Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Waldhof Mannheim 0:0

Wildwest-Derby mit kleinem Happy End

Wildwest-Derby mit kleinem Happy End


Der 1. FC Kaiserslautern und Waldhof Mannheim liefern sich ein Derby, das oft mehr einem Nahkampf gleicht als einem Fußballspiel. Der FCK wird früh benachteiligt, darf sich nach dem mit neun Mann verteidigten 0:0 aber wie der moralische Sieger fühlen.

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Ganz am Ende entlädt sich die Energie eines emotionalen Derby-Nachmittags noch einmal mit voller Wucht. "Scheiß SVW!", singen die Anhänger des FCK mit Inbrunst der Mannschaft und den Fans des ungeliebten Erzrivalen vor deren Heimreise in die Kurpfalz entgegen, ehe sie dem eigenen Team die verdienten Ovationen für einen leidenschaftlichen Kampf und Einsatz zukommen lassen. Man hat in diesem Moment zum wiederholten Mal den Eindruck, das Fritz-Walter-Stadion wäre mit deutlich mehr Zuschauern gefüllt als den letztlich enttäuschenden 13.150, die auf den Betzenberg gekommen sind - rund 1.000 davon aus der Quadratestadt.

Vier Platzverweise in einer Halbzeit - FCK früh in Unterzahl

Es ist nicht der einzige Eindruck, der täuscht an diesem Samstag. Denn wer nach dem Spielende einerseits die langen Gesichter im Gästeblock und andererseits die stehenden Ovationen im Rest des Stadions sieht, muss eigentlich denken, der FCK hätte die 23. Auflage des Prestige-Duells mit dem Waldhof erneut für sich entschieden. Dass stattdessen ein torloses Remis ohne großartige fußballerische Höhepunkte solche Emotionen entfacht, ist wohl nur mit der besonderen Rivalität der beiden Klubs aus Kaiserslautern und Mannheim zu erklären - und an diesem Spieltag auch mit der unrühmlichen Rolle des Schiedsrichters.

Der 31 Jahre alte Florian Heft ist mit der Aufgabe der Spielleitung völlig überfordert, dezimiert die Roten Teufel schon in der ersten Halbzeit um zwei Spieler und verweist mit dem Waldhöfer Sportchef Jochen Kientz sowie FCK-Teammanager Florian Dick zudem zwei Funktionäre mit Rot des Innenraums. Vielleicht sollte sich der DFB bei der Auswertung des Spiels einmal hinterfragen, ob die Ansetzung eines noch so unerfahrenen Unparteiischen die richtige Wahl für eine Begegnung dieser Brisanz ist. Von Anpfiff weg ist die erste Halbzeit gefühlt eine einzige Rudelbildung, die fast unweigerlich auf die heftigen Turbulenzen rund um die 25. Spielminute zuläuft. Auslöser ist ein Foul von Kenny Redondo an Hamza Saghiri etwa auf Höhe der Mittellinie. Die Attacke findet zwar von hinten statt, gehört aber doch eher zur Kategorie eines "normalen" Foulspiels, weshalb es für die hysterischen Ausfälle der Mannheimer Bank auch keine Rechtfertigung gibt.

Waldhof-Sportchef rastet aus und fliegt

In den Nahkampf mit Lautrer Spielern, aber auch mit FCK-Sportchef Thomas Hengen sowie mit einem Ordner geht dabei insbesondere der Waldhöfer Sportdirektor Kientz, der kaum mehr einzufangen ist und von Schiri Heft auch folgerichtig mit einer Roten Karte aus dem Innenraum geschickt wird. Eine klare Fehlentscheidung ist allerdings der Platzverweis für Redondo, mit dem der Unparteiische letztlich massiv Einfluss auf den Verlauf der Partie nimmt und der ohne das Gerangel und Gezeter an der Seitenlinie womöglich auch gar nicht gegeben worden wäre.

Mehr als eine Stunde müssen die Lautrer das Derby in Unterzahl bestreiten, doch es kommt noch härter. In der 41. Minute geht Marvin Senger als letzter Mann ins Laufduell mit Adrien Lebeau, setzt kurz vor der Strafraumgrenze zur Grätsche an und wird von Schiri Heft aufgrund einer Notbremse ebenfalls mit Rot vom Platz gestellt. Eine Entscheidung, die man auch anhand der Fernsehbilder nicht widerlegen kann, die in Kombination mit der unberechtigten ersten Roten Karte aber zur nun sogar doppelten Unterzahl der Roten Teufel in den zweiten 45 Minuten führt. Unmittelbar vor dem Gang in die Kabinen muss mit FCK-Teammanager Flo Dick schließlich noch ein Funktionär den Innenraum verlassen, nachdem er in der Nähe der Eckfahne beim Linienrichter einen Handelfmeter reklamiert. "Schieber, Schieber!", brüllen die FCK-Fans dem Schiedsrichtergespann hinterher, ehe sich alle im Stadion in den 15 Minuten der Halbzeitpause wieder etwas herunterkühlen können.

Antwerpens überraschende Aufstellung über den Haufen geworfen

Die ursprünglichen Vorgaben von Trainer Marco Antwerpen, der bei der Mannschaftsaufstellung mit einer Formation ohne gelernten Stürmer überrascht und stattdessen René Klingenburg in die vorderste Reihe beordert, sind spätestens jetzt über den Haufen geworfen. Mit Wiederbeginn erwarten die verbliebenen acht Feldspieler den Gegner mit zwei Viererketten und einem möglichst dicht gemachten Zentrum. Die erfolgreiche Verteidigung des torlosen Remis ist angesichts des bisherigen Spielverlaufs nun das ausgegebene Ziel und mit der - wenn auch aufgrund der Corona-Einchränkungen nur spärlich besetzten - Westkurve im Rücken gelingt das auch recht gut.

Während der Mannheimer Anhang im Verlauf des zweiten Durchgangs immer mehr verstummt, wird auf der Gegenseite jede gelungene Abwehraktion frenetisch bejubelt. Glück hat der FCK bei zwei Abschlüssen von Marc Schnatterer (69.) und Marcel Costly (80.), ansonsten wird Matheo Raab zunehmend zum Turm in der Schlacht. Seine größte Tat vollbringt der Schlussmann eine Viertelstunde vor dem Abpfiff in einer Eins-gegen-eins-Situation mit Dominik Martinovic. Marlon Ritter und auch der eingewechselte Dominik Schad sorgen gelegentlich für zumindest etwas Entlastung und nehmen wichtige Zeit von der Uhr. Eine echte eigene Torchance für den ganz großen Coup, bei dem im Stadion wohl alle Dämme gebrochen wären, ergibt sich zwar nicht, zumindest den einen Zähler lassen sich die Männer in Rot in der Schlussphase aber nicht mehr nehmen.

Lautern weiter ungeschlagen im Südwesten

Der gefühlte Sieger des Derbys ist somit eindeutig der FCK, der damit einmal mehr unter Beweis stellt, dass er zumindest in den Duellen gegen die Südwest-Rivalen aus Karlsruhe, Saarbrücken und eben Mannheim in der Regel die richtige Einstellung an den Tag legt. Kein einziges dieser Spiele ging seit dem Abstieg in die 3. Liga verloren, obwohl die Tabellenkonstellation fast durchgängig für den jeweiligen Gegner gesprochen hat. Insofern muss man im Nachgang dieses alles andere als normalen Spiels auch wieder den Blick auf die trübe Situation im Liga-Alltag lenken, wo nach acht Runden der enttäuschende 16. Platz zu Buche steht.

Klar, dass man aus dem erfolgreichen Derby-Fight nun wieder Mut für die kommenden Aufgaben schöpfen möchte. Zu oft wurden Ansagen dieser Art allerdings schon enttäuscht. Und auch die Anfangsphase des Waldhof-Spiels, als beide Teams noch in voller Mannzahl unterweg sind, taugt nur bedingt als Mutmacher für einen erneuten Neustart. Am kommenden Sonntag steht nun das Derby-Kontrastprogramm beim SC Verl auf dem Programm. Bis dahin freut man sich am besten, dass es für den Waldhof auch mit zwei Mann weniger noch irgendwie gereicht hat.


Quelle: Der Betze brennt | Autor: Ingo Konrad

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | "Extrem stolz": Applaus für die moralischen Sieger (Der Betze brennt)

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