Marky hat geschrieben:Wir haben ein besch... Saison hinter uns. Vor allem zu Hause. Mit „Pussy“-Fußball, wie im Forum von „Der Betze brennt“ mal einer treffend schrieb. Dies kann kein Fan auch nach dem bisher sehr ordentlichen Start einfach ausblenden. Und dann stößt es umso saurer auf, wenn der FCK am Betze weniger Zweikämpfe annimmt und gewinnt als der Gegner. Das war gegen die Löwen so und auch heute gegen die Zebras. Da braucht man nicht mal einschlägige Statistik-Seiten aufzusuchen. Das hat jeder gesehen.
Insgesamt ein sehr treffender Bericht. An dieser Stelle mischt sich bei mir jedoch Zustimmung mit dem leicht unguten Gefühl, dass man sich unnötig selbst runter zieht. Was den fetten Satz angeht: Doch, das geht mitunter durchaus. Ich war gestern von Minute 46 bis zu Mimouns Sonntagsschuss am Rande der Depression. Was man sich gg Dresden in der 2. Hz. noch 25min lang mit einem fassungslosen Kopfschütteln angesehen hat, das aber wenigstens zugleich noch mit einem lakonischen Grinsen über die gefühlt ewige Unfähigkeit des FCK einherging, nach einer Führung konsequent weiter zu spielen, löste gestern einfach nur noch Resignation aus. Wie kann das sein, dass man bei eigener Führung am Betze SCHON WIEDER so das Spielen einstellt? Wie kann es sein, dass man dabei zuguckt, wie sich der Gegner Chance um Chance erarbeitet? Wie kann es sein, dass die Mannschaft das kein bisschen zu beunruhigen scheint, dass keine Reaktion zu erkennen ist? Natürlich kommen da Gefühle hoch, die die letzten 8 Monate als FCK-Fan geprägt haben: Hilflosigkeit, Furcht, Frustration, Wut. Die Depression wollte sich letztlich dennoch nicht richtig einstellen. Das "Pattern" war bekannt, allerdings erklang es gestern in einer diametral neuen Tonalität.
Machen wir uns nichts vor: Schon in der - vergleichsweise - guten ersten Hälfte waren immer wieder Szenen drin, in denen man sich geärgert hat, dass im Pressing der letzte Schritt nicht gegangen wurde, dass ein Pass unsauber angenommen wurde, oder dass ein schöner Spielzug mehrmals darin sein Ende fand, dass statt des einfachen Weiterleitens irgendeine kunstvolle Annahme/Weiterleitung versucht wurde, die dann misslang. Doch in der ersten Hälfte avancierte Baumjohann zur Personifikation dieses Spiels: Hier und da ein Schritt zu wenig, hier und dan ein Schlenker zu viel - aber immer gerade dann, wenn sich Unmut einstellen wollte, zeigte er mal eben, dass einem solchen scheinbar "halbherzigen" Dribbling jederzeit der Heber in den freien Raum oder der Schuss in den Winkel folgen kann. In Kombination mit den 3, 4 wirklich guten Chancen, die dem 1:0 voraus gingen stimmte das zur Halbzeit versöhnlich. In der Zweiten dann das oben beschriebene Bild: Nur noch Passivität, die Strohfeuer gänzlich erloschen. Und dennoch: Diese Passivität hatte aber mal
so überhaupt gar nichts mit dem zu tun, was in diesem Frühjahr passiert ist.
Nur damit wir uns verstehen: Das hier ist keine Entschuldigung, Erklärung oder sonstwas - man muss das nicht toll finden, was gestern gespielt wurde. Ich für meinen Teil fand's überhaupt nicht toll. Aber es hat halt - trotz phänomenologischer Verwechslungsgefahr - nichts mit den Zusammenbrüchen der letzten Saison zu tun, nichts mit dem was bei uns all die oben beschriebenen Gefühle ausgelöst hat. Das gestern war ein Auftritt, wie man ihn sich als Bayern-Kunde immer mal wieder gefallen lassen muss. Das war eine Mannschaft, die sich ihrer qualitativen Überlegenheit dermaßen bewusst war, dass sie meinte sich verhalten zu müssen, wie ein Marathonläufer, der weiß das der Weg noch lang ist und man sich die Kräfte für die wirklich harten Momente sparen sollte. Am TV gab es eine schöne Einstellung direkt nach dem 1:1, in der einer unserer Spieler (meiner nicht untrüglichen Erinnerung nach Käpt'n Albert) in Richtung eigenes Tor schaut, um dann mit einer Miene wie "toll, jetzt muss ich den Scheiß wieder aufräumen" das Kreuz zu schütteln und zum Mittelkreis zu stapfen. Die wirkten, als wären sie zum Nachsitzen verdammt worden. Aaaaaaaber: Da war auch keinerlei Zweifel in der Mimik zu erkennen, dass man das jederzeit wieder "aufräumen" kann. Das waren nicht die Schäfchen vom ersten Halbjahr, die sich in ihr Schicksal ergeben. Das waren Männer, die sich ihrer Stärke so dermaßen bewusst sind, dass Bequemlichkeit droht. Und das macht einen wesentlichen Unterschied: Ich persönlich bin nach diesem Spiel enttäuscht, dass der lang ersehnte erste Heimsieg nicht das ebenso lang ersehnte Betze-typische-Emo-Highlight geworden ist. Ich bin verärgert, dass wir unsere Stärken noch nicht rüberbringen und mir medial wie im Freundeskreis das - berechtigte - Lied vom glücklichen Sieg entgegen schallt. Aber ich habe keinerlei Angst, dass wir wieder in der Tristesse versinken. Nicht mit dieser Mannschaft. Nicht mit einem Bunjaku, der an guten Tagen den gegnerischen Abwehrreihen dieser Liga zeigt, welch Fußball dort gespielt wird wo sie ihre eigene Karriere niemals mehr hintragen wird. Nicht mit einem Mo, der selbst an Tagen, an denen vollkommen die Bindung zwischen ihm und dem Rest der Mannschaft fehlt jeden noch so akzidentiellen Ball mit einer Sicherheit verarbeitet, dass aus dem Nichts heraus Chancen entstehen. Nicht mit einem Baumjohann, der mit jedem Schlag auf die Knochen nur überzeugter darin wirkt, jedem sich in den Weg stellenden Gegner klar zu machen, dass der kleine Fetzen Kunstleder auf ihn hört wie auf niemand anderen. Nicht mit einem Ariel (

), der von der sauberen Grätsche, dem perfekten Moment für ein hartes Umhauen als Geste an Publikum und Gegner bis zum wohlgetimten Flankenwechsel einfach alles mitbringt um dem Berg ein Gesicht zu geben. Diese Mannschaft ist dazu verdammt, dieser Liga ihren Stempel aufzudrücken. Diese Mannschaft tritt mit dem Bewusstsein auf den Platz, dass sich hier in diesem Jahr eine Gruppe von Spielern in Zeit und Raum versammelt hat, die wenn's erst mal läuft nicht mehr nur unzerstörbar, sondern auch ziemlich zerstörerisch durch die Liga fegen wird. Kurz: Diese Mannschaft trägt Großes in sich.
So viel zur Zukunft. Die Gegenwart ist in der Tat ein talentierter Haufen, der mitunter meint mit 90% durchzukommen. Das ist alles natürlich überhaupt nicht Betze. Aber ich würde mich jetzt auch nicht an Zweikampfbilanzen aufhängen - zum einen, weil ich auch dort Besserung erwarte. Zum anderen, weil wir in der Vergangenheit gesehen haben, dass man auch mit positiver Zweikampfbilanz triste Tage erleben kann (s. Hinrunde 11/12). Wir sind nunmal als Fans auch nicht soo einfach: Die Mär, dass wenn gekämpft wird sportlicher Erfolg für uns nicht wichtig ist ist mythologisch und moralisch von Bedeutung, faktisch jedoch falsch (abermals, s. Hinrunde 11/12). Wenn nun ein faktisch sehr erfolgreicher Ball am Betze ohne kämpferische Tugenden gespielt wird, sind wir auch nicht zufrieden. Ich meine jedoch, dass wir im Moment sehr beruhigt sein dürfen - aus einem ganz einfachen Grund: Eine Mannschaft, die Fußball spielen kann zum Kampf zu "erziehen" ist drin. Einer Mannschaft aus Kämpfern das Fußballspielen beizubringen ist eine andere Kiste...
Das positivste im Moment: Der Trainer. Nach dem Spiel im Interview präzise eingeordnet, was ging und was überhaupt nicht ging. Die Einwechslungen waren zwar taktisch eher unfruchtbar (keine Kritik: Hinterher ist man immer schlauer...) - in einem Team, dass den Spielaufbau eingestellt hat das "tatsächliche" Mittelfeld auf Ariel und Mimoun runterzufahren löst das Problem nicht -, aber von der Geste her eben genau das, was zu dieser Mannschaft (und: dieser Liga) passt: Hier wird nicht mehr gebangt, ob offensive Wechsel den einen Punkt kosten, hier werden rücksichtslos die eigenen Offensivstärken betont - weil außer einem Sieg nix in Frage kommt.
Vor diesem Hintergrund ist mir eigentlich egal, dass Bunjaku gestern nicht ins Spiel gefunden hat, dass Heintz in Hz.2 ziemlich implodiert ist (was okay ist mit 19, aber auch einige Einschätzungen ins Verhältnis rückt), dass Dick so dermaßen von der Rolle ist, dass man unbedingt den Riedel mal in Action sehen will. In dieser Mannschaft stehen 15-20 für diese Liga wirklich außergewöhnlich gute Spieler. Das ist eine Verpflichtung. Nach all dem Scheiß (der wie gesagt mMn sportlich ad acta gelegt ist) möchte man jedoch lieber sagen: Diese Mannschaft ist ein Versprechen
