Ein toller Thread! Echt klasse zu lesen, wie manche hier von den großen Zeiten berichten, die sie mit dem FCK erlebt haben. Man spürt förmlich die Begeisterung, den FCK-Wahnsinn, die Leidenschaft und teilweise auch die Wehmut in den Beiträgen. Als ich die ersten Beiträge hier gelesen habe, stand mir das Pippi in den Augen, was ich verstohlen weg gewischt habe, als meine Angetraute den Raum betrat. Eigentlich unnötig, denn sie weiß, dass ich vom FCK-Virus infiziert bin, kann ihn als Nicht-Pfäzerin und wenig Fußballbegeisterte jedoch nicht wirklich nachvollziehen. Aber das ist ein anderes Thema.
Meine Geschichte kommt sicherlich nicht an Eure Geschichten heran, die den Pathos der goldenen 80er und 90er Jahre so lebendig wiedergeben. Aber sie beschreibt ein wenig, wie mich der Virus 1. FC Kaiserslautern langsam, aber bestimmt über Jahre hinweg erwischt hat. Sie zeigt, dass es zwar förderlich und mit Sicherheit etwas ganz Besonderes ist, diese Zeiten miterlebt zu haben. Aber dass es einen allen Widrigkeiten zum Trotz voll erwischen kann...
Mich hat der Virus schon lange infiziert und die Symptome begleiten mich in vergleichsweise milder Form schon seit vielen, vielen Jahren. Aber richtig ausgebrochen ist er erst seit einigen Jahren.
Ich bin als 74er Jahrgang mitten in der Pfalz groß geworden und mein großer Bruder, dem neben dem FCK familiär bedingt auch der HSV am Herzen lag, hat dafür gesorgt, dass kein anderer Verein als der FCK mein Herz erobern konnte, insbesondere nicht der FC Bayern. Allerdings war das verfügbare Taschengeld immer zu klein, um sich ab und an mal ein Ticket für den Betze zu leisten. Und von meinen Eltern konnte ich da nicht zu viel erwarten. Ins Stadion zu gehen wurde nicht gerade gefördert. Dafür hat mich aber in zartem Jugendalter mein Bruder irgendwann als Geburtstagsgeschenk mit hoch genommen. Ich meine, es war ein Spiel gegen Leverkusen, das wir auf der Südtribüne verfolgt hatten und das 2:1 für Lautern ausging. Einstand gelungen und ich erinnere mich noch an eine Szene, in der ein gegnerischer Spieler im Kampf um den Ball zu Fall kam, der Schiri aber nicht gleich abgepfiffen hat. Der FCK-Spieler (weiß leider nicht mehr, welcher) zögerte kurz und ich schrie ihm aus kurzer Entfernung zu, er solle weiter laufen, was er dann auch tat. In dem Moment hatte ich zumindest das Gefühl, dass er meinen Ruf gehört und ich ihn beeinflusst hatte. Auch wenn der Schiri dann doch noch gepfiffen hat war das für mich ein wahnsinnig geiles Gefühl.
Danach gingen mein Bruder und ich gelegentlich nochmal hoch auf den Betze (wie gesagt, das Taschengeld war sehr knapp), dann aber eher in Block 9 oder 10 und dort fand ich die Atmosphäre ziemlich klasse, auch wenn wir nicht mitten im Schmelztiegel waren.
Für regelmäßige Stadionbesuche war die Kohle leider immer viel zu knapp (was waren meine Alten knausrig, wenn ich das heute betrachte...) und die Meisterschaft 90/91 habe ich nur durch die Erzählungen der Mitschüler "miterlebt", die alle zwei Wochen den Wahnsinn uffm Betze mitgemacht haben.
Als mit zunehmendem Alter mehr Kohle da war, war ich dann leider nicht mehr da, weil mich das Studium direkt nach der Schule aus der geliebten Pfalz geführt hat. Danach hatte ich leider auch nur selten die Gelegenheit, Spiele live zu sehen. Was ich mir nicht verkneifen konnte, war die Meisterschaftsfeier 98 auf dem Marktplatz in Lautern. Auch wenn ich keines der Spiele in der Meisterschaftssaison live im Stadion verfolgen konnte, die Meisterschaftsfeier musste sein und wir waren im Freudentaumel, haben uns mit wildfremden Menschen in den Armen gelegen vor Freude und haben unsere Jungs gefeiert. Wenigstens dieses Hochfest konnte ich mit meinen roten Teufeln feiern und das Meisterschafts-T-Shirt von damals habe ich heute noch und werde es im Leben niemals hergeben. Für mich war das das größte Erlebnis als FCK Fan überhaupt.
In den folgenden Jahren habe ich den Fußball leider wieder etwas aus dem Fokus verloren, habe in meiner neuen, berufsbedingten Heimat aber jedes Auswärtsspiel in der Nähe besucht. Erst in den letzten Jahren ist der Fußball und damit der Verein, für den mein Fußballherz schlägt, seit ich denken kann, wieder stärker in den Vordergrund getreten. Und wie! Nein, ich kann leider immer noch nicht zu den Heimspielen gehen - nur selten, wenn ich es in die alte Heimat schaffe. Aber ich sauge inzwischen alles auf, was den FCK betrifft und das Feuer brennt auch in diesen Zeiten, in denen es beim FCK nur mäßig läuft und die im Vergleich zu den goldenen 80ern und 90ern ein Mückenschiss sind. Der verpasste Aufstieg war ein Schlag voll in den Magen. Und doch: Der Virus ist voll ausgebrochen und ich setze alles daran, ihn meinen Kindern, insbesondere meinem Sohn weiterzugeben. Das hat zu Beginn leider nicht gut geklappt, da er als 4, 5-jähriger mit Fußball nichts im Sinn hatte. Doch ehe ich mich recht versah, haben seine Freunde ihn doch für's Kicken und dabei auch für den falschen Club gewonnen. Dass er Fan des FC Bayern München ist tut mir einerseits weh, denn das sind für mich die Feinde von früher. Doch heute muss man froh sein, dass es nicht RB geworden ist.
Aber trotz allem habe ich es geschafft, dass er meine Leidenschaft, den FCK, nicht nur respektiert, sondern dass er mitfiebert und der FCK quasi sein Zweitverein geworden ist. In der Pfalz wäre das wohl kaum denkbar (der FCK zweiter Verein nach den Bayern, pah!), aber hier, über 600km entfernt ist das schon eine Sache. Wenn wir in sein Fußballtraining gehen, dann wissen alle, dass wir Lautern-Fans sind. Er trägt das teufelsrote Dress genauso wir ich und wir besuchen gemeinsam jedes Spiel, das in unserer Nähe stattfindet. Was haben wir uns vor Freude in den Armen gelegen, als Lautern in Halle in der 90. unverhofft noch den 3:3 Ausgleich geschossen hatte. Und was waren wir niedergeschlagen, als wir das Spiel doch noch verloren hatten. Ich glaube, der FCK-Virus ist bereits in seinen Blutbahnen und macht sich Stück für Stück breit. Und ich hoffe, dass es ihn irgendwann so erwischt, wie es mich erwischt hat und dass es den FC Bayern mit der Zeit verdrängen kann.
Ihr seht, auch wenn die Bedingungen besser hätten sein können, hat mich der FCK-Virus über die Zeit doch voll in den Griff bekommen und ich wünsche mir für den FCK, dass wieder bessere Zeiten kommen. Und dass mein Sohn und ich so etwas ähnliches, wie Ihr damals in den goldenen 80ern und 90ern auch erleben dürfen. Dass das Virus jede Zelle unseres Körpers einnimmt und Party feiert, auch wenn wir so nah wie Ihr vermutlich nie dabei sein werden.