Im Gespräch mit FCK-Sportdirektor Boris Notzon
Zu seiner Person existiert immer noch kein "Wikipedia"-Eintrag. Muss auch nicht, da Boris Notzon "nur" Sportdirektor eines Drittligisten ist? Kann man drüber streiten. Ein unbeschriebenes Blatt in der Branche ist Boris Notzon jedenfalls nicht. Als Leiter des Kölner "Sportslab" hat der heute 39-jährige schon vor über zehn Jahren Pionierarbeit geleistet, was digitale Datennutzung im deutschen Profifußball angeht, insbesondere in Sachen Spielerscouting. Dies ist auch weiterhin sein wichtigstes Tätigkeitsfeld als Sportdirektor beim 1. FC Kaiserslautern, wo er seine Erfahrungen im EDV-Bereich ebenfalls einbringt. Im ausführlichen Gespräch, das wir in zwei Teilen veröffentlichen, gibt er Einblicke in seine Arbeit und lässt seine nunmehr vier Jahre beim FCK Revue passieren.
Block 4.2: Herr Notzon, in den Fußballmedien taucht Ihr Name erstmals im Zusammenhang mit dem "SportsLab" des 1. FC Köln auf, das vor über zehn richtungsweise Pionierarbeit in Sachen Videoscouting und Datenanalysen im Fußball leistete. Sie leiteten das "SportsLab". Was genau haben Sie da gemacht?
Boris Notzon: Wir wollten uns im Bereich Scouting und Spielanalyse verbessern und haben uns gefragt, was technisch möglich sein könnte. Einfach ausgedrückt: Wir haben uns etliche Satellitenschüsseln aufs Dach gestellt und damit Spiele aus ausgewählten Ligen und Wettbewerben aufgezeichnet, alles digital auf einem sehr großen Server, was zu dieser Zeit ein absolutes Novum war. Dann haben wir fußballbegeisterte Sportstudenten angesprochen und Spezialisten für die einzelnen Ligen und Wettbewerbe ausgebildet. Dabei haben wir darauf geachtet, dass diese die Landessprache eines der Länder beherrschten, auf die wir uns besonders fokussiert haben. Sie konnten nicht nur den Spielkommentaren in der Landessprache folgen, sondern konnten parallel auch die Sportzeitungen des jeweiligen Landes im Internet studieren. Wir konnten zu jedem Spieler, beispielsweise aus Dänemark oder Portugal, Analysen und Spielszenen zu Stärken und Schwächen in 30 Minuten zusammenstellen oder, noch einfacher, alle Tore der norwegischen ersten Liga vom Wochenende anschauen. (…)
Quelle und kompletter Text: Block 4.2
Ergänzung, 29.11.2018:
Notzon: "Im Fussball nicht alles planbar und rational"
Wie sind Jugend- und Erwachsenenscouting des 1. FC Kaiserslautern organisiert? Und wie sieht die persönliche Bilanz des heutigen Sportdirektors nach vier Jahren FCK aus? Dies erläutert Boris Notzon im zweiten Teil unseres Interviews.
Block 4.2: Herr Notzon, in den 1990er Jahren hat der SC Freiburg unter Volker Finke gezielt Märkte beackert, die sonst kein anderer auf dem Schirm zu haben schien. So kamen starke Spieler aus Georgien, Tunesien oder Marokko zum SC. Wäre das heute noch denkbar – dass ein Klub auf dem internationalen Spielermarkt eine Nische entdeckt, aus der sich sonst noch keiner oder kaum einer bedient?
Boris Notzon: Lange Zeit bildete Island noch eine solche Nische, damit ist es aber spätestens seit der Fußball-EM 2016 vorbei. Von da haben wir ja damals auch Bödvarsson verpflichtet (Anm. der Red.: Kam im Januar 2016 ablösefrei, ging im Sommer 2016 für über drei Millionen Euro Ablöse nach Wolverhampton.) Dessen Werdegang hatte ich mal verfolgt, als er noch U17 und U19-Nationalspieler war, ihn dann aber wieder vergessen. Bei einem Spiel in Norwegen, wo es eigentlich um einen anderen Spieler ging, ist er dann wieder aufgefallen. Stefan Kuntz und Markus Schupp haben ihn dann vom FCK überzeugt. Heute ist es natürlich schwieriger geworden. In Schweden und Norwegen etwa beschäftigen viele Vereine eigene hauptamtliche Kräfte, die Spiele und Spieler ganzjährig vor Ort beobachten. Aber es gibt durchaus noch Ligen, wo nicht so viele Vereine hinschauen. Die Zweite Liga Österreichs oder Polens beispielsweise oder Portugals Dritte. (…)
Quelle und kompletter Text: Block 4.2