
Offiziell: Torsten Lieberknecht wird neuer FCK-Trainer
Der 1. FC Kaiserslautern hat am Dienstag, 22. April 2025, Cheftrainer Markus Anfang und Co-Trainer Florian Junge freigestellt. Auf ihn folgt Torsten Lieberknecht, der bereits am Mittwochnachmittag die erste Trainingseinheit leiten wird.
Die Freistellung des Trainergespanns begründet der FCK mit den Eindrücken der vergangenen Wochen, dass die Mannschaft ihr Potential nicht voll ausgeschöpft und ihr Leistungsmaximum nicht erreicht hat. Nach einer eingehenden Analyse fehlt den Verantwortlichen die Überzeugung, diesem Trend in der aktuellen personellen Konstellation entgegenzuwirken.
Markus Anfang übernahm im Sommer 2024 das Cheftraineramt auf dem Betzenberg. Gemeinsam mit seinem Co-Trainer Florian Junge stand er in insgesamt 30 Partien an der Seitenlinie. Auf Anfang und Junge folgen Torsten Lieberknecht und Co-Trainer Carsten Rump, die am Mittwoch bereits die erste Trainingseinheit leiten.
Der FCK bedankt sich bei Markus Anfang und Florian Junge für ihr Engagement und ihre Arbeit und wünscht Beiden auf ihrem weiteren persönlichen und beruflichen Wege alles Gute!
Quelle: Pressemeldung FCK
Ergänzung, 23.04.2025:
Lieberknecht: "Wir können die Saison noch veredeln"
Torsten Lieberknecht hat als neuer Coach des 1. FC Kaiserslautern losgelegt und sich nach dem Training den ersten Fragen der Presse gestellt. Sportdirektor Marcel Klos erklärte derweil die Gründe für die Trennung von Markus Anfang.
Trotz teils heftigen Regenschauern nutzten mehr als 1.000 Fans die Gelegenheit, sich den Einstand von Torsten Lieberknecht anzuschauen. Die rund 100-minütigen Trainingseinheit auf Platz 4 neben dem Fritz-Walter-Stadion war von viel Kommunikation, darunter auch immer wieder laute Ansagen des neuen Co-Trainers Carsten Rump, und lockeren Ballübungen geprägt. Kennenlernen und Spaß reinbringen war angesagt. 22 Feldspieler und drei Torhüter nahmen an Lieberknechts erster Einheit teil. Neben den länger verletzten Hendrick Zuck und Afeez Aremu fehlten nur Ragnar Ache und Daisuke Yokota, die individuell mit Reha-Coach Fabian Kobel trainierten.
Lieberknecht: "Jeder sieht, wie die Tabellensituation aussieht"
Im Anschluss daran - und an zahlreiche Autogramme und Selfies - äußerte sich FCK-Trainer Torsten Lieberknecht in einer Runde mit Der Betze brennt und weiteren Medienvertretern erstmals öffentlich. "Ich fühle mich sehr gut. Als ich am Montag den Anruf bekam, dass hier eine Entscheidung anstehen könnte und ob meinerseits die Bereitschaft besteht, da habe ich tatsächlich nicht lange gezögert. Und dann erstmal abgewartet, bis am Dienstagabend die endgültige Entscheidung des Vereins fiel", sagte der Pfälzer, der die Bundesliga-Ambitionen am Betze kurz- und mittelfristig wieder beleben soll. Der Vertrag des einstigen Aufstiegstrainers von Braunschweig und Darmstadt läuft laut Medienberichten bis zum 30. Juni 2027. Zunächst einmal möchte Lieberknecht in den vier noch ausstehenden Saisonspielen plus einer möglichen Relegation das Maximum rausholen: "Jeder sieht, wie die Tabellensituation aussieht. Zunächst mal steht im Vordergrund, am Sonntag gegen Schalke ein besseres Ergebnis und das Gefühl des Sieges wieder in die Mannschaft reinzubringen. Die Tabelle hat eine Aussagekraft und die Mannschaft hat sich das erarbeitet, erkämpft und auch erspielt. Nun ist natürlich die Chance da, eine große Chance, das nochmal zu veredeln. Eine sehr stabile Saison, die man gespielt hat, eben jetzt so zu veredeln, dass du vielleicht etwas erreichst, was immer noch in aussichtsreicher Nähe ist."
Klos: "Wir sind nicht mehr an unsere Leistungsgrenze gegangen"
FCK-Sportdirektor Marcel Klos, selbst erst seit sieben Wochen im Amt, erklärte anschließend die Gründe für den Trainerwechsel: "Es war ein schleichender Prozess, aber vor allem in den letzten fünf Spielen habe ich nicht mehr das Gefühl gehabt, dass wir an unsere Leistungsgrenze gehen, dass wir hundert Prozent geben. Ich sehe einfach viel mehr Potenzial und Qualität in unserer Mannschaft. Das war ausschlaggebend dafür, diese Entscheidung - diese harte Entscheidung zu treffen. Aber dazu stehe ich. Die Kommunikation mit Markus Anfang war professionell. Es war ein schnelles Gespräch, beide Seiten waren klar. Markus hat sich heute auch nochmal von der Mannschaft verabschiedet. Für Torsten Lieberknecht haben wir uns dann entschieden, weil er ein extrem energiereicher und extrem erfahrener Trainer ist. Er kann führen und nicht nur der Mannschaft, sondern auch dem Staff und dem gesamten Verein neue Energie geben."
Die erste Pressekonferenz mit Torsten Lieberknecht folgt am Freitag (Uhrzeit noch offen), dann im Zuge der Vorbereitung auf das FCK-Heimspiel gegen Schalke am Sonntagmittag.
Eine ausführliche Zitatesammlung sowie weitere Fotos vom ersten Arbeitstag von Torsten Lieberknecht beim FCK folgen im Laufe des Abends auf Der Betze brennt.
Quelle: Der Betze brennt
Ergänzung, 23.04.2025:
Im Blickpunkt: Vorstellung des neuen FCK-Trainers Torsten Lieberknecht
"Wenn's ans Eingemachte geht, ist hier Vollgas angesagt"
Torsten Lieberknecht folgt als neuer Cheftrainer des 1. FC Kaiserslautern auf Markus Anfang. Zusammen mit Sportdirektor Marcel Klos stellte sich der 51-Jährige am frühen Abend den Fragen der Medien.
- Newsmeldung | Lieberknecht: "Wir können die Saison noch veredeln"
- Fotogalerie | Erstes Training mit dem neuen Coach Torsten Lieberknecht
Der aus Haßloch stammende und stets mit dem FCK verbunden gebliebene Lieberknecht machte einst seine ersten Schritte im Profifußball auf dem Betzenberg. Nun hat er dem Vernehmen nach einen Vertrag bis 2027 unterschrieben und bringt Carsten Rump als Co-Trainer mit. In der Mixed Zone des Fritz-Walter-Stadions beantworteten zunächst Trainer Lieberknecht und anschließend Sportdirektor Klos am Mittwoch die Fragen von knapp 20 anwesenden Journalisten, darunter fünf Kamerateams. Wir haben die wichtigsten Aussagen zusammengefasst:
Der neue FCK-Cheftrainer Torsten Lieberknecht über ...
... seine Rückkehr auf den Betze und die Gefühle dabei: "Ich fühle mich sehr gut. Als ich am Montag den Anruf bekam, dass hier eine Entscheidung anstehen könnte und ob meinerseits die Bereitschaft besteht, da habe ich tatsächlich nicht lange gezögert. Und dann erstmal abgewartet, bis am Dienstagabend die endgültige Entscheidung des Vereins fiel. Dass ich in Bad Dürkheim geboren bin und Pfälzer bin, weiß mittlerweile glaube ich jeder. Es war schon etwas besonderes für mich, heute in Kaiserslautern reinzufahren, den Betze hochzufahren. Aber das ist jetzt auch genug der Historie. Ich bin hier, um einen guten Job zu machen, und das möchte ich professionell angehen. Auch wenn es immer schön ist, wenn man seinen Dialekt hier öfters hören wird als vielleicht in anderen Städten, in denen ich schon war (lacht)."
... seinen Empfang beim ersten Training: "Es war der Situation angemessen. Aus der Sicht eines Trainers und Trainerkollegen ist es immer ein scheiß Moment, wenn Trainerwechsel stattfinden. Ich habe das auch schon erleben müssen. Daher fand ich meinen Empfang heute absolut angemessen. Er war nicht überbordernd, er war ganz bodenständig. Das habe ich mir auch gewünscht. Ich bin jetzt hier der Trainer, aber auch nicht der Wichtigste. Die Wichtigsten sind meine Spieler."
... seine Trainerstationen in Braunschweig, Duisburg, Darmstadt und jetzt in Kaiserslautern: "Es ist ein Privileg, seinen Pfälzer Verein zu trainieren, bei dem man groß geworden ist. In dieser Riege zu stehen mit vielen Trainern, die hier Großartiges geleistet haben. Aber ich möchte das nicht überstrapazieren. Es ist so, dass ich diese hohe Verantwortung grundsätzlich immer spüre, wenn ich im Job bin. Ich will das bestmöglich machen und umsetzen. Aber ich hatte auch bei meinen anderen, bisherigen Klubs neben Erfolgen auch viele emotionale Momente, die ich nicht verschweigen möchte. Wichtig ist für mich, dass ich die auch hier generiere mit den Leuten zusammen, die hier schon seit Jahrzehnten mit dem FCK mitfiebern, mitleiden und jetzt eben auch wieder mit 50.000 das Stadion am Sonntag ausverkauft machen."
... den ersten Eindruck von seiner neuen Mannschaft: "Ich finde eine sehr ambitionierte und wissbegierige Mannschaft vor, die eine richtig gute Qualität hat. Diese will ich jetzt mit voller Inbrunst wecken. Die Jungs lechzen auch danach. Es gibt einige Details, die mir aufgefallen sind und die ich der Mannschaft jetzt in kleinen Stücken zu vermitteln versuche. Da geht es um das Verhalten der Kettenspieler, da geht es um die Orientierung der Mittelfeldspieler. Da geht es aber auch grundsätzlich um eine Haltung, die Spiele wirklich mit voller Inbrunst gewinnen zu wollen. Das ist entscheidend. Wir gehen hier rein, um Spiele gewinnen zu wollen."
... seinen Eindruck als externer Beobachter des FCK bis zum 30. Spieltag: "Es gab Halbzeiten, die waren überragend. Und dann gab es eben die Momente, dass die Mannschaft aus irgendwelchen Gründen den Faden verloren hat. Da bitte ich aber um Nachsicht, dass ich das jetzt erst mit den Jungs noch genauer erörtern muss. Aber ich sehe eine Mannschaft, die einen Stürmer hat, der 16 Tore geschossen hat und in der Torschützenliste ganz weit oben steht. Einen Ragnar Ache zu haben, ist schonmal ein Top-Merkmal. Und wir wollen ihn dazu bekommen, dass er noch mehr Tore schießt. Da ist dann auch die Frage, wie ist der 16-Meter-Raum besetzt - das war manchmal vielleicht nicht ganz so optimal beim FCK. Das sind solche Dinge, die mir im Kopf rumschweben. Doch ich sehe beim FCK eine Mannschaft mit Qualität, die sie dahin geführt hat, wo sie jetzt ist - nämlich mit Anschluss an die oberen Tabellenplätze oder zumindest mal bis zum dritten Platz."
... die restliche Saison: "Jeder sieht, wie die Tabellensituation aussieht. Zunächst mal steht im Vordergrund, am Sonntag gegen Schalke ein besseres Ergebnis und das Gefühl des Sieges wieder in die Mannschaft reinzubringen. Die Tabelle hat eine Aussagekraft und die Mannschaft hat sich das erarbeitet, erkämpft und auch erspielt. Die Punktzahl gegenüber den vor uns liegenden Konkurrenten ist nicht sehr unterschiedlich. Nun ist die Chance da, eine große Chance, das nochmal zu veredeln. Eine sehr stabile Saison, die man gespielt hat, eben jetzt so zu veredeln, dass du vielleicht etwas erreichst, was immer noch in aussichtsreicher Nähe ist."
... das emotionale Umfeld beim FCK: "Das ist gut so. Sonst wäre dieser Klub nicht der, der er schon seit Jahrzehnten ist. Die Emotionen tragen den FCK. Und meine Ambition ist jetzt einfach, wie auch schon bei meinen vorigen Klubs diesen maximalen Erfolg zu erreichen, auch in Situationen, wo man es vielleicht nicht erwartet hat. Dafür brauchen wir Emotionalität, dafür brauchen wir diese Leidenschaft, dafür brauchen wir auch kritische Stimmen. Aber entscheidend ist immer, dass wir die Dinge gemeinsam machen. Das war für mich auch immer zu spüren, als ich länger weg von hier war: Wenn's ans Eingemachte geht, dann ist hier immer Vollgas angesagt."
... seine grundsätzliche Fußball-Philosophie und sein Bild von "Betze-Fußball": "Es gibt Basiselemente, etwa dass ich mich auf dem Platz voll verausgabe. Fehler dürfen passieren und müssen auch passieren, denn wenn du keine Fehler machst, bist du auch nicht risikobereit. Ich möchte aber ein risikobereites Spiel zeigen. Zudem sollen meine Mannschaften taktisch flexibel sein. Oftmals entwickelt sich eine Spielphilosophie auch angepasst an die Jungs, die man zur Verfügung hat. Du musst als Trainer alles abdecken können. Es gibt Situationen, wo du tief verteidigen musst und auf Konterspiel setzt. Heutzutage willst du aber auch hoch pressen. Die heutige Generation lechzt danach, die wollen angreifen. Dann hast du die Situation, was machst du mit hohem Ballgewinn. Umschaltspiel, Ballbesitzspiel, meine Prämisse ist alles abdecken zu können. Zudem sollen sich die Fans mit unserem Spielstil wirklich identifizieren können, sie sollen zufrieden nachhause gehen."
... seinen neuen Co-Trainer Carsten Rump, der vor viereinhalb Jahren schonmal fast mit Cheftrainer Jeff Saibene beim FCK gelandet wäre: "Ich habe ihm gesagt, dass er damals einen Fehler gemacht hat, den er jetzt nicht nochmal machen soll (lacht). Wir haben früher mit Braunschweig mal in Bielefeld richtig einen auf den Keks bekommen, da hatte er diese viral gegangene Kabinenansprache gehalten. Irgendwann habe ich gesagt, den muss ich zu mir holen. Er ist ein sehr, sehr engagierter Co-Trainer, er kann die Spieler sehr gut catchen, bringt gute Inhalte rüber und ist ein Teamplayer. Das gilt aber auch für alle anderen aus dem Trainerteam, die ich heute kennengelernt habe. Das ist ein intaktes Team und da wollen wir uns einreihen."
FCK-Sportdirektor Marcel Klos über ...
... die Situation nach der Niederlage in Braunschweig, als er eine Trainerdebatte beim FCK zunächst noch verneinte: "Ich werde immer eine schützende Hand über den Verein und die Spieler halten. Natürlich wollte ich mit meiner Aussage auch Ruhe walten lassen, um einfach sachlich nach dem Spiel analysieren zu können. Das war mir ganz wichtig. Ich bin dann erstmal dreieinhalb Stunden nach Hause gefahren bin, habe viel überlegt, und über den Sonntag habe ich viele Gespräche mit Thomas Hengen (FCK-Geschäftsführer; Anm. d. Red.) geführt. Wir haben dann vieles auf den Tisch gelegt, hin und her analysiert, die Gesamtsituation betrachtet und wieviele Spiele wir noch haben. In diesen Gesprächen am Sonntag hat sich dann bei uns schon grundsätzlich die Idee verfestigt, dass wir etwas verändern wollen."
... die Gründe für die Trennung von Markus Anfang: "Es war ein schleichender Prozess, aber vor allem in den letzten fünf Spielen habe ich nicht mehr das Gefühl gehabt, dass wir an unsere Leistungsgrenze gehen, dass wir hundert Prozent geben. Diesen Trend gab es neben den Spielen auch in den Trainingseinheiten. Ich sehe einfach viel mehr Potenzial und Qualität in unserer Mannschaft. Das war ausschlaggebend dafür, diese Entscheidung - diese harte Entscheidung zu treffen. Aber dazu stehe ich. Die Kommunikation mit Markus Anfang war professionell. Es war ein schnelles Gespräch, beide Seiten waren klar. Markus hat sich heute auch nochmal von der Mannschaft verabschiedet."
... die Entscheidung für Torsten Lieberknecht: "Wir haben uns für ihn entschieden, weil er ein extrem energiereicher und extrem erfahrener Trainer ist. Er kann führen und nicht nur der Mannschaft, sondern auch dem Staff und dem gesamten Verein neue Energie geben. Natürlich haben wir auch darüber gesprochen, die Gegentore zu reduzieren, auch in den nächsten vier Spielen, das ist ja ganz klar. Aber natürlich, wir haben jetzt wieder ein Heimspiel gegen Schalke, wir sprechen von 'Betze-Fußball' und da wollen wir auch wieder hinkommen. Wir wollen aggressiv spielen, wir wollen angreifen und wir wollen einfach ein gutes Spiel machen"
... die Einmischung und Mitbestimmung der Investoren: "Ich bin es aus meiner Vergangenheit gewohnt, mit Investoren zusammenzuarbeiten, das habe ich auch schonmal betont. Wir sind beim FCK, einem großen Traditionsclub, wir haben Investoren, wir haben einen Beirat. Und mit denen müssen wir bei einer solchen Entscheidung natürlich auch sprechen. Das ist ein offener und transparenter Austausch, in den alle involviert sind. Am Ende haben wir dann alle für diese Entscheidung gestimmt."
... die zahlreichen, gefühlt direkt aus den Sitzungen kommenden Medien-Infos am Dienstag: "Den Maulwurf muss ich nicht suchen. Ich betone es nochmal, wir sind bei einem Traditionsverein, da kommen viele Berichte und es prasselt viel auf einen ein. Ich lese mir das teilweise auch gar nicht durch. Am Ende geht es um unseren Job, und unser Job ist es, das nächste Spiel zu gewinnen."
... die Zielsetzung für die restliche Saison: "Ich möchte wieder richtig Energie in der Mannschaft sehen. Und das wird sich auch auf die Tabellenkonstellation auswirken. Natürlich kann ich die Tabelle lesen, ich bin jetzt seit sieben Wochen dabei, ich sehe, dass es eng ist. Es geht weiterhin darum, Spiele zu ziehen, aber mit einer anderen Art und Weise, wie wir es in den letzten fünf Wochen gemacht haben."
Quelle: Der Betze brennt
Ergänzung, 24.04.2025:
Der neue FCK-Trainer im Porträt
Torsten Lieberknecht: Der lange Weg zurück zum Betze
Torsten Lieberknecht kommt. Als Cheftrainer. Endlich. Damit erfüllt er seine eigene Prophezeiung. Zum Betze passt der Springsteen-Fan nicht nur, weil er Pfälzer ist. Zuletzt fehlte Feuer - und er könnte der Funke sein, der's neu entfacht.
"I'll meet you further on up the road - Ich treff dich ein Stück weiter die Straße rauf", heißt es in dem Song "Further on up the Road", von dem die meisten wohl nur die eindrucksvolle Cover-Version von Johnny Cash kennen. Tatsächlich aber stammt er aus der Feder von Bruce Springsteen, Torsten Lieberknechts Lieblingsmusiker. Und so ähnlich hat es der neue Cheftrainer des 1. FC Kaiserslautern immer auch formuliert, wenn ihn Bekannte aus der Pfalz ansprachen, wann man ihn denn endlich mal als Trainer auf dem Betzenberg antreffe: "Irgendwann wird es schon mal klappen mit mir und dem FCK."
In der Tat schien die Rückkehr des gebürtigen Bad Dürkheimers in seine Heimat schon immer vorgezeichnet. Wer sich in der Vergangenheit mit ihm austauschte, erkannte schnell, dass er stets bestens über den FCK informiert war. Hinter den Kulissen soll es auch immer wieder Anwerbeversuche gegeben haben, schon in den Jahren zwischen 2008 und 2018, als Lieberknecht bei Eintracht Braunschweig als einer der am stärksten verwurzelten Trainer der Branche galt. Auch danach scheiterte eine Verpflichtung meistens daran, dass er gerade anderswo fest engagiert und erfolgreich war, wenn Lautern einen Trainer suchte.
2021 hätte schonmal soweit sein können, aber ...
Einmal allerdings wurde es ein wenig kurios. Im Februar 2021, als der FCK Marco Antwerpen als Nachfolger von Jeff Saibene vorstellte. Da wurde der damalige Beiratssprecher Markus Merk gefragt, weshalb es nicht Torsten Lieberknecht geworden sei, der im November 2020 beim MSV Duisburg entlassen worden war. "Torsten stand nicht zur Verfügung", antwortete Merk. Das erschien nicht so ganz glaubwürdig. Es war doch mitten in der Corona-Zeit, als jeder leicht zuhause zu erreichen war. Und nach DBB-Informationen soll es durchaus ein Gespräch gegeben haben, allerdings sprach sich mindestens ein FCK-Investor gegen Lieberknecht aus.
Diesmal also hat's geklappt. Torsten Lieberknecht ist zurück bei dem Verein, mit dem er 1992 deutscher A-Jugend-Meister wurde. Im Finale schlugen die Betze-Buben damals den Nachwuchs des 1. FC Köln 5:1. Und hinter dem jungen Kapitän und Innenverteidiger Lieberknecht räumte ein Libero namens Thomas Hengen ab. Der ist heute Geschäftsführer beim FCK. So ein Zufall aber auch. "Come and get me if I ain't right, but if I am, meet me in the city tonight - Komm und hol mich, wenn ich daneben liege, und wenn doch, triff mich heute Nacht in der Stadt", heißt es in einem anderen Springsteen-Song.
In Mainz traf er Wolfgang Frank - ein Wegweiser
Die Profi-Karriere blieb dem Youngster am Betze jedoch versagt. Nur 13 Einsätze in der Ersten Mannschaft zwischen 1992 und 1994, beim 3:1-Sieg gegen Bochum im Oktober 1992 erzielte er immerhin mal einen Treffer. Nach einem Zwischenspiel auf dem Waldhof, über das man heute lieber nicht mehr spricht, landete er in Mainz. Dort coachte ihn zwei Jahre lang Wolfgang Frank. Ein Trainer, der nie in der Bundesliga arbeitete, der aber dennoch zu einem der einflussreichsten Übungsleitern dieser Dekade wurde, gemeinsam mit dem damals noch in Ulm beschäftigten Ralf Rangnick. In einer Zeit, in der ein Otto Rehhagel in Kaiserslautern noch erklärte, er gebe "keinen Fünfer" auf die Viererkette, bereiteten Frank und Rangnick den deutschen Fußball auf das kommende Jahrhundert vor. International wiesen Trainer wie Arrigo Sacchi vom AC Milan bereits die Richtung. Und wie Rangnick inspirierte auch Frank etliche seiner Spieler, die später Trainer wurden. Zu denen neben Lieberknecht auch ein gewisser Jürgen Klopp zählte.
Ab 2002 ließ der Bad Dürkheimer seine Karriere zunächst in Saarbrücken, dann in Braunschweig ausklingen. Die Eintracht war damals gerade in die drittklassige Regionalliga abgestiegen, setzte aber auch in diesen Tagen immer mal Ausrufezeichen. Als sie im August 2003 den damaligen Bundesligisten Kaiserslautern 4:1 im DFB-Pokal schlug, trug Lieberknecht blaugelb.
Zehn Jahre Braunschweig: Eine Erfolgsgeschichte
2007/2008 übernahm der Pfälzer in Niedersachsen seinen ersten Trainerjob, wurde Coach der U19, rückte als "Sachwalter Fußball" zudem ins Präsidium des Klubs auf. Im Mai 2008 übernahm er kurz vor Rundenende die Erste Mannschaft von Benno Möhlmann, holte in drei Spielen sieben Punkte und schloss die Saison auf Platz 10 ab. Das genügte den Verantwortlichen, um ihm auch für die Spielzeit darauf das Vertrauen auszusprechen.
Im Jahr darauf gelang ihm die Qualifikation für die neu gegründete 3. Liga, und gemeinsam mit dem Sportlicher Leiter Marc Arnold entwickelte Lieberknecht den Stil, der die Eintracht in den kommenden Jahren prägen sollte: Personelle Kontinuität und finanzielle Konsolidierung, in dem man Talente aus unteren Klassen an höhere Aufgaben heranführte. 2011 kletterte Braunschweig eine Liga höher, ging mit 85 Punkten als Tabellenerster durchs Ziel. Der Aufstieg war schon sechs Runden vor Schluss rechnerisch klar gemacht worden.
Nochmal zwei Jahre später kehrte die Eintracht in die Bundesliga zurück, nach 28 Jahren Abstinenz. Lieberknecht hatte in der Zwischenzeit seinen Fußballlehrer gemacht. Titel seiner Abschlussarbeit: "Der schwierige Spagat zwischen Tradition und Zukunft bei Eintracht Braunschweig." Dieses Thema hätte sich sicher auch beim 1. Kaiserslautern gut recherchieren lassen. Der wäre nach seinem Abstieg 2012 den Niedersachen gerne wieder ins Oberhaus gefolgt, scheiterte aber in den Relegationsspielen an der TSG Hoffenheim.
Mit einem kaum wettbewerbsfähigen Etat im Rücken konnten die Braunschweiger in der Bundesliga jedoch nicht überleben. Ein Jahr später ging's wieder runter. Der Trainer aber blieb nicht nur, er verlängerte sogar seinen Vertrag bis 2020. Und ums Haar wäre ihm in der Folgesaison der direkte Wiederaufstieg geglückt, doch unterlag er in der Relegation dem VfL Wolfsburg.
Das versetzte dem Verein einen Schlag, von dem er sich in der kompletten Spielzeit danach nicht mehr erholte. Er rutschte auf Platz 17 ab. Abstieg in die 3. Liga, gemeinsam mit dem FCK. Und an diesem Punkt trennten sich die Wege Lieberknechts und der Eintracht.
An Corona gescheitert in Duisburg, dann neuer Erfolg in Darmstadt
Im Oktober 2018 übernahm er den Zweitligisten MSV Duisburg auf Platz 18 - zu spät also, um noch ein wenig Personalpolitik mitgestalten zu können. Zum Start gelingt ihm zwar direkt ein 2:1 in Köln, über den gesamten Saisonverlauf vermag er aber keine Aufwärtsentwicklung herbeizuführen. Die Zebras steigen ab. Wieder aber darf er bleiben, weil er die Verantwortlichen überzeugen kann, über die Spielzeit hinaus zu denken. Abermals scheitert der direkte Wiederaufstieg nur knapp. Am Ende fehlen in der von Corona gebeutelten und schwer durchgewirbelten 3. Liga zwei Punkte auf Platz 2, einer auf den Relegationsplatz. Und wieder kommt's in der Saison darauf zum Bruch. Nach nur zwei Punkten aus den ersten vier Spielen musste Lieberknecht gehen.
Im Sommer 2021 tritt er seine nächste Station an. Darmstadt 98, dessen Trainer Markus Anfang von Werder Bremen abgeworben wurde. Platz 4 im ersten Jahr, Platz 2 im zweiten, danach ein insgesamt chancenloses Jahr in der Bundesliga. Wie damals bei den Braunschweiger Löwen: Die Lilien können allein schon finanziell nicht im Oberhaus mithalten. Doch nicht nur sportlich werden die Jahre in Hessen bewegend. Im November 2023 erleidet Torsten Lieberknechts Ehefrau Simone einen Schlaganfall. Vor der Partie gegen Mainz 05 sprechen die Lilienfans dem Paar Mut zu. Mit einem Banner, das, wie könnte es anders sein, einen Springsteen-Song zitiert: "Well, we made a promise we swore we'd always remember, no retreat, Simone, no surrender - Nun, wir haben ein Versprechen gegeben und geschworen, dass wir uns immer erinnern würden. Kein Rückzug, Simone, gib nicht auf."
Menschlichkeit und Anstand: Mehr als hohle Phrasen
Die beiden Partien gegen seinen Heimatverein im ersten gemeinsamen Zweitliga-Jahr seit Lauterns Abstieg in die 3. Liga enden 3:3 und 2:0 für Darmstadt. Bemerkenswert, wie Lieberknecht in der PK nach dem Spiel die Verdienste des nunmehrigen Lautern-Coaches und ehemaligen Lilien-Trainers Dirk Schuster für Darmstadt würdigt. Da ist zu spüren: Da redet einer, für den Menschlichkeit und Anstand in dieser Branche nach wie vor keinen hohlen Phrasen sind.
Dazu passt, wie er am Rande seines ersten Trainings am Mittwoch betonte, dass der FCK insgesamt bislang ja "eine stabile Saison" gespielt, und sich eine immer noch gute Ausgangssituation "erarbeitet, erkämpft und auch erspielt" habe, diese noch zu "veredeln". Da schwingt Anerkennung für die Arbeit des Vorgängers mit. Hätten seine Vorgesetzten das ebenso gesehen, hätten sie Markus Anfang wohl kaum entlassen.
Anfang war Visionär, Lieberknecht ist Pragmatiker
Dass der alte Übungsleiter die Instrumentarien des modernen Fußballspiels ebenso gut verinnerlicht hatte wie der neue, dürfte auch unstrittig sein. Markus Anfang allerdings war eher der Typ, der eine Idee vom perfekten Spiel im Kopf hatte, nach der er sein Team formen wollte. Mit der Zeit versuchte er sich zwar auch an ein paar Anpassungen, die aber nicht wirklich überzeugten.
Lieberknecht ist eher als Pragmatiker zu sehen, der sein Spiel mehr nach den aktuellen Möglichkeiten seines Personals aus. Und der um die Nuancen weiß, die am Ende entscheiden: "Es kommt Wochenende für Wochenende auf die Tagesform, das nötige Quäntchen Glück, aber vor allem auch auf die Bereitschaft an, mehr zu investieren als der Gegner", sagte er bereits vor zweieinhalb Jahren im DBB-Interview.
Diese Einstellung könnte sich in den verbleibenden Saisonspiele als hilfreich erweisen. Komplett neu erfinden lässt sich in der kurzen Zeitspanne ohnehin nichts.
Abschied in Darmstadt auf eigenen Wunsch
Die Trennung in Darmstadt war übrigens auf Lieberknechts eigenen Wunsch erfolgt. Nach nur drei Spieltagen mit zwei Niederlagen und einem Remis habe er gespürt, wie schwer der "Rucksack" gewesen sei, an dem Verein nach dem Bundesliga-Abstieg zu tragen hatte. Auch, weil er einen Vertrag bis 2027 unterschrieben hatte. Da habe er den Verantwortlichen helfen wollen, um "eventuellen Hemmungen, Entscheidungen zu treffen" entgegenzuwirken, erklärte der Trainer im Februar in einem Interview mit "Sport1".
Worauf er um Auflösung seines Vertrags bat und auf viel Geld verzichtete. Für so viel Größe bedankten sich die Fans zu seinem Abschied erneut mit einem Banner - selbstredend wieder mit einem Springsteen-Zitat: "We stood side by side each one fightin for the other - we said until we die we'd be blood brothers! - Wir standen Seite an Seite, jeder kämpfte für den anderen. Wir haben gesagt, bis wir sterben, werden wir Blutsbrüder sein."
"Die Sehnsucht ist da"
Dass sich Lieberknecht und der FCK irgendwann finden mussten, bestätigt das Interview ebenfalls. "Es war damals mein Kindheitstraum, Profi bei meinem Herzensverein, dem FCK, zu werden", erzählt Torsten Lieberknecht da. "Ob sich der Traum erfüllt, diesen Klub eines Tages zu trainieren, weiß ich nicht."
Und er zieht interessante Vergleiche: "In Braunschweig unter meiner Regie und in Darmstadt unter Dirk Schuster gab es damals auch eine besondere Entwicklung - der Doppel-Aufstieg von der 3. Liga in die Bundesliga. Wenn man Kaiserslautern in den vergangenen Jahren verfolgt, erkennt man Parallelen. Sie standen kurz vor dem Abstieg in die Regionalliga, doch aus dieser Situation hat sich eine enorme Kraft entwickelt."
Was den Betze ausmacht, hat er jedenfalls nicht vergessen: "Das Selbstverständnis, wieder auf den Betzenberg zu gehen, und die Gewissheit, dass das Stadion eine absolute Macht ist, sind beeindruckend. Ich glaube, dass es für den FCK ein guter Moment wäre. (...) Die Sehnsucht ist da, und sie wollen sie wecken."
Die Chance, dabei mitzuhelfen, ist ihm nun schneller gegeben worden, als er es sich wohl selbst hätte träumen lassen. Aber so geht's nun einmal zu in diesem Geschäft.
Als Springsteen-Fan kennt Lieberknecht sicher auch den Song "Dancing in the Dark", in dem es heißt: "You can't start a fire without a spark - Du kannst kein Feuer entfachen ohne eine Funken." Den könnte er schon am kommenden Sonntag gegen Schalke entzünden - und den Betze bis zum Ende der Saison brennen lassen.
Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer