Taktik-Nachlese zum Spiel SVM-FCK

Die Taktikanalyse: Ungeiler geht's nicht

Die Taktikanalyse: Ungeiler geht's nicht

Trotz zwei Toren wenig Grund zum jubeln beim FCK; Foto: Imago Images

Mit 2:3 verliert der 1. FC Kaiserslautern beim SV Meppen auch das Saisonspiel, das bislang wohl am leichtesten zu gewinnen gewesen wäre. Diese Darbietung zu analysieren macht nicht wirklich Spaß, ist aber Chronistenpflicht.

Was soll man dazu auch noch sagen? Selbst FCK-Trainer Jeff Saibene war unter dem Eindruck dieses Auftritts seiner Jungs hinterher fassungs-, fast sogar wortlos. Er empfahl, einfach nur den dritten Gegentreffer anzuschauen, "dann hat man das ganze Spiel gesehen." In der Tat ist es bezeichnend, wie der eingewechselte Meppener Stürmer Lukas Krüger - mit 1,88 Meter Körpergröße von der Natur nicht unbedingt als Dribbelkönig vorgesehen - von der linken Abwehrseite des FCK ein Solo an gefühlt sieben Lautrern vorbei abschließen darf. Es war der erste Treffer des 20-Jährigen in der 3. Liga. Dem jungen Mann sei an dieser Stelle viel Glück für seine weitere Laufbahn gewünscht, gleichzeitig aber sei angemerkt: So leicht wirst du es nur noch selten haben. Womöglich nie mehr.

Fehler über Fehler, oftmals über die linke Abwehrseite

Die anderen beiden Treffer waren jedoch nicht minder signifikant. Beim 0:1 verlieren die zugeteilten FCK-Spieler nach einer Freistoßflanke von Christoph Hemlein gegen Meppens Innenverteidiger Bünning und Puttkammer gleich zwei Kopfballduelle hintereinander - nach dem zweiten liegt der Ball folgerichtig im Tor.

Dem 1:2 geht ein Ballverlust von Marlon Ritter in der Vorwärtsbewegung voraus, etwa in Höhe der Mittellinie. Diese linke Seite präsentiert sich schon seit Saisonbeginn fehlerbehaftet, was Defensivarbeit angeht - auch wenn Adam Hlousek immer wieder mal schöne Flanken schlägt.

Marco Kurz, der letzte "Aufstiegstrainer", den der FCK feiern durfte - er führte sein Team vor zehn Jahren von der Zweiten in die Erste Liga zurück - philosophierte einmal über die "Geilheit auf den Sieg", die ein Spiel entscheide. Taktische Sperenzchen spielten im Fußball eigentlich eine bescheidenere Rolle, als gemeinhin angenommen werde.

Erst Ritter raus, dann Zuck: Eine gute Idee?

Apropos taktische Sperenzchen: So verständlich der Frust Jeff Saibene ist, eine Frage muss er sich in seiner Aufarbeitung auch selbst stellen: War es richtig, nach einer Stunde Ritter rauszunehmen - und später auch noch Zuck? Das ist einerseits nachvollziehbar: Saibene wollte durch die Einwechslung Daniel Hansliks von einem 4-1-4-1 auf ein 4-4-2 umstellen, und rein strukturell gedacht, war es die am nächsten liegende Lösung, Ritter vom Feld zu nehmen.

Andererseits: Rechtsfuß Ritter ist gegenwärtig nicht nur der stärkste Individualist im Team, gemeinsam mit Linksfuß Zuck schlägt er auch die besten ruhenden Bälle - und dass die Meppener diese oft nur schlecht verteidigen, wurde nicht erst in diesem Spiel offenbar. Auch Lautern hatte seine beiden Treffer bereits nach Ecken erzielt. Beim ersten verwertete Zuck eine zu kurz abgewehrte Hereingabe Ritters, den zweiten markierte Marvin Pourié nach Zuck-Ecke direkt. Zuck war nach seinen beiden Torbeteiligungen zudem der Mann mit der breitesten Brust im FCK-Trikot.

Fatal: Auch der zweite Ausgleich entfacht kein Feuer

Apropos 2:2-Ausgleichstreffer, apropos "Geilheit auf den Sieg". Zwar wirkten die Roten Teufel auch schon bis zu dieser 66. Minute eher ungeil, aber wieso sie angesichts dieses Spielverlaufs nicht wenigstens an diesem Punkt ein wenig erotisiert wurden, ist ein vollkommenes Rätsel. Die Meppener, die zuletzt vier Mal in Folge verloren hatten, hatten nun zwei Führungen abgegeben und schienen nun in jeder Beziehung bereit zu unterliegen - doch mochte die FCK-Kicker partout keine Leidenschaft packen. Stattdessen durfte Krüger fünf Minuten vor Schluss dann doch noch den Seinen "Lust pur" bescheren.

Grafiken vermögen nun einmal keine Emotionen widerzuspiegeln, drum bedürfen die "expected Goals" (xG) diesmal keiner großen Kommentierungen. Die xG-Timeline weist ein 1:06 : 0,96 zugunsten des SV Meppen aus, was die Summe der qualitativ bewerteten Torchancen angeht.

xG-Plot

Ob der 1:0-Führungstreffer, den Skarlatidis auf dem Fuß hatte, ein Aphrodisiakum für die ungeilen Lautrer gewesen wäre? Müßig zu fragen.

Die Positions- und Passgrafik bestätigt, was wir auch in den Spielen zuvor schon als Saibenes Spiel wahrgenommen haben: Es läuft bedeutend mehr über die Flügel als unter Vorgänger Schommers, auch die Passkommunikation sieht eigentlich ordentlich aus. Nutzt nur nichts, wenn von vorne bis hinten keine Aggressivität im Spiel ist. Oder eben die besagte "Geilheit auf den Sieg".

xG-Passmap FCK

Für mitlesende Meppen-Fans hier die Positions- und Passgrafik der Emsländer. Die könnt Ihr Euch selbst kommentieren.

xG-Passmap Meppen

Halten wir fest: Nach vier Unentschieden in Folge hat die Mannschaft ihrem neuen Trainer nun die erste Niederlage beschert - mit der schwächsten Leistung seit dem 0:3 bei Türkgücü München, damals gegen einen, auch das muss konstatiert werden, wesentlich stärkeren Gegner. In der Woche vor dem München-Spiel war Trainer Boris Schommers durch den Rücktritt von Aufsichtsratsmitglied Martin Wagner und der Forderung nach dessen Entlassung, die parallel öffentlich gemacht wurde, schwer angeschlagen worden.

Zum 100. Geburtstag Fritz Walters: Die Frage nach der Ehre

Mit dem Auftritt in München goss die Mannschaft den Schommers-Gegnern anschließend dermaßen viel Öl ins Feuer, dass dessen Verabschiedung geradezu unumgänglich wurde. Schwerer enttäuschen kann eine Mannschaft ihren Trainer nicht, vom Anhang mal ganz abgesehen.

So, wie dieses Personal an diesem Samstag in Meppen aufgetreten ist und so konsterniert, wie Jeff Saibene sich nach der Partie gab, riskiert sie regelrecht, dass dieser Trainer von sich aus geht, noch ehe er entlassen werden kann.

So "uncool" eine solche Aussage in der heutigen Zeit auch wirken mag: Es ist an der Zeit, mal wieder ans gute, alte Ehrgefühl dieser Kicker zu appellieren. Die Woche, in der Fritz Walters 100. Geburtstag begangen wird, bietet dazu doch eine ideale Gelegenheit.

Abschließend noch eine Bemerkung in eigener Sache. Die Taktik-Analysen der vorherigen FCK-Spiele, auch gegen Bayern II und Ingolstadt, findet Ihr stets aktuell in unserem Saison-Inhaltsverzeichnis im DBB-Forum oder auch direkt hier:

- Die xG-Analyse zum 3. Spieltag: SV Wehen Wiesbaden - 1. FC Kaiserslautern 2:2
- Die xG-Analyse zum 4. Spieltag: 1. FC Kaiserslautern - Waldhof Mannheim 1:1
- Die xG-Analyse zum 5. Spieltag: Bayern München II - 1. FC Kaiserslautern 0:0
- Die xG-Analyse zum 6. Spieltag: 1. FC Kaiserslautern - FC Ingolstadt 1:1

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Kohlmeyer

Weitere Links zum Thema:

- Neu auf DBB | Grafiken sagen nicht alles, aber viel: Die xG-Analysen von den FCK-Spielen

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