Interview mit Aufsichtsratskandidat Martin Weimer

"Indiskretionen sind ein großes Übel unseres Klubs"

"Indiskretionen sind ein großes Übel unseres Klubs"


Der stets diskret agierende Martin Weimer ist der Finanzexperte im Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern. Im DBB-Interview gibt er Auskunft zur wirtschaftlichen Situation des Vereins, wann die Fan-Säule geöffnet wird und wie die Sache mit Dubai war.

Der Betze brennt: Martin Weimer, die Roten Teufel stecken weiter in der sportlichen Krise - was ist in den vergangenen 14 Monaten schiefgelaufen beim 1. FC Kaiserslautern?

Martin Weimer (61): Wir haben zu wenige Spiele gewonnen. Aber um die Frage professionell beantwortet zu bekommen, stehen Ihnen der Geschäftsführer und der Sportdirektor zur Verfügung. In meiner Funktion als Aufsichtsrat treffe ich nicht die sportlichen Entscheidungen und werde mich dazu auch öffentlich nicht äußern. Meine persönliche Sichtweise kommuniziere ich den entsprechenden Gremien. So, wie ich es bisher immer gehandhabt habe.

Der Betze brennt: Sie sitzen seit dem 01. Dezember 2019 im Aufsichtsrat des FCK e.V. und auch im Beirat der FCK-Kapitalgesellschaft. In dieser Zeit ist viel passiert, und trotz der angesprochenen Tabellensituation auch keineswegs nur negatives. Welche positiven Fortschritte konnten Sie in Ihrer bisherigen Amtszeit in Bewegung setzen?

Weimer: Weil wir, Geschäftsführung und Gremien, gut vorbereitet waren, haben wir in relativ kurzer Zeit das Insolvenzerfahren der FCK KGaA in Eigenverwaltung erfolgreich abgeschlossen. Die Forderungen gegen den FCK e.V. konnten, unter Erhalt der Beteiligung an der KGaA, wesentlich reduziert werden. Wir haben eine Investorengruppe gefunden, die die Basis für den Fortbestand des FCK sichergestellt hat. Und für die Zeit nach der Wahl gibt es einen klaren Plan, um das wirtschaftliche Fundament von e.V. und KGaA weiter zu stärken und zukunftssicher zu machen.

"Wir müssen die Voraussetzungen für die Öffnung der Fan-Säule schaffen"

Der Betze brennt: Nun treten Sie zur Wiederwahl an, bei der es um eine Amtszeit von knapp drei weiteren Jahren geht. Was sind die größten Baustellen in diesem Zeitraum und was hat in ihrer "To-do-Liste" die höchste Priorität? Wie lautet Ihr persönlicher Drei-Jahres- Plan für den FCK?

Weimer: Die weitere wirtschaftliche Stabilisierung des Konzerns FCK, also e.V. und KGaA, die eng verknüpft ist mit der Kernfrage der sportlichen Entwicklung im gesamten Klub. Auch müssen die Versprechungen im Rahmen der Ausgliederung - Stichwort Öffnung der Fan-Säule - ihre Umsetzung finden. Aber erst dann, wenn die wirtschaftlichen Voraussetzungen, der Turnaround, geschafft sind. Ich werde diesen Schritt solange nicht gutheißen, solange für die Fans die Risiken größer als die Chancen sind. Aber ich denke, wir sind schon heute gut vorbereitet und mit den Investoren hat der FCK Partner aus der Region gefunden, die uns die Grundlagen dafür ermöglicht haben.

Was mir noch sehr am Herzen liegt ist die Außendarstellung unseres Klubs. Es geschieht zu oft und immer wieder, dass durch Indiskretionen Informationen an die Öffentlichkeit geraten, die dort zwar zum Großteil hingehören, aber zu einer anderen Zeit, in einem anderen Kontext oder primär durch Pro-Aktivität des FCK. Das müssen wir in den neuen Gremien gemeinsam mit allen Funktionsträgern, Investoren und Sponsoren in den Griff bekommen. Wir sind heute zu oft von schlechten Nachrichten gehetzt. Zum Nachteil der ganzen FCK-Familie.

Der Betze brennt: Damit sind wir schon beim nächsten Thema angelangt: Im Sommer 2020 hielt den FCK neben der Insolvenz vor allem die Investorensuche in Atem, an deren Ende nach schlimmen Querelen die Ablehnung des sogenannten Dubai-Angebots und der Rücktritt Ihres Ratskollegen Jörg Wilhelm stand. Damals wurden auch schwere Vorwürfe laut, laut Wilhelm wurden er selbst und Sie von entscheidenden Sitzungen ausgeschlossen, wozu Sie selbst aber nie ein Statement abgaben. Können Sie uns heute sagen, wie es wirklich war? Wurden Sie im Investoren-Prozess ausgegrenzt?

Weimer: Warum ist diese Frage von Gestern heute noch so interessant? Hierzu haben sich aus meiner Sicht zu viele Menschen zu Wort gemeldet. Meine Sichtweise: Es gab einen Prozess und da stand am Ende ein demokratischer Beschluss. Kein einstimmiger, sondern ein Mehrheitsbeschluss. Pro Regionaler Investoren. Und das war gut so. Da es dem Verein die höchst mögliche Identität erhält.

Aber an dieser Stelle möchte ich mich nochmals generell zu Gremienarbeit äußern. Nicht jede Entscheidung wird einstimmig getroffen werden können. Das wäre auch schlecht, da ständige Gleichheit auch Stillstand bedeuten kann. Deshalb sind Entscheidungen, denen kontroverse Diskussion vorangehen, eigentlich die besten Zeichen für erfolgreiche Arbeit von Gremien. Was uns beim FCK bis heute noch nicht gelingt, ist, nach innen laut und nach außen mit einer Stimme zu sprechen.

"Wir haben Wesentliches geleistet, aber vieles liegt auch noch vor uns"

Der Betze brennt: Sie sind Ihr Leben lang im Finanzbereich tätig und gelten als der Fachmann für alle wirtschaftlichen Themen im FCK-Aufsichtsrat. Ganz direkt gefragt: Wie beurteilen Sie die finanzielle Situation beim FCK als Ganzes, aber auch einzeln unterteilt in Kapitalgesellschaft und eingetragenen Verein?

Weimer: Hier möchte ich dem Bericht des Aufsichtsrates im Rahmen der Mitgliederversammlung und der Berichterstattung des Geschäftsführers der FCK KGaA nicht vorweg greifen. Aber in drei Sätzen zusammengefasst: Ich bin der Überzeugung, dass wir Wesentliches geleistet haben, aber noch eine gewaltige Wegstrecke mit klaren Zielkoordinaten vor uns liegt. Das Gute daran: Das Ziel liegt nicht im Nebel, sondern ist klar erkennbar. Damit keimt berechtigterweise Hoffnung auf, dass wir das Ziel in der anstehenden Amtsperiode mit kontinuierlicher Fortführung der Zusammenarbeit von Mitgliedern, Gremien, Investoren und Sponsoren auch erreichen werden.

Der Betze brennt: Seit 2020 sind Sie beruflich für die sogenannte "Bodensee Bank" (offizieller Name: Internationales Bankhaus Bodensee; Anm. d. Red.) aktiv, einen Sport- Finanzierer, der von außen betrachtet vergleichbar ist mit der Firma Quattrex - welche den FCK-Fans vermutlich eher ein Begriff ist. Was antworten Sie den Mitgliedern, die hierdurch einen möglichen Interessenkonflikt mit ihrem Amt beim FCK sehen? Und zugleich auch in die andere Richtung gefragt, könnte sich hierdurch sogar ein Vorteil entwickeln, etwa wenn der FCK mal wieder Geld benötigt?

Weimer: Der Vergleich ist absolut unzutreffend. Ich arbeite in einer Geschäftsbank mit Vollbanklizenz. Fragen zum Compliance Management und die Vermeidung von Interessenskonflikten haben in jeder Bank, die zudem der öffentlichen Aufsicht unterliegt, höchste Priorität und nehmen damit einen bedeutenden Raum ein. Sollte es nur einen geringsten Ansatz von Interessenskonflikten geben, so wäre ich heute kein Kandidat. Ich denke der FCK profitiert von meiner Expertise.

"Es ist noch nicht der Status erreicht, um aufzuhören"

Der Betze brennt: In unserem Kandidaten-Interview von 2019 sagten Sie: "Durch eine klare Trennung zwischen operativer Geschäftsführung und Aufsichtsrat, die die Satzung des FCK vorgibt, wird Transparenz geschaffen, die als Voraussetzung für ein nachhaltig positives Investitionsklima gilt." Diese Trennung schien in den letzten Monaten, etwa bei der schon angesprochenen Investoren-Debatte oder bei der jüngsten Trainersuche, nicht immer gelungen. Wie beurteilen Sie das?

Weimer: Meine Aussage von 2019 gilt heute unverändert. Und so übe ich mein Amt Tag für Tag auch aus. Aber was ist die Ursache, dass Sie mir eine solche Frage überhaupt stellen? Zum einen ist es Ihre oder die öffentliche Wahrnehmung, Ihr individuelles Empfinden. Und diese Wahrnehmung wird begründet durch Indiskretionen und Befindlichkeiten, die aus den innersten Gremien des FCK kommen. Die Motive hierzu kenne ich nicht. Ich habe jedoch die Überzeugung, dass dies ein großes Übel unseres Klubs ist. Das zu verändern, ist eine der wichtigsten Aufgaben in der neuen Periode. Dazu bedarf es Vertrauen und Kontinuität in den Gremien.

Der Betze brennt: Abschließend möchten wir Sie gerne um ein Plädoyer in eigener Sache bitten: Wie würden Sie Ihre Kandidatur zusammenfassen und weshalb sollten die FCK-Mitglieder Ihnen am 26. Februar ihre Stimme geben?

Weimer: Neutralität, Robustheit und 25 Jahre Expertise im Profisport. In der Administration im Ehrenamt und im Hauptamt als Banker. Ich bin der Überzeugung, dass meine Sachlichkeit, mein Blick von außen und meine Praxiserfahrung, den Gremien sehr oft mehr Objektivität ermöglicht.

Ich bin vor 14 Monaten gefragt worden, ob ich mich bereit erkläre, für dieses Amt zu kandidieren. Ich habe Ja gesagt mit dem Ansinnen, etwas Positives und Bleibendes zu schaffen. Es ist noch nicht der Status erreicht, um aufzuhören.

Der Betze brennt: Besten Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei den Wahlen!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes, Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Komplette Interviewserie: Die Kandidaten zur Aufsichtsratswahl am 26. Februar 2021

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