
Spielbericht: SV Wehen Wiesbaden - 1. FC Kaiserslautern 2:0
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Was soll man dazu noch sagen? Der 1. FC Kaiserslautern bricht zum Ende der Drittliga-Saison 2018/19 auf allen Ebenen auseinander. Beim 0:2 beim SV Wehen Wiesbaden zeigen einzig die Fans noch Profifußball-Niveau.
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Montags auswärts. Für viele Fußballfans eine Zumutung. Zum Gastspiel in Wiesbaden rief das Fanbündnis FCK vor Anpfiff mit Flyern zum Stimmungsboykott auf, um ein Zeichen gegen die Montagsspiele zu setzen, die in der ersten und zweiten Bundesliga nach Protesten bereits vor der Abschaffung stehen. 45 Minuten sollte der vollbesetzte Gästeblock schweigen - und setzte dieses Vorhaben eindrucksvoll um. Keine Zaunfahnen, keine Stimmung, es herrschte regelrecht eine Friedhofsatmosphäre im Wiesbadener Stadion, das mit der abgerissenen Gegentribüne auch noch seinen Teil zum beklemmenden Gesamtbild beitrug.
Lediglich zwei, drei Mal wurde die Stille durch lautstarke Rufe gegen Schiedsrichter Daniel Siebert unterbrochen: "Bayern-Sau, Bayern-Sau!" Eine Anspielung auf Sieberts unberechtigten Elfmeterpfiff am vergangenen Mittwoch im Pokalspiel Bremen gegen Bayern. Auch die Fans im Heimblock beteiligten sich für die ersten rund 20 Minuten am Schweigeprotest.
Planlose FCK-Mannschaft lässt sich vorführen
Da führte ihre Mannschaft bereits, hatte nach 25 Minuten schon 7:0 Eckbälle und 2:0 Tore gegen völlig überforderte Rote Teufel herausgearbeitet. Beim ersten Gegentor klärte Janek Sternberg einen Ball in die Mitte, Patrick Schönfeld nahm die Einladung dankend an und traf zur Führung. Nur drei Minuten später spielte Christoph Hemlein Wehens Stürmer Manuel Schäffler die Kugel in den Lauf und der ehemalige Lautrer Nicklas Shipnoski vollendete den Angriff zum 2:0. "Ausgerechnet" Shipnoski, der nach dem Abstieg gerne beim FCK geblieben wäre, aber von Ex-Trainer Michael Frontzeck und Co. weggeschickt wurde. Trotzdem oder gerade deswegen glich der Torjubel des Youngsters fast einer Entschuldigung gegenüber seinem ehemaligen Verein.
Wehen hätte durchaus mit einer höheren Führung in die Pause gehen können, denn was das FCK-Team ablieferte, hatte mit Profifußball wenig zu tun. Hilf- und planlos stolperten die Lautrer über den Platz, einzig Torhüter Lennart Grill zeigte Normalform. Die wehrhafteste Aktion der ersten Halbzeit auf FCK-Seite hatte noch
Torwarttrainer Gerry Ehrmann geliefert, der sich an der Seitenlinie mit Wehens Trainer Rüdiger Rehm und Sportdirektor Christian Hock anlegte.
4.000 Fans begleiten den FCK nach Wiesbaden
Zum Anpfiff der zweiten Halbzeit beendete der Gästeblock seinen Stimmungsboykott und gab im Gegensatz zu der Elf auf dem Platz das gewohnt gute Bild ab. Beim "Steht auf, wenn ihr Lautrer seid" wurde dann offensichtlich, wie viele Fans sich den Gruselkick ihrer Mannschaft an diesem Montag antaten. Gut und gerne 4.000 (!) der insgesamt 7.544 Zuschauer hielten den Roten Teufeln die Daumen. Die treuen Fans sind ohne Frage das einzige Faustpfand, das dieser Verein momentan noch hat. Ein Klub, der sich aktuell auf allen Ebenen selbst zu zerlegen scheint.
Wut und Häme aus dem Gästeblock: "Wir ham die Schnauze voll"
Sportlich ist auch die zweite Halbzeit schnell erzählt. Die Lautrer hatten jetzt zwar etwas mehr vom Spiel, aber wohl nur, weil die Gastgeber einen Gang zurückschalteten. Eine echte Torchance konnte sich die Hildmann-Elf aber auch nach Wiederanpfiff nicht erspielen. Am Ende kassierte der FCK eine völlig verdiente Niederlage, die dritte in den vergangenen vier Spielen. Wer soll bei solchen Leistungen und Ergebnissen noch in ein Crowdlending oder sonst irgendetwas investieren? Die Enttäuschung kanalisierte sich nach dem Abpfiff in lautstarken "Wir ham die Schnauze voll"-Rufen aus dem Gästesektor. Einige verabschiedeten ihr Team auch mit einem hämischen "Ihr seid so lächerlich" in die Kabine. Vielsagend.
Ziemlich "motiviert" hatten sich an diesem Abend die hessische Polizei und der örtliche Security-Dienst gezeigt, die für die Partie groß aufgefahren hatten. Am Gästeblock gab es sehr penible und kleinliche Kontrollen, die zudem schlecht organisiert waren, später wurde nach einer Rangelei auch noch der Gästeeingang vorübergehend gesperrt und minutenlang niemand ins Stadion gelassen. Auch im Gästeblock sah man dann die Polizei rennen. Für ein Spiel, das weder als Derby noch sonstwas gilt, ein völlig überzogener Auftritt.
Quelle: Der Betze brennt

Stimmen zum Spiel
"Wir müssen uns bei den Zuschauern entschuldigen"
Nach einer unterirdischen ersten Halbzeit unterliegt der 1. FC Kaiserslautern beim SV Wehen Wiesbaden mit 0:2 (0:2). Der beste Lautrer ist nach der Partie "sprachlos", der Trainer entschuldigt sich bei den 4.000 mitgereisten Lautrer Fans.
"Es fällt mir schwer, Worte zu finden", sagte der einmal mehr mächtig angefressene Sascha Hildmann nach dem Schlusspfiff. "Das war eine absolut verdiente Niederlage. Für die erste Halbzeit muss ich mich bei den Zuschauern entschuldigen", so der FCK-Coach.
Seine Spieler bezeichneten den ersten Durchgang in Wiesbaden mal als "desaströs" (Carlo Sickinger), mal als "Vollkatastrophe" (Lennart Grill). "Ich bin ein bisschen sprachlos", sagte Torwart Grill, der mit einigen starken Paraden gleich mehrfach weitere Gegentreffer verhinderte. "Wir können uns bei Lennart bedanken, dass wir nicht noch höher verloren haben", erklärte Sickinger.
Klare Ansage in der Pause: "Das kann ganz böse enden"
"Wir haben Wehen in der ersten Halbzeit voll in die Karten gespielt", bemängelte André Hainault. "Wir spielen ein bisschen, verlieren den Ball und geraten so immer wieder unter großen Druck", so der Kanadier. "Zu viel klein klein, zu viele Fehler", haderte auch Hildmann. Bei den Gegentoren seien dann auch noch üble individuelle Patzer dazugekommen.
Er habe der Mannschaft in der Pause gesagt, "das kann ganz böse enden", so Hildmann weiter. "Die zweite Halbzeit war dann etwas besser, mit drei, vier Halbchancen, aber insgesamt war das zu wenig." Jungprofi Sickinger stand zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr auf dem Platz, da er aufgrund einer Oberschenkelverletzung in der Kabine bleiben musste. "Ich hatte schon vor dem Spiel Probleme und durch die Belastung wurde es nicht besser", sagte Lauterns Nummer 25. Laut Hildmann droht Sickinger wegen der Blessur eventuell eine Zwangspause beim nächsten Heimspiel.
Quelle: Der Betze brennt
Blick in die Kurve
4.000 FCK-Fans fahren auswärts - und dann sowas
Die ersten 45 Minuten der Partie in Wiesbaden ertrugen die rund 4.000 mitgereisten FCK-Fans aus Protest gegen die verhassten Montagsspiele schweigend. Nach einem Gruß zum befreundeten FC Metz machten sie Hälfte zwei zum Heimspiel. Etwas von der Mannschaft zurück bekamen sie nicht.
"We don’t like Mondays": Aus Protest gegen die ungeliebte Anstoßzeit am Montagabend versammelten sich die meisten der zur Partie beim SV Wehen Wiesbaden mitgereisten Anhänger des 1. FC Kaiserslautern in der ersten Halbzeit hinter der bekannten Zaunfahne, mit der die Lautrer Fanszene seit Jahren gegen Montagsspiele demonstriert. Alle anderen Zaunfahnen blieben während der ersten Halbzeit eingerollt. Zudem verzichteten die FCK-Fans 45 Minuten lang auf Support. Die Anhänger des Heimteams hielten sich ihrerseits ebenfalls die ersten 20 Minuten mit Anfeuerungsrufen zurück.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit schickten die Lautrer Ultras dann einen Gruß an die befreundeten Fans des FC Metz, der am Wochenende die Rückkehr in die erste französische Liga perfekt gemacht hat. “On est en Ligue 1” (Wir sind in der ersten Liga), hieß es auf einem entsprechenden Glückwunsch-Spruchband.

Mit einem “Steht auf, wenn ihr Lautrer seid”, dem sich die Mehrzahl der insgesamt 7.544 Zuschauer trotz der desaströsen ersten Halbzeit anschloss, läuteten die FCK-Fans schließlich auch ihren Support ein. Auch die Zaunfahnen wurden zu Beginn der zweiten 45 Minuten wieder gehisst. Die Mannschaft ergab sich nun zumindest nicht mehr kampflos und kam anfangs auch zu der ein oder anderen einigermaßen gefährlichen Gelegenheit. Alles in allem feierten die FCK-Fans aber vor allem sich selbst. Sie sind aktuell ja auch mit Abstand das Beste, das der Verein zu bieten hat.

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Quelle: Der Betze brennt