Mörserknecht hat geschrieben:Zum Blog-Beitrag des Herrn Markus Stillger
https://www.anleihen-finder.de/kommenta ... 41957.html
Herr Stillger schreibt:
Als weiterer Baustein wird angestrebt – und das kann man auf Seite 17 des Prospekts der „Betze II-Anleihe“ nachlesen – einen signifikanten Teil des Eigenkapitals an Investoren zu veräußern. Die daraus der ausgegliederten KGaA zufließenden Mittel sollen dann zur Sicherstellung der Rückzahlung der Anleihe im Jahr 2022 verwendet werden.
„Die ausstehenden Anleihen und der Kapitalbedarf für den Spielbetrieb in den nächsten Spielzeiten (nachfolgend die „Spielbetriebsfinanzierung“) sollen in erster Linie mit dem Erlös der Platzierung von Aktien aus einer oder mehreren Kapitalerhöhungen bei der FCK Fußball-Gesellschaft bei privaten Investoren und anderen Beteiligungsmöglichkeiten privater Investitionen an der FCK-Fußball-Gesellschaft, wie beispielsweise stille Beteiligungen (nachfolgend die „Eigenkapitalinvestitionen“), zurückgezahlt bzw. gedeckt werden.“
Hier werden einige Dinge vermengt, die man auseinanderhalten muss:
Die Aussagen auf S. 17 des Prospekts zur Betze-Anleihe II beziehen sich auf die KGaA. Die Betze-Anleihe II wird aber vom e.V. ausgegeben, also von der Muttergesellschaft der KGaA.
Im Prospekt wird trotzdem etwas zur KGaA ausgeführt. Warum? Weil die Anteile des e.V. an der KGaA den wesentlichen Teil des Vermögens des e.V. ausmachen.
Es geht also an dieser Stelle darum, was die KGaA anstrebt, um ihren Geschäftsbetrieb (den Spielbetrieb) künftig zu finanzieren und ihre Verbindlichkeiten zu bedienen. Welche Verbindlichkeiten? Den Anteil an der Betze-Anleihe I (2013) – und nicht wie von Herrn Stillger geschrieben, die Betze-Anleihe II, die im Jahr 2022 vom e.V. zurückgezahlt werden muss.
Der Prospekt sagt an dieser Stelle klar und deutlich, dass die KGaA Kapitalerhöhungen durchführen möchte. Also neue Anteile bilden und an neue Aktionäre ausgeben, die nicht an die Stelle, sondern neben den e.V. als Aktionär treten.
Man kann es gar nicht oft genug sagen: Kapitalerhöhungen!
Herr Stillger geht darüber hinweg und schreibt, es solle Eigenkapital an Investoren „veräußert“ werden. Nein, es soll gerade nichts veräußert werden, sondern es sollen neues Eigenkapital geschaffen werden. Es werden neue Aktien gebildet und ausgegeben. Gegen Geld.
Wenn man fälschlicherweise von einer Veräußerung spricht (also einer Übertragung von A an B), dann ist es nicht weit bis zur Weisheit „wenn der Kurs im Keller ist, schenkt man kein Eigenkapital her“.
Der FCK e.V. verschenkt kein Eigenkapital, er verschenkt auch kein Vermögen. Er behält alles, was er hat. Weil nichts veräußert wird.
Die FCK KGaA erhält neues Eigenkapital gegen die Ausgabe neuer Aktien.
Es gibt keinen Kurs, der im Keller ist. Weil es keinen Kurs gibt! Es hat noch keine einzige Transaktion zwischen einem Aktionär A und einem Aktionär B gegeben. Keine einzige. Und selbst wenn – einzelne Transaktionen machen noch keinen Kurs. Wir haben hier nicht mal eine Marktenge, wir haben gar keinen Markt, der Aussagen über Kurse zuließe.
Herr Stillger schreibt:
„Über Nacht wurde der Wert des Vereins mal um schlappe 75% nach unten korrigiert! Und was mich als professionellen Anleger in einem Höchstmaß irritiert.“
Das würde voraussetzen, dass es einen solchen Wert gab. Objektive Werte gibt es nicht. Dem einen ist etwas viel wert, dem anderen wenig. Man kann versuchen, sich anzunähern. „Objektivieren“ nennt man das manchmal.
Wo es einen Marktwert gibt, nimmt man am besten den Marktwert. Also etwa bei börsennotierten Unternehmen, wo Angebot und Nachfrage den Preis regeln. Starke Kursschwankungen (man denke jüngst an die Wirecard AG) zeigen aber auch, dass der Marktwert gerade keine Objektivität schafft, sondern Intersubjektivität. Viele Subjekte tragen dazu bei, dass ein Kurs existiert, der den Marktwert bildet. Schreibt ein Journalist der Financial Times nun etwas über angebliche Unregelmäßigkeiten bei der Wirecard AG, fällt der Kurs auf 50% seines Wertes. Ist die Wirecard AG deswegen jetzt nur noch die Hälfte wert? Weil einer was schreibt, das er nicht beweisen kann? Oder gar, weil Trump mal wieder twittert?
Was macht man also, wenn man beispielsweise vor Gericht feststellen muss, wie viel ein Unternehmen wert ist?
Man erstellt ein Wertgutachten. Dazu gibt es verschiedene Modelle, von denen sich in der Praxis in den letzten Jahren das DCF-Verfahren herausgebildet hat. Es versucht, einen Wert „objektiviert“ zu ermitteln. Und das so ungenau, wie etwas nur sein kann, wenn es auf Zukunftsprognosen beruht und Stellschrauben beinhaltet, an denen man durchaus vertretbar in die eine oder in die andere Richtung drehen kann und am Ende kommt etwas ganz anderes dabei heraus.
Entsprechend schön und lange kann man sich vor Gericht streiten. Ich bin selbst als Prozessvertreter einer Aktiengesellschaft in zwei solcher Verfahren (mit Dutzenden Aktionären auf der Gegenseite) beteiligt, die mittlerweile seit fast 9 Jahren (!) laufen.
Ein solches Wertgutachten wurde beim FCK nicht durchgeführt. Geht in unserer Lage sinnvollerweise auch nicht. Wäre es auf einen irgendeinen Stichtag im Jahr 2018 durchgeführt worden, dann wäre es im Jahr 2019 mit einer völlig veränderten Lage (Abstieg in die 3. Liga und nicht erfolgter Wiederaufstieg) Makulatur! Man müsste ein neues Gutachten erstellen lassen.
Unterscheidung zwischen Preis und wertbildenden Faktoren:
Folgendes Beispiel: wenn ich einen gebrauchten VW Golf verkaufen möchte, dann kann ich in der Schwacke-Liste gucken, was er „wert ist“. Wenn mir niemand diesen Preis zahlt, sondern tausend Euro weniger, dann hilft mir der „Wert“ aus der Schwacke-Liste nicht.
Ebenso ist es mit teuren und aufwendigen Wertgutachten über den Unternehmenswert. Das Unternehmen ist am Ende so viel wert, wie jemand dafür bezahlt. Auf unseren Fall: die neu zu bildenden Aktien sind so viel wert, wie dafür bezahlt wird.
Wenn jetzt jemand kommt und sagt: es gab aber doch eine Investorengruppe, die für eine Bewertung von 120 Mio. Euro einsteigen wollte. Da haben wir doch einen Wert?
Nein, wir haben in diesem Fall keinen Wert, sondern einen Preis. Eine einzelne Preisfeststellung.
Selbst dort, wo es um Marktwerte geht, also etwa bei einem Börsenkurs, nimmt man niemals einzelne Preisfeststellungen, sondern immer Durchschnittskurse (meist über die letzten 6 Monate) und dies sogar bereinigt um besondere Kurssprünge (bereits bei mehr als 5% von einem Tag auf den anderen). Warum? Weil einzelne Preisfeststellungen nichts zum Wert aussagen.
Zurück zum VW Golf: wenn mein Golf ungefähr EUR 10.000 wert ist (wir nehmen das einfach mal an, weil typischerweise so viel davon bezahlt wird) und ich jemanden finde, der mir EUR 20.000 gibt – ist der Golf jetzt EUR 20.000 wert? Nein, ich habe einen Preis erzielt von EUR 20.000. Aber nicht den Wert des Golf verändert.
Wenn mich jemand fragt, wie viel ich für diesen Golf haben möchte und ich sage: EUR 20.000 – ist es dann ein Fall für den Staatsanwalt?
Nein, ist es nicht. Sonst müsste jeder, der gut verhandelt, mit einem Strafverfahren rechnen. Es wäre ein Fall für den Staatsanwalt, wenn ich über wertbildende Faktoren getäuscht hätte. Also eine falsche Kilometerleistung genannt hätte. Oder über die Unfallfreiheit getäuscht hätte. Es ist aber kein Fall für den Staatsanwalt, wenn ich einen guten Preis erziele.
So ist es auch beim FCK. Wenn eine Investorengruppe sagt, sie akzeptiert die Berechnung des „Preises“ der neuen Aktien auf der Grundlage von 120 Mio., dann ging es um eine Preisfeststellung, nicht um wertbildende Faktoren. Niemand wurde über Umsatz, Kosten, Ergebnis, Ligazugehörigkeit oder was auch immer man als wertbildende Faktoren heranziehen möchte, getäuscht.
Keine Täuschung, kein Fall für den Staatsanwalt. Kein Vermögensschaden wegen Anpassung der Anzahl der Aktien für diesen Preis, kein Staatsanwalt. Kein Betrug, keine Untreue, keine BaFin, nichts.
(Nebenbei: in einem Blog-Beitrag zu behaupten, ein bestimmter Aufsichtsrat würde Informationen „durchstecken“ halte ich eher für einen möglichen Fall für den Staatsanwalt. Könnte üble Nachrede sein, denn das ist eine Tatsachenbehauptung.)
Vergleiche ich Äpfel mit Birnen? VW Golf mit FCK? Nein, ich vergleiche hier gar nichts, ich erkläre den Unterschied zwischen Preis und wertbildenden Faktoren. Und ich versuche zu erklären, dass hier kein „Wert nach unten korrigiert“ wurde, Kapital vernichtet wurde (Welches Kapital? Es wird neues gebildet!) oder sonst irgendwelche schlimmen Dinge passierten.
Und eine weitere Frage: Soll ich weitere Investoren ablehnen, weil sie auf einer anderen Bewertungsbasis einsteigen wollen als für 120 Mio.? Soll ich es deswegen bei den 700.000 belassen, die von der ersten Gruppe aufgebracht werden? Sicherlich nicht. Der FCK braucht mehr als die 700.000. Dann muss er sich bei den Preisfeststellungen mit seinen Wünschen anpassen.
Weitere Frage: Welche Bewertungsgrundlage (nennen wir es nach dem Gesagten lieber „Berechnungsgrundlage“) hätte Herr Becca akzeptiert? Ich weiß es nicht. Vielleicht werden wir es nie erfahren. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es 120 Mio. gewesen wären. Auch nicht 100, auch nicht 90.
Noch eine Frage: Sind die Investoren, die 700.000 für eine 120 Mio.-Basis aufbringen wollten blöd und ließen sich überteuert etwas andrehen? Nein, sind sie nicht. Es spricht im Gegenteil für sie. Sie wollten helfen und der FCK ist ihnen jeden Preis wert. So ist das bei Liebhaberstücken. Ich kann nur hoffen, dass die Wogen sich glätten. Wir brauchen diese Leute. Der FCK braucht seine Freunde. Ganz ernsthaft.