Ihr wollt mehr über Afeez Aremu wissen? Bitteschön, hier kommt das Neuzugangs-Porträt:
Foto: Imago Images
Balleroberer, kein Zerstörer: Afeez Aremu im DBB-Porträt
Der lange gesuchte "Sechser" ist gefunden. Ist Afeez Aremu die gewünschte qualitativ hochwertige Verstärkung, um die Defensivprobleme beim 1. FC Kaiserslautern auszumerzen? Wir stellen Euch den siebten Neuzugang dieses Sommers vor.
Mehr als ein Jahr lang haben Sportchef Thomas Hengen und Trainer Dirk Schuster nach einer qualitativ erheblichen Verstärkung im zentralen Mittelfeld gesucht. In diesem Sommer wurde die Fahndung noch einmal intensiviert, da die Analyse der vergangenen Saison ergab, dass zu viele Gegentore über das Lautrer Zentrum eingeleitet wurden. Der im Winter von Werder Bremen ausgeliehene Nicolai Rapp war nicht die gewünschte Verstärkung und hat den Verein zwischenzeitlich wieder verlassen. Mit Afeez Aremu kommt nun vom FC St. Pauli ein defensiver Mittelfeldspieler, den wieder einmal die wenigsten Fans und Experten auf dem Zettel gehabt haben dürften. Hengen beschreibt den 23-Jährigen als einen "sehr zweikampfstarke[n] Defensivspieler, der viel Athletik und Dynamik mitbringt und daher sehr gut auf den Betzenberg und zu unserer Spielidee passt."
Ist die "Langzeit-Baustelle" damit also endgültig geschlossen und Stabilisierung für die weiterhin anfällige Defensive mit sieben Gegentoren in nur drei Ligaspielen in Sicht? Schuster freut sich jedenfalls über die Verpflichtung: "Er ist ein sehr talentierter Spieler, der bereits Erfahrung mitbringt. Ihn als reinen Zerstörer zu sehen, wäre völlig verkehrt. Er ist ein Balleroberer, der auch einen klaren Pass spielen kann, Lücken schließt, sich aber auch am Spielaufbau aktiv beteiligt."
Aremus Vita: Vom Wandervogel zum 18-jährigen Leader
Geboren und aufgewachsen ist Aremu als eines von fünf Kindern in Nigeria, wo er auch die ersten fußballerischen Schritte unternahm. Schaut man sich seinen Werdegang in seinen Jugendjahren an, sah es für ihn zunächst nicht nach einer verheißungsvollen Karriere aus. Alleine 2017 spielt Aremu für drei Vereine: Er beginnt bei den Sunshine Stars. Von dort wechselt er Anfang des Jahres zu Awka United. Es folgt noch im gleichen Jahr der Wechsel nach Ghana zu Inter Allies. Und schon weniger als zwei Monate später wagt er Anfang 2018 schließlich den Schritt nach Europa zum IK Start Kristiansand nach Norwegen. Ein Wechsel, der ihn stark nach vorne bringen soll. Mit nicht einmal 18 Jahren wird er dort zum Stammspieler und Leistungsträger, schafft später den Sprung in die A-Nationalmannschaft Nigerias, wo er am 13. August 2017 beim 0:1 gegen Benin unter dem deutschen Trainer Gernot Rohr sein bisher einziges Länderspiel absolviert. Trotz dessen kann Aremu den Abstieg von Kristiansand nicht verhindern, schafft aber eine Saison später den direkten Wiederaufstieg. Der Mittelfeldspieler beweist früh, dass seine Stärken in der defensiven Absicherung liegen. Er deckt meist einen enorm großen Raum auf dem Feld ab und fängt viele Bälle bereits durch sein gutes Stellungsspiel ab. Er zeigt sich als physisch starker Mittelfeldspieler, noch dazu als aggressiver und begabter Balleroberer. Insgesamt 18 Gelbe Karten in 63 Spielen für die Norweger lassen erahnen, was FCK-Boss Hengen damit meint, wenn er sagt, Aremu passe sehr gut auf den Betzenberg. Ab und an zeigt Aremu aber auch sein Potenzial in der Offensive. Er trifft selten, doch wenn, dann sind seine Tore sehenswert. 2019 nimmt er am U20 Afrika Cup teil und bekommt schließlich 2020 die Chance, von Norwegen runter in den hohen Norden Deutschlands zu wechseln.
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Start auf St. Pauli: Trainerliebling und "bester Defensivspieler der Liga"
Als Aremu 2020 nach Hamburg geht, wird er dort als Spieler vorgestellt, der dem damaligen Trainer Timo Schultz in dessen aktiver Karriere ähnele. Nach anfänglichen Schwierigkeiten - unter anderem wegen der fehlenden Sprachkenntnisse - kommt Aremu in seiner Premierensaison immerhin auf 16 Zweitliga-Einsätze. In der darauffolgenden Spielzeit kann er sich weiter steigern, steht in 21 Partien auf dem Platz, 14 von Beginn an, die Hälfte davon über volle 90 Minuten. Interessanter als die bloßen Einsatzzahlen sind aber andere Statistiken: Im Oktober 2021 hat ligaweit kein Spieler - interessanterweise auch kein Innenverteidiger - mehr erfolgreiche Defensiv-Aktionen pro Spiel als Aremu. Mit einer starken Zweikampfquote von mehr als 70% am Boden, kommt der Hamburger Blog
"MillernTon" zu dem Schluss: "Aremu ist derjenige, bei dem die gegnerischen Angriffe enden." Durch sein gutes Stellungsspiel würde Aremu sehr häufig die Pässe der Gegner abfangen.
Sogar häufiger als alle anderen Spieler seinerzeit in der 2. Bundesliga. 8,5 Pässe waren es im Schnitt damals pro Spiel. Der "MillernTon" rechnet vor, setze man das in Relation zum Sankt Paulianer Ballbesitzanteil, so fange Aremu mehr als zwölf Pässe pro Spiel ab. Fans feiern ihn dafür auch heute noch als "Staubsauger" und einige hätten sich einen Verbleib oder wenigstens eine Ausleihe des Mittelfeldspielers gewünscht. Eigenschaften, die er jetzt aber beim FCK unter Beweis stellen möchte und die der Fritz-Walter-Klub dringend sucht.
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Schwächen im Aufbauspiel: Unter Hürzeler hat Aremu keinen Platz mehr
Denn im vergangenen Jahr gerät die Erfolgsstory bei den Hanseaten ins Stocken. Die Hinrunde 2022/23 läuft für die Kiezkicker alles andere als gut. Aremu steht zwar in elf von 17 Hinrunden-Partien auf dem Platz, in der Winterpause trennt sich der FCSP aber von seinem Förderer Schultz. Unter dessen ehemaligem Co-Trainer Fabian Hürzeler spielen die Hamburger eine sensationell gute Rückserie, gewinnen zehn Mal in Folge - doch Aremu kommt in diesen Spielen nur zweimal über insgesamt gerade einmal acht Minuten zum Einsatz. Im von Hürzeler praktizierten 3-4-3-System findet er keinen Platz, zudem ist die Konkurrenzsituation auf seiner Position groß. Auch deswegen drängte der 23-Jährige jetzt auf einen Wechsel - entgegen den Vorstellungen von Sportchef Andreas Bornemann und Trainer Hürzeler, die ihn eigentlich gerne behalten hätten.
Trotz Aremus Stärken in der Defensive darf nicht verschwiegen werden, dass vor allem das Aufbauspiel - auch wenn es FCK-Trainer Schuster bereits lobte - nicht zu den Stärken des Nigerianers gehört. Er bewies bei St. Pauli zwar, dass er sich hier verbessern konnte, eine anhaltende Schwäche bleibt es trotzdem. Auch die Zweikampfführung in der Luft ist ausbaufähig, hier könnte er auch mit seinen 1,81 Metern Körpermaß gegenüber dem fast zwei Meter großen Julian Niehues Nachteile haben. Zudem muss abgewartet werden, ob er ähnlich wie in Hamburg eine gewisse Anlaufzeit zur Integration braucht. Aremu spricht nach wie vor kein Deutsch, kann sich aber immerhin auf Englisch verständigen. Sofortige Wunderdinge sollten also nicht erwartet werden.
Familienmensch mit Stammeszeichen im Gesicht
Neben dem Platz ist "Papa Aremu" ein Familienmensch, der nicht zuletzt mit dem runden Leder seiner Familie helfen möchte. Seine beiden Brüder spielten ebenfalls in Nachwuchs-Nationalteams Fußball, schafften den Sprung in höhere Sphären aber nicht und unterstützten fortan die Karriere ihres Bruders. Der gab schon in jungen Jahren Teile seines Gehalts ab, um die Mutter, seine drei Schwestern und beide Brüder zu unterstützen. "Wenn es meiner Familie gut geht, geht es auch mir gut", erzählt er 2020 in einem Interview mit dem
"Hamburger Abendblatt". Sein Vater starb dagegen früh, er war da gerade einmal elf Jahre alt.
Auffällig an Aremu ist nicht nur sein Fußballspiel, sondern auch die markanten Narben in seinem Gesicht. Aus den Hintergründen macht der 23-Jährige aber kein Geheimnis. Sie wurden ihm als Kind als eine Art Stammeszeichen zugefügt, das sei so Tradition in seiner Familie, verriet Aremu bereits in mehreren Interviews. Die Narbe auf der Stirn rührt dagegen davon, dass er als Kind vom Tisch auf den Boden gefallen sei. Afeez Aremu ist hart im Nehmen. Auf und neben dem Platz.
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Quelle: Der Betze brennt
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Mittelfeldmann Afeez Aremu kommt von St. Pauli zum FCK (Pressemeldung FCK)