Interview mit FCK-Kapitän Jean Zimmer

"Mannschaft und Fans müssen weiter zusammenhalten"

"Mannschaft und Fans müssen weiter zusammenhalten"


Existenzangst, Klassenerhalt, Aufstiegshoffnung, Krankheit, Relegation und pure Freude. Jean Zimmer hat seit seiner Rückkehr zum 1. FC Kaiserslautern einiges erlebt. Wir spra­chen mit dem Kapitän über emotionale Momente und die kommende Zweitliga-Saison.

Der Betze brennt: Jean Zimmer, der FCK ist seit drei Wochen in der Vorbereitung auf die neue Zweitliga-Saison. Das Trainingslager in Mals/Südtirol ist gerade zu Ende gegangen. Wie geht es Dir?

Jean Zimmer (28): Gesundheitlich geht es mir sehr gut. Natürlich ist ein Trainingslager immer sehr anstrengend, besonders an den letzten Tagen, wenn man schon viele anspruchsvolle Einheiten in den Beinen hat. Man schläft nicht so gut wie zu Hause und das Essen ist auch ein anderes. Gerade am vergangenen Donnerstag war es für uns sehr intensiv, es war ein sehr langer Tag mit drei Einheiten. Aber das gehört dazu und ist wichtig, auch wenn es natürlich nicht immer Spaß macht.

Der Betze brennt: Du sprichst es schon an: In Südtirol musstet Ihr in Zweier-Teams rund 16 Kilometer um den Reschensee laufen beziehungsweise radeln. Hendrick Zuck und Du, Ihr habt diese Challenge als schnellstes von zwölf Spieler-Teams für Euch entschieden. Da hatte vorher ehrlich gesagt nicht jeder drauf gewettet ...

Zimmer: Diese Distanz war für mich sehr gut. Mit meinem letztjährigen Fitnesszustand wäre das sicherlich nicht möglich gewesen. Den Wettbewerb zu gewinnen, war schon gut, denn ich bin ja jetzt nicht unbedingt als das Laufwunder bekannt (lacht). Wir waren sehr schnell unterwegs und haben die 16 Kilometer in 54 Minuten geschafft. Das ist schon echt ordentlich.

"Ich habe einen guten Umgang mit meiner Krankheit gefunden"

Der Betze brennt: Wenn man Dich im Trainingslager beobachtet hat, bekam man den Eindruck, dass bei Dir Frische und Fitness endgültig zurück sind. Gerade hinsichtlich der Vorgeschichte mit Deiner Darmerkrankung würde das viele Fans besonders freuen. Ist unser Eindruck richtig?

Zimmer: Ja, das stimmt. Einerseits tut mir das konstante Mannschaftstraining gut, andererseits habe ich aktuell keine Beschwerden mehr mit meinem Darm. Ich habe da einen guten Weg gefunden, um mit der Krankheit umzugehen. Ich verzichte bei meiner Ernährung auf ein paar Dinge, weil ich sie nicht vertrage. Als Beispiel kann ich da Knoblauch nennen. Zuhause kann ich mich das gut organisieren, aber auch in Mals war es leicht für mich. Wir hatten ein Buffet, vom Bio-Hotel alles in entsprechender Qualität zubereitet, da konnte ich mir dann aussuchen, was ich mir zum Essen nehme. Wenn ich weiß, dass ich es vertrage, esse ich auch vier Mal hintereinander das Gleiche. Das ist kein Problem.

Der Betze brennt: Ende kommender Woche eröffnet Ihr zuhause gegen Hannover 96 die neue Zweitliga-Saison. Wie ist Dein bisheriger Eindruck von der "neuen" Mannschaft? Wie ist die Stimmung?

Zimmer: Die Stimmung ist gut, auch wenn zum Ende des Trainingslagers alle etwas müde waren. Dass wir letzte Saison eine Mannschaft waren, hat ja jeder sehen können. Mit Andi Luthe und Erik Durm sind nun zwei gestandene Spieler dazugekommen, alle bisherigen Neuverpflichtungen haben sich sehr gut in unsere Truppe eingegliedert. Wir haben gute Charaktere dazu bekommen und ich freue mich, wenn es bald losgeht und die Vorbereitung endlich Geschichte ist (lacht).

"Nach dem Abpfiff hat es mich emotional zerlegt"

Der Betze brennt: Schauen wir doch nochmal zurück: In der Endphase der vergangenen Saison, als Ihr drei Niederlagen in Folge kassiert habt, gab es hier und da mal Vergleiche zu 2015. Damals warst Du als Youngster Teil der Mannschaft, die am Ende den fast sicher geglaubten Aufstieg in die Bundesliga noch verspielte ...

Zimmer: Ja, ich glaube in gewisser Weise schon, dass man diesen Vergleich ziehen konnte. Wir haben das Ding im April und Mai der vergangenen Saison eben auch nicht mit der nötigen Erfahrung runtergespielt. In beiden Spielzeiten waren wir bis zum Saisonfinale in einem Flow. 2015 war der eigentlich nicht mehr aufzuhalten, das war nochmal eine Spur extremer als dieses Jahr. Damals war es extrem ärgerlich, dass wir es noch verspielt haben, weil wir zuhause alles gewonnen hatten und dann ausgerechnet am Ende in einem entscheidenden Heimspiel gegen St. Pauli verloren. Da fragt man sich dann schon: "Was wäre gewesen, wenn ...?"

Der Betze brennt: Im Saisonendspurt der 3. Liga und in den Relegationsspielen gegen Dresden hattet Ihr eine fantastische Unterstützung der Fans, die auch überregional sehr große Beachtung bekam. Wie blickst Du darauf zurück?

Zimmer: Was in letzten Spielen los war, war sensationell. Was die Fans in Dresden für einen Auftritt hingelegt haben - einfach phänomenal. Für mich ist das ja nochmal was anderes. Wenn ich in den Block schaue, dann sehe ich viele bekannte Gesichter. Dazu haben wir letzte Saison Horst Eckel und Daniel Hasemann verloren, Ronnie Hellström, auch Norbert Thines’ Tod ist noch nicht so lange her. Das sind dann Dinge, an die ich beim Aufstieg gedacht habe. Deshalb hat es mich in Dresden nach dem Abpfiff auch ein bisschen emotional zerlegt. Nicht umsonst habe ich mir bei der Feier auf dem Platz die Hasemann-Fahne aus dem Gästeblock geschnappt. Ich bin der festen Überzeugung, dass sie alle von oben zugeschaut und sich gefreut haben.

Lautrer Aufstiegsfeier vor dem Gästeblock in Dresden

"Es kann passieren, dass wir mal mehrere Spiele in Folge verlieren"

Der Betze brennt: Wie hast Du die ganzen Erlebnisse und Feierlichkeiten verarbeitet? Die Party vor dem Gästeblock und in der Kabine in Dresden, die Rückfahrt im Bus, anschließend die Aufstiegsfeier in Lautern mit zehntausenden Fans und dem Auftritt von Deinem Freund Mark Forster, wo Du ja auch ein bisschen die Finger im Spiel hattest. Wir haben danach erstmal eine Woche lang die verschiedenen Videos auf YouTube hoch und runter geschaut - Du auch?

Zimmer: Nein, ich habe im Urlaub versucht, erstmal so wenig wie möglich zu sehen. Ich habe mir noch nicht mal die Zusammenfassung des Spiels in Dresden angeschaut. Für mich war das dann irgendwann zu viel.

Der Betze brennt: Lass uns doch abschließend mal noch kurz nach vorne schauen. Der FCK spielt nach vier Jahren wieder in der 2. Bundesliga. Du selbst warst nicht ganz so lange weg, sondern bist mit Fortuna Düsseldorf noch bis Anfang 2021 dort aufgelaufen. Worauf wird es für den FCK eine Liga höher ankommen?

Zimmer: Wir müssen den Zusammenhalt zwischen Mannschaft und Fans, den wir letztes Jahr aufgebaut haben, weiterführen. Ich hoffe, dass er genau so bleibt, auch wenn wir mal ein paar Spiele in Folge verlieren sollten. Wir dürfen uns da nichts vormachen: Das kann passieren, weil alles sehr eng ist. Es spielen sehr viele gestandene Teams in dieser Liga. Beispielsweise geht der SV Sandhausen in seine zwölfte Zweitliga-Saison in Folge, ähnlich der 1. FC Heidenheim. Ich glaube, dass wir nur eine Chance haben, wenn Fans und Mannschaft die ganze Saison zusammenhalten. Wir müssen verinnerlichen, dass Vereine, die nicht immer vor uns waren, uns mittlerweile überholt haben und dass wir als Sieger der Relegation das kleinste Licht in dieser Liga sind. Mit dieser Demut müssen wir in die Saison gehen.

Der Betze brennt: Du warst letztes Jahr der Kapitän der Aufstiegsmannschaft. Jetzt gab es den Trainerwechsel, alle beginnen wieder bei Null. Dirk Schuster, der uns kürzlich erzählte, wie sehr er Dich sportlich schätzt, will den Spielführer für kommende Saison erst am Ende der Vorbereitung bestimmen und möglicherweise jemand anderen nominieren ...

Zimmer: ... alles gut. Der Trainer hat mir gesagt, dass ich in den Testspielen die Binde tragen soll. So lange ich meine Mannschaft auf dem Feld unterstützen kann, ist es mir aber egal, wer Kapitän ist. Ich habe auch keine Klausel im Vertrag, dass ich den Verein wechsle, wenn ich nicht Spielführer bin (lacht).

Der Betze brennt: Vielen Dank für Deine Zeit, Jean!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas Hilmes, Florian Reis

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