Ich wohne ja jetzt im Altrheingebiet. Das ist dort bis auf die Mücken hervorragend, und man sieht hier und da trotzig eine verschlissene FCK Fahne im Wind. Bei heißem Wetter geht es zur Abkühlung an den nahen Baggersee. Und was habe ich heute bei der Hitze gemacht? Es kann nicht war sein. Es ging auf den Betze. Frei nach dem Motto „Wir haben keine Chance, die Aussichten auf Erfolg sind gleich null – also auf was warten wir noch!“ Und schon sitzen Baumhaus und ich im Batmobil, ohne Äpp und ohne Thun-Karte meinerseits. Aber mit dem gelben Lappen und Ausweis soll es heute klappen.
Auf in die Pfalz, wir müssen den FCK retten!
Die sportliche Leistung ist gut: wir erklimmen den Betze mit nur einer Raucherpause, auch die Vertilgungsrate stimmt: 2 Bratwürste, Bier & Cola. Eigentlich interessiert mich das Spiel nur am Rande. Ich bin ja nur da, weil ich so gerne anstehe. Je länger die Schlange, umso schöner! Ist dies nicht die wahre Quelle jeglicher Kommunikation mit den Mitmenschen? Und so stehen wir in Schlange Nummer eins. Endlich angekommen will ich dem 3G-Prüfaugust erzählen, das der Bus unglücklich über mein Handy gefahren sei, die Äpp somit nicht tauglich und hier ist ja der gelbe Lappen. Aber nein, ich muss mich irgendwo weiter Richtung West anstellen. Da ist Schlange Nummer zwei schon länger, die Stimmung nicht mehr so freundlich, denn die Hitze lässt einen nicht kalt, vorne Beschwerden über einen nicht in RLP getätigten tagesaktuellen Test, der somit hier nicht gilt.
Und plötzlich steht er da. Felix Götze.
Im Zimmer-Trikot. Die Figur, die Matte, es kann nur einen geben. Nur die Kippe in seinem Schnabel irritiert. „Hier Felix, was macht deine Rübe? Und hör doch mit dem rauchen auf…“ spreche ich ihn an. Da beteuert der junge Mann, eben nicht Felix zu sein, und er wollte ja vorher zum Frisör – aber es ist zu spät. Schon muss er etliche Selfies mit Leuten aus der Schlange machen, denn er ist zumindest ein ganz hervorragendes Double des Publikumslieblings!
Dankend hebe ich die ersehnte Thunfischkarte in die Luft, und mache mich zurück zu Block 2 und dem 3G-Prüfheini. Doch da ist tatsächlich die Schlange nun bis weit hinter die Imbissbude am Kohlmeyer-Tor gewachsen. Vor lauter Schock muss Wurst Nummer drei dran glauben. Und es kommt auch der langhaarige Waldböckelheimer Ex-Trommler vorbei. Wer kennt ihn nicht. Ja, der , der so aussieht als wäre er Bandmitglied bei den Höhnern…. Ich entscheide mich für die zweite Schlange. Die Brühe läuft mir wegen der prallen Sonne die Arschspalte runter, und ich denke an den Schlager „Warum hast du nicht nein gesagt…“. Doch dann der Schock: die Thunfischkarte ist weg. Ich fühle mich wie ein Spieler, der vor leerem Tor nur an den Pfosten schießt. Doch sie kann nicht weit sein. Und tatsächlich: da liegt sie, mitten auf der Straße, auch der Namen stimmt. Glück gehabt, und jetzt endlich rein ins Stadion.
Und es ist so wie ich gehofft habe: der FCK spielt wie ein Zitteraal unter Strom, motiviert und frittenheiß wie im Frühjahr gegen Mannheim.
Links neben mir das Baumhaus, rechts der Betzeopa. Ich habe schon die erste Zimmerchance verpasst. Auch Mölders scheitert aussichtsreich, inklusive Schauspieleinlage der Marke „sterbender Schwan“. Der Ball läuft gut, und notfalls, darf er auch mal rustikal auf die Tribüne gefeuert werden. Und wenn nicht, ist der heute gut aufgelegte junge Keeper Raab auf dem Posten. Auch jede Defensivaktion wird beklatscht, und ich finde, Schaad, und besonders Ciftci, heben sich aus einer geschlossenen Mannschaft hervor. Nur mit Kiprit habe ich so meine Probleme. Gefangen im Körper einer sehr alten Dame, schleppt er seinen Kadaver über den Platz, als wäre er und nicht ich gestern noch bis um 2h auf dem Kellerwegfest in Guntersblum gewesen. Aber egal. Er passt zu Zimmer. Zimmer aus dem Stand und dann diese sensationelle Volleyabnahme vom wunderbaren Klingenburg.
Tor für den FCK!
Betzeopa und ich versündigen uns vor Freude gegen das Abstandsgebot, eine Dame vor uns jubelt, weil sie den Treffer mit dem Handy aufgezeichnet hat. Und weiter geht’s. Was hat man alles zu lesen bekommen? Das Training lahmarschig, die Mannschaft spiele gegen den Trainer. Was für ein Gelaber. Wir haben die 60er im Griff, es folgt nur noch Sommerfussball vom Gegner, und wieder ist Zimmer auf die Grundlinie gekommen, er legt maßgeschneidert zurück auf Kiprit, und der nagelt ihn rein. Dass Kiprit ein wunderbarer Transfer ist, und dass wir noch viel Freude an dem jungen Stürmer haben werden, hatte ich ja oben schon beschrieben….Mölders, ausgestattet mit Luft für 25 Minuten, beschwert sich davon 20 Minuten beim Schiedsrichter, und so hält sich die Gefahr für unseren Kasten in Grenzen. Ich finde, Schiedsrichter Willenborg, hat keine großen Fehler begangen, und solche Leistungen muss man dann nicht mit Schmähgesängen begleiten. Aber dazu ist unser Anhang leider nicht in der Lage. Der FCK wird von Minute zu Minute sicherer, Senger haut mal wieder eine sehenswerte Grätsche raus, und auch Raab ist einmal geschlagen, aber Tomiak klärt vor der Linie. Das es heute ein Dreier wird sehe ich an Betzeopa, den der ist neben mir eingenickt. Da ist Kenny Redondo durch, doch er legt den Ball nicht nach links ab. Baumhaus ist außer sich, und malträtiert beste betzenberger Sitzgarnitur. Doch das wird nicht besser, als unsere 60er Freunde Redondo zum 3:0 einladen. Doch Kenny trifft nur den Pfosten. Ich sage dazu nur eins. Kenny - scheiß drauf. Solche billigen Dinger nehmen wir nicht an. Tüte einfach in Halle ein, oder lege mal schön vor wie Zimmer auf der anderen Seite, und dann passt das bald schon. Mund abputzen. Weiter machen. Aber einen wollen wir noch sehen. Wunderlich, der bis dahin schon zweimal aus besserer Freistoßlage scheiterte, haut die Murmel aus unmöglichem Winkel, direkt vor der West, in die Maschen. 3:0 !
So ein Tag, so wunderschön wie heute.
Auch der Betzeopa ist wieder wach, und er sieht Mölders letzte Gelegenheit allein vor Raab, doch wiederum findet er im Lauterer Keeper seinen Meister.
Abpfiff. Herrlich. Gewonnen. Und keine großen Jammerkommentare auf dbb diese Woche. Das ist noch schöner als die drei Punkte. Anschließend sitzen wir noch bei einem dunkelmalzigen Braugetränk bretonischer Herkunft zusammen, und da die liebe Frau von Baumhaus mit liest, verzichten wir natürlich auf irgendwelche Besuche in einschlägigen Etablissements. Und auch für unser beliebtes Spiel Nuttenprellen (also bezahlen und dann schnell abhauen) ist es heute viel zu heiß.
Und so geht wieder ein Tag in der wunderbaren Pfalz, und den wunderbaren Menschen dort, zu Ende. Der FCK ist gerettet. Zumindest für heute. Hurra.
