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Mahir Emreli: Schwieriger Typ mit Hammer-Potenzial
Der FCK hat auch das Tauziehen um Mahir Emreli gewonnen. Der 27-Jährige war auf seinen bisherigen Stationen nur Teilzeitkraft, kam dabei aber auf beachtliche Trefferquoten. Stabilisiert er sich, hat er das Zeug zum Unterschiedsspieler.
Mahir Emreli? Ja, natürlich fällt dem Anhänger des 1. FC Kaiserslautern da zuallererst das Tor ein, das der Aserbaidschaner am 12. April im Fritz-Walter-Stadion erzielte: der zweite Treffer des 1. FC Nürnberg bei seinem 2:1-Auswärtssieg. Schöne Einzelleistung, wenngleich das Abwehrverhalten von Faride Alidou in dieser Szene, freundlich ausgedrückt, verbesserungswürdig ist. Hier ist die Szene ab Minute 3:24 zu sehen:
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Für Emreli leitete dieser Auftritt das überragende Finale einer Saison ein, die für ihn zuvor bestenfalls "durchwachsen" verlaufen war. Nach einer Sprunggelenk-Verletzung erstmal außen vor, hatte er von den 28 Partien vor dem Lautern-Gastspiel lediglich elf von Beginn an bestritten. Und trotz seiner offensichtlichen technischen Qualitäten war sein Standing am Valznerweiher zu diesem Zeitpunkt nicht mehr sonderlich hoch. In der Mannschaft galt er als unbeliebt, und den Anweisungen von Trainer Miro Klose folgte er angeblich auch nicht immer. Zudem hält sich Emreli laut Medienberichten als streng gläubiger Muslim an die Gebote des Fastenmonats Ramadan, die es erschweren, während diesen Wochen das Leistungsniveau zu halten.
Zum Gastspiel auf dem Betzenberg war Emreli in die Startelf gerückt, weil Klose auf seinen Top-Scorer Stefanos Tzimos verzichten musste. Nach diesem Auftritt jedoch durfte Emreli in allen noch ausstehenden Partien fünf Partien von Beginn an ran, erzielte sechs weitere Treffer und schraubte seine Saisonbilanz so auf insgesamt zehn Buden und eine Vorlage hoch. Und das in insgesamt 1.493 Spielminuten. Dazu machte er noch ein Tor im DFB-Pokal gegen Erstligist Hoffenheim.
Zum Abschluss drei Treffer in Braunschweig
Womit er ähnliche Treffer-Frequenz wie Top-Stürmer Tzimas aufwies. Der 19-Jährige traf zwölf Mal in allerdings 1.723 Spielminuten. Zwischen zwei Tzimas-Toren lagen im Schnitt also 144 Minuten, während sich Emreli nur fünf Minuten mehr Zeit nahm. Tzimas wechselt nun für kolportierte 26,5 Millionen Euro nach Brighton, Emreli ablösefrei nach Kaiserslautern. Das klingt doch schonmal nach einem guten Deal.
Krönender Saison-Abschluss beim FCN war ein 4:1 in Braunschweig, zu dem Emreli drei Treffer beisteuerte. Hier sind diese in der Zusammenfassung zu sehen:
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Logisch, dass nach diesem Endspurt in Nürnberg Stimmen laut wurden, die forderten, Emreli vielleicht doch noch halten. Die "Glubb"-Führung aber beharrte darauf, dass die Entscheidung, ihm keinen neuen Vertrag anzubieten, bereits gefallen sei. Zu dieser sollen auch die nicht gerade unbescheidenen Gehaltsforderungen des Aserbaidschaners beigetragen haben.
Geholt hatte ihn Nürnbergs Sportchef Joti Chatzialexiou im Sommer 2024 von Dinamo Zagreb. Bei den Kroaten hatte Emreli anderthalb Jahre unter Vertrag gestanden, war zwischenzeitlich für ein halbes Jahr an den türkischen Erstligisten Konyaspor ausgeliehen.
Wenig Spielzeit, viele Tore - auch in Zagreb
Bei Dinamo war er außer im Ligabetrieb in allen europäischen Klubwettbewerben unterwegs. In Europa League trat er unter anderem mal gegen den FC Sevilla an den Ball, in der Champions League gegen den FC Chelsea. Fakt ist aber auch: Er war in Zagreb nie dauerhaft Startelf-Kandidat.
Nur zehn seiner insgesamt 32 Einsätze in der Liga bestritt er von Anfang an. International startete er in der Conference League nur drei Mal und einmal in der Champions League Qualifikation. Aber: Für sein Heimatland Aserbaidschan bestritt Mahir Emreli bereits 55 Länderspiele. Dabei stand er 37-mal in der Startelf und erzielte sechs Treffer. Vor ein paar Wochen wurde der Mann mit den 115.000 Instagram-Followern in seiner Heimat von einem Sportmagazin als "Fußballer des Jahres" ausgezeichnet.
Interessant: Ähnlich wie in Nürnberg schaffte es der Stürmer bei Zagreb in vergleichsweise wenigen Einsatzminuten auf erstaunliche Trefferquoten: Zehn Treffer und fünf Assists in 1.886 Spielminuten. Was unterm Strich genug Stoff bot, um ein ansehnliches Highlight-Video mit ihm zu schneiden:
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Auf seiner Station zuvor, beim polnischen Erstligisten Legia Warschau, kam er auf nur acht Startelf-Einsätze in der Ekstraklasa, erzielte dabei zwei Treffer. In den internationalen Klubwettbewerben dagegen setzten die Polen voll auf ihn, brachten ihn in 14 Partien 13-mal von Beginn an. Dabei war er sieben Mal erfolgreich.
Bei Qarabağ zur heißen Aktie mutiert
Groß geworden ist der im russischen Twer geborene Emreli beim aserbaidschanischen Abo-Meister Qarabağ FK, dem er sich noch im U19-Alter anschloss. In der ersten Mannschaft lieferte er bis 2021 eindrucksvoll ab. 187 Einsätze, 68 Treffer, 24 Vorlagen. Kein Wunder, dass er danach und nach Vollendung seines 23. Lebensjahrs eine ganz heiße Aktie auf dem internationalen Transfermarkt geworden war. Hier ein ausführliches Video mit seinen Szenen aus der Saison 2020/21, seiner letzten in Agdam.
» Zum Video: Emreli-Highlights, Saison 2020/21
Umworben war er auch in diesen Wochen noch - obwohl ihm mittlerweile der Ruf vorauseilt, als Profi nicht grade pflegeleicht zu sein. Im Werben um den Stürmer hat der FCK, wie aus den Gerüchteküchen verlautet, abermals eine ganze Reihe starker Wettbewerber ausgestochen. Neben, einmal mehr, Hannover 96, Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf auch den englischen Zweitligist Hull City, mit der TSG Hoffenheim angeblich sogar einen Erstligisten. Was die Beobachtung erhärtet, die wir auch schon beim Abschluss mit dem ebenfalls stark umworbenen Ivan Prtajin äußerten: FCK-Boss Thomas Hengen agiert in diesen Tagen mit einem großzügigeren Budget am Markt als im vergangenen Jahr. Die fetten Ablösesummen für Ragnar Ache und Filip Kaloc wollen schließlich reinvestiert werden.
Wo könnte sein Platz im FCK-Spiel sein?
Nach Faride Alidou und Kenny Redondo steht mit Mahir Emreli nun eine dritte Offensivkraft mit starkem linken Fuß im Kader. Dazu Pratijn, Daniel Hanslik, Dickson Abiama, Richmond Tachie sowie vielleicht noch ein, zwei Spieler aus dem Nachwuchs. Da wird der eine oder andere sicher noch abgegeben beziehungsweise ausgeliehen werden.
Doch wo könnte der als Offensiv-Allrounder beschriebene Emreli seinen Platz im FCK-Spiel finden? Beim Studium von Videos, Spielberichten und Heatmaps lässt sich erkennen, dass Emreli ähnliche Präferenzen hat, wie sie bei den Roten Teufeln in der abgelaufenen Saison Daisuke Yokota offenbarte. Auch Emreli bevorzugt die rechte Seite, zieht als Linksfuß folgerichtig gerne nach innen in den Zehnerraum, bietet sich aber auch als zweite Spitze an. Und im Gegensatz zu dem nur 1,71 Meter großen Japaner könnte der 1,87 Meter große Emreli ebenso den neuen Neuner Pratijn ersetzen, wenn der als zentraler Stürmer ausfällt.
Vergleich mit Yokota: Vorteile bei Passquote und Effizienz
Auffallend ist Emrelis hohe Passpräzision. In der Saison 2024/25 kamen 83,9 Prozent seiner Zuspiele an, das ist beachtlich für einen Spieler, der so weit vorn im Feld agiert. Yokota kam in der vergangenen Saison auf ebenfalls ansehnliche 80,6 Prozent. Was die Genauigkeit ihrer langen Bälle angeht, weist Emreli noch deutlichere Vorteile auf. Von denen kamen 66,7 Prozent an, also fast exakt zwei Drittel. Yokota erreichte den "Wyscout"-Statistiken zufolge nur 44,7 Prozent.
Dagegen präsentierte sich der Japaner fraglos als der bessere Dribbler: 58,9 Prozent seiner Versuche waren erfolgreich, bei Emreli waren es nur 45,8 Prozent. Zudem ist Yokota einen Tick schneller: 34,17 km/h Spitze wurden laut "bundesliga.de" bei ihm gemessen. Bei Emreli waren es 33,84 km/h.
Dafür gewinnt der Aserbaidschaner auch in dieser Gegenüberstellung den Effizienz-Vergleich: Yokota hatte für seine vier Treffer und drei Assists insgesamt 1.755 Spielminuten zur Verfügung, also 300 Minuten mehr als Emreli für seine zehn Buden plus eine Vorlage.
Fazit: Wenn Mahir Emreli sich auf dem Level, das er im finalen Saisonfünftel in Nürnberg erreichte, dauerhaft stabilisieren kann, wäre dem FCK ein echter Transfer-Hammer geglückt. Wenn. Bislang nämlich hat Emreli das noch nirgends geschafft. Mit nunmehr fast 28 Lenzen auf dem Buckel allerdings könnte es soweit sein, endlich zu konstanter Form zu finden. Andererseits: Wenn er lediglich Teilzeitkraft bleibt, weiterhin aber so trifft wie bisher, wäre sein Wert auch nicht zu verachten. Entscheidend wird sein, ob es Torsten Lieberknecht gelingt, den als schwierig bekannten Typ erfolgreich zu integrieren.
Quelle: Der Betze brennt /
Autor: Eric Scherer
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