
Foto: Michael Schmitt
Türkgücü München stellt Spielbetrieb umgehend ein
Paukenschlag in der 3. Liga: Türkgücü München, das aktuell ein Insolvenzverfahren durchläuft, muss den Spielbetrieb sofort einstellen. Das hat auch für den 1. FC Kaiserslautern Folgen.
Verkündet wurde diese Entscheidung in der heute stattgefundenen Betriebsversammlung von Insolvenzverwalter Max Liebig. In der offiziellen Pressemitteilung des DFB heißt es: "Türkgücü München scheidet mit sofortiger Wirkung aus dem Spielbetrieb der 3. Liga aus. Dies hat der Klub am heutigen Donnerstag durch seinen Insolvenzverwalter bekanntgegeben. Türkgücü ist nicht mehr in der Lage, seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und damit die Durchführung des Spielbetriebs bis Saisonende wirtschaftlich aufrechtzuerhalten. Die Münchner hatten am 20. Januar 2022 einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt." Türkgücü rückt damit automatisch ans Tabellenende und steht als erster Absteiger der 3. Liga fest.
Sofortige Einstellung des Spielbetriebes: Alle Partien werden annulliert
Liebig sieht für den Klub offenbar keine positive Fortführungsprognose, was zugleich die sofortige Einstellung des Spielbetriebes nach sich zieht. Damit ist nun klar, was sich in den vergangenen Wochen schon angedeutet hatte: Da sich Türkgücü vor dem 34. Spieltag aus dem Ligabetrieb zurückzieht, werden alle Partien des Klubs annulliert - auch der 2:1-Erfolg des FCK im Dezember des vergangenen Jahres. Gleiches gilt aber natürlich auch für die Spiele der FCK-Konkurrenten. Zudem entfällt für die Roten Teufel das letzte Spiel der Saison: Am 38. Spieltag wären die Männer in Rot im Fritz-Walter-Stadion auf Türkgücü München getroffen. Hierfür gibt es nun nicht - wie vielfach fälschlicherweise behauptet - automatisch einen Heimsieg für den FCK, das Spiel wird einfach nicht ausgetragen und nicht gewertet. Lautern entgehen damit auch wertvolle Zuschauereinnahmen in einem Saisonfinale, das vielleicht über Aufstieg oder Nichtaufstieg entschieden hätte. Und: Der FCK muss gegebenenfalls tatenlos von der Couch zusehen, ob die Aufstiegskonkurrenz am letzten Spieltag punktet oder patzt. Auch Eintracht Braunschweig muss einmal zusehen: Der BTSV wäre am 35. Spieltag noch bei Türkgücü angetreten.
Saarbrücken mit größtem Nachteil, 1860 profitiert: FCK muss am letzten Spieltag zuschauen
Der vorzeitige Rückzug der Münchner hat auf den Aufstiegskampf und die Tabelle im oberen Drittel aus FCK-Sicht folgende Auswirkungen: Der 1. FC Kaiserslautern (minus drei Punkte, 54 Zähler) steht in der Tabelle weiterhin auf Platz 2. Anders geht es da schon dem 1. FC Saarbrücken (minus sechs Punkte, 49 Zähler), der auf Platz 4 zurückfällt und der größte Verlierer des Münchner Rückzuges ist. Der Rückstand auf die Lautrer vergrößert sich damit sogar von zwei auf fünf Punkte. Eintracht Braunschweig (minus drei Punkte, 51 Zähler) klettert auf den Relegationsrang, hat aber am 35. Spieltag wie erwähnt spielfrei. Einziger "Profiteur" ist 1860 München (minus einen Punkt, 48 Zähler), die auf Rang 5 der Tabelle springen und ihren Rückstand auf den Relegationsplatz von sechs auf drei Punkte verringern. Nichts destotrotz: Es wäre für alle Vereine besser gewesen, die Saison sportlich über 38 Spieltage zu Ende zu bringen. Dies ist jetzt nicht mehr möglich.
Quelle: Der Betze brennt
Weitere Links zum Thema:
- Chronik im DBB-Forum: Türkgücü München stellt Antrag auf Insolvenz
Ergänzung, 19:10 Uhr:

Türkgücüs ehemaliger Investor und Präsident Hasan Kivran (Archivbild); Foto: Imago Images
Kummt Senf druff
Kein guter Tag für den Fußball
Der Rückzug von Türkgücü München wirft kein gutes Licht auf die 3. Liga und den DFB. Vor allem der sportliche Gedanke leidet und dem 1. FC Kaiserslautern wird eines der emotionalsten Dinge genommen, die es im Fußball gibt. Die DBB-Autoren Gerrit Schnabel und Florian Reis kommentieren das vorzeitige Aus der Münchner.
Es hätte alles so schön sein können: Bei frühsommerlichen Temperaturen feiern die FCK-Fans im Fritz-Walter-Stadion am 14. Mai einen fulminanten letzten Heimsieg, der zugleich nach vier schier endlos wirkenden Jahren die ersehnte Rückkehr in die 2. Bundesliga bedeutet. Und jetzt? Nichts da. Ganz egal, wie sich die kommenden Wochen sportlich für das Antwerpen-Team entwickeln werden - am letzten Spieltag werden keine Massen ihre Männer in Rot anfeuern können. Der FCK wird zum Zuschauen verdammt sein. Jeder, der einmal Fußball gespielt hat, weiß, wie sehr es schmerzt, nicht selbst in das Geschehen eingreifen zu können. Und jeder, der den Fußball liebt, weiß auch, was durch die Emotion eines Saisonfinales an Leistungsexplosionen möglich sind. In Kaiserslautern wird man das alles jetzt nur am Fernsehen verfolgt werden können. Mal ganz davon abgesehen, dass vermutlich hunderttausende Euro an Zuschauereinnahmen ausbleiben werden. Rein sportlich muss der Rückzug von Türkgücü München aber nicht zwangsläufig ein Nachteil sein. Die Roten Teufel haben schließlich noch sechs Spiele zu absolvieren, in denen sie den Aufstieg aus eigener Kraft schaffen können. Aber: Aus emotionaler Sicht ist die heutige Entscheidung eine Katastrophe.
Nach Uerdingen, jetzt Türkgücü: Ein Ende, das absehbar war
Und warum das alles? Weil ein Plastik-Klub, wie es Türkgücü schon seit Gründung war, die Liga, den DFB und alle Vereine von Anfang an an der Nase herumgeführt hat. Und da liegt auch einer der Unterschiede zur Insolvenz des FCK im Jahr 2020. Die Roten Teufel hatten nach ihrer erfolgreichen Entschuldung mehrere Investoren an der Hand, die ihnen die Existenz sichern wollten. Auch weil es in einem Traditionsverein gewachsene Strukturen gibt. Ohnehin ist es in dieser Diskussion wichtig, zu differenzieren. Denn jede Insolvenz ist "anders".
Türkgücü München war dagegen von Beginn an vom dubiosen Investor Hasan Kivran abhängig und verpflichtete im vergangenen Sommer mit viel Geld Spieler, die sich aufgrund der finanziellen Versprechungen der Münchner gegen Angebote von anderen Klubs entschieden. Akteure, die jetzt wie der Trainerstab und die Mitarbeiter der Geschäftsstelle arbeitslos auf der Straße stehen. Noch im Dezember letzten Jahres, als Lautern im Olympiastadion zu Gast war, tönte Geschäftsführer Max Kothny auf die Frage, wie er damit umgehe, dass den Verein eine saftige Geldstrafe erwarte, weil er nach der Entlassung von Peter Hyballa nicht rechtzeitig einen Nachfolger mit Trainerlizenz verpflichtet habe: "Dann bezahlen wir diese Strafe eben, das nehmen wir in Kauf". Was für ein Hohn, bedenkt man, dass der Verein etwas mehr als drei Monate später den Spielbetrieb einstellen muss. Acht Trainer beschäftigte Türkgücü alleine seit Februar 2021. Bis 2023 wollte man in die 2. Bundesliga aufsteigen, koste es, was es wolle. Sinnbildlich für den Übermut: In dieser Saison trugen die Münchner ihre Heimspiele im überdimensionierten Olympiastadion aus. Dort waren Geisterkulissen aber an der Tagesordnung.
Einer Profiliga unwürdig: Der DFB muss sich hinterfragen
Doch auch der DFB und die 3. Liga machten und machen in der Causa zum wiederholten Male keine gute Figur. Wieso kann ein Verein, dessen Konstrukt schon längere Zeit als fragil galt, binnen weniger Monate seine Personalkosten derart erhöhen, wie es Türkgücü in den vergangenen Monaten getan hat? Zudem muss ein Verband von der Größenordnung des DFB - insbesondere nach der Insolvenz des KFC Uerdingen im vergangenen Jahr - Vorsorge treffen, dass im Sinne der übrigen 19 Vereine eine seriöse Saison gewährleistet ist. So schaut am Ende jeder in die Röhre: Die Vereine, denen Punkte abgezogen werden, der FCK, dem ein Saisonfinale genommen wird - das vielleicht emotional wichtigste Match in einer Saison. Und nicht zuletzt die Fairness.
Quelle: Der Betze brennt / Autor: Florian Reis, Gerrit Schnabel
Ergänzung, 25.03.2022:

Rote Teufel denken über gemeinsames Saisonfinale nach
Der Rückzug von Türkgücü München aus dem Spielbetrieb der dritten deutschen Fußball-Liga trifft den 1. FC Kaiserslautern doppelt. Zum einen werden ihm drei Punkte abgezogen, die er durch den 2:1-Erfolg im Dezember auf sein Konto gespielt hatte. Zum anderen fällt die Heimpartie gegen die "Türkische Kraft" am 38. und letzten Spieltag dieser Saison aus.
Die Roten Teufel müssen zuschauen, wie die Konkurrenz im Aufstiegsrennen agiert und womöglich zu Kaiserslauterer Ungunsten punktet. Der Wunsch vieler Anhänger und Anhängerinnen nach einem gemeinsamen Stadionerlebnis am 14. Mai könnte sich dennoch erfüllen. "Selbstverständlich sind wir intern in intensiven Überlegungen, was wir mit unseren Fans an diesem Tag auf die Beine stellen können", sagte FCK-Sprecher Stefan Roßkopf auf RHEINPFALZ-Anfrage. (…)
Quelle und kompletter Text: Rheinpfalz