Paul hat geschrieben:salamander hat geschrieben:
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Die einzig realistische Möglichkeit, etwas zu ändern, wäre es, einen Trainer zu verpflichten, der mit diesem Kader etwas anfängt. Runjaic hat ja zur Genüge gezeigt, dass er das nicht kann.
Das stimmt nicht und ich würde drauf setzen, dass du das weißt, weil du es selbst live gesehen hast!
Es gab genügend Spiele, die uns Spaß gemacht haben, gerade WEIL Runjaic die richtige Taktik vorgab.
Das hört in Leverkusen vielleicht auf, zieht sich aber vor allem durch viele Spiele in der Hinrunde.
Da waren wir doch durchaus alle angetan von Runjaics Plan. Da war viel Gutes dabei
Stimmt, der Anfang war gut. Warum das dann recht schnell gekippt ist und Runjaic' Team nie wieder wirklich zurückgefunden hat zum Spielfluss der ersten Spiele, das weiß natürlich keiner genau. Wir Fans können nur von dem her urteilen, was wir sehen, und das war ab Dezember oft schlecht, in wenigen Fällen Durchschnitt, unterm Strich aber enttäuschend.
In den Foren ist die am meisten verbreitete These die, dass die Anfangserfolge eine Mischung aus dem Neue-Besen-Effekt, Erleichterung über den Abgang des Zuchtmeisters Foda, Glück und einer abrupten taktischem Umstellung waren, die das Spiel 10 Meter nach vorne verlagerten. Als das Glück ausblies und die Trainer der Konkurrenz unser Spielsystem kannten, war halt Ende mit Sonnenschein.
Aber bestimmt ist es komplizierter. Die grundsätzliche Taktik, die Favoritenrolle anzunehmen, das Spiel in die Hälfte des Gegners zu verlagern, durch hohes Stehen Druck zu erzeugen,das ist ja nicht falsch und hat ja auch mit dem vorhandenen Kader eine Weile funktioniert. Der Trainer von 60 wusste nach dem Köln-Spiel, was kommt, trotzdem spielten wir die völlig an die Wand.
Nur kam nach Dresden der Bruch und Runjaic hatte dann überhaupt kein Mittel, kein Werkzeug, kein Rezept, wie er wieder in die Spur kommen könnte. Für mich sah es so aus, daß wir in geradezu unfassbarer Weise die Spiele gegen individuell deutlich schlechtere Mannschaften abgaben, eins nach dem anderen, der Aufstieg zerrann uns zwischen den Fingern und Runjaic schaute hilflos zu. Das aber zeichnet einen guten Trainer aus, dass er Zugriff auf das Team hat, kleine Krisen souverän meistert. So, wie es Kurz in den ersten 2,5 Jahren seiner Tätigkeit für uns mehrfach gezeigt hat. Runjaic aber jammerte öffentlich über individuelle Fehler, was bei Trainern immer ein ganz schlechtes Zeichen ist, weil der Subtext ist: "Meine Tatik und mein Training sind richtig, aber es funktioniert trotzdem nicht und ich habe keine Ahnung, warum".
Ich glaube nicht, dass Runjaic von den anderen Trainern ausgeguckt oder übertölpelt wurde. Runjaic hat Ahnung vom Fußball, wollte etwas anderes, als da von seiner Mannschaft gespielt wurde. Aber er erreichte die Mannschaft nicht mehr, könnte der verunsicherten Truppe keine Stabilität geben. Ahnung vom Fußball zu haben, reicht halt nicht, sonst könnten wir auch Marcel Reiff holen, der hat sogar Stallgeruch
Charakteristisch ist für mich (neben vielem anderen) bis heute unser Verhalten in Kontersituationen. Also: Der aufgerückte Gegner verliert den Ball in der Vorwärtsbewegung in unserer Hälfte. Das Verhalten in dieser Situation kann man üben: Das Freilaufen der Stürmer in 2 vorher vorgegebene Richtungen, der schnelle, kurze Pass des Ballgewinners zum spielöffnenden Sechser, dann der vertikale Pass auf die Stürmer usw. Was wir in diesen Situationen seit Dezember bieten, ist Slapstick, eines Aufstiegsaspiranten unwürdig. Da setzt Karl den Fuß auf den Ball, da wird mit dem Abspielgerät quer gelaufen, da rennen die Stürmer nebeneinander her, stehen im Abseits oder hinter dem Gegner, da dribbeln Matmour oder Ring blind in den Gegner. Jede Kontersituationen wird als Unikat behandelt, als würde man sich am Spieltag zum ersten Mal sehen.
Und das liegt nicht daran, dass unsere Spieler zu dumm oder unbegabt oder egoistisch sind, das liegt auch nicht daran, dass Runjaic nicht wüsste, wie es richtig geht, aber das liegt daran, dass er es nicht auf die Mannschaft transportiert bekommt. Das Team funktioniert als Organismus nicht, die Automatismen fehlen und das kreide ich zu 90 % dem Trainer an.
Ähnliches gilt für die Unfähigkeit, aus dem Aufbauspiel heraus gegen tiefstehende Teams Chancen zu erspielen, weitgehend auch für Standards, für die Unfähigkeit, ein wirksames Offensivpressing durchzuführen.
Runjaic hätte mit diesem Kader nicht scheitern müssen, wirklich nicht, vor allem angesichts der Wettbewerber. Dass er dennoch scheiterte, obwohl er überdies die lange Winterpause zur Einflussnahme hatte, reicht mir persönlich aus, um mir keine weitere Spielzeit mit ihm zu wünschen.