An unseren Gast scpadler:
Wenn Yokota als „einziger Fußballer“ ausgewechselt wurde, bedeutet das im Umkehrschluss, dass Spieler wie Ritter und Sirch „Antifußballer“ sind – was mich wiederum fragen lässt, was dann bei Münster auf dem Platz stand. Ich verstehe den Frust vollkommen, aber genau wegen solcher Aussagen warte ich gerne einen Tag, bevor ich mich zu einem Spiel äußere.
Zum Spiel:
Es war genau das erwartete Spiel: nicht schön, hart umkämpft und am Ende knapp. Der schwache Spielfluss lag sowohl am Platz als auch am Gegner. Würde man bei Unterbrechungen die Uhr anhalten und nur die Nettospielzeit zählen, wären wir vermutlich immer noch im Stadion. Dennoch war Hildmanns Taktik clever. Am Ende behalten wir die drei Punkte auf dem Betze – nicht durch Glück oder wegen der Sonne (auch wenn ich gestern gerne in ihr gesessen hätte), sondern aufgrund unserer höheren Qualität.
Wenn ich Krahl für schwache Abstöße kritisiere, weil sie eine fehlende Qualität in seinem Spiel aufzeigen – was in diesem Spiel sogar zu einem Gegentor führte –, dann wäre es widersprüchlich und unfair, seine Paraden gegen Pick als „Glück“ oder „Dummheit des Gegners“ abzutun. Ritter wird von vier Gegenspielern umringt, bleibt ruhig und legt den Ball aus spitzem Winkel überlegt ins Eck – das ist Qualität. Natürlich gibt es Torhüter, die diesen Ball halten, dieser hier tat es aber nicht – fehlende Qualität. Sirch taucht genauso frei vor dem Tor auf wie Pick, aber er trifft – auch weil der Torhüter nicht eine solche Monsterparade auspackt wie Krahl.
Ich wehre mich dagegen, bei knappen Siegen von Glück zu sprechen, während bei knappen Niederlagen „fehlende Gier“, „fehlender Wille“ oder „fehlende Abgezocktheit“ herhalten müssen. Gerade weil sich hier ein Muster abzeichnet – und damit die oft geforderte Entwicklung der Mannschaft. Diese Entwicklung ist nicht nur spielerisch, sondern auch mental. Früher hieß es, wir könnten gegen „kleinere“ Gegner nicht gewinnen. In der Hinrunde haben wir solche Spiele gewonnen, in der Rückrunde erneut – und trotzdem wird das kaum gewürdigt, sondern der Fokus liegt nur auf dem Negativen.
Da hilft es auch nicht, die Opferrolle zu ziehen nach dem Motto: „Man wird ja wohl noch kritisieren dürfen.“ Klar darf man das – aber eine gewisse Verhältnismäßigkeit sollte gewahrt bleiben. Kritik wird dann unfair, wenn Positives ausgeblendet wird. In der West standen hinter mir genau zwei dieser Kandidaten: kein Anfeuern, nur Gemecker, nach jeder misslungenen Aktion wurde auf eigene Spieler geschimpft, selbst nach Abpfiff ging das weiter – immerhin freuten sie sich über das 2:1. Solche Leute gibt es eben. Kein Verständnis habe ich jedoch für Menschen, die ihrem eigenen Verein „kein Glück wünschen“. Wenn die persönliche Antipathie gegenüber einer Person über dem Wohl des Vereins steht, ist das für mich kein Fanverhalten.
Zur Verdient-Debatte:
Diese Diskussion ist für mich in den meisten Fällen überflüssig – ein Phänomen, das es besonders im Fußball gibt. Klar, wenn ein Spiel durch gravierende Fehlentscheidungen des Schiris verzerrt wird (z.B. nicht gegebene oder unberechtigte Elfmeter/Rote Karten), kann man darüber sprechen. Meinetwegen auch, wenn eine Mannschaft fünfmal Aluminium trifft und trotzdem verliert – wobei auch das zur Chancenverwertung gehört. Aber wenn alles normal abläuft, zählt das Ergebnis – genau deshalb wird im Fußball in Toren gemessen. Wer dennoch über „Verdientheit“ diskutieren will, sollte konsequenterweise eine B-Note einführen oder Ergebnisse mit xGoals multiplizieren: Hat ein Team nur 0 Tore, aber 2-3 xGoals, gibt’s ein Extra-Tor. Oder wir bauen einen komplexen Index ein und lassen ihn mit einfließen? Vermutlich würden manche sagen, dass genau solche Diskussionen den Fußball ausmachen – Ansichtssache.
Zur roten Karte von Anfang:
Ich habe mir die Szene nochmal angesehen und finde die Rote Karte überzogen – insbesondere nach der Begründung des Schiris, dessen Leistung ich ohnehin schwach fand. Nicht katastrophal, aber weit weg von gut. In der West wurde das übrigens genau einmal mit „Schiri, du Ar…“ besungen und nicht „bei jeder Aktion“, wie anderswo behauptet.
Nichtsdestotrotz muss und wird Anfang daraus lernen. Er kann nicht Jan für eine Rote Karte kritisieren und sich im nächsten Spiel selbst eine abholen.
Zum Abschluss:
Natürlich müssen wir uns noch steigern, keine Frage – besonders wenn wir in den kommenden Spielen erfolgreich sein wollen. Aber ich sehe keinen Grund, warum diese Mannschaft dazu nicht in der Lage sein sollte. Dennoch extrapolieren einige bereits die Leistung gegen Münster auf die kommenden Spiele, obwohl in dieser Liga genau das nicht funktioniert. Ein Spiel gegen Münster läuft völlig anders als eines gegen Hannover.
Kritisiert gerne, aber fair – und seid auch mal dankbar für das, was wir mit unserem Betze im letzten Jahr und auch jetzt wieder erleben dürfen. Vor nicht allzu langer Zeit hieß die Realität noch Sonnenhof Großaspach …