mibuehl hat geschrieben:Ich finde es nicht ok,dass viele so über Marco Kurz herziehen.Er hat bei uns aus billigen unbekannten Spielern wie Sam,Ilicecic,Lakic und Jendrisek einen Erstligist gemacht.Gescheitert ist er, da wir aufgrund unsere Finanzen keinen dieser Spieler halten konnten.Marco Kurz hat mit seinem Temperament super zum Betze gepasst.
Ja, man muss das differenziert betrachten. Das erste Jahr war phan-tas-tisch - und so wurde es auch damals hier bewertet. Gestartet als Kandidat für Platz 4-8 schaffte man den Durchmarsch, oft mit richtig gutem Fußball. Natürlich lag das auch an der Mannschaft, aber dass die Qualität von einzelnen Spielern noch kein gutes Team ergibt, sehen wir ja gerade.
Im zweiten Jahr verloren wir einige Leistungsträger (Jendrisek, Sam, Mandjeck) und es wurde eine Klasse höher natürlich härter. Es waren einige Krisen zu überwinden und manchmal sah es gar nicht gut aus. Dennoch verlor er in dem Jahr nie den Draht zur Mannschaft und konnte negative Phasen sowohl in der Hin- wie in der Rückrunde drehen. Es wurde meist sehr ordentlicher Fußball gespielt. Und es hab einige tolle Spiele (allein die 4 Matches gegen den VfB und Schalke - geil).
Im dritten Jahr gaben wir die Spieler ab, die 80 % der Tore im Vorjahr geschossen hatten. Und holten stattdessen Spieler, die weitgehend versagten, woran Kurz sicher einen Anteil hatte. Entsprechend war das Spiel in der Hinrunde: Für einen Abstiegskandidat nicht schlecht, oft bis zum Strafraum durchaus auf dem Niveau des Vorjahres, aber ohne die Effektivität, die wir 2011 noch hatten. Immer wieder spielten wir gut, verschenkten aber die Punkte (in Hoffenheim, in Hamburg, daheim gegen den VfB). Zudem fielen Rodnei aufgrund Verletzungen und Amedick/Tiffert aufgrund Formkrise oft aus. Bis dahin aber machte Kurz immer noch keinen schlechten Job, auch wenn erste Abnutzungserscheinungen sichtbar wurden.
Und dann kam die Rückrunde, ein mäßiger Auftakt in Augsburg, die fatale Niederlage gegen Köln - und ab diesem Punkt entglitt die Mannschaft Kurz. Er erreichte das Team emotional und taktisch nicht mehr, die Spieler ließen sich gehen, das Mannschaftsgefüge implodierte und war von Kurz nicht zu stabilisieren. Dieses letzte Halbjahr von den sechsen, die Kurz bei uns war, war ungenügend, der Rest war sehr ordentlich.
Kurz hat sich im Übrigen immer anständig verhalten, auch, als er längst bepöbelt wurde und die Dinge aus dem Ruder liefen. Ich habe von ihm nie ein böses Wort gegen Verein und Fans gehört. Sein Verhältnis zu den Fans war ok, ohne dass er sich anbiederte. Er hat aus den Mitteln, die er hier zur Verfügung hatte, zweieinhalb Jahre lang sehr, sehr viel gemacht. Er war Betze, er lebte Erfolge intensiv mit, und er ging mit Anstand, wenn auch im Mißerfolg.
Fachlich war er sicher nicht der große Taktiker, ehe der Typ Motivator. Auch in der Entwicklung von Jugendspielern hatte er Defizite. Sicherlich fehlte da bei seiner erst zweiten Trainerstation auch noch die Erfahrung, wie man aus so einer massiven Abwärtsspirale nochmal herauskommt. Am Ende hatte sich dann auch seine Motivationskunst erschöpft, die Spieler und das Publikum waren der immergleichen Redewendungen überdrüssig. Ein Trainer muss sich manchmal auch neu erfinden können, wenn die alten Rezepte nicht greifen. Das konnte er nicht.
Ich glaube, dass er mit dem Verein litt und sich bei uns emotional völlig verausgabt hatte und auch deshalb eine lange Pause brauchte. Ich glaube aber auch, dass die Art und Weise seiner Arbeit in der Bundesliga Eindruck hinterlassen hat und nicht umsonst ist er jetzt bei Hoffenheim im Gespräch.
Die vergangene Saison, die immer rasantere Talfahrt, hat bei den Fans Spuren hinterlassen. Viele Wunden sind noch nicht verheilt. Ich glaube, dass man deshalb zu einer fairen Bewertung von Kurz erst mit mehr Abstand kommen wird, vielleicht, wenn wir wieder in der Bundeliga sind und man sich dort einmal begegnet.