Im Frühjahr 2008 hatte man überhaupt keine Zeit, das Feld umsichtig zu filtern, da kam eine Person wie Kuntz gerade richtig. Für mich war Kuntz der Retter. Wie er das bewerkstelligt hat, weiß ich nicht - vielleicht fand er genau die richtige Ansage an die Spieler, wahrscheinlich nahm er auch in taktischen Dingen Einfluss.
Mit Sasic alleine wären wir abgestiegen. Als er anfing, hatten wir 8 Punkte Rückstand. Als Kuntz auftauchte, waren es schon 9 Punkte. Unwürdig war Sasics Abgang nur insoweit, dass er gegenüber der Mannschaft als autoritärer Stümper auftrat, und sich auch vom fachlichen Standpunkt her als limitiert erwies.
Die Bewertung der Tätigkeit von Kuntz verlief über die Jahre naturgemäß in Prozessen ab. Wer da wie jeweils gewichtet hat, wird sich an den Prioritäten ausgerichtet haben. Jedenfalls gab es im Verlauf des Jahres 2015 deutlich merkbare Absatzbewegungen, auch von Leuten, die vorher sattelfest in seinem Fahrwasser zu verorten waren. Das wird jeder von denen individuell für sich an bestimmten Punkten festgemacht haben.
Wer vorher kritische Worte geäußert hatte, wurde dem Generalverdacht ausgesetzt, ihm ginge es vor allem um persönliche Ambitionen bzw. Animosiäten. Völliger Humbug, die Konsorten gab es sicher auch, aber das Gros war ganz einfach geleitet von den schlimmen Erfahrungen der Vergangenheit. Leider hat Kuntz die Chance von Anfang an vertan, diese kritischen Geister mit einzubinden.
Kuntz ließ sich mit sehr weitreichenden Machtkompetenzen ausstatten. Wer sich derart ausstatten lässt, hat aber auch die Verantwortung, damit seriös umzugehen. Und das hat Kuntz für meine Begriffe nicht zur Genüge getan. So wie er sich auf jedem erdenklichen Posten mit Gefolgsleuten umgeben hat, hat er irgendwann das gesunde Maß weit überschritten.
Denn dann wird es heikel. Wenn dann auch der Aufsichtsrat "gekauft" ist, dann geht jedwede Kontrollinstanz flöten. Auch das sich selbst kritische Hinterfragen wird einem selbstauferlegten Kampf gegen vermeintlich äußere Feinde geopfert. Mit meist fatalen Folgen.
Für meinen Eindruck wurde Kuntz von vielen und auch von sich selbst überschätzt. Wer alles an sich reißt, der muss schon über außergewöhnliche Qualitäten verfügen. Aber wer hat die schon? Wichtig daher, dass man abzuschätzen versteht, wo die defizitären Bereiche liegen, und die Fähigkeit, diese mit qualifiziertem Personal zu besetzen. Dazu muss man aber die defizitären Zonen inhaltlich benennen und definieren können. Und man muss erkennen, wen man für welchen Aufgabenbereich einsetzen kann.
Da sind Kritikfähigkeit, Weit- und Umsicht gefordert. Wer aber niemanden in sein "Reich" lässt, der bleibt irgendwann seiner eigenen Unzulänglichkeit ausgeliefert. In diesem Zustand der Stagnation befindet sich der FCK schon seit ein paar Jahren. Deswegen begreife ich diesen erzwungenen Umbruch als Chance, für die die neue Führungsebene Unterstützung braucht. Und diese muss sie sich verdienen. Und sie muss endlich den Dialog mit den Anhängern und Mitgliedern führen, u.a. auch um für diese Unterstützung zu werben.
