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Dorfvereine im Profifußball (Tagesspiegel)

Fußballthemen, welche den FCK nicht oder nicht direkt betreffen.
Thomas
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Beitrag von Thomas »

Es gibt nicht nur Unsympathen wie Hoffenheim, sondern auch durchaus sympathische Vereine "vom Dorf", die mal den Sprung in den Profifußball geschafft haben. Hier mal ein netter Artikel dazu aus dem Tagesspiegel:

Kleine leisten Großes
Nicht nur Hoffenheim ist ein Dorfverein

Hoffenheim ist nicht der einzige kleine Ort, der im Fußball Großes leistet. Fünf Geschichten von berühmten Dörfern – vom Erzgebirge bis nach Schottland.


BSG EMPOR LAUTER

In den fünfziger Jahren sorgt das 8000-Seelen-Örtchen Lauter aus dem Erzgebirge für Aufsehen in der Oberliga, der höchsten Spielklasse der DDR. Seit der Saison 1952/53 spielt die BSG Empor Lauter erstklassig und erreicht in den ersten beiden Jahren respektable Mittelfeldplätze. Nach acht Spieltagen steht man im Herbst 1954 sogar an der Tabellenspitze. (...)

SV ALSENBORN

Gerade einmal 2800 Menschen leben in Alsenborn, zwölf Kilometer nordöstlich von Kaiserslautern. Auch auf der Fußball-Landkarte ist Alsenborn nur ein unbedeutender Fleck. Der SV spielt in der Kreisliga, verlor sein letztes Punktspiel daheim 2:5 gegen TuS 1951 Schmalenberg, ist nun Tabellenzwölfter – das Leben eines Dorfklubs.

Aber dieser SV Alsenborn hat einmal in Deutschland die Fußball-Gemüter bewegt. Ende der Sechzigerjahre erlebt der Verein seine große Zeit. Dreimal scheitern die Alsenborner gegen Kontrahenten wie Hertha BSC, Arminia Bielefeld und SC Freiburg nur knapp in der Aufstiegsrunde zur Fußball-Bundesliga.

Als es 1975 um die Qualifikation zur neu eingeführten 2. Bundesliga geht, erfüllt der SV Alsenborn alle sportlichen Anforderungen. Aufsteigen darf die Mannschaft aber nicht. Der 1. FC Saarbrücken rückt anstelle der Alsenborner hoch. (...)

FC 08 HOMBURG/SAAR

Homburg, mit knapp 40 000 Einwohnern bis zum Aufstieg Hoffenheims die kleinste Bundesligastadt der Geschichte, spielt nur drei Jahre in der Erstklassigkeit und sorgt eher außerhalb des Platzes für Schlagzeilen. Neben schillernden Persönlichkeiten wie Ex-Nationalspieler Jimmy Hartwig und kauzigen Trainertypen wie Uwe Klimaschewski oder Udo Klug liegt dies vor allem am Vorstandsvorsitzenden Manfred Ommer.

Vor der Saison 1987/88 gewinnt Ommer einen Kondomhersteller als Trikotsponsor. Die Sittenwächter des DFB drohen mit Punktabzug, der Schriftzug muss zunächst mit einem schwarzen Balken abgedeckt werden. Erst ein Gerichtsurteil erlaubt den Saarländern die Trikotwerbung. (...)

TSV VESTENBERGSGREUTH

Das erste Pflichtspiel für den FC Bayern führt Oliver Kahn und Giovanni Trapattoni in die fränkische Provinz: Am 14. August 1994 muss der Deutsche Meister beim TSV Vestenbergsgreuth in der ersten Runde des DFP-Pokals antreten. Vestenbergsgreuth (Einwohnerzahl laut Bayerischem Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung: 1609) verlegt das Spiel nach Nürnberg, der klubeigene Platz ist viel zu klein. Die Bayern treten in Bestbesetzung an, komplett mit Kahn, Helmer, Babbel, Jorginho, Hamann, Matthäus, Scholl und Papin. Doch in der 43. Minute kontert der TSV über die rechte Seite, am kurzen Pfosten kommt ein gewisser Roland Stein vor Lothar Matthäus an den Ball und köpft das 1:0. (...)

GRETNA FOOTBALL CLUB

Die schottische Ortschaft Gretna schafft es für kurze Zeit in die große Welt des Fußballs – obwohl sie nur 2700 Einwohner hat. Angetrieben von den Millionen des Geschäftsmannes Brooks Mileson gelingt Gretna F. C. ab 2004 der Durchmarsch von der vierten bis in die erste schottische Liga. Durch das Erreichen des Pokalfinales 2006 spielt Gretna in der folgenden Saison als Zweitligist sogar im Uefa-Cup, scheitert dort aber schon in der Qualifikationsrunde am irischen Vertreter Derry City. (...)

Quelle und kompletter Text: http://www.tagesspiegel.de/sport/Fussba ... 33,2643761
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)
Thomas
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Beitrag von Thomas »

Passend dazu habe ich mal noch einen Artikel rausgesucht, der im August 2006 im "Trierischen Volksfreund" erschienen ist. Wer kennt noch den FSV Salmrohr? Der kleinste Ort aller Zeiten im deutschen (Zweit)Bundesligafußball und sowas wie ein Heimatverein von mir ;) Irgendwie macht es diese Dorfclubs im Nachhinein ja auch gerade sympathisch, dass sie im Gegensatz zu Hoffenheim meistens sang- und klanglos wieder abgestiegen sind oder zumindest keine höheren Ansprüche angemeldet haben:

FUSSBALL-HISTORIE: Zwischen Hartplatz und St. Pauli

Von unserem Redakteur ANDREAS FEICHTNER

SALMROHR. Genau 20 Jahre ist es her – das Fußballmärchen: Damals begann für den Dorfverein FSV Salmrohr das kurze Abenteuer Zweite Liga. Bis heute ist Salmrohr der mit Abstand kleinste Ort, der jemals im Bundesliga-Unterhaus kickte. Die damaligen Aufsteiger Toppmöller, Jung oder Herres erinnern sich im TV an ein seltsames, aufregendes Jahr.

SALMROHR. Genau 20 Jahre ist es her – das Fußballmärchen: Damals begann für den Dorfverein FSV Salmrohr das kurze Abenteuer Zweite Liga. Bis heute ist Salmrohr der mit Abstand kleinste Ort, der jemals im Bundesliga-Unterhaus kickte. Die damaligen Aufsteiger Toppmöller, Jung oder Herres erinnern sich im TV an ein seltsames, aufregendes Jahr.

"Jetzt geht's gegen Burghausen." So ätzen die Fußball-Kommentatoren immer, wenn ein Traditionsverein aus der Bundesliga absteigen muss. Köln, Lautern, Duisburg. Sie alle müssen dahin, an die österreichische Grenze. Wohlgemerkt: müssen. Als wäre Burghausen mit seinen knapp 20 000 Einwohnern, seinem großen Chemie-Mäzen oder der gestandenen Zweitliga-Truppe ein Dorfverein mit Feierabend-Kickern.

Burghausen hat rund zehn Mal so viele Einwohner wie Salmrohr. Aber der FSV war mal das Pendant zu den Wacker-Kickern. Vor 20 Jahren. Als größter Exot, den die zweite Liga je erlebt hat. Und doch sind beide nicht zu vergleichen.

FSV-Fans fahren im Mannschaftsbus mit

Denn Zweitliga-Teams, die auf einem Hartplatz trainieren, gibt es längst nicht mehr. "Um Kosten zu sparen, sind unsere Fans bei uns damals im Mannschafts-Bus mitgefahren", erinnert sich etwa der damalige Mannschafts-Kapitän Klaus Toppmöller an die Saison 1986/87. Trainiert wurde nur abends, nach der Arbeit. "Wenn wir unter Vollprofi-Bedingungen trainiert hätten, wären wir länger als ein Jahr in der Liga geblieben", sagt Toppmöller, der im März 1987 noch in der zweiten Liga das Traineramt von Robert Jung übernahm.

Den Salmtalern blieb am Ende nur der letzte Platz mit 21:55 Punkten. Wobei der letzte Zweitliga-Auftritt des FSV legendär wurde: Tabellenführer und Bundesliga-Aufsteiger Hannover 96 lag damals schon nach 50 Minuten mit 4:0 in Salmrohr vorne – der FSV schaffte aber noch ein sensationelles 5:5. In der letzten Minute hatte Herbert Herres ausgeglichen. Für Herres, der mittlerweile die Eintracht-A-Junioren trainiert, war das Jahr ein "großes Erlebnis": "Es war abzusehen, dass wir als Amateure wieder absteigen. Mit Feierabend-Fußball war da nix zu wollen. Aber gleich am dritten Spieltag bei St. Pauli anzutreten oder später vor 35 000 Zuschauern in Hannover – das vergisst man nicht", schwelgt Herres.

Großen Respekt hat der 47-Jährige neben den Lokal-Helden auch für einen Spieler, von dem man nicht unbedingt das Laufbahn-Ende an der Salm erwartet hätte: Weltmeister Bernd Hölzenbein spielte noch in der Aufstiegsrunde für den FSV. "Ich ziehe meinen Hut vor ihm", sagt Herres. "Er hat auf dem Hartplatz mittrainiert, ist immer vorne mitmarschiert – als 40-Jähriger. Das hätte er nicht machen müssen."

Toppmöller (drei Länderspiele) und Hölzenbein (40 Länderspiele) sind dabei nur zwei von drei Nationalspielern, die ihre Karriere beim FSV beendeten: Wolfgang Kleff, Ersatz-Torhüter bei der WM 1974, löste während der Saison die Wahlen-Brüder Alfred und Helmut ab. Den Kontakt zu Kleff verschaffte FSV-Präsident und Mäzen Peter Rauen. Dass Hölzenbein noch mal die Fußball-Schuhe schnürte, vermittelte Toppmöller.

Glück hatten die Salmtaler dabei, dass sie als Oberliga-Vize überhaupt in der Aufstiegs-Relegation spielen durften: das lag zum einen am Verzicht von Meister Worms. Zum anderen daran, dass Eintracht Trier haarscharf hinter dem FSV landete – bei exakt gleichem Punkt- und Torverhältnis, aber weniger geschossenen Toren.

Für die vielleicht für den FSV-Aufstieg entscheidende taktische Finesse sorgte dabei Trainer Jung. Im fünften und damit vorletzten Relegationsspiel zu Hause gegen Offenbach brauchten der FSV einen Punkt: "Das war mein größter psychologischer Trick. Ich hatte Hölzenbein angerufen und ihm gesagt, dass wir ihn brauchen", erinnert sich Jung. Der war 40 Jahre alt, hatte nach Achillessehnen-Problemen die Laufbahn praktisch beendet. Salmrohr lag mit 0:2 hinten, fand kein Mittel gegen die stürmischen Kickers. Doch dann kam Hölzenbein. Als Mittelstürmer – und mit ihm die Angst bei den Hessen. "Ich wusste, dass die Kickers einen Heiden-Respekt vor ihm haben als Ex-Frankfurter", erinnert sich Jung. Hölzenbein wuchtete gleich einen Kopfball an die Latte, die Offenbacher wurden nervös. Letztlich kam der FSV durch den damals noch unbekannten Edgar Schmitt und Herbert Herres zum 2:2 – und stand damit als Zweitligist fest, dem eine Spitzenplatzierung kaum mehr zu nehmen sein dürfte: Weit und breit ist kein kleineres Dorf in Sicht, dass irgendwann mal in die zweite Liga aufsteigen könnte. Erst recht nicht mit Feierabend-Kickern.

FSV-Zweitliga-Kader 86/87: Kleff, A. Wahlen, H. Wahlen; Hartmann, Irmisch, Kaul, Plath, M. Schömann, Streit, Weyland. Brittner, Henkes, Herres, Kartz, Kulik, Schömann, Thiel, K. Toppmöller. Ali-Doosti, Augst, Rolshausen, Schmitt.
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Heute spielt Salmrohr übrigens in der Rheinlandliga (sechste Liga).
Zuletzt geändert von Thomas am 24.10.2008, 15:19, insgesamt 1-mal geändert.
Der Verein führt als eingetragener Verein den Namen 1. Fußball-Club Kaiserslautern e.V. (1. FCK) und hat seinen Sitz in Kaiserslautern. Seine Farben sind rot und weiß. (...) Das Stadion trägt den Namen Fritz-Walter-Stadion. (Vereinssatzung des 1. FC Kaiserslautern e.V. - Artikel 1, Absatz 1)
JochenG

Beitrag von JochenG »

Danke Thomas. Tolle Artikel. :applaus:
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