„Mich freut, dass die Jungs nun endlich erleben, was mit der tollen Betze-Atmosphäre möglich ist.“ (Stefan Kuntz in der "Bild")
"So habe ich das letzte Mal im
Meisterjahr ´98 gejubelt", "Es war wie Anfang der 90er", "Es war wie zu besten Zeiten", schreiben Augenzeugen der Zweitligapartie FCK gegen Aachen.
Ein roter Wurm von Fans windet sich nach dem Spiel die Straßen des Betzenbergs herunter, es wird laut gesungen, es wird getanzt, es wird sich unaufhörlich umarmt. Im Innern des Stadions, die Protagonisten des Spiels stehen schon lange unter der Dusche, ein ähnliches Bild: Hunderte schmettern mit unbändigem Stolz das Liedgut der roten Teufel. Immer und immer wieder. Gestandene Männer lehnen mit entrückten Gesichtern an den roten Wänden und gucken wie Vierjährige, die gerade ihren ersten Fußball bekommen haben.
Fakt ist: Der FCK steht immernoch mit anderthalb Beinen in der dritten Liga, vorausgesetzt er bekommt die Lizenz. Wie sind die oben beschriebenen Emotionen, die man nur von einer Meisterschaft kennt, dann rational zu erklären?
Als Kind sind wir oft auf Bäume geklettert. Große mächtige Bäume mit dicken Ästen. Bewegte man sich anfangs noch ein wenig vorsichtig, wurde man von Mal zu Mal immer sicherer, bis man die Angst völlig ablegte. Es konnte einfach nichts passieren. Es war ein unbeschreibliches Gefühl, ein Gefühl, dass man nur an diesem einen Ort bekommen konnte.
Irgendwann ist dann der erste Ast gebrochen, man sah darüber hinweg und scherte sich nicht weiter drum. Auch als weitere Äste brachen, wollte man sich nicht beirren lassen, dafür war das Gefühl, dass man auf diesem Baum hatte, zu einmalig. Irgendwann begann man aber nachzudenken - es war nicht mehr wie früher. Kein Ast schien mehr zu halten. Immer wenn man dachte, es geht wieder, machte es "Knack". Das Vertrauen war weg, was blieb war die Erinnerung, die aber auch mit der Zeit zu verblassen verschien....
Irgendwann nahm uns ein Mann, den wir von früher kannten, an die Hand und stieg mit uns den Baum hoch. Unsere Knie zitterten, aber der Mann schien alles im Griff zu haben. Wir wollten ihm vertrauen, aber es ging nicht, unsere Angst war zu groß. Lieber am Boden bleiben und nicht wieder tief fallen und schmerzhaft aufschlagen. Doch der Mann ließ sich davon nicht beeindrucken, er nahm uns entschlossen mit auf den Baum - wir hatten die Hosen voll, schwitzten und litten, haderten und fluchten. Irgendwann, wir hatten es gar nicht mitbekommen, standen wir fast auf dem Wipfel des Baums, getrauten uns fast nicht die Augen zu öffnen - als wir es doch taten, durchströmte uns ein lange nicht gekanntes Glückgefühl. Es war unbeschreiblich, es war wie früher...
Am Freitag haben wir dieses
Urvertrauen zurückgewonnen. Das Urvertrauen in den Betze, mit seinen seltsamen Riten und Gesetzen. Erinnert ihr euch an die Szene - Mitte der zweiten Halbzeit, als Bellingshausen seinen Gegner nahe des Mittelkreises in Ringer-Manier zu Boden drückt. Es war ein taktisches Foul, eine glasklare gelbe Karte. Aber was macht der Schiri? Er pfeift, aber er verharrt mit eindeutiger Körpersprache. Er will nicht zum Tatort des Geschehens, weil dort eine halbe Sitztribüne steht und zetert. Diese eine Szene hat mich dermaßen an die frühen 90er erinnert - genau wie Ziemers Tor in bester Kuntz-Manier.
Wir brauchen uns nicht für unser Stadion verstecken; dieses Stadion ist ein Monster, dass sich am Freitag von der Kette gerissen hat. Die Wucht der Tribünen ist nicht weniger geworden, ganz im Gegenteil. Es liegt nur an uns, an jedem einzelnen. Wir brauchen keine Megaphonanlage, die uns animiert, sondern eine, die uns unterstützt (Danke Kempf!). Der Betze kann immer noch Spiele gewinnen!
Lasst uns gegen Pauli und Köln alle wieder auf die Bäume klettern

"Ich verliebte mich in den Fußball, wie ich mich später in Frauen verlieben sollte: plötzlich, unerklärlich, unkritisch und ohne einen Gedanken an den Schmerz und die Zerrissenheit zu verschwenden, die damit verbunden sein würden." (Nick Hornby, "Fever Pitch") #Unzerstörbar