Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-BTSV

DBB-Analyse: Ritter-Show mit Krahl als Security-Chef

DBB-Analyse: Ritter-Show mit Krahl als Security-Chef


Dem Anhang einen fetten 5:0-Sieg beschert und Selbstvertrauen fürs Pokalfinale getankt - was will man mehr? So ein bisschen was stimmt aber auch nach diesem perfekten Nach­mit­tag des 1. FC Kaiserslautern gegen Eintracht Braunschweig nachdenklich.

Nicht wenige unter den offiziell 47.901 Zuschauern werden sich im Laufe dieser Partie mehrmals die Augen gerieben und sich gefragt haben: Ist das tatsächlich die Mannschaft, die uns in dieser Saison so viel Kummer und Sorgen bereitete? Es gab ja nicht nur fünf Tore zu bejubeln. Erfreulich war auch, dass hinten die Null stand, erst zum zweiten Mal nach 34 Liga-Runden. Oder, dass die Lautrer stilistische Elemente in ihr Spiel einbrachten, die der Anhang so bislang nur selten oder gar nicht gesehen hatte.

Die "Wyscout"-Analysten zählten alleine sechs Ballbesitzphasen, die länger als 45 Sekunden andauerten - bislang waren zwei in einer Partie so ziemlich das höchste der Gefühle, was die Roten Teufel zu zeigen vermochten. Insgesamt 88 Prozent aller Pässe fanden ihren Mitspieler - ein Wert, der acht bis zehn Prozentpunkte über dem liegt, den die Betze-Buben normalerweise so produzierten. Und: Sie probierten es mal nicht nur über die Flügel, sondern kombinierten sich insbesondere im ersten Spielabschnitt häufiger durch die Mitte.

Lange Ballstafetten - ein Ausblick in die Zukunft? Wohl weniger

Ums Haar hätte Marlon Ritter schon nach 13 Minuten nach einer Kurzpassstafette den Führungstreffer markiert. Ein kurzes Zuspiel von Tobias Raschl aus dem Zehnerraum schob er mit der Pike nur Zentimeter am Kasten von Eintracht-Keeper Ron-Thorben Hoffmann vorbei. Davor war der Ball eine geschlagene Minute durch die eigenen Reihen gelaufen - nur für einen Wimpernschlag unterbrochen von einem Braunschweiger Bein, das einen Schussversuch von Filip Kaloc abwehrte.

Das 1:0 wurde dann zwar von Tymo Puchacz über links vorbereitet, wie es schon häufiger vorgekommen war. Der Pass auf ihn kam aber ebenfalls aus der Zentrale, rund 15 Meter vorm Sechzehner. Ritter hatte ihn gespielt und sich daraufhin direkt vors Tor bewegt, wo er Almamy Tourés geistesgegenwärtige Ablage über die Linie drückte. Auch dieser Abschluss stand am Ende einer Ballbesitzphase, die über 45 Sekunden dauerte.

Ob dieser Auftritt die schon lange herbeigesehnte spielerische Weiterentwicklung in der kommenden Saison ankündigte? Darüber zu spekulieren, wäre wohl ein wenig überoptimistisch. Gehen wir einfach mal davon aus, dass diese Spielfreude sich aus einer gewissen Lockerheit in den Köpfen entwickelte, die sich nach dem seit einer Woche feststehenden Klassenverbleib festsetzte.

Zweimal Standardsituation, einmal stören, einmal umschalten

Bei den Treffern in der zweite Hälfte demonstrierten die Gastgeber hingegen bereits bekannte Stärken. Ihre Kernkompetenz - Kopfballtore nach Eckbällen - nutzten sie diesmal zwar nicht, zweimal nach ruhenden Bällen aber waren sie dennoch erfolgreich: Einmal nach einem indirekten Freistoß, den Puchacz Ritter auflegte, worauf dieser vom linken Flügel in die Mitte zog und das Leder traumhaft zum 2:0 im langen Eck versenkte. Und einmal nach einem direkten Freistoß, den der eingewechselte Aaron Opoku aus rund 25 Metern zum 5:0 über die Gästemauer zirkelte.

Dazwischen lagen ein Treffer Daniel Hansliks, der sich einen missglückten Rückpass Anton Donkors erlief. Den allerdings hatte Frank Ronstadt provoziert, indem er den linken Außenbahnspieler der Eintracht energisch beharkte. Überhaupt vertrat Ronstadt den gelbgesperrten Jean Zimmer ordentlich.

Treffer Nummer vier wiederum resultierte aus einem bilderbuchmäßig aufgebauten Angriff nach einem Ballgewinn vorm eigenen Sechzehner. Gekrönt von einer prima Diagonalflanke Kenny Redondos, der in seiner neuen, offensiven Rolle einmal mehr brillierte. Diesmal war er eigentlich sogar mehr Mittelstürmer als Hanslik, der auf dem Papier den etatmäßigen Mann im Zentrum vertrat. Der angeschlagene Ragnar Ache wurde von FCK-Trainer Friedhelm Funkel mit Blick auf anstehende DFB-Pokal-Finale gegen Bayer Leverkusen geschont.

Den abwehrschwachen FCK gab es auch zu sehen

Das Redondo-Zuspiel nahm der mitlaufende "MR7" auf, der die Gelegenheit zu seinem dritten Treffer markierte und so zum gefeierten Helden aufstieg. Doch damit so ein Ritter-Spektakel reibungslos über die Bühne geht, braucht es einen Security-Chef, der es absichert. Und den gab Julian Krahl. Auch wenn das Ergebnis am Ende klar für sein Team sprach - hätte der Keeper nicht mehrmals Kopf und Kragen riskiert, wäre auch ein 5:3 oder ein 5:4 möglich gewesen.

Denn den in der Abwehr wackelnden FCK gab es nämlich trotz des klaren "Zu Null"-Ergebnisses durchaus auch in dieser Partie zu sehen.

Schon in der Anfangsphase musste Krahl zwei Mal gegen frei vor ihm auftauchende Gästestürmer parieren. Einmal gegen Rayan Philippe, einmal gegen Sidi Sané. Beide Male hatten sie die wendigen, schnellen Offensivkräfte durch die Dreier-Abwehrkette gemogelt, in der Kevin Kraus in seinem womöglich letzten Spiel für FCK den zentralen Innenverteidiger gab. Boris Tomiak rückte dafür nach links, um den angeschlagenen Jan Elvedi zu vertreten. Der rechte Innenverteidiger indes verabschiedete sich bereits nach 57 Minuten. Almamy Touré sah nach einem unbeherrschten Ellbogenstoß gegen Eintracht-Kapitän Jannis Nikolaou Rot. Eine harte, aber vertretbare Entscheidung. Aufs Pokalfinale wird die aus dem Platzverweis resultierende Sperre keinen Einfluss haben, aber beim Saisonauftakt 2024/25 wird Touré fehlen.

Unterzahl bietet Gelegenheit, Umschalten zu üben

Das war einerseits ein Missklang an diesem herrlichen Pfingstsonntag, Coach Funkel rang jedoch auch diesem etwas Positives ab. Denn so hatte sein Team, nun in einem 4-4-1 formiert, die Gelegenheit, "Umschaltspiel" zu üben, dass gegen die Übermannschaft Leverkusen am kommenden Samstag mit Sicherheit eher angesagt ist als Kombinationskunst. Und das mit Erfolg: Zwei der fünf Treffer fielen in Unterzahl. Wie auch der gesamte Auftritt Gelegenheit, nochmal tüchtig Selbstvertrauen zu tanken vor dem großen Saisonfinale.

Zu den Grafiken. Die xG-Timeline bestätigt, was Friedhelm Funkel schon unmittelbar nach dem Spiel sagte: "Wenn mir einer nach 20 Minuten gesagt hätte, dass wir dieses Spiel überhaupt gewinnen, hätte ich leichte Zweifel gehabt."

xG-Timeline FCK-BTSV

Die Positions- und Passgrafik verdeutlicht noch einmal die Rolle Redondos (Nr. 11): Eigentlich war er der Mittelstürmer. Allerdings spiegeln die Spots nur Mittelwerte wider. Faktisch präsentierte sich das gesamte Offensivtrio Redondo - Hanslik - Ritter sehr beweglich.

Passmap FCK

Die Passmap der Braunschweiger bestätigt: Die Gäste waren spielstärker, als es das Ergebnis aussagt.

Passmap BTSV

Und zum Abschluss die Überkreuztabelle der geführten Duelle: Boris Tomiak einmal mehr makellos.

Zweikampf-Duelle FCK-FCM

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2023/24: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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