
Udo Scholz im Alter von 81 Jahren verstorben
Udo Scholz, Hallensprecher der Adler Mannheim und legendäre "Stimme vom Betzenberg" ist heute (1. Juli 2020) nach einem Herzstillstand im Alter von 81 Jahren verstorben. Es gibt kaum jemanden in der Sportwelt, der Udo Scholz nicht kannte. Egal ob Fußball, Eishockey oder Handball - die eigenen Fans liebten, die gegnerischen hassten ihn.
Schon die Anfahrt zu seinem ersten Spiel als Stadionsprecher beim 1. FC Kaiserslautern war spektakulär: Als Udo Scholz mit dem Auto durch Kaiserslautern fuhr, waren die Straßen völlig überfüllt, er drohte zu spät zu kommen. Also bat er einen Polizisten um Hilfe, der ihn schließlich mit seinem Polizeimotorrad und Blaulicht auf den Betzenberg brachte. Das war 1973. Viele weitere Höhepunkte folgten. Zwei Jahrzehnte lang - von 1973 bis 1994 - war der am 15. April 1939 in Brügge (Westfalen) geborene Udo Scholz die "Stimme vom Betzenberg". In diese Zeit fielen viele legendäre Spiele: Das 7:4 gegen die Bayern (1973), Spiele gegen Real Madrid (1985) und Barcelona (1991), der Pokalsieg gegen Werder Bremen (1990), der Siegtreffer gegen den Karlsruher SC in der 95. Minute (1991), als er mit einer falschen Spielzeitangabe den Schiedsrichter verwirrte, das Meisterschaftsspiel in Köln vor 30.000 Fans aus der Pfalz (1991), bei dem er sich das Mikro schnappte, als die Lautrer Fans auf den Rasen liefen - um nur einige herausragende Spiele zu nennen.
Er prägte die erfolgreichste Zeit des FCK gemeinsam mit Norbert Thines, moderierte jedes Spiel von Hans Peter Briegel auf dem Betzenberg an und er erfand den Schlachtruf "Zieht den Bayern die Lederhosen aus". Udo Scholz war der erste, der in Deutschland beim Verlesen der Mannschaftsaufstellung auf dem Rasen vor der Westkurve stand. Und er las nur den Vornamen eines Spielers, damit die Tribüne den Nachnamen brüllen konnte. Mit ihm am Mikrofon wurde das Stadion zum gefürchteten Hexenkessel. (…)
Quelle und kompletter Text: Wochenblatt
Ruhe in Frieden...

Ergänzung, 02.07.2020:

Zum Tod von Udo Scholz
Die Stimme ist verstummt
Der frühere FCK-Stadionsprecher Udo Scholz, die einstige "Stimme vom Betzenberg", ist im Alter von 81 Jahren an den Folgen eines Herzstillstandes verstorben. DBB-Autor Flo erinnert an eine Legende am Mikrofon und erzählt von einigen Begegnungen mit Scholz.
Ich denke, dass ich sagen darf, dass Udo Scholz mein Freund war. Aber wessen Freund war er eigentlich nicht? Selten, wenn gar noch nie, hatte ich in meinem Leben einen so netten und hilfsbereiten Menschen kennengelernt. Udo war da, wenn man ihn brauchte. Seine Stimme war mir von meinen ersten Besuchen des Betzenbergs als Kind in den 1990er-Jahren zwar bekannt, aber so richtig lernte ich den gebürtigen Westfalen erst später kennen. Es müsste vor rund 15 Jahren gewesen sein, da landete ich mit meinem Vater mal in Udos Weinstube. Dem Haardtblick in Friedelsheim in der Vorderpfalz. Mein Vater und er hatten sich 1993 nach einem Training der FCK-Profis in der alten Stadion-Gaststätte unter der Nordtribüne des Fritz-Walter-Stadions kennengelernt. "Ah, das ist dein Sohn?", fragte Udo meinen Vater. Und die zweite Frage war: "Was wollt ihr trinken?" Udos Herzlichkeit und seine Geselligkeit hatten mich gleich gepackt.
Udo Scholz kam 1973 als Stadionsprecher zum 1. FC Kaiserslautern. Er sei da so reingerutscht, erzählte er einmal. Das Mikrofon war schon immer sein Leben. Schon früh machte Udo im nordrhein-westfälischen Brügge die Ansagen am Bahnhof. Bevor auf den Betze kam, sprach er bei Borussia Dortmund. Man kann sicher sagen, dass Udo in Kaiserslautern schon nach kurzer Zeit Kultstatus genoss. Er hatte die einmalige Gabe, am Mikrofon zu polarisieren und gleichzeitig zu vereinen. Das Einpeitschen des Publikums vor dem Spiel - auch das hatte er einfach drauf. Viele Spiele, die der FCK in der Nachspielzeit noch drehte, gingen auch auf Udos Kappe. Wenn schon die 94. Minute lief, sagte er einfach, es seien noch fünf Minuten zu spielen. Winnie Schäfer dürfte sich hoffentlich mittlerweile wieder beruhigt haben. 21 Jahre heizte Udo die Fans auf dem Betzenberg an, erlebte unvergessliche Spiele wie 1973 das 7:4 gegen die Bayern oder 1982 das 5:0 gegen Real Madrid. Im legendären Meisterjahr 1991 stand Udo bei einem der ersten Live-Spiele beim damaligen Sender "Premiere" zusammen mit Reinhold Beckmann auf dem Platz und sagte die Mannschaftsaufstellung des FCK durch. Damals in dieser Kombination noch möglich, heute nahezu unvorstellbar.
21 Jahre Stadionsprecher in Kaiserslautern - Gast bei "BetzeGebabbel"
1994, nach 21 Jahren, war es dann plötzlich vorbei, aufgrund von Unstimmigkeiten trennten sich die Wege von Udo Scholz und dem FCK. Udo hatte auf sein Ende am Mikrofon in Kaiserslautern immer eine eigene Sicht. Und auch, wenn er es nie zugegeben hätte: Es hatte ihn schon getroffen. Das merkte man auch Jahre später immer wieder. Trotzdem fragte er regelmäßig, wie es denn um den FCK stehe. Und so ergab es sich, dass Udo natürlich auch schon Gast in unserem Podcast "BetzeGebabbel" war und über seine Zeit in Kaiserslautern erzählte. "Udo, wenn wir eine Frage streichen oder rauslöschen sollen, dann sag Bescheid", informierten wir ihn vor der Aufnahme. "Ach was", antwortete er, "das bleibt alles so drin, wie ich es sage". So war Udo. Immer ehrlich, immer direkt. Nach seinem Aus auf dem Betzenberg hatte er schnell einen neuen Job gefunden. Von 1994 bis zu seinem Tod saß am Mikrofon beim Eishockey-Klub Adler Mannheim. Erst im legendären Friedrichspark, dann in der neuen Arena. Auch dort hatte er mit seiner unvergleichlichen Stimme beide Stadien fest im Griff und genoss bei den Fans Kultstatus. Udo fuhr zu Auswärtsspielen mit, brachte sich in die Arbeit des Klubs ein und hatte immer ein offenes Ohr für die Anhänger.
Champagner zum 80. Geburtstag - Buch als Lebenstraum
Rund um Weihnachten 2016 wurde uns in der Uni ein Videoprojekt aufgebrummt. Wir sollten jemanden aus der Region porträtieren. Sofort fiel mir Udo ein. Ich fuhr im Haardtblick vorbei und er sagte sofort zu. Für das Vorgespräch nahm er sich fast zwei Stunden Zeit. Ihn interessierte es, was andere machen. Auch das war Udo. Wir begleiteten ihn mit der Kamera in die Mannheimer Vesperkirche, wo er sich im Rahmen des Projekts "Adler helfen Menschen" für benachteiligte Kinder in Mannheim und der Umgebung engagierte. Ja, Udo hatte auch eine soziale Ader, die er zusammen mit Norbert Thines auch beim FCK gelebt hatte. Er wollte seine Prominenz nutzen, um Gutes zu tun. Er liebte es, wenn Menschen lachten. Für das folgende Heimspiel der Adler besorgte er uns Pressekarten, damit wir auch in der Halle etwas mit ihm drehen konnten. Heraus kam ein rund zweiminütiger Film, der bei weitem nicht all das abbilden konnte, was Udo alles leistete.
Dann erfüllte sich Udo einen Lebenstraum und veröffentlichte ein Buch. Titel: "Ein Leben für das Mikrofon" - wie konnte es auch anders sein? Darin schilderte er unter anderem, wie der vielleicht bekannteste Fangesang Deutschlands "Zieht den Bayern die Lederhosen aus" entstand. Eine Geschichte, die er auch immer wieder gerne in Funk und Fernsehen erzählte. Zugegeben: Ich weiß gar nicht, ob sein Lektor dieses Buch überhaupt nochmal gegengelesen hatte, zumindest ähnelte es in manchen Passagen eher dem Motto "Geschrieben wie Gesprochen". Egal, es passte aber zu Udo. Er wollte eh nie gekünstelt rüberkommen. Die Vorstellung des Werkes fand standesgemäß im Haardtblick statt. "Soll ich es dir unterschreiben?", fragte er mich damals. Damals musste ich ein wenig schmunzeln, heute bin ich froh, dass ich seine Unterschrift in diesem Buch habe. An seinem 80. Geburtstag im vergangenen Jahr fuhr ich auf Verdacht in den Haardtblick. Udo saß bei seinen Kumpels Hans-Peter Briegel und Demir Hotic. Als er mich sah, rief er der Bedienung zu: "Bring dem Jungen mal ein Glas Champagner!" Ich setzte mich alleine an einen Tisch. Aber Udo wäre nicht Udo gewesen, wenn er sich nicht doch Zeit für einen kurzen Plausch genommen hätten. Wieder war eines der ersten Themen der FCK. Elf Tage später gewannen seine Adler ihre siebte Meisterschaft in der Deutschen Eishockey-Liga. Bei allen Titeln saß Udo als Hallensprecher am Mikrofon.
Udo Scholz bleibt unvergessen
Auch wenn er jahrelang nicht mehr ins Fritz-Walter-Stadion ging, Udo fieberte immer mit seinen Roten Teufeln mit. Wenn er Zeit hatte, viel hatte er nicht, schaute er die FCK-Spiele im Fernsehen und war auch generell ganz gut über Vorgänge auf dem Berg informiert. Überraschend sprang er dann doch nochmal über seinen Schatten und kam zu einem Spiel auf den Betze. Es muss im vergangenen Jahr gewesen sein, ganz genau weiß ich es nicht mehr.
Am Mittwoch ist die über die Region hinaus legendäre Stimme von Udo Scholz für immer verstummt. Ich hoffe, er nimmt nun im Himmel das Mikrofon in die Hand und ruft: "90. Spielminute, TOOOOR für die Roten Teufel!" Wie wahrscheinlich alle FCK-Fans werde ich ihn nie vergessen. Ruhe in Frieden, mein Freund.
Quelle: Der Betze brennt
Ergänzung, 21.07.2020:
Bewegender Abschied von Udo Scholz
Am heutigen Dienstag, 21. Juli 2020, fand auf dem Friedhof in Friedelsheim die Beisetzung von Sprecherlegende Udo Scholz statt - nur wenige Minuten zu Fuß von der lange von ihm betriebenen Weinstube "Haardtblick", mitten in den Weinbergen.
Mehrere hundert Trauergäste waren gekommen, Familie, Freunde und viele Weggefährten, wie beispielsweise der ehemalige Adler-Kapitän Marcus Kink, oder die "Walz von der Pfalz" Hans-Peter Briegel. Auch vor dem Friedhof fanden sich Gäste ein - aufgrund der Corona-Verordnungen durfte nur eine begrenzte Anzahl an Personen direkt an der Trauerfeier teilnehmen.
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Weltschiedsrichter Markus Merk würdigte Udo Scholz in seiner Funktion als Aufsichtsrat des 1. FC Kaiserslautern als die "ewige Stimme des Betzenbergs". Er berichtete, wie Udo der Taktgeber der Emotionen war, wie er den Betzenberg schon lange vor dem Spiel zum Beben bringen - und wie er ihn beruhigen konnte, wenn es nötig war. "Niemand konnte die Uhr des Schiedsrichters so gut zurückdrehen wie Udo", spielte er auf die Partien an, bei denen Scholz schon einmal die falsche Spielminute durchsagte, um ein paar Minuten Zeit für die damals legendären Schlussminuten auf dem Betzenberg zu schinden. Wenn es um den Umgang mit Menschen ging, habe er, Merk, in seinem Leben nur eine einzige Person kennengelernt, die vergleichbar war und das sei Fritz Walter gewesen. Merk betonte, wie froh er sei, dass Udo Scholz bei den Adlern ein zuhause gefunden hatte, wie er es zuvor beim FCK hatte. (…)
Quelle und kompletter Text: Wochenblatt