Hier kommt die xG-Analyse zum Heimspiel gegen Ingolstadt, das gesamte Saison-Inhaltsverzeichnis findet Ihr vorne im Startbeitrag:
Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-FCI
Die Taktikanalyse: Der Triumph des "Wandspielers"
Auch im sechsten Saisonspiel kein Sieg - klar, dass mit dem 1:1 des 1. FC Kaiserslautern gegen den FC Ingolstadt niemand im FCK-Lager zufrieden ist. Schlecht war die Darbietung aber keinesfalls, wie die xG-Analyse zeigt.
Die 76. Minute. Lautern führt 1:0, hatte bereits gute Gelegenheiten nachzulegen. Der FC Ingolstadt spielt nach Elvas Platzverweis schon seit über zehn Minuten nur noch zu zehnt. Eine Viertelstunde vor Spielschluss ist die Stimmung auf den Rängen und vor den Fernsehern noch in keiner Partie dieser Saison so gut gewesen noch nie so gut in dieser. Der erste Sieg dieser Spielzeit scheint zum Greifen nah.
Dann das: Weiter Abschlag von FCI-Keeper Fabijan Buntic. Kurz vor der Strafraumgrenze steigt Stefan Kutschke gegen FCK-Innenverteidiger Kevin Kraus, lässt den Ball lediglich über den Scheitel streifen, doch das taugt bereits als Ablage auf den einlaufenden Bilbija. Der schiebt aus zwölf Metern ein. 1:1. Wieder sind drei Punkte futsch.
Auf den Zielspieler kloppen: Nicht geistreich, aber erfolgreich
Ein Treffer, wie er einfacher nicht vorbereitet werden kann. Einer von der Art, von der Ex-Trainer Boris Schommers das FCK-Spiel nicht abhängig machen wollte: Auf einen Zielspieler gekloppt und dann auf den zweiten Ball gehofft… Nee, Torgelegenheiten im Mitteldrittel des Spielfelds vorzubereiten, verspricht viel mehr Erfolg, das ist doch auch statistisch erwiesen. Allerdings: Gilt das auch für Deutschlands 3. Liga? Dort werden doch Spielanalysedaten nur in sehr geringem Umfang erhoben.
Fest steht: Der FCI hat mit sich mit dem einfachsten aller Spielzüge gerade einen Punkt gesichert. Er wird sich in den Schlussminuten nun mit Fug und Recht zurückziehen, mit den Innenverteidigern Schröck und Paulsen auch das geeignete Personal in den Reihen wissen, um hinten stabil stehen - so, wie es auch Dynamo Dresden zur Saisonpremiere zur Verfügung hatte, um ein 1:0 auf dem Betzenberg in Unterzahl über die Zeit bringen.
"Immer gut gemacht, nur dieses eine Mal nicht"
"90 Minuten kann man Kutsche nicht verteidigen", sagt FCK-Trainer Jeff Saibene hinterher, der den FCI-Sturmtank bestens kennt, da er ihn vergangene Saison selbst noch coachte. "Kutsche" ist eben genau so ein "Wandspieler", wie ihn der ehemalige FCK-Trainer Sascha Hildmann mit André Runar Bjanarson verpflichtet haben wollte und wie ihn sein Nachfolger Schommers später für verzichtbar hielt. "Wir haben es eigentlich immer gut gemacht, nur dieses eine Mal nicht", so Saibene weiter.
Dieses eine Mal. Fußball ist eben ein sch… Spiel, pflegt so mancher Fan im Augenblick der Ernüchterung zu kommentieren. Drücken wir es ein wenig akademischer aus: Fußball ist ein Spiel, dem man seine Irrationalität, die Abhängigkeit vom Zufall bis zu einem gewissen Grad einfach nicht nehmen kann.
Der Schiedsrichter als irrationales Element
Für FCI-Trainer Tomas Oral war in diesem Spiel der Schiedsrichter ein derart irrationales Element. Der Kopfball, den sein Spieler Thomas Keller in der 9. Minute nach einer Ecke ins Netz wuchtete, sei zu Unrecht nicht gegeben worden, schimpft er hinterher. Von da an hätte das Spiel sich ganz anders entwickeln können. So aber habe Kaiserslautern nur eine Minute das 1:0 markiert.
Kann man verstehen. Weshalb Schiedsrichter Asmir Osmanagic den Treffer nicht gab, wird auch im TV-Bilder-Studium nicht so ganz klar. Eine Geste des Referees deutet an, er könnte ein Handspiel gesehen haben. Das hat Keller definitiv nicht begangen. Oder wollte er ausdrücken, dass seiner Ansicht nach FCK-Keeper Avdo Spahic den Ball bereits sicher an der Hand hatte und Keller ihn regelwidrig wegrammte? Sagen wir es so: Den Treffer hätte nicht jeder Schiedsrichter abgepfiffen.
Auch Entscheidungen gegen den FCK waren merkwürdig
Dafür hätte mancher Referee aber auch Elfmeter gepfiffen, als Pouriés Drehschuss nach 23 Minuten an der Hand eines Gegenspielers landete. Und es gab noch die ein oder andere Szene mehr, in der ein Pfiff des Schiedsrichters für die andere Seite auch das ganze Spiel in die andere Richtung hätte lenken können.
Die Irrationalität insbesondere des Drittliga-Fußballs machen aber auch andere Ausführungen Orals deutlich - und zwar ohne, dass es ihm gewusst geworden ist. So erklärte er in der Pressekonferenz nach dem Spiel: Nach dem Führungstreffer habe "der Gegner nicht viel fürs Spiel tun" wollen, "wir haben versucht, auf Konter zu agieren."
"Auf Konter agieren": Wie geht denn das?
Mit Verlaub: Ist "auf Konter agieren" nicht ein Widerspruch in sich? Wer auf Konter setzt, re-agiert doch eigentlich nur. Will abwarten, dass der Gegner hinten rauskommt, und dann nach einer plötzlichen Balleroberung schnell "umschalten."
Und überhaupt: Ist es nicht allgemein üblich, gerade in der 3. Liga, dass eine Mannschaft, die führt, sich tief staffelt und auf Konter setzt, während die, die dem Rückstand hinterherläuft, initiativ werden, sich eben etwas anderes einfallen lassen muss als "schnelles Umschaltspiel"? Sollte sich ein Trainer darüber ernsthaft beschweren?
Das ist doch gerade die Krux dieser Klasse, diesen Anspruch mit Personal erfüllen zu müssen, bei dem es nur für Liga 3 gereicht hat. Boris Schommers wollte in dieser Beziehung beim FCK neue Maßstäbe setzen - und ist dabei am Ende gescheitert.
"Gut im Spiel"? Na ja…
Oral glückte in seinem nur knapp zweieinhalbminütigen Statement sogar noch eine Stilblüte: "Wir sind gut in die zweite Halbzeit gekommen, müssen uns aber bei unserem Torhüter bedanken, dass der uns zwei Mal im Spiel gehalten hat."
Aha. Man ist also "gut" im Spiel, wenn der Gegner zwei Top-Torgelegenheiten hat, während man selbst zwar Ballbesitz hat, im Angriffsdrittel aber nicht viel bewegt. Der Blick auf unsere "expected Goals" (xG)-Timeline bestätigt den Ingolstadter Trainer lediglich insofern, als dass sein Team nach einer ersten Halbzeit, in dem wagar nichts Richtung Lautrer Tor zustande bekam, in der zweiten Halbzeit wenigstens dann und wann mal in Gegners Strafraum auftauchte.
Kurz nach der Pause sorgten Aktionen von FCI-Linksverteidiger Franke und dem Ex-Lautrer Marcel Gaus für Gefahr, danach geschah nach "expected Goals"-Maßstäben nichts, was nur annähernd die Qualität von Kraus’ Schusschance nach einer Ecke hatte.
Wir wollen den kompakt gewachsenen, temperamentvollen, manchmal auch hitzköpfigen Übungsleiter des FC Ingolstadt damit aber keinesfalls bashen. Tomas Oral mag ein "Special One" sein, der, wie er in der aktuellen Ausgabe von "11Freunde" nachzulesen ist, als Trainer des FSV Frankfurt seine Spieler auch schon mal zum Duschen durch eine Autowaschstraße gejagt hat. Doch ist er für den FCI längst nicht so peinlich wie der nunmehrige Sportdirektor Michael Henke, der mit seinem Tritt gegen FCK-Coach nach dem Abpfiff mal wieder ein Highlight der negativen Art setzte.
Insgesamt summieren sich die Einschussgelegenheiten in der qualitativen Bewertung der Torchancen am Ende zu einem 2.15 : 0.87 für Lautern auf, während die simple Torschussstatistik ein 14:13 zu Ingolstadts Gunsten ausweist. Es kommt eben drauf an, von wo man aufs Tor schießt. Ungefähr die Hälfte seines xG-Gesamtwertes produzierte der FCK diesmal nach ruhenden Bälle, auch das ist mal ein guter Wert.
Die Positions- und Passgrafik: Alle auf Pourié
Die Positions- und Passgrafik zeigt: Pourié war die nahezu allen Mittelfeldspieler gesuchte und oft gefundene Sturmspitze. Redondo nahm den Ball meist in weiter vorne an, muss aber noch mehr ins Passspiel eingebunden werden.
Die wechselnden Grundordnungen dürften in dieser Visualisierung kaum Niederschlag finden, da Sander Ijtsma immer nur die ersten 70 Minuten einer Partie betrachtet. Jeff Saibene stellte sein 4-1-4-1 erst nach Huths Einwechslung auf ein 4-4-2 um. Als der FCK nach Schads schwerer Verletzung nur noch zehnt auf dem Platz stand, versuchte sich das Team in der Nachspielzeit an einem 4-4-1, in dem Huth und Skarlatidis die rechte Seite bildete.
Hier noch die Positions- und Passgrafik des FCI. Man beachte die dicken Pfeile, die von den beiden Innenverteidigern direkt auf "Kutsche" zeigen. Da wird Langholz gekloppt, was das Zeug hält. Der nicht minder dicke Pfeil von Kutschke auf Elva zeigt aber auch: "Kutsche" weiß, wie man ablegt.
Quelle: Der Betze brennt /
Autor: Eric Scherer
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