Spitze war sicherlich Nürnberg, da die Problemposition vorne rechts mit dem Duo Ivo und Rivic endlich geschlossen werden konnte.
Die Formation da, ebenso wie im Anschluss gegen Schalke war wohl die beste taktische Variante.
----------Sippel---------
Kirch/Dick Amedick Abel Bugera
---------Petsos--------
Ilicevic Tiffert Moravek Rivic
----------Lakic---------------
wobei man Abel und Bugera ohne weiteres durch Rodnei und Jessen ersetzen könnte (ich weis, einige sehen das anders). Es ist aber wie schon in der Saison davor, offensichtlich, dass die Außenverteidiger nur gut aussehen, wenn die "Mittelfeldaußen" ihre Gegenspieler binden können.
Für die Innenverteidigung gilt übrigens ähnliches, egal wer dort spielt. Müssen sich die Innenverteidiger mit 2 Stürmern herumschlagen, sind sie viel zu schnell in 1-1 Situationen unterlegen und es ist zu oft keiner da um zu helfen. Ebenso sind schnell Lücken wenn ein IV gezwungen wird nach außen zu gehen. Daher gibt ein defensivstarker Bilek, als eine Art Terrier vor der Abwehr seinen Kollegen mehr Sicherheit, wenn auch auf Kosten des Spiels nach vorne.
Wenn ihr also mal eine Systemdiskussion ohne emotionale Spielerbrille führt, kommt ihr zum Schluss das Marco Kurz durchaus adäquate Lösungen für gewisse Probleme finden kann. Es zeigt sich auch seine Lernfähigkeit und sein Eingehen auf Spielsituationen. Leider liegt er auch immer wieder mal furchtbar daneben. Ihm fehlen zum Teil die Spieler aufgrund von Verletzungspech und anderen Ausfällen, oder er ersetzt zumindest diskussionswürdig, wohl auch durch Order von Oben, sei es direkt oder in vorauseilendem Gehorsam. Hinzu kommt eine, nennen wir es verlangsamte Reaktivität, die sich bei Auswechslungen zeigt. Zudem ist er bei der Spielerauswahl konservativ und er macht ungern Experimente.
Schnell sind einige Protagonisten hier dabei, den Trainer in Frage zu stellen und auch mir erschließen sich nicht immer die weisen Ratschlüsse des Leitungsteams. Aber erstens wer sollte es besser machen und zweitens wer bezahlen.
Das ändert nichts daran, das Marco Kurz, sollte der FCK nicht bald punkten, nur noch eine kurze Verweildauer hat, weil Stefan, wie schon gesagt, nicht bis zum Abstieg zusehen wird. Die Aussage in Doppelpass, "...solange der Trainer noch mit der Mannschaft arbeiten kann und sie erreicht", wiegt da sicher schwerer als "....mindestens bis zum Ende der Saison".