
Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - SV Meppen 4:2
Kollateralschaden
Der 1. FC Kaiserslautern beendet seine Saison zum Vergessen mit einem 4:2-Heimsieg gegen den SV Meppen. Die Fans feiern sich selbst, die Stimmung ist gut. Aber es ist zu viel Negatives hängen geblieben von den Querelen der letzten Tage und Monate. DBB-Autor und FCK-Chronist Dominic Bold sagt Tschüss.
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Es ist ein Bild aus besseren Zeiten. Fritz Walter sitzt da in geselliger Runde am Tisch mit Hannes Bongartz, Andreas Brehme, Reiner Geye und Wolfram Wuttke. Drei Stunden vor dem letzten Heimspiel der Saison stehe ich im Sportheim des NMB Mehlingen, starre auf diesen tollen Schnappschuss und das Kopfkino startet.
Bongartz, Brehme und Geye. Drei Spieler aus der ersten FCK-Elf, die ich im Januar 1983 live auf dem Betze anfeuere. 3:2 gegen den 1. FC Köln. Und Wuttke, dieser verrückte Hund, das Synonym für die dramatischen Abstiegskämpfe Ende der 1980er Jahre, die aus dem kleinen Kind einen echten Fan machten und meine ganz persönliches Definition von diesem Verein mehr prägten als alle großen Erfolge des folgenden Jahrzehnts.
"Pull my strings and I'll go far"
Die Szene trifft mich an diesem Morgen ins Mark. Das sportlich völlig bedeutungslose Duell mit dem SV Meppen ist ein ganz besonderes: Nach 36 Jahren ist es mein vorerst letztes als Stadionbesucher. In der schmutzigen Schlacht um diesen Verein, der mir so viel bedeutet, zähle ich zu den Kollateralschäden.
Ich kann mich nicht mehr einhaken im von der Choreo propagierten Schulterschluss, mit dem die FCK-Fans sich selbst und ihren Verein feiern, aber längst nicht mehr die Spieler oder die anderen Protagonisten. "Pull my strings and I'll go far", denke ich nur, während die Lücken auf der Westkurve den optisch und inhaltlich gelungenen Aufheller einer trüben Situation konterkarieren. "Wir sind (doch) der FCK", das sind genau die Worte meines Kollegen, als ich ihm erzähle, dass ich meine Dauerkarte gekündigt habe. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich freue mich über jeden einzelnen Fan, der weiter macht und das am Leben hält, was das "Wir", zu dem ich mich immer noch zähle, unter den drei Buchstaben FCK versteht.
Es hat nur leider nichts mehr mit dem zu tun, was die Leute damit anstellen, die auch mit meiner Stimme gewählt wurden und mit meinem Geld dafür bezahlt werden, um diesen Verein anständig zu führen. Aber da der Schuldige für eine sportlich katastrophale Saison jetzt zum Glück gefunden und abgestraft wurde (es geht nichts über eine fundierte und selbstkritische Analyse!), kann die goldene Zukunft endlich beginnen.
Vorne hui, hinten naja
Passender als der SV Meppen hätte ein Gegner kaum sein können. Unter dem Motto "Von Meppen in die Champions League" hat der FCK schon einmal ein gelungenes Comeback gefeiert. Und in der ersten Halbzeit dieses Spiels fühlte man sich tatsächlich erinnert an das muntere Scheibenschießen anno '97. Sechs Tore in einer Hälfte, davon vier für den FCK, bringen noch einmal Leben in die Bude. Mit etwas mehr Platz und Raum, als ein konzentrierter Gegner ihr geben würde, kann auch die Lautrer Offensivabteilung glänzen.
Ruhende Bälle zu verteidigen bleibt für die Abwehr aber immer noch ein Problem. (Wem man das anhängen kann, jetzt, wo der Aufsichtsrat gesäubert ist, kann leider erst auf der nächsten Beiratssitzung geklärt werden. Es wird sich bestimmt ein Schlauberger finden, der es der Öffentlichkeit in großen Buchstaben mitteilt). Schmerzlicher als zwei Gegentore könnte allerdings die Verletzung von Torwart Lennart Grill werden, denn mitten in diesem freundschaftlichen Kick fällt einem ein, dass nächste Woche noch ein viel wichtigeres Pflichtspiel ansteht.
Dick, Dick, Dick
Nach dem kleinen Exkurs in den kurzweiligen Fußball folgt nach der Pause sportlich und stimmungstechnisch die Rückkehr in die harte Drittligarealität anno 2019. Emotional wird es nur noch bei der Einwechslung von Florian Dick, dem es noch zehn Minuten vergönnt ist, Abschied auf dem Rasen zu nehmen. Auf den Schultern seiner Kollegen wird er vor die Kurve getragen und holt sich seinen Applaus ab.
Auch ich muss mich jetzt diesem Moment stellen, den ich frühestens in 30 Jahren erwartet habe. Kein Betze mehr. "Du wirst es eh nicht aushalten", geben mir meine beiden Freunde mit auf den Weg, ein Ehepaar mit dem ich die letzten 20 Jahre zusammen ins Stadion gegangen bin. Ich befürchte schon. Die schöne neue FCK-Welt, sie ist nicht meine. Ruhe und Stabilität als oberstes Gebot, das kommt mir als Englischlehrer irgendwie bekannt vor. Aber ein paar gepumpte Scheine sind kein Somaersatz. Die Alternative ist das Exil im Reservat.
Die letzten Augenblicke auf der Tribüne fühlen sich sehr unwirklich an. Ich tröste mich selbst damit, dass es kein Abschied für immer ist. "Diese Geschichte ist noch nicht zu Ende", war schon vor sechs Jahren meine These. Sie gilt unverändert. Das nächste Kapitel werde ich schweren Herzens überspringen.
Quelle: Der Betze brennt
Noten FCK-SVM: Torschützen stechen heraus
Christian Kühlwetter, Carlo Sickinger und Christoph Hemlein haben sich beim 4:2-Sieg gegen den SV Meppen gute Noten verdient. Die DBB-Leser huldigen mit ihrer Bewertung aber auch den Leistungen Florian Dicks im Trikot des 1. FC Kaiserslautern.
Während die DBB-User Kühlwetter durchschnittlich eine 1,7 geben, bewertet die "Rheinpfalz" dem Angreifer mit einer 2. Timmy Thiele kann da notentechnisch nicht mithalten. Der Sturmpartner Kühlwetters ist der am schlechtesten benotete Akteur, erhält von den DBB-Lesern eine 3,3, von der "Rheinpfalz" sogar eine 4.
Auch die beiden anderen Torschützen des Meppen-Spiels, Carlo Sickinger (DBB: 2,1 / "Rheinpfalz": 2) und Christoph Hemlein (2,3 / 2,5), erhalten gute Bewertungen und heben sich von ihren Mitspielern, die überwiegend mit "befriedigend" beurteilt werden, ab. Bemerkenswert: Florian Dicks Kurzeinsatz wird bei DBB mit 1,4 benotet. Dabei geht es den Fans aber wohl eher weniger um die Leistung Dicks gestern, sondern eher um eine Würdigung für dessen jahrelangen Einsatz für den FCK.
» Zur kompletten Notenübersicht: 1. FC Kaiserslautern - SV Meppen

Die DBB-Noten zum Heimspiel gegen Meppen können noch bis heute, 15:15 Uhr abgegeben werden: Zur Notenabgabe FCK-SVM. Die Bewertungen des "Kicker" folgen am Montag.
Quelle: Der Betze brennt

Stimmen zum Spiel
"Dankbar": Emotionaler Abschied von Florian Dick
Mit einem 4:2-Sieg gegen den SV Meppen hat sich der 1. FC Kaiserslautern aus einer enttäuschenden Drittliga-Saison verabschiedet. Emotional wurde es vor allem zu Beginn und am Ende des Spiels.
Als der FCK-Sieg längst unter Dach und Fach war, schenkte Sascha Hildmann Publikumsliebling Florian Dick noch einmal ein paar Einsatzminuten. Unter donnerndem Applaus kam der Routinier ins Spiel. "Wahrscheinlich war es mein letztes Spiel. Ich bin dankbar, dass ich heute nochmal vor der Westkurve auflaufen durfte", sagte der 34-Jährige, der lachend anfügte: "Ich habe den Jungs gesagt: 'Bitte regelt es bis zur 80. Minute."
Auch von seinen Mitspielern wurde Dick gefeiert. Christoph Hemlein, der schon gemeinsam mit ihm in Bielefeld gespielt hatte, hielt nach seinem Tor - ausgerechnet in der 23. Minute - Dicks Trikot hoch. "Diesen Sieg waren wir ihm einfach schuldig", sagte der Torschütze zum 3:1 später.
Für sein wohl letztes Profispiel hatte Dick extra noch einmal das Paar Schuhe von seinem ersten Profispiel vor 16 Jahren angezogen. Wie es nun für ihn weitergeht, weiß er noch nicht. Denkbar sei eine weitere Saison in der zweiten Mannschaft parallel zu anderen Aufgaben im Verein. Klar ist nur, dass Dick in Kaiserslautern bleibt: "Wir fühlen uns hier wohl."
Hildmanns Gänsehaut-Moment: "Die Fans waren fantastisch"
Dicks Einwechslung und Verabschiedung waren an diesem 38. Spieltag nicht der einzige Gänsehaut-Moment. Zum Spielbeginn hatte der FCK-Anhang eine große Choreographie gezeigt und damit nicht nur Hildmann beeindruckt. "Die Fans waren fantastisch. Es hat mich wirklich berührt, das Banner, die Sprüche. Es war sehr ergreifend", sagte der FCK-Coach, der sich über einen gelungenen Punktspiel-Abschluss freute - sogleich aber den Blick auf das noch anstehende Verbandspokalfinale am Samstag (16:15 Uhr, Sportpark Husterhöhe in Pirmasens) gegen Wormatia Worms erinnerte. "Da wollen wir den Pokal gewinnen!"
Torwart Grill: Verdacht auf Nasenbeinbruch
Unklar ist noch, ob dann auch Lennart Grill im Tor stehen kann. Der 20-jährige hatte sich bei einem Zusammenstoß in der ersten Hälfte an der Nase verletzt. Es besteht Verdacht auf Nasenbeinbruch - am Sonntag soll nach weiteren Untersuchungen Klarheit herrschen. "Ich hätte gerne weitergespielt, aber der Schiedsrichter meinte, dass ich wegen der Blutung vom Platz muss", so Grill. Mit Blick auf die Partie gegen Worms fügte er an: "Es gibt ja auch Masken, mit denen man spielen kann."
Quelle: Der Betze brennt
Blick in die Kurve
"Wir sind der FCK": Die Fans feiern sich selbst
Zum Abschluss einer Katastrophen-Saison haben die Fans des 1. FC Kaiserslautern noch mal große Bilder geliefert: Mit einer Choreo über die gesamte Westkurve stellten sie sich selbst und ihren Verein in den Mittelpunkt. Von den Spielern wurde trotz des 4:2-Sieges gegen den SV Meppen keiner mehr gefeiert - bis auf eine Ausnahme.
"Wir sind der FCK", stand in riesigen Lettern auf dem großen Spruchband am Fuß der großen Choreographie, welche mit über die ganze Saison gesammelten Pfandbecher-Spenden finanziert wurde. "Egal in welcher Liga, egal mit welchen Sorgen: Gemeinsam für ein besseres Morgen!" Sinnbildlich für den geforderten Zusammenhalt wurden im Zentrum der Kurve vier übergroße Abbilder von Lautrer Fans, Ultras, Kuttenträgern und Hooligans nach oben gezogen - eingerahmt von roten und weißen Fahnen.

Abseits dieser lange geplanten Choreographie war das heiß diskutierte Thema im und um das Stadion an diesem Samstag natürlich die Auseinandersetzungen und Streitereien rund um den Einstieg des Investors Flavio Becca sowie den erzwungenen Rücktritt des Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Littig. Die "Devil Corps" in Block 7.2 präsentierten dazu ein Spruchband mit einer Abwandlung eines berühmten Fritz-Walter-Zitats: "1. FCK GmbH & Co. KGaA: Der Schlüssel zum Erfolg sind Intrigen und der Wille alles für den eigenen Profit zu geben!???"

Daneben präsentierten die Lautrer Ultragruppen noch weitere Spruchbänder wie etwa den Appell aus Block 8.1: "Weiter stabil bleiben, Sektion Stadionverbot!" Das "Pfalz Inferno" schickte unterstützende Grüße an die befreundeten Ultras nach Stuttgart: "Viel Glück in der Relegation VfB. Dietrich raus." Besonders gefeiert wurde vom gesamten Stadion außerdem Florian Dick, der in der Schlussphase eingewechselt wurde und sich nach Abpfiff mit feuchten Augen von den FCK-Fans verabschiedete.

Großer Betrieb herrschte auch im Gästebereich. Knapp 2.000 Anhänger begleiteten den SV Meppen aus dem Emsland in die Pfalz - viele davon in einem Sonderzug. Trotz der Niederlage feuerten sie ihre Mannschaft über das komplette Spiel lautstark an und feierten nach dem Schlusspfiff gemeinsam mit den Spielern den bereits vor der Partie feststehenden Klassenverbleib. So unterschiedlich können die Perspektiven sein.

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Quelle: Der Betze brennt