my2cents
#heatmaps:
Als jemand der beruflich viel mit der Aussagekraft von Daten zu tun hat würde ich da @scheiss fc köln insofern recht geben, dass quantitative Daten (egal ob nun in Zahlen oder irgendwie visualisiert)
nie qualitative Urteile vorwegnehmen oder gar ersetzen können. Einfach gesagt: Eine Heatmap ist eine Übersicht darüber, in welcher Häufung sich welcher Spieler wo aufgehalten hat. Sie sagt nichts über die Dynamik des Stellungsspiels aus, nichts über den Verlauf (die erste Halbzeit mag ganz anders gelaufen sein als die zweite, die globalen Daten ein "Mittelwert" der die tatsächlichen Verläufe mehr verdeckt als offenlegt usw.) und erst recht nichts über die Spielsituationen, in deren Kontext sich der Spieler bewegt hat.
Kurz: Von einer Heatmap zu
feineren Aussagen darüber, wie ein Spieler sich taktisch verhalten hat ist's ein verdammt weiter Weg, wenn es denn überhaupt einen gibt.
Umgekehrt würde ich @wkv beipflichten, dass die Dinger dennoch nicht unnütz sind (mal ganz abgesehen davon, dass sie für uns - Fans - natürlich eine nette Spielerei sind, auch wenn Jogi damit sicher nur bedingt geholfen werden kann); deshalb, weil quantitative Daten in der Regel ein gutes Mittel darstellen, subjektiv gefärbten qualitativen Eindrücken eine Ebene des Evident-Machens zur Seite zu stellen, die
ganz grobe, rahmende Beobachtungen relativ objektiv sinnfällig macht.
Beispiel: Wenn jemand sagt, "de Dick geht nimmi so weit nach vonne wie letschte Woch", dann kann ich en gros schauen, ob das über das Mittel des Spiels so stimmt. Ich kann auch schauen, wie sich die "Heatmaps" einzelner Spieler nach einem Trainerwechsel verändert haben und versuchen, daraus Rückschlüsse über veränderte taktische Vorgaben zu ziehen.
Letztlich ist das "Problem" mit allen quantitativen Statistiken (und ihren Visualisierungen), dass sie bei zunehmender Komplexität (wie z.B. wenn 22 Mann 90min bestimmten Regeln folgend über einen Platz rennen und dabei pro Minute zich relevante, einander ablösende Spielsituationen kreieren) mehr und mehr Richtung "Stating the obvious" tendieren. Will heißen: Ich bin mir sicher, die Heatmaps nach FF/OS unter CK zeigen, dass die Spieler deutlich höher stehen. Aber die meisten von uns werden das auch ohne Heatmap längst gesehen haben.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Egal ob Heatmaps, Statistiken in %, dezidierte Analyse-Texte oder bierschwangeres Gepöbel (

) - letztlich geht es darum, sich in einer Gruppe von Individuen darauf zu verständigen, wie man einzeln die Dinge sieht und was sich daraus für eine gemeinsame Schnittmenge, eine Dynamik oder eben auch nur was für ein Meinungsmosaik für so etwas wie eine "kollektive" Meinung ergibt. Alles kann, nix muss. It's all about communication. Und deshalb entlassen wir auch keinen dessen Seele wir hier reingelockt haben wieder in die Leseecke
#individuelle Fähigkeiten / Taktik:
Wir haben durch die Medienlage usw. heute glaube ich ganz gute Voraussetzungen, die ewigen Stammtisch-Diskussionen (ich sage das nicht als Polemik, sondern in dem Wissen um die Tradition in der wir stehen) ziemlich detailliert zu führen. Wer heutzutage Interesse an Taktik hat, der wird schnell fündig. Ich habe nebenbei bemerkt auch den Eindruck, dass sich darüber zunehmend eine Allianz aus dem alten "die werden gut bezahlt, die müssen funktionieren" und den omnipräsenten Taktiktafeln ergibt. Fußball ist ein Spiel unter Menschen, dessen Ziel es - wie bei den meisten Sportarten wenn man es so betrachten will - in der Regel ist, möglichst weniger Fehler zu machen als der Gegner.
Dass Fehler gemacht werden ist Teil des Spiels.
Umgekehrt glaube ich nicht, dass man - wie auch oft geäußert - denken sollte, "Taktik ist was für Europapokalteilnehmer und Top-Nationalmannschaften; für den Rest der Welt gilt: Die besten Spieler auf den Platz, rennen, kratzen, beißen, schießen". Ebenso wie es vom 3jährigen Steppke der das erste Mal einen Ball kickt bis zu Cristiano Ronaldo bei allen Qualitätsunterschieden in der Ausführung immer darum geht, mit dem Bein Schwung zu holen und einen Ball mit dem Fuß zu treffen geht es überall wo mehrere Leute zusammenkommen und Fußball spielen um Taktik. Jeder, der schon einmal beim 5 gg. 5 mit einander Größtenteils unbekannten Zufallsmannschaften auf dem Kleinfeld um die Ecke festgestellt hat, wie man nach mehreren Toren Rückstand als scheinbar individuell total unterlegene Mannschaft das Spiel bis 10 plötzlich noch souverän gewinnt, bloß weil der technisch Beste im Team der zuvor als Spielmacher im 2-1-2 rumgerannt ist plötzlich ganz hinten als Libero agiert und im 1-2-2 nur noch den gegnerischen "Schönspieler" und "Abstauber" zum Gegner und damit plötzlich Zeit und Platz zum Ballverteilen hat, weiß, dass Taktik keine Frage der Qualität ist.
Phänomenologisch gesprochen ist Taktik ist für mich das Faszinosum, dass der selbe Input an Energie durch den Einzelnen vollkommen unterschiedlich zur Entfaltung kommen kann, je nachdem wie das große Ganze organisiert ist. Dieser Grundsatz gilt sowohl bei Peps FC Bayern, wie auch in der E-Jugend von Kleinkleckersdorf.
Und: Es macht einfach tierisch Spaß, darüber zu diskutieren.
So, jetzt wollte ich eigentlich etwas zu Bochum schreiben, aber die Diskussion hier fand ich zu spannend. To be continued...