Neues vom Betzenberg

Gegner-Check: Fortuna setzt auf Polen-Connection

Zum Jahresabschluss steht für den 1. FC Kaiserslautern ein weiteres Traditionsduell an, diesmal gegen Fortuna Düsseldorf. Ein schwer berechenbarer Gegner, dessen Trainer oft improvisieren muss, dies aber auch gut kann.

Die bescheiden Gewordenen: Shoppen, Mode und mit Reichtum protzen. Oder wenigstens so tun, als ob - die klassischen Klischees, mit denen Düsseldorf und seine Bewohner oft aufgezogen werden, treffen auf Fortunas Fußballer schon lange nicht mehr zu. Seit dem letzten Bundesliga-Abstieg 2020 spielen sie im nunmehr dritten Jahr in der Zweiten Liga. Vergangene Saison landeten sie auf einem freudlosen 10. Platz. Aber: Nachdem die Mannschaft im Februar 2022 auf Rang 16 gestürzt war und der Ex-Osnabrücker und -Hamburger Daniel Thioune sie übernommen hatte, verlor sie in der Rückrunde nur noch ein einziges Mal. Die personellen Bewegungen im Sommer hielten sich in Grenzen - der Abgang von Topscorer Khaled Narey mitten in der Vorbereitung schmerzte natürlich, spülte aber 1,5 Millionen Euro Ablöse in die Kasse. Ein eingespieltes Team und ein aufstrebender Trainer, der es offenbar zu führen weiß - das hätte am Rhein eigentlich ordentlich Aufstiegshoffnungen schüren müssen. Doch die Vereinsspitze hielt sich zurück. Platz 5 wäre auch okay, hieß es. Der mittelprächtige Saisonstart bestätigte die vorsichtige Einschätzung zunächst. Zuletzt aber siegte die Fortuna drei Mal in Folge und warf mit einem deutlichen 3:0 in Regensburg einen Klassenkameraden aus dem DFB-Pokal. Erst am Dienstag setzte es mit einem 0:2 in Hannover wieder eine Niederlage. Dennoch: Düsseldorf rangiert punktgleich mit dem FCK auf Rang 6, und bei nur vier Zählern Abstand auf den Relegationsrang ist nach oben noch alles drin.

Der Improvisationskünstler: Die vielversprechenden Neuzugänge Ao Tanaka und Jordy de Wijs sind mittlerweile verletzt ausgefallen, ebenso Stamm-Linksverteidiger Nicolas Gavory und der erfahrene Mittelstürmer Daniel Ginczek. Auch Abwehrroutinier André Hoffmann fehlte wochenlang, ist erst seit der vergangenen Woche wieder Kaderspieler. Teams, die vom Start weg derart vom Verletzungspech gebeutelt werden, rutschen in der Zweiten Liga in der Regel schnell Richtung Tabellenende und kommen da anschließend nur schlecht wieder weg. Die Fortuna aber hat sich auf Schlagdistanz zur Tabellenspitze gehalten. Das spricht für das Improvisationstalent Thiounes. Der 48-Jährige hat auf die Ausfälle personell stets gute Antworten parat, versteht es aber auch, taktisch entsprechend zu variieren. Kurzfristiges Switchen von Vierer- auf Dreierkette etwa ist bei ihm immer drin.

Der Krisengewinner: Des einen Leid kann bekanntlich des anderen Freud sein. Nach dem Ausfall von Linksverteidiger Gavory schlug die Stunde von Michal Karbownik. Mit dem 21-jährigen Polen, im Sommer vom englischen Premier-League-Klub Brighton & Hove Albion ausgeliehen, war Thioune zunächst gar nicht zufrieden, zwischenzeitlich wurde er sogar ins Regionalliga-Team abkommandiert. Doch als seine Chance kam, griff der junge Mann mit beiden Händen zu. Seit dem 8. Spieltag ist er als linker Verteidiger gesetzt, hat in Liga und Pokal bereits vier Torvorlagen geliefert und darf sich dank seiner guter Leistungen nun sogar noch Hoffnungen machen, mit Polens Nationalmannschaft zur WM zu fahren. Und Sport-Vorstand Klaus Allofs macht sich bereits Gedanken, wie er die Ablöse stemmen kann, die fällig wird, wenn er die Leihgabe am Saisonende fest verpflichten will. Das wird wohl nur im Aufstiegsfall möglich sein.

Der Top-Scorer: Von den Offensivkräften im Düsseldorfer Kader dürfte FCK-Fans der Name Rouwen Hennings noch geläufig sein. Beim letzten Aufeinandertreffen im DFB-Pokal am 4. Februar 2020 machte der Stürmer beim 5:2-Sieg der Fortuna zwei Buden. Mittlerweile zählt Hennings 35 Lenze und ist nicht mehr unbedingt Startelfkandidat, wird aber spätestens seit der Verletzung von Ginczek vorne wieder gebraucht. Zuletzt war er zwei Mal hintereinander vom Anpfiff an dabei. Die mit Abstand gefährlichste Offensivkraft der Thioune-Truppe ist jedoch Dawid Kownacki, der bereits sechs Treffer und ebenso viele Vorlagen auf dem Konto hat. Ein vielseitiger Stürmer und daher eine perfekte Schachfigur für den variationsfreudigen Trainer. Kownacki kann in der Mitte, links oder im offensiven Mittelfeld auftauchen. Am Donnerstag musste der Pole den Frust seiner unerwarteten Nichtnominierung zur WM hinnehmen, entsprechend gespannt darf man auf seine Reaktion am Freitag sein.

Ein bisschen Zahlenspiel: Statistisch auffällig ist bei den Düsseldorfern auf den ersten Blick nicht viel. Sie treten ähnlich starke Ecken wie die Lautrer, haben schon drei Mal nach Flanken von der Fahne getroffen, der FCK vier Mal. Deren Torgefährlichkeit liegt laut "bundesliga.de" elf Prozent über dem Liga-Durchschnitt (FCK: 14 Prozent). Vier Mal schon sind Elfmeter gegen die Fortunen gepfiffen worden, das ist Liga-Spitze. Drei davon haben sie verwandelt. Sie lassen gut den Ball laufen, spielen pro Spielminute im Schnitt 14 Pässe, das ist der drittbeste Wert im Liga-Ranking. Die Roten Teufel bewegen sich da mit 12,7 Zuspielen pro Minute im hinteren Mittelfeld. Mit einer Genauigkeitsquote von 47,06 Prozent zählt Rechtsverteidiger Matthias Zimmermann laut "Wyscout" zu den präzisesten Flankengebern der Liga.

Fazit: Es ist das dritte Spiel innerhalb einer Englischen Woche, da wird gerne mal gewechselt, und Daniel Thioune ist einer, der sich gerne mal was Neues einfallen lässt. Von daher ist es schwer vorherzusagen, was und wie die Gastgeber am Freitag spielen werden. FCK-Trainer Dirk Schuster könnte es daher angehen lassen wie in den meisten der bisherigen Auswärtsspiele: Erstmal zurückhaltend agieren und gucken, was sich der Gegner so ausgedacht hat. Da Julian Niehues am Dienstag gegen Karlsruhe vom Platz humpelte, muss ihm der Coach eine Pause gönnen und wird wahrscheinlich Hikmet Ciftci auf der Sechs bringen. Ist vielleicht nicht die schlechteste Idee, da Düsseldorfs mutmaßlicher Zehner in Thiounes wahrscheinlichem 4-3-3, der begabte Deutsch-Japaner Shinta Appelkamp, das Spiel am Boden bevorzugt. Beim FCK wird zudem wohl der zuletzt gelbgesperrte Erik Durm zurückkehren. Falls die offensivstarke Polen-Connection Kownacki/Karbownik die linke Seite bildet, könnte es eine gute Idee sein, die rechte Abwehrseite mit ihm und dem zweikampfstarken Jean Zimmer zu besetzen. Auch wenn das Fußballfreunden, die auf dem Flügel lieber geile Tempodribbler à la Aaron Opoku sehen wollen, sicher weniger gefällt.

Quelle: Der Betze brennt

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