@SEAN:
Dem ersten Teil Deines Beitrages stimme ich weitgehend zu, auch wenn ich nochmal betone, dass eine Umlegung der Strafe wegen des Verhaltens Einzelner auf eine breitere Masse keine gute Lösung ist.
SEAN hat geschrieben:(...)Hier wird sich drüber aufgeregt, das eine Gruppe komplett bestraft wird. Hat sich die Gruppe mal darüber gedanken gemacht,das sie mit ihren Fehlverhalten alle anderen im Stadion und im Verein mit bestrafen? (...)
Hier drehst Du meiner Meinung die Sache zu einfach um. Natürlich
wäre der Optimalfall, dass es zu solchen Szenen wie in Köln gar nicht kommt. Nun kann man immer wieder sagen, dass es sowas ja gar nicht geben
darf und sich diese Leute mäßigen sollen etc. etc. Alleine - es hilft ja nichts. Ich wünsche mir auch, dass beim Fußball alles friedlich abläuft, es ist aber nicht so. Nur dann als Antwort Kollektivstrafen auszusprechen, statt das Problem bei der Wurzel zu packen, halte ich für das falsche Signal. Nochmal: mir ist klar, dass es ohne das Fehlverhalten Einzelner diese Strafen nicht gäbe. Trotzdem kann das kein adäquates Mittel sein.
Wie ich oben beschrieben habe, sind diese breit gestreuten Kollektivstrafen nicht zielführend, weil sie letztlich die Täter im schlimmsten Fall in der anonymen Masse lassen und nur selten persönlich habhaft machen. Das kann keine sinnvolle Art der Prävention sein (und darum sollte es bei der Bestrafung doch gehen). Außerdem führen Kollektivbestrafungen und vor allem die Art und Weise wie diese ausgesprochen und getroffen werden zu Solidaritätsbekundungen, die wiederum neue Vorfälle nach sich ziehen.
Mir wäre es lieber, man würde
- 1. die Bestrafung Einzelner nicht über Kollektivstrafen regeln, sondern eine konsequente Aufklärung und Verfolgung des Einzeltäters anstreben.
2. viel, viel mehr in die Präventiv- und Fanarbeit investieren (Fanprojekt etc.)
3. in einen gemeinsamen Dialog treten, an dem alle Seiten (Verband, Sicherheitskräfte, Vereine und Fans) beteiligt sind.
Der letzte Punkt klingt vielleicht etwas romantisch, aber meiner Meinung nach ist der Dialog miteinander, wenn es um Sicherheitsfragen, Aufklärung etc. geht sehr wichtig. Die Bereitschaft allerdings muss auf allen Seiten bestehen, was vermutlich die große Schwierigkeit wäre.
baeckerman83 hat geschrieben:(...) Ich mag Pyrotechnik, aber Böller und werfen (auch wenn es "nur" auf die Laufbahn war) muss nicht sein.
Das ist ein ganz entscheidender Punkt: Es muss jedem klar sein, dass Pyrotechnik nur "in der Hand" abgebrannt werden kann und um Stimmung zu erzeugen. Und auch nur darum kann es bei einer/bei der Legalisierungsbestrebung gehen. Sobald Pyrotechnik abgeschossen oder geworfen oder in Form von Böllern eingesetzt wird, ist eine rote Linie überschritten, für die es null komma null Akzeptanz geben kann.
Man war bis Dezember 2012 auf einem guten Weg, leider hat der DFB die Gespräche einseitig beendet, womit jede Form des Kompromisses - Kontrolliertes Abbrennen etc. - vom Tisch war. Dazu beigetragen hat mit Sicherheit auch die hysterische Berichterstattung nach dem Relegationsspiel 2012, als die Düsseldorfer Fans den Platz stürmten, Otto Rehhagel von Bombennächten im 2. Weltkrieg erzählte und Johannes B. Kerner im ZDF Schaufensterpuppen als Beweis für die Gefährlichkeit von Benglos abfackelte. Das rechtfertigt keinen Missbrauch von Pyrotechnik wie in Gladbach, ist mir klar.
svart hat geschrieben:Jonas, meines Wissens geht es dem FC nur um die sogenannten "Boys". Und warum es jetzt diesen, ganz spezifischen Fan-Club trifft verstehst Du nicht? Recherchiere mal, die sind immer wieder aufgefallen. (...)
Tatsächlich handelt es sich bei den Boyz keinesfalls um eine harmlose Gruppe. Der Fanclub hat schon mehrfach negativ auf sich aufmerksam gemacht und soll zudem von Rechtsradikalen unterwandert worden sein. Das mag auch der Grund sein, weshalb einige "Köln-Experten" mit einer gewissen
Resignation und Zustimmung auf den Ausschluss reagieren, selbst wenn sie die Methoden nicht
gutheißen (der hier verlinkte Twitter-User ist u.a. für den SID tätig und dient einfach nur mal als ein Beispiel). Gut möglich also, dass die Summe der Vorfälle das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Hierzu ein Artikel vom Kölner Express von vor gut einem Monat:
FC-Ultras distanzieren sich von Boyz
Am Montag hatten es die Boyz eilig und riefen zu einer außerordentlichen Versammlung auf. Die Gewaltorgie in der Kölner Innenstadt, an der einige ihrer Mitglieder nach Polizeiangaben beteiligt gewesen sein sollen, hat sie in Alarmbereitschaft versetzt.
In der Szene ist es hinlänglich bekannt, dass Teile der Boyz von Rechtsradikalen unterwandert werden. So haben die Boyz erst kürzlich an einem Nazi-Fußballturnier in Moskau teilgenommen. Beim Rheinderby in Düsseldorf wurde ein Transparent gehisst. Darauf war zu lesen: „James Boyz 007 - Hitlergrüße aus Moskau.“
(...)
Am Montag distanzierten sich auch andere FC-Ultras von den Boyz. Sie wollen mit Gewaltorgien wie der am Wochenende am Rudolfplatz nichts zu tun haben. Aber wie kann man diese blutigen Exzesse verhindern? Wie kann man Gewalttäter von Ultras, die ihren Klub bedingungslos lieben und unterstützen, unterscheiden?
„Die friedlichen Fans müssen die Gewalttäter isolieren“, fordert Fan-Forscher Professor Dr. Günter A. Pilz. „Sie müssen sich klar positionieren und erklären, dass sie mit diesen Leuten nichts zu tun haben wollen. (...)
Quelle und kompletter Text: express.de
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Edit: Man muss jetzt übrigens noch etwas nachschieben: wir diskutieren hier über die Entgleisung einzelner FC-Anhänger in Gladbach in einem Thread, der sich mit dem (friedlichen) Einsatz von Pyro-Technik befasst. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Jemand beschrieb es weiter oben sehr gut: Pyrotechnik als Waffe ist komplett abzulehnen, die Diskussion dreht sich einzig und alleine um das Abbrennen von Pyrotechnik ohne sie zu werfen etc. Insofern verbietet sich auch ein Vergleich (was den Auslöser angeht) mit der Lautrer Aktion in Braunschweig.