
Foto: Michael Schmitt
3. Liga: Türkgücü München stellt Antrag auf Insolvenz
Das nächste Investoren-Projekt in der 3. Liga ist gescheitert: Türkgücü München hat Insolvenz beantragt und steht damit praktisch als erster Absteiger fest. Für den 1. FC Kaiserslautern hat dies zunächst keine Auswirkungen - zumindest Stand jetzt.
Der bereits vor einem Jahr strauchelnde, von Investor Hasan Kivran abhängige Aufsteiger von 2020 hat den Insolvenzantrag am Montag per Pressemitteilung bestätigt. Dort heißt es: "Sportlich hat die Antragsstellung wohl einen Neun-Punkte-Abzug zur Folge. Mit einem langfristigen, stabilen und wirtschaftlich-nachhaltigen Plan wäre aber ein Verbleib oder im Falle eines Abstiegs eine Rückkehr in den Profi-Fußball nicht ausgeschlossen. Hierfür sind wir auf der Suche nach passenden Partnern und Investoren." Damit geht Türkgücü voraussichtlich einen ähnlichen Weg wie vergangene Saison der KFC Uerdingen, der nach dem Ausstieg seines Investors Mikhail Ponomarew ebenfalls Insolvenz anmelden musste und aktuell sogar vor dem Absturz in die Oberliga steht.
Mit dem anstehenden Neun-Punkte-Abzug sowie dem zugehörigen Insolvenz-Chaos muss realistischerweise mit Türkgücü als erstem Absteiger in der noch laufenden Drittliga-Saison gerechnet werden. Der Rückstand auf das rettende Ufer würde dann schon zehn Punkte betragen. Dass der Klub auseinanderzufallen droht, wurde bereits am Wochenende bei der 0:1-Heimniederlage gegen das vorherige abgeschlagene Schlusslicht TSV Havelse deutlich.
Momentan kein vorzeitiger Rückzug geplant: Türkgücü wäre am letzten Spieltag der Gegner des FCK
Welche Auswirkungen könnte das Türkgücü-Aus für den 1. FC Kaiserslautern haben? Nach jetzigem Stand wollen die Münchner die Saison sportlich zu Ende bringen. Weil die Spielergehälter für die nächsten drei Monate aus Insolvenzgeld bezahlt werden, scheint dies nach jetzigem Stand auch realistisch. Trotzdem gibt es in einem schwierigen Insolvenzverfahren stets Unwägbarkeiten - auch der FCK hat hier bekanntlich schon Erfahrungen gemacht.
Sollte Türkgücü sich in den kommenden Wochen vom Spielbetrieb zurückziehen, wäre das Szenario wie folgt: Alle Spiele des Klubs würden aus der Wertung gestrichen. Da außer dem FCK auch fast alle anderen Aufstiegskandidaten gegen die Münchner gewonnen haben, hätte dies aber nur begrenzte Auswirkungen auf die obere Tabellenhälfte. Lediglich 1860 München würde zwei und der SV Wehen Wiesbaden drei Punkte näher an die Aufstiegsplätze heranrücken. Eine andere Auswirkung eines vorzeitigen Türkgücü-Rückzugs wäre insbesondere für die Roten Teufel aber mindestens genauso gravierend: Türkgücü München ist am letzten Spieltag am 14. Mai 2022 als Gegner des 1. FC Kaiserslautern im Fritz-Walter-Stadion vorgesehen. Sollte diese Partie gestrichen werden, hätte der FCK als einziger Aufstiegskandidat ausgerechnet zum Saisonabschluss spielfrei. Bleibt also zu hoffen, dass "TGM" die Saison ordnungsgemäß zu Ende spielen kann, so wie es nach jetzigem Stand auch geplant ist.
Quelle: Der Betze brennt
Ergänzung, 18.02.2022:

Türkgücü-Investor und -Präsident Hasan Kivran (Archivbild); Foto: Imago Images
DFB belegt Türkgücü München mit elf Punkten Abzug
Türkgücü München werden wegen Insolvenz und Lizenzverstößen elf Punkte abgezogen, der Spielbetrieb wird aber zunächst fortgesetzt. Wir erklären, welche Auswirkungen ein Rückzug des neuen Schlusslichts für den 1. FC Kaiserslautern haben würde.
"Neun Punkte werden Türkgücü aufgrund des Insolvenzantrags aberkannt, den der Klub Ende Januar gestellt hatte. (...) Weitere zwei Punkte verliert Türkgücü aufgrund eines Auflagenverstoßes", heißt es in der offiziellen DFB-Mitteilung von Freitagabend. Mit nun 15 Zählern ist Türkgücü neuer Tabellenletzter und hat elf Punkte Rückstand auf das rettende Ufer. Dabei hatten sich die hochbezahlten Kicker des Investoren-Projekts von Hasan Kivran gerade erst hochgekämpft, punkteten zuletzt überraschend gegen die Aufstiegskandidaten VfL Osnabrück (1:1), Waldhof Mannheim (0:0) und 1860 München (2:1).
Weil Investor Kivran nach zuvor enttäuschenden Leistungen die Lust verloren hat, gibt es immer wieder Gerüchte, dass die Münchner vorzeitig den Spielbetrieb einstellen könnten. Allerdings werden zumindest die Spielergehälter für Februar, März und April anteilig aus dem gesetzlichen Insolvenzgeld bezahlt. Und die Spieler machten zuletzt den Eindruck, als ob sie die Saison ordentlich zu Ende bringen wollen. Dennoch dürfte in den kommenden Wochen wohl immer mal wieder Gerüchte und Mutmaßungen zu rechnen sein.
Drei Möglichkeiten mit unterschiedlichen Auswirkungen auf Liga und FCK
Faktisch bestehen folgende Möglichkeiten, die zum Teil Auswirkungen auf die ganze 3. Liga und somit auch auf den 1. FC Kaiserslautern haben würden:
Möglichkeit 1) Türkgücü spielt die Saison ganz normal zu Ende: In diesem Fall bleibt alles - inklusive der Tabelle - wie gehabt. Und der FCK würde Türkgücü München am 38. und letzten Spieltag zum vielleicht über Auf- und Abstieg entscheidenden Duell im Fritz-Walter-Stadion empfangen.
Möglichkeit 2) Türkgücü stellt den Spielbetrieb vor dem 34. Spieltag (Mitte April) ein: In diesem Fall würden alle Partien von Türkgücü München annulliert, darunter auch der 2:1-Auswärtssieg der Roten Teufel von Mitte Dezember - und natürlich die Spiele der FCK-Konkurrenten. Dies hätte Auswirkungen auf die Tabelle, von denen vor allem 1860 München (ein Remis und eine Niederlage gegen Türkgücü würden gestrichen) profitieren würde. Aber auch den VfL Osnabrück und Waldhof Mannheim müssten die oben genannten Punktverluste nicht mehr schmerzen, denn diese Ergebnisse würden ja annulliert. Klingt erstmal nach einem Nachteil für den FCK, aber: Auch das noch gar nicht ausgetragene Rückspiel der Roten Teufel würde aus der Tabelle gestrichen, und dieses müsste ja nicht automatisch einen Heimsieg geben.
Möglichkeit 3) Türkgücü stellt den Spielbetrieb nach dem 34. Spieltag ein: In diesem Fall würde eine Sonderregelung greifen: Alle Ergebnisse von Türkgücü München blieben in der Wertung und die nicht mehr ausgetragenen Spiele würden mit 2:0 für den Gegner gewertet. Der FCK würde von diesem Spezialfall also auf jeden Fall insofern profitieren, dass der Saisonabschluss mit kampflosen drei Punkten gesichert wäre, während die Patzer einzelner Konkurrenten bestehen blieben. Dennoch kann sich eigentlich niemand wünschen, dass der FCK ausgerechnet am letzten Spieltag vom Sofa aus zuschauen muss, wenn auf den anderen Plätzen vielleicht noch Konkurrenten vorbeiziehen könnten.
34. Spieltag als wichtiger Stichtag - Mögliche Gerüchte nicht überbewerten
Zusammengefasst ist somit also besonders der 34. Spieltag als Stichtag relevant: Zieht Türkgücü vorher zurück, würden einige Aufstiegskonkurrenten des FCK davon profitieren. Zieht Türkgücü danach zurück, dann hätte der FCK einen Vorteil (kampfloser Sieg am letzten Spieltag) und einen Nachteil (möglicherweise passives Zittern vor dem Fernseher am letzten Spieltag). Wichtig könnte in diesem Zusammenhang noch das Ende des erwähnten Insolvenzgeldes Ende April, Anfang Mai werden. Können die Spieler danach noch weiterbezahlt werden? Der Termin für den 38. Spieltag in Kaiserslautern ist der 14. Mai 2022. Stand heute - 18. Februar 2022 - zeigen sich die Sportverantwortlichen von Türkgücü optimistisch für einen regulären Abschluss der Saison. Vor zwei Wochen konnte sogar noch ein neuer Hauptsponsor dazugewonnen werden. Zwischenzeitliche Gerüchte in einem Insolvenzverfahren sind normal und sollten nicht sofort überbewertet werden.
Quelle: Der Betze brennt