Hallo Thor,
für einen Vortrag in der Schule fände ich zwar eine Bibliothek eine geeignetere Quelle der Inspiration als das FCK-Fanforum "Der Betze brennt", aber hier trotzdem meine Eindrücke:
Als die Mauer fiel war ich 18 Jahre alt und selbst noch Schüler. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, dass ich bis spät in die Nacht (wie Millionen andere auch) vor dem Fernseher saß und die Ereignisse in Berlin verfolgt habe. Die Bedeutung der Mauerfalls ist für die Bürger der ehemaligen DDR meines Erachtens nicht zu unterschätzen.
Zunächst gab es eine Wiedervereingungs-Euphorie, dann Ernüchterung. Das Versprechen des damaligen Kanzlers Kohl (Pfälzer und FCK Änhänger), der den Leuten was von "blühenden Landschaften", also vom schnellen wirtschaftlichen Aufschwung erzählte, erfüllte sich nicht so schnell. Es geht ums Geld: Noch heute verdient man in den neuen Ländern in vielen Branchen weniger Geld für die gleiche Arbeit als hier bei uns. Deshalb (und weil es schlichtweg vielerorts keine Jobs gab) entschlossen sich viele Menschen zu uns in den Westen zu kommen. Städte verloren viele Einwohner, so mancher Landstrich verwaiste und vergreiste.
Ich war mal in Leipzig (übrigens eine tolle Stadt), da gibt es großartige Altbauwohnungen zu wirklich günstigen Preisen. Das Angebot ist recht groß, da nach und nach ganze Straßenzüge, die in der maroden Mißwirtschaft des Sozialismus regelrecht verfallen waren, sehr schön in Stand gesetzt wurden. Gleichzeitig verließen aber etliche junge Leipziger die Stadt, weil sie sich von einem Umzug in den Westen eine bessere Zukunft versprachen. Also ist die Nachfrage nach Wohnungen nicht so groß, die Preise entsprechend niedrig.
Im Westen bemerkte man auf dem Lohnzetteln ebenfalls eine Veränderung: Die steuerlichen Abgaben für den Strukturaufbau in den neuen Ländern schlug sich im so genannten "Solidarzuschlag", also einer Sondersteuer für Ostdeutschland, nieder. Was soll man sagen? Wenn es um das liebe Geld geht hört eben bei vielen die Freundschaft auf. Die Realitäten verdrängten langsam die Wiedervereinigungs-Euphorie. Aus Frustrationen auf beiden Seiten entstanden "Ossi/Wessi"-Klischees. Insgesamt rechnete man wohl damit, dass der "Aufbau Ost" schneller vonstatten gehen würde.
Viele Diskussionen sind auch heute noch durch den Ost/West Konflikt ideologisiert, zum Beispiel aktuelle die Debatte um Kleinkindbetreuung und Krippenplätze. Solche Bereuungsmöglichkeiten gab es in der DDR flächendeckend, das war eben auch politisches Programm. Deshalb sagen manche konservative Politiker heute, ein Kleinkind gehöre in die Familie, der Staat dürfe "nicht nach unseren Kindern greifen". Hier wird Familienpolitik noch heute mit Hilfe des Gegensatzes zwischen Ost und West ausgefochten.
Unser glorreicher Ex-Trainer Michael "Hütchenaufsteller" Henke (richtig: das ist der, der Ottmar Hitzfeld den Hintern abwischen darf) hat mal bei einem Auswärtsspiel in Erfurt die Erfurter als "Ossipack" und "Scheiß-Ossis" beschimpft. Zwar brummte der FCK seinem damaligem Coach eine Geldstrafe auf, aber da war der Schlamassel schon angerichtet. Henke (der Depp, der dumme) hat dem Ansehen des 1.FC Kaiserslautern in den neuen Bundesländern einen sehr großen Schaden zugefügt. Dabei war der FCK dort traditionell immer recht beliebt. Ich krieg heute noch die Krise, wenn FCK Fans auf Auswärtsfahrten "Scheiß-Ossis" rufen. Mann, Leute!! Da gibt's einige Fans in unserem Block, die aus den neuen Ländern kommen. Die können vielleicht 3 bis 4 FCK-Spiele im Jahr sehen und dann werden sie auch noch aus dem eigenen Block heraus beschimpft. Eine Bitte an die Jena-Fahrer: Lasst das sein. Ist doch egal, wo ein Betze-Fan herkommt. Hauptsache FCK!!
Persönlich fand ich die Reisen in die neuen Länder immer interessant. Fahr mal nach Dresden, Thor, eine wunderschöne Stadt, vielleicht die schönste Stadt überhaupt in Deutschland. Außer Mannheim. Das war jetzt natürlich ein Witz. Also das mit Mannheim. Was ich von "Ossis" halte? Die Frage ist so etwas unglücklich gestellt, weil sie bereits von ihrer Konstruktion her einen Gegensatz betont. Ich würde das mal so beantworten: In den neuen Bundesländern bin ich vielen freundlichen, netten und hifsbereiten Menschen begegnet. Bei aller Liebe würde ich dennoch beim Groundhopping bestimmte Spiele, die eine gewisse Brisanz beinhalten wohl eher meiden. Hier gibt es sicherlich Probleme, die man nicht totschweigen sollte.
Noch 4 Tipps:
Schöne Filme, die sich in gewisser Weise mit der Thematik beschäftigen sind zum einen "Goodbye Lenin", der auf sehr unterhaltsame Weise zeigt, wie eine Familie versucht, einer Frau, die den Mauerfall durch ein Koma verpasste, eine DDR-Alltagsidylle vorzuspielen. Man will die gute Mutti noch ein wenig schonen, bevor man sie mit dem Schock des Untergangs der DDR konfrontiert.
Ein weiterer guter Film ist "Sonnenallee", der so ein bischen versucht darzustellen, dass eben auch DDR Bürger eine aufregende und schöne Jugend hatten und demnach eben auch ein Anrecht auf Erinnerung - mit allem, was dazugehört. In Ost und West haben eben jeweils unterschiedliche Erinnerungen (und Systeme) die Mentalitäten unterschiedlich geprägt. Sehr lustig: Detlev Buck als Soldat der Nationalen Volksarmee.
Solltest du nach dem Ansehen dieser beiden Filmen den Eindruck gewonnen haben, die DDR sei so eine Art riesiger Fun-Park gewesen, dann empfehle ich den Film "Das Leben der Anderen", der eindrücklich die "Arbeit" der Staatssicherheit, also des DDR Geheimdienstes darstellt. Die DDR war ein Unrechtsstaat, es wurde überwacht, gefoltert, Menschen verschwanden und starben in DDR-Gefängnissen und wurden an den Grenzübergängen beim Fluchtversuch erschossen.
Tipp 4: Das kannst du alles in den "Informationen zur politischen Bildung" naclesen, gibt es sicher auch in deiner Schulbibliothek, wenn nicht, dann ganz bestimmt in einer öffentlichen Bibliothek in deiner Nähe.
Gruß und viel Spaß beim Referat!
Nur der FCK,
Steffbert
