Herzlich Willkommen Dimitrios Grammozis!
Ich stehe der Personalie neutral gegenüber. Dimi löst bei mir weder Jubelstürme und überbordende Euphorie noch Depressionen oder Panik aus. Ich denke, es hätte uns schlechter treffen können. Und Optionen, die ich bevorzugt hätte (wie Bo Svensson oder Urs Fischer) waren wohl nicht wirklich realistisch.
Baphomet hat geschrieben:Moin zusammen! Bevor jetzt wieder alle rumjaulen, lasst mich eben was anmerken. Grammozis´ Bilanz ist nicht so verkehrt. Wenn wir jetzt nur seine Zeit in der 2. Liga betrachten, gibt es folgende Fakten:
In 71 Spielen holte er:
32 Siege
20 Unentschieden
19 Niederlagen
Das ergibt einen Punkteschnitt von 1,63.
(Ein gewisser Sebastian Hoeneß hatte, bevor er bei Stuttgart anfing, mit Hoffenheim einen Schnitt von 1,42. Nur so als Beispiel.)
Grammozis fing bei Darmstadt am 22. Spieltag an, da war der Verein auf dem 14. Tabellenplatz, 4 Punkte Abstand zum 16. Platz. Er beendete die Saison auf dem 10. Platz. Er holte noch 7 Siege, 2 Unentschieden und 3 Niederlagen mit einer völlig verunsicherten Mannschaft.
Eine Saison später beendete er die Saison mit Darmstadt auf dem 5. Platz. 3 Punkte (und 4 Tore) Abstand zum 3. Platz.
Als er bei Schalke anfing, lag Schalke schon blutig und ausgeknocked auf der Matte. Kein Trainer dieser Welt (außer vielleicht Felix Magath) hätte Schalke vor dem Abstieg bewahren können.
Als er bei Schalke in der 2. Liga gehen musste, stand der Verein auf dem 6. Platz, 6 Punkte Abstand zum 2. und 3. Platz. Schalke hatte zu dem Zeitpunkt die drittbeste Offensive der Liga und die zweitbeste Defensive.
Es ist mir egal ob ein Trainer ruhig, laut, emotional, Stallgeruch whatever hat. So lange die Mannschaft Punktet, kann der Trainer von mir aus auch Öff Öff sein. Es muss halt passen! Siehe das Beispiel zu Sebastian Hoeneß.
Ich war damals, als Schuster für Antwerpen “ausgewechselt” wurde auch nicht überzeugt aber Schuster hat mich eines besseren belehrt und das kann Grammozis dieses mal auch.
Grammozis packt das! Er wird uns alle überraschen!
Dienstag gibt es ein klares 3:0 für uns!!!
Danke, @ Baphomet für die tolle Übersicht zu seiner Bilanz. Das sollten sich die unbedarften Meckerer mal in Ruhe zu Gemüte führen. Sein 2.Liga-Punkteschnitt ist in der Tat vielversprechend. Allerdings muss man das auch immer in den Kontext setzen und auf die Möglichkeiten des Clubs und des zur Verfügung stehenden Kaders beziehen. So ist ein Punkteschnitt von 1,63 für einen frischen Aufsteiger mit bescheidenen finanziellen Mitteln und noch überwiegendem 3.Liga-Kader (z.B. Osnabrück) sicherlich sehr stark, für einen Aufstiegsfavoriten mit starkem und teurem Kader (z.B. HSV) aber eigentlich zu wenig. Und Schalke 04 war trotz großem Umbruch einer der Aufstiegsfavoriten und ich ja schlussendlich auch aufgestiegen, weil es Grammozis Nachfolger Büskens gelungen ist, den 6-Punkte-Rückstand im Endspurt noch aufzuholen.
Ich würde daher seine erste Station Darmstadt rein punktetechnisch durchaus als erfolgreich bewerten, seine zweite Station Schalke trotz solidem Punkteschnitt in Anbetracht des Kaders und des späteren Aufstiegs (ohne ihn) hingegen als eher weniger erfolgreich, aber auch keine Vollkatastrophe – gerade wenn man sich den Umbruch und das schwierige Umfeld auf Schalke zu Gemüte führt.
Zudem ist er eine logische Wahl, weil er eine ähnliche Art Fußball spielen lässt wie Ante und Schuster. Natürlich nicht deckungsgleich, sondern schon mit anderen Akzentuierungen, aber zumindest könnte man grob zusammenfassen, dass er genauso wie Schuster und Ante für gute Defensive und schnelles Umschalten, nicht für Ballbesitzdominanz und reines Kurzpassspiel steht. Auch der lange, hohe Ball ist gezieltes Stilmittel und nicht verpönt. Aber er lässt sich auch nicht darauf beschränken. Somit dürfte eine gewisse Kontinuität gewahrt bleiben. Und es wurde hier ja schon oft diskutiert, dass man sich genau das wünscht: eine vom Verein vorgegebene Spielphilosophie, nach der dann die Trainer ausgesucht werden.
Andererseits war ja ein offizieller Grund für den Trainerwechsel, dass man sich eine spielerische Weiterentwicklung wünscht. Dürfen wir diese also von Grammozis erwarten? Ich denke, jedenfalls keine gravierende. Also keine Entwicklung hin zu dominantem, ballbesitzorientierten Fußball. Passt die Trainerwahl daher nicht zu dem Wunsch der spielerischen Weiterentwicklung?
Ich denke schon, wenn man damit eine Weiterentwicklung der bestehenden Spielphilosophie versteht. Die wurde ja bereits eingeleitet. Denn wir stehen doch im Durchschnitt deutlich höher als vergangene Saison. Nur ging das eben massiv zulasten der defensiven Stabilität. Daher wäre der nächste Entwicklungsschritt die bessere defensive Stabilität ohne das höhere Verteidigen gleich wieder aufzugeben. Zudem sagte Hengen gestern sinngemäß im Interview, dass er sich bei Führungen mal mehr Spielkontrolle durch Ballkontrolle wünscht. Also auch das könnte eine Weiterentwicklung sein, in Phasen im Spiel, in denen es passt und angemessen ist, den Ball mal länger in den eigenen Reihen zu halten. Dafür müssten das Positionsspiel und die Automatismen bei Ballbesitz (z.B. Dreiecksbildung) verbessert werden. Ich verstehe das dann so, dass wir keine Ballbesitzmannschaft wie bspw. Magdeburg werden wollen, aber durchaus unser Portfolio, dessen Hauptfokus weiter auf schnellem Umschaltspiel liegt, um besseres Ballbesitzspiel für passende Phasen im Spiel erweitern wollen. Und das hört sich für mich sinnvoll an. So kann man auch Druck von der Abwehr nehmen und diese entlasten in Druckphasen des Gegners.
Ich hoffe, dass Grammozis diese beiden Entwicklungsschritte (Defensive wieder stabilisieren trotz hohem Verteidigen und situativ ballbesitzorientiertes Entlastungsspiel) hinbekommt. Dann – aber nur dann - ist ein Mittelfeld-Platz (7-12) trotz der aktuell schwachen Performance in meinen Augen nach wir vor realistisch.
Es ist schon erstaunlich, dass der Defensiv-Guru Schuster genau an der defensiven Stabilität gescheitert ist. Beim höherem Verteidigen und mit Dreierkette haben die Automatismen gegen den Ball nicht mehr so funktioniert, wie letzte Saison (zumindest meistens) bei tieferem Verteidigen und Viererkette. Da war von taktisch diszipliniertem und extrem cleveren Verschieben und Räume eng machen nicht mehr so viel zu sehen. Musste Schuster da aus der Komfortzone (tiefes Verteidigen) auf Geheiß von oben raus? Denkbar. Aber sollte ein Defensiv-Fuchs wie Schuster (positiv gemeint), es dann nicht auch hinbekommen, die Defensive bei höherem Verteidigen zumindest ähnlich stabil aufzustellen wie bei tiefem Verteidigen? Sollte ein Defensivspezialist es nicht auch hinbekommen, den 10er-Raum des Gegners besser zu verteidigen?
Oder fehlen ihm dafür nicht doch auch die passenden Spieler (eine robuste Holding- 6, ein schneller IV), um auch bei dem gewünschten höheren Stehen und offensiveren Pressing hinten stabiler zu sein. Von den teils unerklärlichen individuellen Patzern ganz abgesehen.
Ich hoffe ehrlich gesagt auf beides: erstens, dass Grammozis durch taktische Kniffe die Arbeit gegen den Ball wieder verbessert und die zunehmende Sicherheit dann auch für ein Minimieren der individuellen Aussetzer führt; zweitens, dass auch die zurückkehrenden Spieler Tomiak (der dann erstmals gemeinsam mit Toure 2/3 der Dreierkette bilden können) und Aremu (der dann hoffentlich die Verstärkung auf der 6 ist, die man sich versprochen hat) dazu beitragen und man ggf. 1-2 weitere IV und/oder 6er im Winter – sofern verfügbar - verpflichtet.