Kummt Senf druff

Same procedure as every year - nur früher

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Nach nur zwei Spieltagen hat der 1. FC Kaiserslautern die Reißleine gezogen und Trainer Boris Schommers beurlaubt. Sein Scheitern erhöht in den kommenden Wochen den Druck auf die Entscheidungsträger und die Mannschaft. Ein Kommentar von DBB-Autor Flo.

Zum Trainingsauftakt am 06. August 2020 wollte Boris Schommers den 1. FC Kaiserslautern noch zu einer der "Top-Mannschaften der Liga" machen. Und zwar explizit vom ersten Spieltag an, wie er kurz darauf im DBB-Sommerinterview nochmals bekräftigte. Rund sieben Wochen später scheint davon nichts mehr übrig zu sein. Nach zwei Niederlagen steht der FCK nicht nur auf dem letzten Tabellenplatz der 3. Liga, sondern auch mal wieder ohne Trainer da. Am Dienstag verkündete der Klub die Trennung von Boris Schommers. Der 41-jährige reiht sich damit nahtlos in die Liste der Übungsleiter ein, die sich in den vergangenen Jahren erfolglos daran versuchten, den FCK in ein besseres Fahrwasser zu führen.

Durch Schommers’ Beurlaubung nach nur zwei Spieltagen stehen auch die Entscheidungsträger des FCK noch mehr im Fokus. Der Druck auf sie dürfte in den kommenden Wochen nicht weniger werden. Vielsagend erscheint dabei folgendes Zitat aus der offiziellen Pressemitteilung: "Wir haben viele interne Gespräche geführt, über die Ausrichtung des FCK im sportlichen Bereich, insbesondere die Art und Weise wie wir in der 3. Liga Fußball spielen wollen. Wir sind an dieser Stelle zwischen allen Beteiligten nicht auf den gemeinsamen Nenner gekommen, so dass der Verein einheitlich entschieden hat, in dieser Situation eine Veränderung herbei zu führen."

Die FCK-Verantwortlichen hätten am ehesten frühzeitig merken müssen, ob etwas im Innenleben der Mannschaft nicht stimmt oder ob mit dem Trainer die sportlichen Ziele gefährdet sind. Anzeichen dafür gibt es schon während der Verbandspokalspiele gegen Morlautern und Waldalgesheim im August. Schommers führt damals als Erklärung für die schwache Performance in beiden Partien zwar an, dass die Spiele mitten in der Vorbereitung stattfanden. Andererseits hatten beide Gegner durch den Saisonabbruch in der sechstklassigen Verbandsliga seit mehr als fünf Monaten gar kein Fußball gespielt, während der FCK die Saison in der 3. Liga noch auf sportlichem Weg beenden konnte.

Sportliche Bilanz durchwachsen - Fragliche Umstellung in der Winterpause

Seit seinem Amtsantritt Mitte September 2019 darf sich Schommers seinen eigenes Konstrukt zusammenbauen. Erst werden mit Christoph Hemlein, Janek Sternberg und Antonio Jonjic drei Spieler aussortiert, Anfang dieses Jahres muss auch Betze-Ikone Gerry Ehrmann nach einem Streit mit Schommers gehen. Der Aufschrei in der Fangemeinde ist groß, doch Schommers hält auch Beleidigungen von Anhängern beim Training bemerkenswert stand. Und er genießt den Rückhalt von Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt und Sportdirektor Boris Notzon. Die Diskussionen in der Causa Ehrmann werden anschließend auch durch die Corona-Pandemie gestoppt.

Im Fußball zählt aber in erster Linie, was auf dem Platz passiert. Und da darf man Schommers’ Gesamtbilanz getrost als durchwachsen bezeichnen. Zum Amtsantritt des gebürtigen Leverkuseners liefert der FCK in München, Duisburg oder Chemnitz schaurige Darbietungen ab. Nachdem unter dem 41-Jährigen aus seinen ersten sechs Ligaspielen nur ein einziger Sieg eingefahren werden kann und die Roten Teufel sogar auf einen Abstiegsplatz abrutschen, gelten seine Tage in der Pfalz im November 2019 schon fast wieder als gezählt. Erst ein 3:0-Sieg in Uerdingen scheint die Roten Teufel und Schommers nach der Hemlein-Suspendierung auf den richtigen Weg zu bringen. Bis zur Winterpause holt der FCK 16 Punkte aus sechs Spielen und spielt zudem auch noch guten Fußball. Die Hoffnung, das unter Vorgänger Sascha Hildmann und Schommers selbst vermaledeite erste Saisondrittel doch noch wettzumachen, ist berechtigt. Seinen großen Auftritt hat Schommers zudem Anfang Dezember, als er auf der Jahreshauptversammlung eine flammende und bemerkenswerte Ansprache hält und dafür von den Mitgliedern tosenden Applaus erntet.

Zum Start ins neue Jahr staunen viele Beobachter dann nicht schlecht: Schommers will seinem Team mehr taktische Variabilität verschaffen und weicht vom vor der Winterpause erfolgreich praktizierten 4-4-2-System ab. Von nun an spielt der FCK in einer 4-3-3-Formation. Bis zuletzt betont er immer wieder, dies sei kein großer taktischer Unterschied und habe keinen Einfluss auf die Spielweise. Gegen Großaspach und in Ingolstadt sind die Leistungen noch gut, doch in beiden Spielen gelingt trotz Überlegenheit und jeder Menge Torchancen kein Sieg. Die vor Weihnachten entstandene Euphorie ist dahin und auch nach den beiden erwähnten Spielen stimmen die Ergebnisse nicht. Negativer Höhepunkt ist ein 3:3 zuhause gegen Meppen, als der FCK in den letzten Minuten einen sicher geglaubten Sieg noch verspielt. Von den ersten sieben Spielen im neuen Jahr gewinnt der FCK kein einziges. Haben die Roten Teufel zu Beginn von Schommers’ Amtszeit noch Probleme mit der Wachsamkeit vor der Pause, so rückt nun die Schläfrigkeit in den letzten Minuten der Partien in den Fokus. Dauerthema bleibt außerdem die Schwäche bei eigenen und gegnerischen Standardsituationen.

Der FCK steht Anfang März nur noch zwei Punkte vor dem ersten Abstiegsplatz. Dann wirbelt die Corona-Pause alles durcheinander. Zum Re-Start Ende Mai gelingt dem FCK ein 1:0-Sieg in Magdeburg. Mit mehr Glück als Verstand. Am Saisonende schlagen die Lautrer sogar Überraschungsmeister Bayern II und gehören in der "Corona-Tabelle" zu den besten Teams der Liga. Alleine mit den Ergebnissen der englischen Wochen zum Liga-Abschluss hätte es zum Aufstieg gereicht. Allerdings hat eine Saison 38 Spiele und nicht nur elf. Schommers und der FCK beenden die Spielzeit auf einem insgesamt enttäuschenden 10. Platz, auch die Rückrundentabelle mit Platz 9 ist nicht viel besser, aber dennoch geht das Team mit einer gesunden Portion Mut in die neue Spielzeit.

Selbstbewusst und voller Tatendrang mit neuem Kader

Schließlich darf Schommers sich nun erstmals "seinen" Kader zusammenstellen und arbeitet in der Vorbereitung akribisch mit der neuen Mannschaft. Doch wie bereits erwähnt, hakt es bereits in den beiden Nachholspielen des Verbandspokals. Zwei Wochen vor dem DFB-Pokal-Spiel gegen Regensburg verliert der FCK dann mit Christian Kühlwetter und Florian Pick seine beiden Top-Scorer der Vorsaison. Timmy Thiele wird wenige Tage zuvor an Viktoria Köln abgegeben. Ein zu großer Aderlass in der Offensive?

Gegen Regensburg liefert der FCK nach schwacher erster Halbzeit auch seine bislang beste Saisonleistung ab, die Überraschung bleibt aber aus. Beim Drittliga-Auftakt können die Roten Teufel Dynamo Dresden trotz 45-minütiger Überzahl in der zweiten Halbzeit kaum in Bedrängnis bringen. Wie schon im DFB-Pokal lässt Schommers im Mittelfeld mit drei Sechsern spielen - im Nachhinein eine taktische Fehleinschätzung des Trainers. Nach der dann aus dem Verein aufgekommenen Trainerdiskussion in der nachfolgenden Woche gibt sich Schommers zwar nochmal kämpferisch, eins ist aber wie bei seinen Vorgängern gleich: Die Mannschaft lässt ihren Coach beim Spiel bei Türkgücü München im Stich und ergibt sich förmlich in ihr Schicksal. Erinnerungen an das 0:5 in Unterhaching oder das 1:6 in Meppen werden wach. Schommers’ taktisches Konzept, es mag ehrenwert und anspruchsvoll gewesen sein. Doch vielleicht war es zu anspruchsvoll für einen Drittligisten. In der 3. Liga müssen Mannschaften nicht zwingend dreimal während einer Partie das System wechseln. Sie müssen offensiv effektiv und gefährlich bei Standards sein, defensiv dagegen weniger Fehler machen als der Gegner. All das ging dem FCK zum Saisonstart völlig ab.

Auf den neuen Trainer wartet eine Herkulesaufgabe

Boris Schommers hat beim 1. FC Kaiserslautern alles reingeworfen, was er hatte und allen Widerständen getrotzt. Seine Beurlaubung ist aber trotzdem folgerichtig. Zwar hätte Schommers es verdient gehabt, die Mannschaft zu formen, Fakt ist aber auch: Der Verein hat keine Zeit mehr, um eine mögliche Verbesserung der Resultate abzuwarten. Die ersten beiden Saisonspiele geben zwar wenig Hoffnung, aber der FCK muss diese Saison um den Aufstieg mitspielen. Dieser Zug darf nicht zu früh abfahren. Durch den nun vollzogenen Trainerwechsel nach exakt 375 Tagen mit Boris Schommers gibt es für die Mannschaft (mal wieder) keine Alibis. Der dann vierte FCK-Coach in drei Jahren 3. Liga dürfte aber so oder so erneut vor einer Herkulesaufgabe stehen. Er muss zu der nun eben schon vorhandenen Mannschaft passen, denn viele Transfers sind nicht mehr möglich. Der Verein braucht endlich eine Philosophie, nach der er handelt und sein Personal auswählt. Auf wie neben dem Platz. Und passend zum Betze. Jährliche Trainerentlassungen und das Verpflichten immer unterschiedlicher Trainertypen werden den FCK nicht zurück in die Erfolgsspur bringen. Die Lautrer brauchen jetzt einen Volltreffer. Nur dann können die vielzitierten Tugenden Erfolg, Ruhe und Kontinuität einziehen. Und auch nur dann hat der Fritz-Walter-Klub wieder eine Chance auf eine bessere Zukunft.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Flo

Weitere Links zum Thema:

- Chronologie im DBB-Forum: FCK stellt Trainerteam Schommers / McKenna frei

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